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bei dem Unterrichte, den sie den Erstkommunikanten erteilen, die Gelegenheit benützen, um auch von der Blutbeschuldigung, die man gegen die Juden vorbringt, zu sprechen und die Kinder darüber zu belehren, daß man den Juden fälschlich nachsagt, sie schlachteten Christenkinder, um deren Blut am Osterfeste zu genießen.

Inzwischen hat der Prozeß wegen des Knabenmordes in Xanten seinen Abschluß gefunden, durch den Wahrspruch der Geschworen ist der angeklagte Schächter Buschoff, der den vermeindlichen rituellen Mord begangen haben sollte, freigesprochen worden. Zwei Tage vor dem Schlusse des Prozesses schrieb die katholische Kölner Volkszeitung: „Was denken wir wohl, wenn wir lesen, die Chinesen beschuldigten unsere Missionäre, daß die Kinder schlachten, um ihre Eingeweide zu religiösen Opfern zu brauchen? Frohlocken wir nicht, wenn die Justiz die Unschuld unserer Glaubensgenossen anerkennt? Nun, mit demselben Rechte mögen die Juden sich freuen, wenn Buschoff vom Gerichte freigesprochen wird; mit gutem Rechte mögen sie sagen, daß ihnen Unrecht geschehen ist, und wir, die wir als Christen und Anhänger des Centrums vor allem Wahrheit und Recht, gleiches Recht für alle wahren wollen, wir müssen verlangen, daß dem unschuldig Geschädigten, falls er freigesprochen wird, auch der Schaden an seinem Namen, an seiner Ehre nach Möglichkeit ersetzt werde.“ Das ist auch meine Meinung; ich kann es den Juden nicht verargen, wenn sie für den freigesprochen Buschoff, dem seine christlichen Mitbürger in Xanten bei den Gerichtsverhandlungen das beste Leumundszeugnis ausstellten, eine Sammlung, um ihn einigermaßen zu entschädigen, ins Werk gesetzt haben.

In dem Prozesse auf der Insel Korfu konnte, wie wir bereits erwähnt haben, schon um deswillen von einem rituellen Morde nicht die Rede sein, weil das ermordete Mädchen nach amtlichen Feststellungen kein Christen-, sondern ein Judenmädchen war. Inzwischen sind die angeklagten Juden auch von dem Morde, der ihnen zur Last gelegt wurde, freigesprochen worden.

Über den Gang des Prozesses zu Tißa Eßlar habe ich Berichte nach stenographischen Aufzeichnungen gelesen und ich muß gestehen, daß ich, wenn ich Richter in diesem Prozesse gewesen wäre, auch nicht umhin gekonnt hätte, die eines Ritualmordes beschuldigten Juden freizusprechen.

Als der Prozeß wegen Ermordung des P. Thomas und seines Dieners zu Damaskus im Gange war, befand sich daselbst auch ein bayerischer Stabsoffizier, Major von Hailbronner, welcher eine Darstellung des Prozeßganges in seine Heimat schickte. Diese Darstellung wurde in der Augsburger Allgemeinen Zeitung vom 29. August 1840 nach ihrem Hauptinhalte veröffentlicht. Sie spricht sich entschieden zu gunsten der angeklagten Juden aus und bestätigt, daß die Geständnisse den einzelnen Angeschuldigten nur durch die grausamsten Zwangsmittel entrissen wurden. Es ist haarsträubend, zu lesen, welchen ausgesuchten Folterqualen die Angeschuldigten unterworfen wurden. Und wenn man bedenkt, daß sämtliche europäische Konsuln, mit alleiniger Ausnahme des französischen, der, nebenbei bemerkt, sich keines guten Leumundes erfreute, und mit den Konsulen Geistliche und Offiziere, die sich gerade damals in Damaskus aufhielten, für die Unschuld der Angeklagten

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Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/70&oldid=- (Version vom 31.7.2018)