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Walther Kabel: Die Phantasie des Dichters. In: Bibliothek für Alle, 4. Jahrgang, 5. Bd., S. 78–80

Die Phantasie des Dichters.
Von W. Kabel.

Auf das künstlerische Genie machen die selbstgeschaffenen Gestalten und Situationen den Eindruck voller Wirklichkeit. Diese Folge einer überaus regen Phantasie hat sich bisweilen in ganz eigenartiger Weise geäußert. Beinahe komisch berührt es, wenn Hackländer in seinen Erinnerungen schreibt: „Regelmäßig mußte ich einen Freund bitten, mir bei der Arbeit Gesellschaft zu leisten, sobald ich beabsichtigte, eine phantastische Gespenstergeschichte zu schreiben. Denn allein überfiel mich stets ein solches Grauen, daß ich oft vor Unruhe aus dem Zimmer auf die Straße gestürzt bin.“ Ähnlich erzählt der Schriftsteller Flaubert, er habe bei Gelegenheit der Schilderung von Emma Bovarys Vergiftung einen so deutlichen Arsenikgeschmack auf der Zunge verspürt, und sei selbst so richtig vergiftet gewesen, daß er sich zweimal übergeben habe. Turgenjew wieder erzählte Freunden, er gehe so in der Rolle seiner Helden auf,

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Walther Kabel: Die Phantasie des Dichters. In: Bibliothek für Alle, 4. Jahrgang, 5. Bd., S. 78–80. Verlag der Bibliothek für Alle, Dresden 1912, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Phantasie_des_Dichters.pdf/3&oldid=- (Version vom 31.7.2018)