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des Stempelschnitts und praktisch die Art und die Erhaltung der Siegelmasse gestattet. Das ist aber nur erreichbar bei Aufnahmen direkt nach den Originalen, zumal da, wo Alter und Beschädigungen schon von erheblichem Einfluss gewesen sind. In Folge des doppelten Abformungsprozesses, durch den der Abguss hergestellt wird, ferner durch die glänzende Metalloberfläche werden nicht nur manche noch sichtbaren Reste verwischt und die vorhandenen Mängel vergröbert, sondern durch die hierbei hervorgerufenen starken Schlaglichter wird auch noch weiterer Schade angerichtet, und auf diese Weise verschwinden dann mehrfach Einzelheiten und Feinheiten mehr oder weniger vollständig[1].

Dazu kommt, dass keineswegs immer die besterhaltenen Siegel als Vorlage gedient haben[2], man hätte vielleicht öfter, als es geschehen ist, zwei sich ergänzende Exemplare desselben Stempels und auch in den Fällen, wo sonst schon eine hinreichende Abbildung eines seltenen Stückes vorhanden war, einen anderen als den bereits bekannten Abdruck wiedergeben können[3]. Denn tatsächlich


  1. Man vergleiche hier z. B. nur einmal die zwei Reproduktionen von Siegeln, die Bresslau seinem Aufsatz über die Siegel der Salischen Kaiser (N. Archiv VI, 541 ff.) beigegeben hat, mit den Abbildungen, die Posse von denselben Exemplaren bringt, der Vergleich wird wesentlich zu Ungunsten Posses ausfallen.
  2. Man beachte, dass. z. B. von den Siegeln Konrads II. bei Posse kein einziges einen wirklichen Begriff von der Gesichtsbildimg des Herrschers durch den Stempelschneider gibt. Die Köpfe sind entweder ganz unkenntlich oder doch so beschädigt, dass Einzelheiten nicht zum Ausdruck kommen. Statt also eins derselben (Taf. 12, 5; 13, 1) zweimal zu geben, weil Spuren eines doch ganz unwesentlichen doppelten Abdrucks sichtbar sind, hätte man vielleicht ein Fragment mit gut erhaltenem Kopf lieber gesehen, wie es z. B. Kemmerich in seiner Frühmittelalterlichen Porträtplastik S. 78 oder in der Zeitschrift für bildende Kunst N. F. XX, 91 in einer übrigens schlechten Abbildung bringt. Auch sonst findet sich gelegentlich eine Wiederholung ohne grossen Wert, so die dreifache bei Ludwig dem Deutschen (Taf. 2, 7. 8. 9), um einen Sprung des Stempels zu zeigen; beim ersten Siegel Ottos I. (Taf. 7, 1. 2), das bei Otto II. dann zum dritten Mal (Taf. 8, 1) erscheint, wird dagegen die Wiederholung zwar nicht durch die Art des Sprunges, wohl aber durch die veränderte Einfassung gerechtfertigt. An zwei Stellen schliesslich ist auf den wiedergegebenen Fragmenten überhaupt nichts zu sehen (Taf. 3, 6; 24, 5), im ersteren Fall sollen allerdings Reste der Schrift vorhanden sein.
  3. So gibt Posse z. B. nicht das zweite wesentlich besser erhaltene und nicht durch Doppelabdruck beeinträchtigte Exemplar des vierten Siegels Heinrichs III. (Taf. 15, 2) im Stadtarchiv zu Goslar auf Stumpf, Reg. 2472, während doch das erste, von ihm wiederholte, schon von Bresslau publiziert war; ebenso erscheint die Kaiserbulle Heinrichs III. nach dem schlechteren Exemplar (Taf. 15, 3. 4), auf dem durch Doppelschlag das Gesicht entstellt [251] und die Rückseite fast unkenntlich geworden ist; ein ungleich besseres befindet sich an Stumpf, Reg. 2494.
Empfohlene Zitierweise:
Hans Wibel: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige (Rezension). Hahnsche Buchhandlung, Hannover und Leipzig 1910, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Siegel_der_deutschen_Kaiser_und_K%C3%B6nige_(Rezension).pdf/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)