Textdaten
Autor: Friedrich Frank
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Titel: Die Kirche und die Juden
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Auflage: 3. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Manz
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Erscheinungsort: Regensburg
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Quelle: Internet Archive und Commons
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Die Kirche und die Juden.




Eine Studie

von

Dr. Friedrich Frank,

Pfarrer und Landtags-Abgeordneter.




Dritte, neu durchgesehene, mit einer Kapiteleinteilung versehene Auflage.




Regensburg.

Verlags-Anstalt vorm. G. J. Manz.

1893.

Vorwort.

Die höchst verschiedene Beurteilung, welche einzelne Aussprüche von mir über die Juden und meine hie und da bekanntgegebene Stellung gegen dieselben auf christlicher und jüdischer Seite schon gefunden haben, waren die Veranlassung für mich, die täglich stärker auftretende Judenfrage näher zu untersuchen.

Das Ergebnis meiner Studien zunächst über die Stellung, welche der katholische Christ in der Judenfrage einzunehmen hat, habe ich in vorliegender Schrift niedergelegt.

Wahrheit und Gerechtigkeit waren die Leitsterne, die ich bei diesen wie bei allen meinen seitherigen Studien stets im Auge hatte.

Das Urteil von Männern, welche dieses Schriftchen ohne Vorurteil gelesen haben, wird mir höchst angenehm und ich werde für dasselbe sehr dankbar sein.

München, 29. November 1891.

Der Verfasser.     
Vorwort zur dritten Auflage.

Wie vorauszusehen war, hat meine Schrift, die eine brennende Tagesfrage behandelt, eine verschiedene Beurteilung erfahren.

Von Staatsministern, hohen und niederen Beamten, Professoren und Volksschullehrern, Gelehrten des geistlichen und weltlichen Standes, Personen aus höheren Ständen und einfachen Bauersleuten, von Zeitungen verschiedener politischer Richtung, von Katholiken, Protestanten und Juden, aus Deutschland und Österreich, schriftlich und mündlich ist mir Anerkennung und Zustimmung zu teil geworden.

Dagegen haben auch öffentliche Tagesblätter Artikel gebracht, die meine Schrift getadelt, einzelnes als unrichtig bezeichnet, die Tendenz der Schrift verurteilt haben.

Ich habe mich bemüht, die als unrichtig bezeichneten Stellen zu prüfen und über einzelne beanstandete Angaben nähere Erkundigung einzuziehen.

Zunächst ist meine Angabe, daß der Hofprediger Dr. J. E. Veith, seligen Andenkens, in Wien auf der Kanzel gegen den Wahnglauben vom Blutritus der Juden sich ausgesprochen habe, als falsch bezeichnet worden. Ich habe den hochverehrten, als Schriftsteller hochgefeierten Herrn Prälat Dr. S. Brunner in Wien schriftlich um Aufklärung ersucht. Derselbe hat mir am 4. August laufenden Jahres in freundlichster Weise geantwortet, meine Angabe sei die Wiederholung der sogenannten Pitavallüge, nämlich jener Lüge, die der neue Pitaval (Hitzig) zuerst gebracht habe, die aber in der Wiener Kirchenzeitung vom Jahre 1854, Nr. 19 und 1856, Nr. 80 mit Zustimmung Dr. J. E. Veiths von ihm (Dr. Brunner) zurückgewiesen worden sei. Dagegen schreibt mir nun Herr Professor Dr. Strack von Berlin, am 14. September laufenden Jahres, daß ihm eine notariell beglaubigte Erklärung des Professors J. Veith, Bruders des J. E. Veith in Wien vom 17. Juni 1882 vorliege, in welcher die von mir gebrachte Angabe bestätigt sei. Diese Erklärung soll demnächst veröffentlicht werden, und wir müssen abwarten, wie der Streit verläuft. Einstweilen habe ich die bezügliche Stelle in der neuen Ausgabe meiner Schrift weggelassen.

Ebenso ist die Stelle weggelassen, in welcher ich mich auf den gemeinschaftlichen Hirtenbrief der österreichischen Bischöfe berufen und gesagt habe, die hochwürdigsten Bischöfe Österreichs hätten sich gegen den Antisemitismus ausgesprochen und vor ihm gewarnt. Katholische Geistliche aus Österreich haben mir nämlich mitgeteilt, daß die bezüglichen Sätze in dem genannten Hirtenschreiben von dem österreichischen Klerus nicht als Warnung vor dem Antisemitismus aufgefasst worden seien.[1]

Was die Tendenz der Schrift anlangt, so soll dieselbe dahinwirken, daß unser Verhalten wie gegen alle, so auch den Juden gegenüber von den Grundsätzen der Wahrheit und Gerechtigkeit geleitet werde; unbegründete Anklagen sollen gegen niemand, auch nicht gegen die Juden erhoben werden; was einzelne sündigen, soll nicht einer ganzen Genossenschaft, oder dem ganzen Volke zur Last gelegt werden; Ausnahmegesetze sollen gegen keine politische Partei, gegen keine Religionsgesellschaft, also auch nicht gegen die Juden erlassen werden.

Wenn ich mich auf diesen Standpunkt gestellt habe, so stehe ich nicht allein, sondern ich befinde mich in sehr guter Gesellschaft. Ich habe mich dem hochseligen Kardinal Manning, seinem Nachfolger Erzbischof Vaughan, Lord Ripon in England, dem weiland hochverehrten Führer der Katholiken Deutschlands, Dr. v. Windthorst, zur Seite gestellt. Auch Dr. Lieber, ein gefeierter Führer des deutschen Centrums, eine große Anzahl deutscher Reichstags- und Landtagsabgeordneter, katholische Zeitungen, wie die Kölner Volkszeitung, der Badische Beobachter, der Beobachter am Main, und gewiß noch manche andere, deren Namen mir im Augenblicke nicht bekannt sind, nehmen denselben Standpunkt ein.

Wenn ich in einzelnen Blättern von antisemitischer Färbung dem Publikum als getaufter Jude vorgestellt wurde, so habe ich über diese Entdeckung herzlich gelacht. Ich habe mich dabei lebhaft an den Hochseligen Papst Pius IX. erinnert, der, wie Karl Paasch in seinem zweibändigen Werke „Eine jüdisch-deutsche Gesandtschaft und ihre Helfer; III. Theil, Seite 117“ nachweist, ebenfalls ein Hebräer war: „Ein Schüler des Seelenriechers Dr. Jäger hat das schon im Jahre 1847, als er den Pantoffel des Papstes küssen durfte, durch den Geruch entdeckt, und Papst Pius IX. hat es dann im Jahre 1861 den Gebrüdern Kohn aus Lyon selbst eingestanden.“ Ich befinde mich also auch hier in ganz guter Gesellschaft.

Wenn übrigens, davon abgesehen, meine Schrift nur etwas dazu beiträgt, daß der Wahnglaube an den Blutritus der Juden endlich einmal verschwindet; daß Christen und Juden vereint gegen alle Ausbeutung des Mitmenschen vorgehen; daß die Religionsgesellschaften gegenseitig ihre Rechte achten und im Frieden miteinander leben: dann würde ich diesen Erfolg als den schönsten Lohn für die Mühe und Arbeit betrachten, die ich auf meine Schrift verwendet habe.

Wiesen, 19. September 1892.

Der Verfasser.     
Inhalt.
Seite
Vorwort III
Vorwort zur dritten Auflage IV
I. Bestimmung des Judenvolkes im Erlösungswerke 1
II. Verhalten Christi und der Apostel gegen die Juden 2
III. Judenverfolgungen und ihre Veranlassungen 3
IV. Verhalten der Päpste und des Klerus gegen die Juden 31
V. Festhalten der Juden an ihrem Glauben und ihren Stammeseigenheiten 45
VI. Judenwucher 47
VII. Der rituelle Mord 54
VIII. Dankbarkeit der Juden gegen die Päpste und den Klerus 67
IX. Der Talmud 70
X. Der Talmud und die Auslegung der Thora in der Gegenwart 78
XI. Der Antisemitismus 81


Die Kirche und die Juden.
I.
Bestimmung des Judenvolkes im Erlösungswerke.

Es giebt ein Volk, dem alle Völker der Erde zu großem Danke verpflichtet sind. Es ist jenes Volk, dem unter allen Kulturvölkern der Vergangenheit unbedingt der erste Platz gebührt, es ist das Volk der Juden.

Das Judenvolk hatte von dem Lenker der Welt- und Menschengeschichte die erhabene, ehrenvolle Bestimmung empfangen, die Kenntnis und Verehrung des Einen wahren Gottes in der Menschheit zu bewahren, sowie die Hoffnung auf den verheißenen Erlöser zu erhalten, der aus ihm selbst hervorgehen sollte. Gott hatte es unter allen Völkern der Erde zu diesem hohen Berufe auserwählt und mit ihm einen besonderen Bund geschlossen, weshalb es auch das Volk Gottes oder das auserwählte Volk des Herrn genannt wurde.

In der Fülle der Zeiten hat Gott seine Verheißung erfüllt, der versprochene Erlöser ist gekommen, der Sohn Gottes hat, um die Menschheit vom Fluche der Sünde zu erlösen, die menschliche Natur angenommen von einer reinen Jungfrau im Judenlande, und ist somit dem Fleische nach ein Sprößling des Judenvolkes. In dieser Thatsache liegt der Hauptgrund, warum alle Völker der Erde dem Judenvolke dankbar sein müssen. Die ganze Menschheit muß es dankbar anerkennen, daß aus dem Judenvolke der Heiland der Welt hervorgegangen ist. Auf diese Thatsache wollte auch der Erlöser selbst jenes samaritanische Weib hinweisen, mit dem er sich am Jakobsbrunnen unterhielt, indem er zu ihm sagte: „Das Heil kommt von den Juden.“ (Joan. 4, 22.)

Nachdem aber in unseliger Verblendung, in der Gier nach irdischen Gütern, Ehren und Freuden das Judenvolk den Sohn Gottes verworfen und den Heiland der Welt an den Schandpfahl des Kreuzes geschlagen hatte, da war es auch das Volk Gottes nicht mehr, ja, es wurde aus der Reihe der selbständigen Völker gestrichen, und seine Kinder wurden in alle Welt zerstreut. Die Kinder Israels, wie man auch die Juden nennt, waren Schlingpflanzen gleich geworden, die sich um die einzelnen Völker wanden, wie Schlingpflanzen um die Bäume, und von deren Safte zehrend, sich an ihnen aufrankten.

Gleichwohl haben die Juden auch jetzt noch eine wichtige Aufgabe im Reiche Gottes zu erfüllen. Sie müssen mit ihren heiligen Büchern, die sie als kostbaren Schatz mit ängstlicher Gewissenhaftigkeit hüten, als Zeugen für die Thatsache dienen, daß Gott sein Versprechen erfüllt hat, das er schon im Paradiese gegeben hatte, und daß der damals verheißene Erlöser vor achtzehnhundert Jahren wirklich gekommen ist.

Man hat es uns zum Vorwurfe gemacht, daß wir dem Judenvolke den ersten Platz unter den Kulturvölkern des Altertums zuerkannt haben. Man hat gesagt: „daß zeitlich dem Judenvolke nicht die erste Stelle gebührt, wissen schon unsere Kinder. Die Juden waren noch ein Nomadenvolk, als in Ägypten schon hohe Kultur blühte.“ Ganz richtig, wenn man die Sache von einem anderen Standpunkte als dem kirchlichen in Betrachtung zieht. Aber vom kirchlichen Standpunkte betrachtet erscheint uns das jüdische Volk, welches die Verehrung des Einen wahren Gottes und die Hoffnung auf den verheißenen Erlöser bewahrte, allen heidnischen Völkern gegenüber als Kulturvolk, wenn es auch anderweitig von denselben in allerlei Künsten und Wissenschaften übertroffen wurde. Auf diesem Standpunkte stehend waren auch die heiligen Kirchenväter gewiß in ihrem Rechte, wenn sie die Stammväter des jüdischen Volkes über die griechischen Weltweisen stellten.


II.
Verhalten Christi und der Apostel gegen die Juden.

Wenn wir nun nach der Stellung fragen, welche der katholische Klerus – zunächst der Apostolische Stuhl – im großen und ganzen zu den Juden seit achtzehn Jahrhunderten eingenommen hat, so dürfen wir wohl sagen, daß er im allgemeinen das Beispiel nachgeahmt hat, welches der Sohn Gottes und die Apostel in diesem Punkte ihm gegeben haben.

Christus der Herr liebte das Volk der Juden, wie die zahllosen Wohlthaten beweisen, die er ihm erwiesen hat. Aber freimütig hielt er ihm auch seine Fehler vor, und züchtigte mit eigener Hand die Tempelschänder, die um schmutzigen Gewinnes willen das Heiligtum entweihten. Selbst der schmählichste Undank konnte die Liebe zum Judenvolke aus dem Herzen des Gottessohnes nicht verscheuchen, er weinte Thränen des herzlichsten Mitleids über Jerusalem und das Schicksal des jüdischen Volkes, er betete noch sterbend für diejenigen, die ihn dem Tode überliefert hatten und am Kreuze noch verspotteten.

Von welchen Gesinnungen die Apostel gegen die Juden beseelt waren, können wir von dem heiligen Apostel Paulus hören, welcher wiederholt Gelegenheit hatte, nach dieser Seite hin sich auszusprechen. Der Apostel hat eine solche Liebe zu Jesu Christo, daß nichts ist in der ganzen Welt, was ihn von dieser Liebe zu scheiden vermöchte. Trotzdem wäre er bereit, wenn es möglich wäre, das schwere Opfer der Trennung von Christo zu bringen, wenn er dadurch seine Stammesgenossen, die Juden, zur Gemeinschaft mit Jesu Christo und zum Heile führen könnte. So groß ist die Liebe, die der Apostel zu seinen Brüdern, den Juden, in seinem Herzen trägt. Paulus rühmt die Auszeichnungen, mit denen Gott die Israeliten vor allen übrigen Völkern der Erde begnadigt hat, indem er sie zu seinen Kindern angenommen, ihnen sein Gesetz gegeben, ihren Gottesdienst geordnet, ihnen die Verheißungen vom Messias anvertraut hat. Den Israeliten, sagt Paulus, gehören die Väter an, die Ahnen Jesu Christi, der obwohl Gott, hochgelobt in Ewigkeit, dem Fleische nach von ihnen abstammt. (Rom. 9.)

Wenn der heilige Apostel Paulus in einer Stadt das Evangelium verkünden wollte, wandte er sich mit seiner Predigt immer zuerst an die daselbst sich aufhaltenden Juden, obwohl er wußte, daß er sich dadurch Verfolgungen und großen Gefahren von seiten der Juden aussetzte. Er will damit thatsächlich aussprechen, daß die Juden auf das von Christo gebrachte Heil den ersten Anspruch haben.

Nichtsdestoweniger können wir von dem heiligen Paulus auch hören, wie er die Juden Feinde Gottes nennt, und wie er es beklagt, daß auf ihren Herzen eine Decke liegt, so daß sie Christum in der heiligen Schrift nicht finden. (Rom. 11, 28; II. Cor. 3, 15.)

Wenn aber auch die Juden in der heiligen Schrift Christum den Herrn nicht finden, so bleibt es trotzdem nach der Lehre des heiligen Paulus eine Auszeichnung des jüdischen Volkes, daß Christus dem Fleische nach aus ihm hervorgegangen ist. Und wenn wir nach dem Vorgange des heiligen Paulus noch beifügen, daß auch die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria, der heilige Nährvater Joseph, die heiligen Apostel und ersten Christen dem jüdischen Volke angehörten, so wird jeder unbefangene Leser sofort erkennen, wie es in diesem Zusammenhange aufzufassen ist, wenn wir sagen, daß alle Völker der Erde dem Judenvolke zum Danke verpflichtet seien. Wie oft hat man schon, ohne daß es unpassend gefunden wurde, Städten oder Familien den Dank dafür ausgesprochen, daß große Männer aus ihnen hervorgegangen sind!

Im Verhalten des göttlichen Heilandes und der Apostel gegen die Juden erblickte die Kirche stets das Vorbild, nach welchem auch sie ihr Verhalten gegen die Juden einzurichten habe. Hierfür liefert die Geschichte uns zahlreiche Beweise, denn an Veranlassungen, die im Herzen vorhandene Gesinnung gegen die Juden auch offen kundzugeben, hat es Päpsten und Bischöfen, Priestern und Ordensleuten in den vergangenen Jahrhunderten niemals gefehlt.


III.
Judenverfolgungen und ihre Veranlassungen.

Das Volk der Juden war schon in den ältesten Zeiten vielen Verfolgungen ausgesetzt, und meistenteils hatten es die Verfolger dabei nur auf die Schätze abgesehen, die im Besitze der Juden waren.

Der König Ezechias (Hiskjah) machte sich einer großen Unvorsichtigkeit schuldig, als er, von geheimer Eitelkeit verführt, den Gesandten des Königs von Babylon die Schätze und Kostbarkeiten zeigte, die seine Väter und er in der königlichen Schatzkammer aufgehäuft hatten. Der Prophet Isaias mußte deswegen im Auftrage Gottes den König tadeln und ihm vorhersagen, daß die Babylonier kommen und die Schatzkammer plündern werden. Die Vorhersagung ging in Erfüllung, denn die Babylonier kamen wirklich, eroberten Jerusalem und raubten nicht bloß die Schatzkammer des Königs und des Tempels völlig aus, sondern führten auch einen großen Teil des Volkes in die Gefangenschaft nach Babylon. (IV. reg. 20, 24.)

Als Uman, der erste Minister des Königs Xerxes von Persien, eine Verfolgung der Juden im ganzen persischen Reiche ins Werk setzen und das sämtliche Judenvolk vernichten wollte, da gewann er den König, der seinen Staatsschatz durch den unglücklichen Feldzug gegen Griechenland erschöpft hatte, sofort für seinen Plan, indem er ihm versprach, daß er von den einzuziehenden Gütern der Juden eine Summe von mindestens fünfzig Millionen Mark – nach unserem Gelde – in die Schatzkammer bringen werde. Bekanntlich wurde diese Verfolgung der Juden durch die Dazwischenkunft der Königin Esther vereitelt, und Uman, der Judenfeind, mußte am Galgen baumeln. (Esth.3.)

Schon damals, als die Juden in der Gefangenschaft zu Ninive und Babylon leise Klagelieder sangen, während ihre Harfen trauernd an den Bachweiden hingen, fehlte es nicht an jüdischen Familien, welche sich durch große Wohlhabenheit auszeichneten, wie die Familie Joakims, des Vaters der keuschen Susanna zu Babylon, die Familie des frommen Tobias zu Ninive. Der letztere muß ein sehr bedeutendes Vermögen besessen haben, denn außerdem hätte er unmöglich seinem in Dürftigkeit geratenen Vetter Gabelus zehn Talente Silbers borgen können. Von Tobias berichtet auch die heilige Schrift noch weiter, er sei Schaffner oder Hoflieferant des assyrischen Königs Salmanassar gewesen, verschweigt aber auch nicht, daß Senacherib, Salmanassars Sohn und Nachfolger auf dem Throne, das sämtliche Vermögen des Tobias eingezogen und den Befehl, denselben zu töten, gegeben habe. (Tob. 1.)

Schon viel früher hatte Joseph, des Patriarchen Jakob Sohn, eine noch viel höhere Vertrauensstelle bei dem Könige von Ägypten eingenommen, in welcher es ihm möglich war, nicht bloß die Schatzkammer des Königs mit Geld zu füllen, sondern den König auch zum Eigentümer des ganzen Landes Ägypten zu machen, das ihm alljährlich den fünften Teil aller Erträgnisse abliefern mußte. Durch Josephs Vermittelung erhielten sein Vater Jakob und seine Brüder den fruchtbaren Landstrich Gessen zum Aufenthalte eingeräumt, und Israel nahm zu, wie die heilige Schrift erzählt, und mehrte sich sehr. Es war, als sproßten die Israeliten aus der Erde hervor, und sie wurden sehr stark und erfüllten das Land, so daß bald einer der folgenden Könige zu dem Volke Ägyptens sprechen mußte: „Das Volk der Söhne Israel ist größer und stärker als wir. Kommt, laßt es uns klüglich unterdrücken, daß es nicht etwa sich mehre und, wenn ein Krieg gegen uns entstünde, zu unseren Feinden sich schlage, wider uns streite und aus dem Lande ziehe.“ Und es wurden Frohnvögte über die Israeliten gesetzt, um sie zu quälen mit schweren Arbeiten; sie mußten die Hüttenstädte Phithom und Ramesses erbauen. (Exod. 1.) Als aber trotz der harten und verdoppelten Arbeiten das Volk immer mehr wuchs und sich vermehrte, gab der König den grausamen Befehl, daß alle neugeborenen israelitischen Knäblein ersäuft werden sollten. Da wanderte endlich nach Überwindung vieler Schwierigkeiten das Volk Israel freiwillig aus Ägypten aus. Für ihre schweren Arbeiten, die sie zu gunsten der Ägypter ohne Lohn verrichtet hatten, und für die Güter, die sie zurückließen, hatten sich die Israeliten dadurch bezahlt gemacht, daß sie vor ihrem Abzuge auf Gottes Befehl von den Ägyptern goldene und silberne Gefäße und sehr viele Kleider begehrten, die ihnen auch bereitwillig gegeben wurden, weil Gott dem Volke vor den Ägyptern Gnade verliehen hatte. (Exod. 1. 5. 12. 13. )

In der christlichen Zeitrechnung dürfte die erste größere Verfolgung der Juden nach der Eroberung und Zerstörung Jerusalems durch die Römer und nach der Zerstreuung der Juden unter alle Völker jene gewesen sein, die im Anfange des sechsten Jahrhunderts in Italien ausbrach, indem die christliche Bevölkerung von Rom, Ravenna, Neapel, Mailand, Genua plötzlich über die Juden herfiel, ihre Synagogen einäscherte, ihre Häuser plünderte und viele Juden tötete. Der protestantische Geschichtschreiber W. Menzel erblickt die Veranlassung zu dieser Verfolgung hauptsächlich in den Wuchergeschäften der Juden und sagt: „Dieses politisch tote Volk hatte sich wie ein Ungeziefer bei allen noch lebenden Völkern eingenistet und, seitdem es den Gottessohn gemordet, vom Dämon des Judas Ischariot besessen, den Geldbeutel des letzteren zum Panier erhoben, trieb mit einer merkwürdigen Scheu vor jeder Handarbeit nur Geldgeschäfte, Geldwechsel, Geldverfälschung, Geldbeschneidung, Geldausleihung auf Wucherzinsen u. s. w., und war dadurch bald sehr reich geworden. Das christliche und heidnische Volk, welches arbeiten mußte, wollte sich nun nicht gern um den Lohn seiner Arbeit von den pfiffigen Juden betrügen lassen und haßte sie mit gutem Grunde. Mehrere Dichter jener alten Zeit sprechen mit der tiefsten sittlichen Indignation von den Juden. Rutilius nennt sie „eine Pest“. Das Volk ließ sich also leicht gegen sie aufreizen.[2] Dieses Urteil Menzels ist offenbar zu hart und für die damalige Zeit auch unberechtigt. Wie die Geschichte bezeugt, trieben die Juden nicht bloß in der vorchristlichen Zeit, sondern auch noch lange in der christlichen Zeit bis in das Mittelalter hinein Ackerbau und Handwerke. Die alten Schriftsteller, wie Tacitus, Plinius, Apion, der Dichter Horatius, Juvenal, Quinctilian machen den Juden allerlei Vorwürfe, suchen sie dem Spotte und der Verachtung preiszugeben und den Haß der Heiden gegen sie aufzuregen; sie sagten, die Juden enthielten sich des Genusses von Schweinefleisch, weil ihre Ahnen durch den Genuß von Schweinefleisch von einer ekelhaften Hautkrankheit befallen und deshalb aus Ägypten vertrieben wurden; sie äßen ungesäuertes Brot, weil ihre Ahnen das Getreide gestohlen hatten und in der Eile und Angst das Brot nicht gehörig backen konnten; sie verehrten einen Esel, dessen Bild im innersten Heiligtume ihres Tempels aufgestellt sei, weil Esel ihren Ahnen in der Wüste eine Quelle gezeigt und sie dadurch vom Tode des Verdurstens gerettet hätten; sie mästeten alljährlich in ihrem Tempel einen Griechen, um ihn als Opfer zu schlachten, und was derlei Lügen mehr sind: aber den Vorwurf des Wuchers hat man in der Zeit des römischen Reiches gegen die Juden nicht erhoben. Erst dann, als die Juden keinen Grund und Boden mehr besitzen durften, und auch die Ausübung von Handwerken ihnen erschwert oder unmöglich gemacht war, verlegten sie sich auf den Handel und die Geldgeschäfte, die sie wie ein Monopol betrieben, weil den Christen Zins zu nehmen verboten war. Erst von dieser Zeit an werden Klagen über den Wucher der Juden laut, die man früher nicht gehört hatte. Will Menzel darum die Juden ein „Ungeziefer“ nennen, so muß man doch, um gerecht zu sein, auch beifügen, daß sie ein solches früher nicht waren, und wo sie es etwa geworden sind, durch die Gesetzgebung dazu gemacht wurden.

Zu Anfang des siebenten Jahrhunderts war die Zahl der Juden auf der pyrenäischen Halbinsel schon so hoch angewachsen, daß sie als eine Plage der Christen bezeichnet wurden. Um das christliche Volk von dieser Plage zu befreien, beschloß König Sisebut, die Juden entweder aus dem Lande zu vertreiben, oder ihrer feindlichen Sonderstellung mitten unter den Christen durch die Bekehrung zum Christentum ein Ende zu machen, damit sie im Glauben, in den Sitten und hauptsächlich auch in der Arbeit den Christen gleich kämen. „Man hat das,“ sagt der genannte Geschichtschreiber W. Menzel, „eine himmelschreiende Verfolgung genannt, was es aber nicht war, denn die Juden waren nicht gehindert, auszuwandern.“ Eine blutige Verfolgung war es allerdings nicht, aber die Ausweisung war doch von so harten und schmerzlichen Folgen begleitet, daß die Mehrheit der Juden sich, freilich nur zum Scheine, lieber taufen ließ.

Dieses von dem König Sisebut gebrauchte Mittel, um das Christenvolk von der Plage der Juden zu befreien, hatte die gewünschte Wirkung nicht, denn schon um das Jahr 636 waren die Juden in Spanien und Portugal wieder so zahlreich vorhanden, daß König Chinthila glaubte, er müsse den Befehl geben, sie aufs neue aus dem Lande zu vertreiben. Doch auch diesmal wußten sich die Juden durch Bestechung der Beamten in großen Massen im Lande zu behaupten.

Gegen das Ende des siebenten Jahrhunderts zeigten sich die ersten Saracenen oder mohammedanischen Araber an Spaniens Küsten. Als der König Egiza Kunde davon erhielt und zugleich von Umtrieben der Juden hörte, welche sich bemühten, die Araber ins Land hereinzuziehen, erneuerte er den alten Ausweisungsbefehl. Aber auch diesmal wußten die Juden dem königlichen Befehl auszuweichen, indem sie den gotischen Grafen Geldsummen in die Hand drückten, die sie dann nach wie vor gewähren ließen.

Auch in anderen Ländern Europas wurden die Juden im siebenten Jahrhundert verfolgt, wozu ihre Religionsgenossen im Morgenlande die Veranlassung gegeben hatten. Im Jahre 614–615 machte sich nämlich der König Chosroës von Persien auf, und suchte Palästina zu erobern. Die Juden schlossen sich ihm in großen Haufen an und zogen, etwa 26,000 Mann stark, mit dem persischen Heere nach Galiläa und vor Jerusalem, das schnell eingenommen und mit Christenblut getränkt wurde. Die Juden zeichneten sich bei der Abschlachtung der Christen, durch vorhergehende Verfolgungen gereizt, besonders aus. Die Kunde von diesem Christenhasse der morgenländischen Juden drang nach Europa und vereinigte sich mit den Klagen über den Wucher der abendländischen Juden, die besonders in Neustrien, Burgund und anderen Ländern schon laut geworden waren. In diesen zwei Thatsachen sowie in dem Bestreben der Neustrier und Burgunder, im Religionseifer den Westgoten in Spanien nicht nachzustehen, liegen wohl die Hauptgründe zu der großen Verfolgung der Juden, die um das Jahr 630 in den genannten Gegenden ausbrach. Nur mit schwerem Gelde konnte Israel es erkaufen, daß derselben Einhalt gethan wurde, und daß nicht alle Juden das Leben lassen mußten.

Zu den Feinden der Juden gehören insbesondere die Mohammedaner, denen ihr falscher Prophet und Religionsstifter Mohammed den Haß gegen die Juden gleichsam als Erbschaft hinterlassen zu haben scheint. Wiederholt hat Mohammed, zuletzt noch auf seinem Sterbebette, den Fluch über die Juden ausgesprochen. Das hinderte die Juden aber nicht, den Mohammedanern ihre Dienste anzubieten und gemeinschaftliche Sache mit ihnen zu machen, sobald ein Schlag gegen die Christen ausgeführt werden sollte. Vielleicht war es weniger der Haß gegen die Christen als vielmehr der Selbsterhaltungstrieb, der die Juden damals zu Bundesgenossen der Mohammedaner machte. Als daher am Anfange des achten Jahrhunderts die mohammedanischen Araber von Verrätern gerufen, mit Heeresmacht von Afrika herüber in Spanien eindrangen, da waren es die Juden, welche dem Feinde Vorschub leisteten und ihm die Mittel und Wege zeigten, wie er am leichtesten seinen Zweck erreichen konnte. In hellen Haufen zogen die Juden aus Afrika und selbst aus Syrien mit den Arabern in Spanien ein, und jene Juden, die sich früher, um im Lande bleiben zu dürfen, hatten taufen lassen, bekannten wieder offen ihren alten Glauben.

Wir haben von der Besorgnis gehört, die ein ägyptischer König hinsichtlich der in seinem Lande wohnenden Juden hegte, dieselben möchten bei dem etwaigen Ausbruche eines Krieges Verräterei treiben und sich zu Ägyptens Feinden schlagen, und wie er dieser Gefahr durch schwere Bedrückung der Juden und Tötung der neugeborenen jüdischen Knäblein vorzubeugen suchte. Die nämliche Besorgnis hegte auch in späterer Zeit ein christlicher Kaiser in Konstantinopel, der aber ein anderes Mittel anwandte, um die Gefahr, die er von seiten der Juden befürchtete, zu beseitigen. Es war der griechische Kaiser Leo, den die Geschichte Isaurier nennt.

Wenn es wahr ist, was man sich im Altertume erzählte, war Kaiser Leo in seiner Jugend hausierender Krämer, der als Begleiter zwei Handelsjuden mit seinem Eselein durch die Länder zog. Diese zwei Juden sollen dem Jüngling geweissagt haben, daß ihn der kaiserliche Purpur noch schmücken werde, sie sollen aber auch seinem Herzen jenen Haß gegen die religiösen Bilder eingeimpft haben, der später zum Ausbruch kam. Sagt man den Juden ja auch nach, daß sie den Kalifen Yezid II. zur Vernichtung der christlichen Bilder aufgestachelt haben. Leo wurde wirklich Kaiser und gab seinen Haß gegen die Bilder dadurch zu erkennen, daß er den Befehl ergehen ließ, alle religiösen Bilder, auch die Bilder und Statuen des gekreuzigten Heilandes und der Mutter Gottes zu beseitigen und zu vernichten. Wenn er aber auch nach dieser Seite hin vielleicht den Einflüsterungen der Juden folgte, so war er doch auf der anderen Seite wieder mit Mißtrauen gegen sie erfüllt. Kaiser Leo befürchtete, die Juden möchten durch Verräterei ganze Provinzen den Feinden des griechischen Reiches in die Hände spielen, und diese Furcht nebst der Thatsache, daß wieder einmal ein falscher Messias aufgestanden war, unter dessen Führung die Juden in Kleinasien einen Aufstand erregten, waren wohl die Hauptursache, daß Kaiser Leo im Jahre 722 den Befehl erließ, daß alle Juden im griechischen Reiche sich taufen lassen mußten. Sie wurden auch in der That zu Tausenden getauft.

Wenn man sieht, wie die Juden schon damals angeklagt wurden, als ob sie den Bildersturm der Mohammedaner und des griechischen Kaisers veranlaßt hätten, obwohl die eigentlichen Ursachen zu diesem Wüten gegen die Bilder offen daliegen, so könnte man es den Juden fast nicht verargen, wenn sie sich mit den Christen der ersten Jahrhunderte vergleichen würden, welche auch von den Heiden für alles Unglück, das hereinbrach, verantwortlich gemacht wurden.

Der weströmische Kaiser Honorius, gestorben im Jahr 423, hatte den Juden gestattet, daß sie Christensklaven halten durften; das gab Veranlassung zu vielen Mißbräuchen und schweren Anklagen, die gegen die Juden erhoben wurden. Vielleicht ist hier die Quelle jenes allgemeinen, in Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien verbreiteten Glaubens zu suchen, nach welchem es bei den Juden Gebrauch gewesen sein soll, Christenknaben heimlich zu fangen, zu matern und zu töten. Die Juden trieben nämlich frühzeitig Handel mit Christensklaven; zu diesem Zwecke stahlen sie auch gerne schöne Christenknaben und verschnitten sie, um sie an die Sarazenen für den Harem zu verkaufen. Da infolge dieser schmerzlichen Operation wohl manche Knaben den Geist aufgaben, – viele werden es nicht gewesen sein, da den Juden nach Lev. 22, 24 ja sogar die Kastrierung des Viehes verboten war –, mochte der Glaube entstehen, daß die Juden den Gebrauch hätten, Christenknaben zu matern und zu töten. Zur Verbreitung dieses Glaubens gab vielleicht auch die Beschneidung von christlichen Sklaven Veranlassung, wogegen die Kirche wiederholt Einsprache erhob. Schon Kaiser Karl der Große erließ scharfe Gesetze gegen den Sklavenhandel und die Kastrierung von Sklaven; wer einen Sklaven außer Landes verkaufte oder einen Menschen kastrierte, sollte ihn büßen, als wenn er ihn getötet hätte. Doch die Juden trieben trotz der scharfen Gesetze ihren Handel mit Christensklaven fort, und hatten unter dem Kaiser Ludwig dem Frommen, dem Sohne des großen Karl, am Anfange des neunten Jahrhunderts, besonders in Spanien, nachdem es von den Mohammedanern erobert worden war, ein starkes Absatzgebiet. Überhaupt scheinen Kaiser Karl der Große und sein Sohn Ludwig der Fromme oder Schwache den Juden nicht abgeneigt gewesen zu sein. Von Kaiser Karl erzählt die Geschichte, daß er einer Gesandtschaft an den Kalifen Harun al Raschid auch den Juden Isaak beigestellte, der einen Elefanten von dort mitbrachte, und von Kaiser Ludwig wissen wir, daß der eifrige Bischof Agobard von Lyon bei ihm wiederholt, aber wie es scheint, vergeblich gegen Ausschreitungen der Juden klagte, sowie über allzu große Vergünstigungen, die ihnen vom Kaiser eingeräumt worden waren.

Wie man den Juden nachsagte, daß sie christliche Länder durch ihre Verräterei in die Hände der Feinde gespielt hätten, ebenso warf man ihnen auch vor, daß sie christliche Städte dem Feinde durch Verrat überliefert hätten. Die heidnischen Normannen hatten schon lange die Stadt Bordeaux in Frankreich belagert, konnten sie aber nicht einnehmen, bis es ihnen endlich, im Jahre 848, durch Verräterei der Juden, die in Bordeaux wohnten, gelang, in die Stadt einzudringen und dann auch noch weiter in das Land hinein ihre Plünderungszüge fortzusetzen. So sagt man, daß auch die Stadt Barcelona in Spanien von den Mauren leicht erobert werden konnte, im Jahre 850, weil der Verrat der in der Stadt wohnenden Juden den Christenfeinden die Thore der Stadt öffnete. Dieses Gerücht gab dem jungen Könige Alfonso III. von Leon, den die Geschichte wegen seiner Heldenthaten den Großen nennt, die Veranlassung, daß er aus allen Städten, die ihm schon gehörten oder die er noch eroberte, die Juden vertrieb, und nicht duldete, daß sich Juden darin niederließen.

Daß die Befürchtung des ägyptischen Pharao, die Juden in Ägypten möchten es beim Ausbruche eines Krieges mit den Feinden Ägyptens halten, nicht unbegründet war, hat, freilich viel später, im Jahre 968, ein Jude in Ägypten gezeigt. Als in diesem Jahre Kafur, der Beherrscher von Ägypten, gestorben war, und Moëz, ein türkischer Eroberer, Ägypten in seine Gewalt bringen wollte, da war es ein Jude, einer der angesehensten Beamten Kafurs, welcher Moëz die Mittel und Wege angab, daß er sich Ägypten bemächtigen konnte. Dieser Jude besaß eine ausnehmende Geschicklichkeit, Geld zu machen. Er bereicherte nicht bloß den Kalifen Moëz und dessen Nachfolger, sondern auch sich selbst, und nebstdem gelang es ihm, seine Brüder und Vettern in die einträglichsten Posten einzuschieben. Doch der Zorn des Volkes über den Blutegel ward so groß, daß ein Aufstand unter dem zweiten Nachfolger des Moëz, dem Kalifen Aziz, gegen ihn ausbrach, infolgedessen er nebst seiner ganzen Sippschaft verhaftet wurde. Bei seiner Verhaftung wurde in seiner Wohnung ein Schatz von 200,000 Denaren aufgefunden. Doch Aziz konnte wegen seines Geizes den Geldmenschen nicht missen, und auf sein Betreiben mußte die Unschuld des Angeklagten entdeckt werden, so daß er wieder in sein Amt eingesetzt werden konnte, und die Juden sich wieder in den Gnadenstrahlen des Harems sonnen durften. Damit man sich übrigens nicht zu dem Glauben verleiten läßt, als hätten die Juden allein Verräterei getrieben, will ich hier einschalten, daß bei der ersten Eroberung Ägyptens durch Amru, den Feldherrn des Kalifen Omar, i. J. 641, die koptischen Christen mit ihrem Patriarchen an der Spitze zu Verrätern an ihren christlichen Brüdern wurden. Dieselben verbanden sich mit den Mohammedanern gegen ihre christlichen Mitbrüder und verhalfen den Feinden zum Siege und zu Eroberung des Landes. Diese Verräterei, von Christen gegen Christen geübt, ist gewiß viel schmachvoller und verwerflicher, als wenn ein einzelner Jude zum Verräter an Christen wird.

Es ist eine traurige Erscheinung, wenn man einen türkischen Herrscher sieht, der sein Volk durch einen Juden ausbeuten läßt, aber noch viel schmerzlicher ist es, wenn man sehen muß, wie christliche Fürsten dieses türkische Beispiel nachahmen und ihren christlichen Unterthanen durch Juden das Blut aussaugen lassen. An solchen christlichen Fürsten hat es leider, wie wir noch sehen werden, nicht gefehlt.

Im Anfange des elften Jahrhunderts brach im südlichen Frankreich eine heftige Verfolgung der Juden aus, zu welcher eine Nachricht aus dem Morgenlande die Veranlassung gegeben hatte. Die Kirche des heiligen Grabes zu Jerusalem war am 29. September 1010 von den Türken zerstört worden, und christliche Pilger brachten diese Trauerbotschaft in das Abendland zugleich mit Schilderungen der Bedrückungen und Leiden, denen die Christen im Morgenlande durch die Mohammedaner ausgesetzt waren. Nun verbreitete sich im südlichen Frankreich der Glaube, die Juden in der Stadt Orleans hätten an den Kalifen Hakem Beamrillah, den Sohn des vorhin genannten Kalifen Aziz von Ägypten, geschrieben und ihm mitgeteilt, daß auf Betreiben der syrischen Christen ein großer Kreuzzug im Abendlande geplant werde, um das Reich des Kalifen zu zertrümmern. Auf diese Mitteilung hin habe der Kalife die Kirche des heiligen Grabes zerstört und die Christen gedrückt und verfolgt. Die Juden in Orleans mußten ihr wahres oder vermeintliches Vergehen bitter büßen. Es wurde ihnen sowie den Juden in der Umgegend nur die Wahl gelassen, entweder sich im Christentume unterrichten zu lassen und binnen vier Wochen die heilige Taufe zu empfangen, oder anderenfalls Frankreich zu verlassen. Sämtliche Juden, nur drei oder vier ausgenommen, wählten das letztere, sie wollten lieber Frankreich als ihren Glauben verlassen.

Auch am Rheine scheinen um diese Zeit Aufläufe gegen die Juden stattgefunden zu haben; die in Mainz wohnenden Juden wurden damals, im Jahre 1012, von dem Kaiser Heinrich II. aus der Stadt verwiesen.

Wir haben gesagt, daß christliche Fürsten das schlechte Beispiel des Kalifen Aziz nachahmten und Hofjuden anstellten, welche die königliche Schatzkammer füllen mußten und zu diesem Zwecke das Volk aussaugen durften. Ein solcher Fürst war der König Alfonso VI. von Kastilien. Aus Geldgierde machte derselbe den Mauren und Juden so große Zugeständnisse, daß Erzbischof Bernard von Toledo, der von Alfonso selbst ernannte Primas von Spanien, ihn ermahnte, staatsklüger und christlicher zu Werke zu gehen, weil das christliche Volk großes Ärgernis an diesen Vergünstigungen nehme. Der Schatzmeister des Königs, ein bei den Mauren und Christen gleichmäßig verhaßter Jude, verlor in der Stadt Sevilla durch den Dolch sein Leben. Andere sagen, daß der jüdische Schatzmeister von dem König Alfonso als Gesandter zu dem maurischen Könige von Sevilla geschickt und von diesem wider alles Völkerrecht ermordet wurde; der Jude fiel, wie sie sagen, als ein Opfer der Treue gegen seinen König.

Wie der Anfang des elften Jahrhunderts war auch der Ausgang desselben durch eine große Judenverfolgung gekennzeichnet. Im Jahre 1096 soll nämlich ein Haufen von Kreuzfahrern, die ihren Weg durch Sachsen und Böhmen nahmen, die Juden in der Stadt Prag mit entsetzlicher Wut angefallen haben. Außer Prag werden auch noch die Städte Rouen, Trier, Speier, Worms, Mainz und Regensburg genannt, in welchen blutige Judenhetzen in Scene gesetzt wurden. Fragen wir nach den Gründen, warum die Kreuzfahrer gegen die Juden in dieser Weise vorgingen, so mag es wohl bei manchen Kreuzfahrern der Religionshaß gewesen sein, der sie antrieb, die Juden niederzumetzeln, aber im allgemeinen lag auch jetzt wieder ein Hauptgrund der Judenverfolgung in dem Wucher, womit die Juden das christliche Volk ausbeuteten. Dabei mag es auch, und zwar nicht selten, vorgekommen sein, daß einzelne Anführer der Kreuzfahrer Judenhetzen veranstalteten oder doch nicht hinderten, weil sie den Juden verschuldet waren, und weil sie durch Ermordung oder Vertreibung der Juden sich ihrer Dränger entledigen wollten. In ähnlicher Weise nützte auch der Herzog Bretislaw von Böhmen die damalige Judenverfolgung aus. Als nämlich die Bedrückung der Juden in der Stadt Prag nicht aufhörte, entschlossen sich die Juden, nach Ungarn auszuwandern. Da ließ der Herzog die Juden völlig ausplündern, nahm ihnen alles weg, was er nur erwischen konnte, und gab ihnen dann die Erlaubnis, zu gehen, wohin sie wollten.

Ein guter Freund der Juden war der Kaiser Heinrich IV., der ihnen, weil sie ihm zu einem Römerzuge Geld verschafft hatten, einen merkwürdigen Rechts- und Freiheitsbrief – im Jahre 1090 – ausstellte; bei dem Volke schadete ihm das aber ebenso wie die Thatsache, daß er den klagenden Juden in Regensburg und Mainz für Geld Recht sprechen ließ.

Ein solcher Freund der Juden war auch der russische Großfürst Swätopolk, der aus schmutzigem Geiz für Geld den Juden erlaubte, sich in Kiew einzunisten und Wuchergeschäfte und Prellerei zu treiben. Nach seinem Tode – am 10. April 1113 – fiel das Volk wütend über die Juden her, welche kaum das nackte Leben retten konnten. Auch die großfürstliche Schatzkammer wurde geplündert. Zehn Jahre später, als in Kiew ein Brand ausbrach, wurden die Juden der Brandstiftung beschuldigt, wohl nur aus Beutelust, und das Volk fiel neuerdings wieder mit Wut über dieselben her.

Es ist merkwürdig, wie die Juden trotz der schmerzlichen Erfahrungen, die sie fortwährend machen mußten, trotz der blutigen Verfolgungen, in denen ihre Stammesgenossen grausam abgeschlachtet wurden, doch von den wucherischen Geldgeschäften nicht lassen konnten. Als am Anfange des zwölften Jahrhunderts die unmenschlichen Morabethen, eine Rotte von Tigern in Menschengestalt, aus den Sandwüsten Afrikas, die staatlichen Einkünfte in Spanien verpachteten, waren es die Juden, die sich in ihrer unersättlichen Habsucht zu Pächtern hergaben und teilweise mit größter Härte und Ungerechtigkeit die Einkünfte eintrieben.

Um diese Zeit stand es auch in Deutschland sehr schlimm, denn unter den beiden Kaisern Heinrich IV. und Heinrich V. durften und mußten wohl auch zu gunsten ihrer Beschützer die Juden das Mark des Landes aussaugen.

Wie die Juden am Ausgange des zwölften Jahrhunderts ihr Unwesen in Frankreich trieben, und wie sie König Philipp II. dafür züchtigte, soll der Geschichtsforscher Damberger uns erzählen. Derselbe sagt: „Die Schwäche und Geldbedürftigkeit des Königs Ludwigs VII. hatte den Juden viel eingeräumt; sie waren die Pächter der Kroneinkünfte, durften ungehindert ihre Wuchergeschäfte treiben, überflügelten vermöge ihrer engen, nach allen Ländern sich erstreckenden Verbindungen leicht die vereinzelten christlichen Handelsleute, beherrschten vornehmlich den Geldmarkt, unterstützten betrügerisch und verderblich den Schulden häufenden Leichtsinn, und machten sich kein Gewissen aus Diebshehlerei und Meineid und jeglichem Unterschleif.“ Die Juden stellten das in Abrede und beriefen sich zur Rechtfertigung der hohen Zinsen, die sie nehmen mußten, auf die hohen Steuern, die sie zu entrichten hatten. „Die Erbitterung gegen sie war trotzdem weit verbreitet und besonders stark in Paris, wo man sagte, daß fast die halbe Stadt den Juden gehöre. Selbst Papst Alexander III. sah sich veranlaßt, den König Ludwig zu ermahnen, er solle doch nicht gestatten, daß die Juden christliche Dienstboten halten, neue Synagogen bauen und sich immer mehr ausbreiten. König Philipp II. soll schon bei Lebzeiten seines Vaters Ludwig VII. gegen das Unwesen geeifert haben. Jetzt hörte man überdies mancherlei, was den Volksglauben bestärkte, daß die Juden alljährlich um Ostern einen Christenknaben zu bekommen suchen, um ihn zu schlachten; in England wurde ein solcher, Namens Robert, in Paris ein anderer, Namens Richard, als Glaubensmärtyrer ausgerufen und verehrt, und es scheint, daß man einige Juden prozessierte und verbrannte.

König Philipp soll vorzüglich empört worden sein, als man ihm die gräßlichsten Lästerungen und Verwünschungen berichtete, welche angeblich bei gewissen jüdischen Festen wider den gekreuzigten Erlöser und die christliche Religion ausgestoßen zu werden pflegten; tief in Schulden steckende Hofleute schürten geschäftigst sein Zornfeuer und erwirkten, daß Philipp unvermutet an einem Sabbath – 14. Februar 1181 – alle Synagogen umstellen und die namhafteren Juden ins Gefängnis werfen ließ. Eine königliche Ordonnanz erfreute dann ihre Schuldner, indem alle Quittungen vernichtet wurden, wenn man nur den fünften Teil der Schulden an die königliche Staatskasse zahlte. Im Monat Nisan – April – 1182 erging dann das Verbannungsedikt, welches nur ein paar Monate Zeit zum Verkauf der liegenden Güter gewährte, im Juli wanderten die Verbannten aus, großenteils nach den Niederlanden.

Ein Grund dieses scharfen Verfahrens dürfte auch davon hergenommen worden sein, daß die Juden in Toulouse, wo sie besonders zahlreich waren, durch ihre Verbindung mit den Ketzern dem Grafen Raimund und dem Bischof Fulcrand viel zu schaffen machten.“[3]

Philipp II. von Frankreich war jener König, der durch Verstoßung seiner rechtmäßigen Gemahlin, der braven dänischen Prinzessin Ingeborg, und Zusammenleben mit einer Konkubine mit dem Apostolischen Stuhle und seinem ganzen Volke zerfallen war. Und wohin hat ihn seine Leidenschaft gebracht? Nur um Geld zu bekommen, verkaufte er den ausgewiesenen Juden die Erlaubnis der Rückkehr, namentlich in Paris durften sie sich wieder einnisten, und machten gute Geschäftchen durch wucherische Vorschüsse, Lieferungskontrakte, wohlfeilen Ankauf des Gestohlenen oder Geplünderten, gerade wie in den Tagen jüngeren Datums.

Auch jenseits des Kanals, in England, sollte das zwölfte Jahrhundert nicht schließen, ohne daß zuvor noch eine große Judenhetze veranstaltet wurde. König Heinrich II., selbst mehr Jude als Christ, hatte die Juden sehr begünstigt und dadurch der Abneigung des Volkes gegen seine Aussauger immer neue Nahrung gegeben. Als Heinrichs II. Sohn, Richard Löwenherz, nach dem Tode seines Vaters den englischen Thron bestiegen hatte, im Jahre 1189, und nach der Krönung ein großes Mahl gehalten wurde, entstand während desselben eine Zänkerei mit etlichen Juden, die sich vorwitzig herbeigedrängt hatten. Andere Berichte sagen, die Juden hätten dem Könige ein Huldigungsgeschenk darbringen wollen, seien aber mit demselben zurückgewiesen worden. Kaum hatte man aber aus diesem Vorgange entnommen, daß der neue König andere Gesinnungen gegen die Juden hege als sein verstorbener Vater, da schnellte der lange niedergehaltene Ingrimm des Volkes gegen das verhaßte Wuchervolk mächtig empor, und gräßliche Tumulte in London und bald auch in anderen Städten gegen die Juden, ihr Leben und ihr Vermögen brachen aus. Eifersüchtige Handelsleute und andere, Vornehme und Geringe, die den Juden verschuldet waren, schürten das Zornesfeuer, und emsig suchte man alle Schuldbriefe auf, um sie zu verbrennen. Wenn König Richard außerdem auch vieles Tadelnswerte an sich hatte, so waren ihm doch seine christlichen Unterthanen dafür sehr dankbar, daß er dem Wucher der Juden und ihren Betrügereien bei Fertigung der Pfandscheine steuerte.

Unter dem Bruder und Nachfolger des Königs Richard Löwenherz, dem König Johann ohne Land, konnten die Juden wieder ruhig ihren Geschäften nachgehen, vom Jahre 1199, in welchem Richard durch einen Pfeilschuß getötet worden war, bis zum Jahre 1210, und erfreuten sich sogar der königlichen Gunst. Da regte sich aber auch wieder der Unwille des Volkes und gab sich in bedenklicher Weise besonders zu London kund. Der König suchte die Aufregung zu beschwichtigen, wollte aber bei dieser Gelegenheit auch zugleich seine Kasse füllen. Er gab daher den Befehl, daß alle Juden verhaftet würden, und erweckte den Glauben, als wolle er alle Juden aus dem Reiche jagen. Das that er jedoch nicht, sondern er nötigte nur die Verhafteten, ihre Freiheit mit hohen Summen zu erkaufen. Bei manchen Juden wurde auch von der Folter Gebrauch gemacht. Ein reicher Jude in Bristol hatte standhaft schon die größten Martern ausgehalten, als man auf Geheiß des Königs begann, ihm täglich einen Zahn auszubrechen. Sieben Zähne nacheinander ließ er sich ausreißen, doch den achten soll er mit 10,000 Mark Silber gerettet haben.

Im Jahre 1215 wurde London von den Baronen eingenommen, die sich gegen den König Johann erhoben hatten. Mit den Baronen machte ein großer Pöbelhaufen Gemeinschaft und fiel über die Juden her, wobei die Raubsucht wieder vollauf Befriedigung fand.

Ein wahres Paradies für die Juden war im dreizehnten Jahrhundert das Königreich beider Sicilien. Von dem Kaiser Julian dem Abtrünnigen angefangen, waren alle christlichen Fürsten, welche sich zu Feinden der Kirche aufwarfen, stets Freunde und Gönner des Judentums. Wir brauchen nur an die römischen Kaiser Heinrich IV. und Friedrich II. zu erinnern. Unter des letzteren Regierung waren den Juden im Königreiche beider Sicilien alle Gerbereien und Färbereien nebst vielen Gefällen in Pacht gegeben. Dagegen waren die Juden aber auch stets bereit, gegen Wucherzinsen und neue Vergünstigungen dem stets geldbedürftigen Kaiser neue Darlehen zu gewähren. Alles, was von einigem Werte in Kirchen und Klöstern sich vorfand, ließ der Kaiser rauben und nach San Germano bringen ; hier kauften es die Juden, oder die Kirchen und Klöster lösten ihre eigenen Geräte und Gewänder mit Geldsummen aus, die sie oftmals borgen mußten. Mit Kirchenparamenten scheinen übrigens die Juden schon früher Geschäfte gemacht zu haben, denn schon Kaiser Heinrich II. löste – im Jahre 1022 – von Juden ein kostbares Meßgewand aus, welches aus der Karolingerzeit stammte, und schenkte es dem Kloster Monte Cassino nebst anderen Kostbarkeiten. Wie tief aber unter dem kirchenfeindlichen Kaiser Friedrich II. die christliche Bevölkerung gesunken sein muß, und welches herrliche Leben die Juden unter diesem kaiserlichen Gönner geführt haben mögen, dürfte schon aus der einzigen Thatsache zu entnehmen sein, daß die Juden damals nicht bloß Christensklaven hielten, sondern sich auch christliche Nebenfrauen beilegten.

Wir sehen hier in einem abschreckenden Bilde die Macht des bösen Beispieles, das von oben herab gegeben wird. Der deutsche König und römische Kaiser Friedrich II. hält sich einen Harem von Odalisken und mohammedanischen Tänzerinnen und zieht mit ihnen öffentlich im Lande herum; das Volk sieht es, und ohne Furcht und Scheu ahmt es nach, was der Herrscher selbst ungestraft thut. Wir können uns darum nicht wundern, sondern es nur tief beklagen, wenn das böse Beispiel, welches christliche Fürsten gaben, nicht bloß von leichtfertigen Christen, sondern auch von schlechten Juden nachgeahmt wurde, und daß christliche Frauen, durch dieses böse Beispiel irregeleitet, alle christliche Zucht und Ehrbarkeit so weit vergessen konnten, daß sie sich zu Kebsweibern von Andersgläubigen erniedrigten. Aber niemand wird leugnen, daß die Schuld des christlichen Herrschers viel größer ist als die Schuld der Juden, die sein Beispiel nachahmten.

Vor etwa zwanzig Jahren hat ein Büchlein großes Aufsehen erregt, das über den Talmud, das Lehrbuch zur Erklärung der jüdischen Glaubens- und Sittenlehre, näheren Aufschluß gab. Dieses Büchlein, von Professor Dr. Rohling geschrieben, erlebte in kurzer Zeit mehrere Auflagen und wurde in andere Sprachen übersetzt. Durch Belegstellen aus dem Talmud hat Dr. Rohling nachzuweisen versucht, daß nicht bloß der Wucher, sondern noch ganz andere Dinge den Juden gegenüber den Christen und den übrigen Nichtjuden gestattet seien. Das scheint man übrigens schon im dreizehnten Jahrhunderte entdeckt zu haben, denn als im dreizehnten Jahrhunderte von kirchlichen Synoden die Verfügung getroffen wurde, es sei an allen Sonn- und Festtagen der Kirchenbann gegen die notorischen Wucher, Blutschänder, Ehebrecher, Wahrsager, Räuber u. s. w. zu verkündigen, da wurden die Inquisitoren auch auf den Talmud aufmerksam gemacht, worin derartige Dinge für die Juden als erlaubte oder gar verdienstliche Werke hingestellt seien. Die Juden wehrten sich dagegen und veranlaßten selbst eine Untersuchung. Jüdische Gelehrten wiesen, um den Vorwurf des Wuchers abzuwehren, aus dem Talmud nach, daß derselbe für die Israeliten das Verbot enthalte, von Nichtjuden höhere Zinsen zu nehmen, als zum Lebensunterhalt erforderlich sei. Der Grund, warum man dieses Verbot aber in damaliger Zeit nicht beachtete, lag nach ihrer Annahme darin, daß die Israeliten bei den hohen Steuern, die sie entrichten mußten, allen Zinsgewinn als zum Lebensunterhalt erforderlich betrachteten.

In einer Besprechung zwischen Christen und Juden, die damals in Gegenwart des heiligen Königs Ludwigs stattfand, und deren Protokolle uns zum Teile noch erhalten sind, handelte es sich hauptsächlich um die Frage, ob im Talmud von Jesu Christo in unehrerbietiger Weise gesprochen werde. Der Wortführer der Juden, Rabbi Jechiel von Paris, bestritt es mit aller Entschiedenheit und wies darauf hin, daß der Jesus, von welchem der Talmud spreche, ein Schüler des Rabbi Josua ben Perachia sei, welcher mindestens 120 Jahre vor Christus gelebt habe. Die im Jahre 1244 in Paris auf königlichen Befehl eingesetzte Kommission, welche den Talmud zu prüfen hatte, hielt nichtsdestoweniger an ihrer Überzeugung von dem gotteslästerlichen Inhalte desselben fest, und auch der Papst ward hiervon in Kenntnis gesetzt. In dem nämlichen Jahre noch und wiederholt im Jahre 1248 wurden ganze Karren von Talmudexemplaren zu Paris, noch später auch viele Exemplare in Toulouse dem Feuer übergeben. Nur dem heiligen Könige Ludwig IX. hatten es die Juden wohl zu danken, daß sie nicht auch selbst mit dem Talmud ins Feuer geworfen wurden, denn er hatte verboten, ihnen etwas zuleide zu thun. Die Juden bewiesen sich aber auch dankbar für den königlichen Schutz und steuerten zu dem von dem Könige beabsichtigten Kreuzzuge große Summen bei. Dem frommen Könige lag es mehr am Herzen, die Juden zu bekehren, als sie zu verbrennen. Als zu Paris einem bekehrten Juden in hochfeierlicher Weise die heilige Taufe gespendet wurde, war auch ein Abgesandter des damaligen Dey von Tunis zugegen, aus dessen Äußerungen hervorging, daß auch der Dey mit dem Gedanken umgehe, ein Christ zu werden. Diesem Gesandten gegenüber äußerte damals König Ludwig: „O, könnte ich Eurem Herrn die unschätzbare Gnade der heiligen Taufe verschaffen, gern ließe ich mir Sklavenketten anlegen, um sie mein Leben lang zu tragen.“

Das dreizehnte Jahrhundert war für die Juden eine überaus schwere Zeit, denn allerorten brachen damals Judenverfolgungen aus und wollten schier kein Ende nehmen. In Frankfurt am Main, das schon im Mittelalter ein Hauptsitz des Geldes und der Juden war, fand im Jahre 1246 eine Niedermetzelung der Juden statt, weshalb der Stadtrat sich aufmachen mußte, um bei dem Kaiser Konrad IV. Verzeihung für die Mißhandlung und Tötungen der kaiserlichen Kammerknechte zu erbitten, die der Kaiser in Rothenburg auch gewährte.

In England ließ König Eduard I. im Jahre 1275, ein Jahr nach seiner Krönung, die Verordnung ergehen, daß die Juden seine neuen Synagogen errichten, keine Meierhöfe und liegenden Güter erwerben, keinen Wucher mit Geldausleihen treiben duften. Jeder Jude mußte als Kennzeichen seiner Nationalität zwei gelbe Tuchflecken am Kleide tragen, und hatte jährlich drei Pennys Kopfgeld zu entrichten, zur Anerkennung dafür, daß die Juden Kammerknechte des Königs waren.

Noch schlimmer erging es den Juden im Jahre 1279. In England, wie in Frankreich, erhob sich immer stärker die Klage des Volkes über Münzverschlechterung. Den Juden maß man die Hauptschuld hieran bei. Als daher eines Tages viele Juden verhaftet, und schlechte Münzen bei ihnen gefunden wurden, so war das für die niedergesetzte Specialkommission Beweis genug, um nur allein in London 280 Juden zum Tode durch den Strang zu verurteilen. Anderwärts soll Ähnliches geschehen sein. Hab und Gut der Gehenkten wurde eingezogen und floß in die königliche Kasse. König Eduard brauchte aber noch mehr Geld. Also ließ er an einem bestimmten Tage – 2. Mai 1287 – alle Juden seines Reiches, ohne Unterschied des Alters und Geschlechtes, in den Kerker werfen, gab ihnen aber sämtlich die Freiheit wieder gegen ein Geschenk von 12,000 Pfund Silbers. Doch drei Jahre später brach erst der Vernichtungssturm los. Ohne nur irgend einen erheblichen Grund vorzuschützen, befiehlt ein königlicher Erlaß vom 31. August 1290 dem ganzen Judengeschlechte bei Todesstrafe, innerhalb zweier Monate den Boden Englands zu verlassen. Für eine Zahl von 16,511 Köpfen wurden Pässe ausgestellt, die leicht bewegliche Habe konnten sie mitnehmen, aber Häuser und Güter und Schätze und Guthaben gehörten der königlichen Kasse. Bei der Überfahrt über den Kanal – 1. November 1290 – sollen manche Juden umgekommen sein durch den Fanatismus und die Raubgier der Schiffsleute. Allerdings wurden auf König Eduards Befehl diese Schiffsleute zur Rechenschaft gezogen und in Strafe genommen, aber aus dem einfachen Grunde, weil das Rauben nur dem Könige allein zustand.

Zwei Jahre nach dieser Judenverfolgung in England brach eine solche in Deutschland aus. Wütend fiel das christliche Volk im Jahre 1282 am Rheine, namentlich in Mainz, in Franken und hie und da in Bayern über die Hebräer, des Königs Kammerknechte und der Fürsten Blutegel, her. Schauerliches wird erzählt. Mit eigener Hand erwürgten die Juden in der Verzweiflung ihre Kinder, damit sie nicht getauft würden, und verbrannten sich samt allen ihren Schätzen in ihren Wohnhäusern oder in den Synagogen. In München verbreitete sich das Gerücht, die Juden hätten einem alten Weibe ein Christenkind abgekauft und dasselbe in einem Keller mit Nadelstichen langsam getötet. Der Pöbel rottete sich zusammen und begann zu schreien und zu toben. Die alte Frau ward gefoltert und, als schuldig befunden, hingerichtet. Die Juden hatten sich aus ihrem bestürmten und geplünderten Häusern, auf des Pfalzgrafen Ludwig Rat, in die israelitische Schule zu Aventin geflüchtet, aber das Volk steckte dieselbe in Brand, und 150 Juden, jeden Alters und Geschlechtes, sollen in den Flammen ihren Tod gefunden haben. An der Stelle der abgebrannten Schule wurde eine Kirche, „zur Gruft“ genannt, erbaut. Christlicher handelte man in Regensburg, wo reichere Juden unter des Königs besonderem Schutze wohnten. Rat und Bürgerschaft vereinigten sich, um der Wut des Pöbels Einhalt zu thun, indem man sagte, kein Sterblicher dürfe dem Ratschlusse Gottes vorgreifen, der die Juden nicht vertilgen lassen wolle; hätten einige wirklich gefrevelt, so solle man sie vor den ordentlichen Richter stellen.

Kaum waren vier Jahre verflossen, so brachen aufs neue – im Jahre 1286 – in Mainz, Boppard, Wesel und anderen Städten Aufstände gegen die Juden aus. Und im Mai des Jahres 1288 stürzte sich das Volk in der Stadt Bern grimmig auf die Juden, weil man einen ermordeten Christenknaben gefunden hatte und die Juden für dessen Mörder hielt. Nachdem der Stadtrat einige Juden gemartert hatte, wurde die ganze Judenschaft aus der Stadt verjagt.

Das war aber nur ein Vorspiel zu der schrecklichen Verfolgung, mit welcher die Juden in Jahre 1298 heimgesucht worden sind; denn in dieser Verfolgung sollen, wenn es keine Übertreibung ist, mehr als 100,000 Juden in den Städten Rothenburg, Würzburg, Nürnberg und noch an anderen Orten abgeschlachtet worden sein. Das Judengemetzel in Würzburg fand am 23. Juli statt. Kaiser Albrecht stellte die Ruhe wieder her und ließ die schuldigen Städte schwere Geldbußen erlegen, um den königlichen Schatz für die Ermordung so vieler Kammerknechte des Königs zu entschädigen.

Wie das dreizehnte Jahrhundert mit Judenverfolgungen endete, so nahm das vierzehnte mit Judengemetzel seinen Anfang. Im August des Jahres 1303 schickte der alte Landgraf Albrecht von Thüringen seinen Sohn, Friedrich den Gebissenen, nach Weißensee, um sich genau zu erkundigen, was an dem Gerüchte sei, daß die Juden vor dem Osterfeste einen unschuldigen Christenknaben Namens Konrad, den Sohn eines Ritters und Burgmannes in Weißensee, grausam zu Tode gemartert und ihn dann mit seinem eigenen Gürtel in einer Weinbergshütte bei besagter Stadt in der Art aufgehängt hätten, als hätte er sich selbst erhenkt. Friedrich fand es wirklich so, hörte Zeugnis geben von den wunderbaren Heilungen, die bei dem Grabe des gemarterten Kindes sich ereigneten, und war vielleicht Augenzeuge, als die Burgmannen und das Volk in größter Erbitterung über die Juden herfielen und sie haufenweise erschlugen.

Um seiner immerwährenden Geldnot abzuhelfen, ließ König Philipp IV. von Frankreich geheime Befehle ergehen, nach welchen am 22. Juni 1306 in ganz Frankreich alle Juden in ihren Wohnungen überfallen und gefangen genommen wurden. Es geschah so still und schnell, daß die Unglücklichen, wie Damberger[4] sagt, die schauerlichen Ketten eher an den Händen hatten, als sie dieselben klirren hörten. Im August wurden die unbeweglichen Güter der Juden verkauft, die ihnen schuldigen Kapitalien, jedoch mit Erlassung der rückständigen Zinsen, von königlichen Kommissarien eingetrieben und sodann die bis auf einen geringen Zehrpfennig Ausgeplünderten in die Verbannung geschickt. Die Rückkehr der Juden nach Frankreich ward bei Todesstrafe verboten. Viele verschmachteten in Not und Elend, noch ehe sie über die Grenze kamen. Und was geschah neun Jahre später?

Im Juli 1315 gestattete der König Ludwig X. von Frankreich, um Geld zur Aufstellung und Unterhaltung eines zahlreichen Kriegsheeres zusammenzubringen, den Juden wieder die Rückkehr nach Frankreich und einen zwölfjährigen Aufenthalt im Lande, damit sie ihre Darlehen eintreiben könnten, wovon jedoch der König zwei Dritteile sich selbst vorbehielt.

Im Jahre 1320 sah man im nördlichen Frankreich Scharen von armen Leuten aufbrechen, zumeist mit Stöcken bewaffnete Hirten, weshalb Pastoureaux oder Pastorels genannt, welche paarweise, in Prozession, die Kreuzfahne voran, ernst und schweigsam durch Städte und Flecken zogen, und nur in den Kirchen anbetend verweilten. Ein seiner Pfarrei entsetzter Weltpriester und ein ausgesprungener Benediktiner sollen sich bei diesen Haufen als Führer und Redner hervorgethan haben. Anfangs spendete fromme Teilnahme reichliches Almosen, weshalb es kein Wunder ist, daß die Haufen sich fortwährend vergrößerten, selbst durch Weiber und Knaben, besonders durch Bettler, Landstreicher und den Müßiggang liebendes Gesindel. Und wer sollte und konnte hier die Ordnung erhalten? Teils aus Mangel, teils auch aus Mutwillen wurden Diebereien und selbst auch gewaltsame Plünderungen ausgeführt, und immer kecker wurde mit ihrem Anwachsen die Menge, die man bald auf 40,000 Köpfe schätzte. Das Hauptheer wagte sogar in Paris einzurücken und dort die Gefängnisse des Chatelet und von St. Martin des Champs zu erbrechen, um jene Pastorels in Freiheit zu setzen, die von königlichen Gerichtsbeamten verhaftet worden waren. Sie mißhandelten sogar den Prevot von Paris und zogen ungestraft und ungehindert weiter nach dem Süden.

Am 25. Juni 1320 waren die Pastorels urkundlich zu Albi. Von anderen Ausschweifungen nichts zu erwähnen, fielen diese fanatischen zuchtlosen Horden wütend über die Juden als die nächsten und wehrlosesten Feinde des Kreuzes her, namentlich in der Gegend von Toulouse und Carcassone, plünderten sie aus und ermordeten nicht wenige unter dem lauten Beifall der die Juden leidenschaftlich hassenden Bewohner jener Gegend. Die Obrigkeit wußte sich keinen Rat. Als sie 500 flüchtigen Juden auf ihr Bitten ein königliches Schloß, Verdun geheißen, in dem Sprengel von Toulouse zum Rettungsort öffnete, hatte sie nicht Kraft genug, die tollen Pastorels von der Belagerung des Schlosses abzuhalten. In der Verzweiflung wehrten sich die Juden auf das äußerste, bis von den Belagerern Feuer angelegt wurde, um alle zu verbrennen oder im Rauche zu ersticken. Nun öffnet sich das Thor und ein Jude tritt heraus, von etlichen Kindern begleitet, um Schonung und zugleich um die Taufe bittend. Er giebt die Versicherung, die übrigen Juden seien sämtlich tot, von seiner Hand auf ihr Begehren ums Leben gebracht. Aber die Pastorels entgegnen: „Wie? du hast Hunderte deines Volkes umgebracht und meinst, dem Tode zu entgehen?“ Sofort wird er niedergehauen, und nur die Kinder werden verschont und getauft.

Gegen das Ende des Jahres 1321 verbreitete einen großen Schrecken das Gerücht, in Guienne hätten sich die armen, aus der menschlichen Gesellschaft verstoßenen Aussätzigen, deren es damals viele gab, voll grimmiger Rach- und Raubgier und von den durch die Pastorels mißhandelten Juden angespornt, verschworen, durch Vergiftung der Quellen und Brunnen ganze Ortschaften zu entvölkern, und wirklich sei bereits die Sterblichkeit hie und da auf einen hohen Grad gestiegen. König Philipp V. von Frankreich, der sich damals in der Stadt Poitou aufhielt, vernahm schauerliche Erzählungen von der unerhörten Gefahr, die seinem Reiche drohte. Er befahl die strengste Bestrafung der Schuldigen, deren man nicht wenige zum Scheiterhaufen führte. Dann eilte der König nach Paris, um auch dort strenge Untersuchungen anzuordnen. Einige Monate dauerte das Verbrennen von Aussätzigen und Juden. Die übrigen Juden mußten sämtlich das Königreich räumen, und erhielten seitdem von keinem französischen Könige wieder die ausdrückliche Erlaubnis, nach Frankreich zurückkehren zu dürfen. Trotzdem kehrten sie unter der Hand wieder zahlreich nach Frankreich zurück, bis sie im Jahre 1393 noch einmal alle fortgejagt wurden. Erst gegen das Jahr 1550 siedelten sich wieder Juden im Lande an.

Dagegen scheinen sich die Juden in Spanien um diese Zeit wieder stark vermehrt und den Unwillen des christlichen Volkes gegen sich erregt zu haben, denn im Jahre 1329 gab es an manchen Plätzen, namentlich zu Estella und Viana, blutige Volksaufläufe gegen die Juden, denen man wieder den alten Vorwurf machte, daß sie durch Wucher das Mark des Landes sich aneigneten.

Als der König Johann von Böhmen im Jahre 1336 in einen Krieg mit dem römischen Kaiser Ludwig dem Bayer verwickelt wurde, suchte er überall Geld aufzutreiben, um Söldner anwerben zu können. Zu diesem Zwecke ließ er auch in der Synagoge der Juden zu Prag eine Nachsuchung anstellen, weil er gehört hatte, die Juden hätten ihr Geld darin verborgen. Man fand wirklich 2000 Mark an Gold und Silber in der Synagoge versteckt, und zur Strafe für diese Versteckung des Geldes wurden sämtliche Juden im Königreiche Böhmen verhaftet und gezwungen, mit schwerem Gelde sich wieder loszukaufen.

Im nächstfolgenden Jahre – 1337 – brachen in Frankreich wieder da und dort Judenverfolgungen aus, und sofort war auch der französische König Philipp VI. bei der Hand, diese Verfolgungen zur Auspressung großer Geldsummen von den Juden zu benützen.

In demselben Jahre fanden auch in Deutschland am Rhein und in Bayern bis tief nach Österreich hinein Excesse gegen die Juden statt. Kaiser Ludwig der Bayer gebot damals dem Stadtrat von Frankfurt a. M., er solle dem Erzbischofe von Mainz behilflich sein, daß des Reiches Juden Schutz und Schirm erhalten.

Wir haben nun schon des öfteren gehört, wie die Juden kaiserliche Kammerknechte oder Reichsjuden genannt wurden. Woher kam ihnen dieser Name?

In Deutschland bildete sich die Auffassung aus, daß die Juden, die im Deutschen Reiche wohnen dürfen, auch dem Reiche mit Leib und Gut gehören, und daß infolgedessen der Kaiser über sie verfügen, die Juden einer Stadt verkaufen, verpfänden, verschenken, überhaupt mit ihnen thun, schalten und walten darf, wie es ihm gutdünkt.

Als daher Herzog Albrecht und viele Edelleute und Bürger in Schwaben, im Elsaß und Sundgau den Juden stark verschuldet waren, sprach Kaiser Karl IV. sie einfach aller Schulden an die Juden ledig, wie auch Kaiser Ludwig der Bayer, um dem Burggrafen Johann von Nürnberg eine Gefälligkeit zu erzeigen, einfach die Schuldbriefe zerriß, die derselbe an achtzig Reichsjuden ausgestellt hatte. Derselbe Kaiser erteilte dem Vogt der Wetterau, Gottfried von Epstein, im Jahre 1335 eine Vergünstigung, indem er ihm gestattete, Juden in seinem Gebiete sich ansiedeln zu lassen; so gewährte auch Kaiser Heinrich VII. dem Grafen Diether von Catzenellenbogen die Befugnis, in Catzenellenbogen, Lichtenberg und Biberau je zwölf Juden halten zu dürfen; dasselbe Vorrecht erhielten auch einzelne Städte, wie Dinkelsbühl, Regensburg, die nach der Stadt Ehre und Notdurft Juden halten dürfen. Der Reichsstadt Gelnhausen wurden die dortigen Reichsjuden verpfändet mit der Auflage, daß der Magistrat dieselben auch zu schützen habe. Um zweitausend Pfund Heller erhielt der Pfalzgraf Ruprecht die Juden zu Speier in Versatz.

Im Jahre 1348 legte Kaiser Karl IV. die sogenannte Neustadt bei Prag an und, um sie schnell zu bevölkern, gewährte er den Bürgern, die sich daselbst niederlassen wollten, zweijährige Steuerfreiheit und noch andere Vorteile. Auch die Juden lud er ein, in die Neustadt zu ziehen, wie es in dem bezüglichen königlichen Erlasse heißt: „In Anbetracht der Schwäche – Wehrlosigkeit – des jüdischen Volkes nehmen wir sämtliche Juden beiderlei Geschlechtes samt Kindern und Gütern, wenn sie Bewohner der Neustadt werden, in unseren besonderen Schutz, und tragen allen Gerichtspersonen auf, sie nicht belästigen oder beleidigen zu lassen.“ …

In dem nämlichen Jahre brach dagegen wieder in anderen Ländern, von Frankreich ausgehend, eine wütende Judenverfolgung aus. Schon gegen Ende des Jahres 1347 hatte im Süden von Frankreich sich die Pest gezeigt, die am Anfange des Jahres 1348 sich über ganz Frankreich verbreitete und alles in Furcht und Schrecken setzte. Nach zwei oder dreitägiger Krankheit, oft auch ganz plötzlich trat bei den von der Pest Befallenen der Tod ein, während Blutbrechen und Geschwüre an verschiedenen Teilen des Körpers die unfehlbaren Vorzeichen der Krankheit waren. Da durcheilt die Länder Europas plötzlich die Sage, Zauberer, Hexen und Juden hätten die Brunnen vergiftet, und wenn man ihnen nicht schnell das Handwerk lege, müßten alle guten Christen des Todes sein. Das wurde, sagt der Geschichtsforscher Damberger,[5] von einer gewissen Sorte Menschen gar gern geglaubt, am liebsten von jenen, deren Schuldscheine bei Hebräern gefangen lagen. Die Obrigkeit zeigte selten Mut und Kraft genug, der Unordnung zu wehren, so daß die Judenhetze so epidemisch wie die Pest um sich griff. „Ein Racheschrei,“ bemerkt der Geschichtschreiber W. Menzel[6] zu dieser Judenhetze, „ging durch ganz Europa, und überall fiel das gemeine Volk der Christen über die Juden her. Die Hauptschlächterei begann zu Bern in der Schweiz und verbreitete sich den Rhein abwärts und dann über ganz Deutschland. Der Rat in Basel wollte seine Juden retten, wurde aber vom Volke gezwungen, sie alle auf einem Haufen lebendig verbrennen zu lassen. In Straßburg wurde der Stadtrat gestürzt, weil er die Juden retten wollte. Man verbrannte sie hier auf einem großen Holzstoße auf ihrem Gottesacker; es sollen ihrer zweitausend gewesen sein. Schöne Judenmädchen, die von christlichen Jünglingen aus dem Feuer gerettet wurden, stürzten sich freiwillig wieder in die Glut. In Speier verbrannten sich die Juden in ihrem Stadtviertel selbst. In Mainz allein wurden 12,000 Juden erschlagen, in Erfurt 6000, in Lübeck 9000, und so im Verhältnis überall, wobei man erstaunen muß, wie viele Juden es damals schon in Deutschland gab.“ Sie wurden in allen deutschen Städten umgebracht, außer in Regensburg und Heidelberg. In Nürnberg erbaute auf dem Platze der zerstörten Synagoge der Juden Kaiser Karl IV. die Liebfrauenkirche als kaiserliche Kapelle. Die Juden, die sich flüchten konnten, flohen nach Polen, wo König Kasimir aus Liebe zu einer Jüdin sie beschützte.

Dieser Kasimir, der mit Unrecht den Beinamen des Großen führt, war üppig und frivol von früher Jugend an. Er hielt sich einen Harem, als wenn er ein Türke gewesen wäre. In diesem Harem befand sich auch eine Jüdin, Esther mit Namen, der es gelang, ihn längere Zeit zu fesseln, und die königliche Gunst für die Juden auszubeuten. „Durch sie,“ sagt W. Menzel,[7] „wurden dem unglücklichen Polen alle Juden aufgeladen, die aus anderen Ländern, namentlich auch aus Rußland, damals verbannt wurden. Der König bewilligte seiner Dirne alles, und indem sie die Rolle der biblischen Esther wiederholen wollte, rief sie von aller Welt Enden her die Juden ins Land und privilegierte sie. Dieses Judenvolk lastet seitdem auf Polen wie ein immerwährender Heuschreckenfraß; denn es arbeitet nichts, sondern lebt nur von der Arbeit der polnischen Christen, hat das Monopol der Wirtshäuser, verleitet daher das Volk zum Trunke, leiht dem verschuldeten Adel und saugt ihn wie das Volk selbst aus.“

Menzels Urteil ist auch diesmal, wie fast jedesmal, wenn es sich um die Juden handelt, etwas hart; ich bin von Geschichtskennern auf einzelne Thatsachen aufmerksam gemacht worden, die zur Richtigstellung obigen Urteils von Wichtigkeit sind, und ich erachte mich darum für verpflichtet, zur Steuer der Wahrheit diese Thatsachen hier mitzuteilen.

Kasimirs Verhältnis zu Esther ist eine geschichtliche Thatsache, die sich nicht leugnen läßt; aber ebenso ist es auch geschichtlich festgestellt, daß er die Gesetze, die den Juden Rechtsschutz gewähren sollten, schon zwanzig Jahre vor seinem Verhältnis zu Esther erließ. Dem übermäßigen Wucher beugte er dadurch vor, daß er den Zins durch Gesetze regelte, was in Polen um so eher möglich war, als die auf den Juden ruhenden Abgaben hier nicht so hoch waren wie in Deutschland.

Wenn Wolfgang Menzel sagt, daß das Judenvolk in Polen nichts arbeite, sondern von der Arbeit der polnischen Christen lebe, so muß dieser Ausspruch bedeutend eingeschränkt werden, indem sämtliche Handwerke in Polen bis auf den heutigen Tag von Juden betrieben werden. Sie fingen auch an, den Ackerbau zu betreiben, sobald es ihnen gestattet war, bis die Verfolgungen in der jüngsten Zeit sie aus den Dörfern vertrieben. Dabei darf man nicht vergessen, daß es den Juden sehr schwer fällt, in die bäuerlichen Arbeiten sich hineinzufinden; wir haben ja in Unterfranken auch Judenfamilien, die sich mit Ackerbau beschäftigen, aber wenn man sie bei den Arbeiten beobachtet, sieht man in der Regel schon auf den ersten Blick, daß ihre Ahnen viele Jahrhunderte lang den Pflug nicht führen durften.

Was den Branntweingenuß betrifft, so ist statistisch festgestellt, daß der Konsum von Branntwein in den „judenfreien“ Teilen Rußlands weit größer ist, als in den von Juden bewohnten Gegenden.

Der böhmische König und römische Kaiser Wenzel war ein großer Freund der Juden, die sich diese Freundschaft auch zu nutze machten und besonders gegen die Geistlichkeit frech wurden. Als einmal ein Priester in der Karwoche einem Christen in einem Judenviertel zu Prag die heiligen Sterbsakramente reichen wollte, verhöhnten ihn die Juden und warfen nach ihm mit Steinen, so daß er mit dem hochwürdigen Gute flüchten mußte. Nun aber brach das wütende Christenvolk zur Rache in das Judenviertel ein, erschlug alle Juden und brannte ihre Häuser nieder. Andere Geschichtschreiber stellen die Sache so dar, als hätten spielende Judenkinder aus Versehen den Priester mit Sand beworfen; das sei mißverstanden worden, und das beutegierige Volk sei über die Juden hergefallen, um zu plündern. Man erwartete von König Wenzel, er werde sich der Juden annehmen, aber er begnügte sich damit, im Jahre 1389, allen Raub in die königliche Kammer bringen zu lassen. Im folgenden Jahre erließ er ein Reichsdekret, wonach im ganzen Deutschen Reiche alle Schulden, welche Christen bei Juden gemacht hatten, für getilgt erklärt wurden.

Der König Peter der Grausame von Castilien ließ durch seinen Hofjuden Levi – im Jahre 1356 – ungeheure Geldsummen herbeischaffen, um Soldaten anzuwerben, mit denen er allen Widerstand brechen wollte, der sich der Befriedigung seiner Leidenschaften entgegensetzte. Nachdem der Jude wie ein Schwamm vom Schweiß und Blut der christlichen Unterthanen sich vollgesogen hatte, preßte ihn der König hohnlachend aus, indem er ihm fünf Millionen Piaster und eine Menge kostbarer Stoffe und Kleinodien abnahm. Hierauf ließ er ihn foltern, um noch mehr aus ihm herauszupressen, aber der Jude bekannte nichts auch unter den gräßlichsten Peinigungen.

Im fünfzehnten Jahrhundert hatten sich die Juden auf der hesperischen Halbinsel, in Spanien und Portugal, wieder außerordentlich vermehrt und wieder zu Klagen Anlaß gegeben. Der Pfarrer von Los Palacios entwirft in seinem Zeitbuch von ihnen folgende Schilderung: „Sie waren ein außerordentlich kluges und ehrgeiziges Volk, das sich die einträglichsten städtischen Ämter anzueignen wußte. Sie zogen es vor, ihren Unterhalt durch den Handel zu erwerben, der ihnen ungeheuer viel einbrachte, als durch Händearbeit und Handwerkskünste. Sie betrachteten sich als in den Händen der Ägypter, die zu betrügen und zu bestehlen ein Verdienst war. Durch ihre schändlichen Kunstgriffe sammelten sie sich große Reichtümer, und durch diese gelang es ihnen oft, in adelige christliche Familien hineinzuheiraten.“

Man hat mich gefragt, wie es möglich gewesen sei, daß Juden in adelige christliche Familien hineinheiraten konnten? Die Antwort ist sehr einfach. Es waren das Juden, die sich nur zum Scheine hatten taufen lassen, um im Lande bleiben zu können. Um diese allmählich für das Christentum zu gewinnen, und um zu verhüten, daß sie von Juden in ihrer Anhänglichkeit an das nur äußerlich verlassene Judentum bestärkt wurden, hat die Inquisition hauptsächlich darauf hingewirkt, daß die Juden aus Spanien vertrieben wurden. Der Wucher stand hier nicht im Vordergrund.

Als das Königspaar Ferdinand und Isabella der Herrschaft der Mohammedaner in Spanien ein Ende gemacht hatten, hielten sie es für notwendig, auch die Juden, die stets den Mauren geneigt gewesen waren, aus dem Lande zu vertreiben; die Juden hatten es bisher immer sehr gut verstanden, sich die Mächtigen durch Vorstrecken von Geld zu verpflichten, welches sie nachher wieder zehnfach den armen Christen abpreßten. Auch diesmal glaubten sie, mit einem Geldopfer, mit einer Bestechung durchzuschlüpfen, aber der Großinquisitor Torquemada machte ihnen einen Strich durch die Rechnung, indem er dem Königspaar zurief, sie sollten sich ja hüten, den Heiland zum zweitenmal wie Judas Ischariot um elende Silberlinge zu verkaufen.

Nicht bloß aus Spanien und Portugal, sondern auch aus England und Frankreich waren damals die Juden ausgeschlossen. Auch aus Neapel wurden sie durch spanischen Einfluß im Jahre 1540 ausgetrieben.

Wenn man überall in Deutschland Martin Luthers Gesinnungen gegen die Juden geteilt hätte, und wenn seine Brandreden gegen die Juden in Deutschland allerseits Anklang gefunden hätten, dann wären im sechzehnten Jahrhunderte die Juden in Deutschland völlig ausgerottet worden. Nachdem Luther die Flugschrift „Das Papsttum vom Teufel gestiftet“, mit einem Spottbilde von Lukas Cranach in die Welt geschleudert hatte, eine Schrift, die nur durch die Erhitzung mittels geistiger Getränke erklärbar und das höchste ist, was eine an Wahnsinn streifende Zornesmacht leisten kann, wandte er sich auch, um seinem Ingrimme noch mehr Luft zu machen, gegen die Juden. Er forderte die Christen förmlich auf, die Synagogen der Juden einzuäschern, ihnen alle Bücher, auch die Bibel, wegzunehmen, ihnen allen Gottesdienst bei Todesstrafe zu verbieten, sie zu mißhandeln und zu verjagen. Die Schrift „vom Schem Hamphoras“ begann er gleich mit der Erklärung, daß die Juden junge, zur Hölle verdammte Teufel seien, und erging sich in so pöbelhaften Schilderungen, daß seine späteren Anhänger diese Äußerungen der Vergessenheit anheimzugeben sich bemühten.[8] Ähnliche Gesinnungen gegen die Juden sprachen auch andere Wortführer der neuen Lehre aus, die von Luther ihren Namen hat. Doch brach in Deutschland damals keine Judenverfolgung aus, weil die lutherischen Prediger und das Volk von den weltlichen Kirchenherren in Schranken gehalten wurden. Diese schützten die Juden, weil sie ihren Nutzen brachten, und gestatteten ihnen, daß sie bei ihren Edelsitzen sich ansiedeln durften. Das ist so bis in die neueste Zeit herein geblieben. Wenn man daher irgendwo in einer Gegend in größerer Anzahl Juden, Pappelbäume[WS 1] und arme Leute sah, so durfte man sicher darauf rechnen, daß daselbst ein adeliger Gutsherr seinen Wohnsitz hatte. Daß aber die alte Abneigung gegen die Juden in der Masse des deutschen Volkes auch damals vielfach noch vorhanden war, zeigt der Tod des Juden Lippold in Berlin, der im Jahre 1575 ein Opfer der Volkswut wurde.

Am Anfange des siebzehnten Jahrhunderts zeigte sich am Main und Rhein wieder großer Unwille des christlichen Volkes gegen die Juden, die man zu vertreiben suchte. Als sie in Frankfurt a/M. in ihrem Viertel von einem christlichen Volkshaufen angegriffen wurden, wehrten sie sich gegen die Angriffe und vermehrten durch ihren Widerstand den Zorn des Volkes. Es zogen Truppen ein, den Juden wurde der Schutz der Stadt aufgekündigt. Nun verlangten sie sicheres Geleit zum Abzuge. Da ändert sich plötzlich die Stimmung der Frankfurter Bürgerschaft; der Rädelsführer des Aufstandes, Vettmilch, wird hingerichtet, und kaum sind die Juden ausgezogen, so ziehen sie wieder unter Sang und Klang in Frankfurt ein. Über dem Eingange ihrer Straße stand die Aufschrift: „Des Kaisers und des ganzen Reiches Schutz.“

Um dieselbe Zeit wollte auch das christliche Volk in Worms der Tausende von Juden, die in der Stadt wohnten, sich entledigen und die Juden wurden aufgefordert, die Stadt zu verlassen. Sie verließen ihr Quartier, und das Volk plünderte ihre siebenhundert Jahre alte Synagoge aus. Doch im Jahre 1616 konnten die Verjagten unter dem Schutze des Kaisers in Worms wieder einziehen.

Viel größere Leiden brachen im Jahre 1649 über die Juden in Polen herein. Der Kosaken-Hetman Chmel richtete ein schreckliches Blutbad unter ihnen an. Fast kein Ort in Polen blieb verschont. Die dem Tode Entronnenen zerstreuten sich bis nach Holland und England. Ähnliches geschah in Litauen im Jahre 1654 durch die Moskowiter.

Auch in Österreich fanden in diesem Jahrhundert Judenaustreibungen statt. Infolge einiger Excesse wurden die Juden im Jahre 1670 aus Wien und Österreich vertreiben, ihre Synagogen in Kirchen verwandelt. Nachdem sich unter Kaiser Leopold wieder eine jüdische Gemeinde in Wien gesammelt hatte, mußten im Jahre 1700 infolge eines Volksauflaufes die Juden Wien aufs neue verlassen und nach Preßburg ziehen.

Im Jahre 1730 entstand in Hamburg ein Volksaufstand gegen die Juden, der aber bald unterdrückt wurde.

Im Jahre 1740 hatte König Karl I. von Neapel und Sicilien die Juden dorthin zu kommen eingeladen, dieselben wurden aber vom Volke so bedrängt, daß sie bald wieder auswanderten. Auf diese Weise hat bis in die neueste Zeit herein das christliche Volk in vielen Gemeinden und Landstädtchen die Juden von sich fern gehalten. Als die bürgerliche Gleichstellung der Juden gesetzlich ausgesprochen, und die Freizügigkeit eingeführt worden war, suchten die Juden auch in solchen Landgemeinden und Landstädtchen sich niederzulassen, wo seither noch niemals eine Judenfamilie gewohnt hatte, ja, wo ein Jude nicht einmal übernachten durfte. Doch bald zogen sie wieder vor, diese Gemeinden freiwillig zu verlassen und andere aufzusuchen, wo sie freundlichere Gesichter sahen.

Der aufklärungs- und toleranzwütige Kaiser Joseph II. von Österreich hätte gern, wie der Geschichtsforscher W. Menzel meint, den Juden in seinem Reiche mehr Rechte zugeteilt, wenn sie nicht in Galizien als Krebsschaden des unglücklichen Volkes erkannt worden wären. Hier, wo sie den Edelmann und Bauer gleich sehr durch ihre Verführungs- und Wucherkünste verderbten, den ersteren zur Liederlichkeit und Verschwendung, den zweiten zum viehischen Branntweingenuß verlockten, und dann beiden die Güter abpfändeten und sie aussogen, sah sich Joseph genötigt, durch strenge Gesetze die christliche Bevölkerung zu retten, damit sie wenigstens nicht von den Juden wie ein Leichnam von Würmern vollends gefressen würde. Die Juden mußten die verpfändeten Güter herausgeben, und Bauernschulden bei einem Juden wurden nur noch anerkannt, wenn sie den geringen Betrag von fünf Gulden nicht überstiegen.

Im Jahre 1782 erließ der Kaiser ein Toleranzedikt zu gunsten der Juden, dessen Vorzüge von Juden und Christen wohl überschätzt wurden, wie der Geschichtsforscher Gams meint; doch immerhin dürfte es nach dem Urteile dieses Gelehrten der beste Emancipationsversuch der Juden auf dem Festlande sein.

Als zum Beginne der großen französischen Staatsumwälzung im Jahre 1789 die ersten Freiheitsrufe von Paris durch alle Provinzen Frankreichs schallten und auch im Elsaß ihren Wiederhall fanden, suchte man sich dort vor allem aus den Händen der Wucherjuden zu befreien. Zu diesem Zwecke wurde im Elsaß die Revolution mit einer Judenhetze eingeleitet.

Den Vätern der französischen Revolution hatten die Juden stattliche Dienste geleistet, und welche frohen Hoffnungen mögen in ihren Herzen erweckt worden sein, als sie zum erstenmal die verführerischen Rufe hörten: „Freiheit, Gleichheit, Bruderliebe!“ Nun dürfen auch die Juden frei nach ihrer religiösen Überzeugung leben, nun werden sie in allen Rechten und Pflichten dem Staate gegenüber vollständig ihren christlichen Mitbürgern gleichgestellt, nun wird in Frankreich eine Judenverfolgung nicht mehr möglich sein. So mögen die Juden, welche sich auf die Seite der Revolution stellten, anfangs gedacht haben, aber wie bald wurde den gläubigen Juden eine andere Meinung beigebracht! Im Namen der Freiheit wurde ihnen angesonnen, den Bart nicht mehr gelockt nach Judenart zu tragen, im Namen der Gleichheit sollten sie ihre gesonderten Gottesäcker und ihre Sabbathfeier aufgeben, im Namen der Bruderliebe sollten sie alle aus dem Lande gejagt werden, wenn sie sich nicht dazu verstehen wollten, Ackerbau zu treiben. Erst unter Kaiser Napoleon I. wurden nach Regelung der kirchlichen Verhältnisse auch die Verhältnisse der Juden in freiheitlichem Sinn geordnet.

In Deutschland finden sich im neunzehnten Jahrhundert noch einzelne, aber nur schwache Anklänge an die früheren Judenverfolgungen, indem aus Lübeck im Jahre 1818, aus Meiningen im Jahre 1819 die Juden ausgewiesen wurden.

Gegenwärtig scheint in manchen besonders protestantischen Gegenden Deutschlands der Geist Luthers wieder erwacht zu sein und im Antisemitismus seine Auferstehung gefeiert zu haben; aber auch im katholischen Österreich hört man wieder viele und schwere Anklagen gegen die Juden, und auch dort scheint der Antisemitismus sich immer weiter auszubreiten.

Doch die schwerste Heimsuchung, die in unserem Jahrhunderte über die Juden gekommen ist, dürfte die im gegenwärtigen Jahre erfolgte Ausweisung der Juden aus Rußland sein.

Wie in anderen Ländern war auch in Rußland die Behandlung der Juden zu verschiedenen Zeiten eine verschiedene; sie wurden bald geduldet, bald verfolgt. Im vorigen Jahrhunderte fanden sie Duldung unter dem Kaiser Peter I., während dessen Tochter Elisabeth im Jahre 1745 sie vertrieb, worauf später Kaiser Alexander I. ihnen wieder ausgedehnte Gewerbefreiheit einräumte. Die gegenwärtige Austreibung der Juden aus Rußland soll eine allgemeine und aus religiösen Beweggründen hervorgegangene sein. Die Äußerung des Kaisers Alexander III:, „wir sollten nie vergessen, daß es die Juden waren, welche unseren Herrn kreuzigten und sein kostbares Blut vergossen,“ soll thatsächlich als Randbemerkung auf eine Eingabe zu gunsten der Juden von ihm niedergeschrieben worden sein, und die Juden meinen, daß sie von diesem Kaiser nichts Gutes zu erwarten hätten. Sie könnten, wie es heißt, nur dann in Rußland bleiben, wenn sie nicht bloß ihre äußerlichen Stammeseigenheiten ablegten, sondern sich auch zur russischen Kirche bekehrten, deren weltliches und geistliches Oberhaupt der Kaiser ist. Es scheint aber, daß auch diesmal wieder weitaus die meisten Juden lieber das Land, als ihren Glauben verlassen wollen.

Wir haben gesehen, wie im Laufe der Jahrhunderte auch von seiten der Katholiken die Juden manchmal aus religiösen Gründen verfolgt wurden. Ob die Gründe berechtigt waren, oder nicht, müßte für jeden einzelnen Fall untersucht werden, und solche Untersuchungen sind auch von den zuständigen Behörden wirklich angestellt worden. Wir haben erwähnt, wie die Juden von katholischen Regierungen gestraft wurden, weil sie sich in verräterische Verbindungen mit Christenfeinden eingelassen hatten; wir haben auch erzählt, wie die Juden gezüchtigt wurden, weil sie, wie gerichtlich festgestellt wurde, Christenknaben gemartert hatten. Wir wollen noch einige derartige Fälle namhaft machen, um eine Frage näher zu beleuchten, die in der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit wieder häufiger besprochen worden ist.

Eine Veranlassung zu grimmigen Judenverfolgungen, insbesondere in der Zeit vom zwölften bis zum siebzehnten Jahrhunderte, gaben die Kindermorde, deren man die Juden bald da bald dort beschuldigte.[9]

Im Jahre 1144 sagte man den Juden in England nach, sie hätten in der Passionswoche einen Knaben, Wilhelm von Norwich, eingefangen und grausam hingerichtet. Im Jahre 1171 wurden die Juden in Frankreich beschuldigt, sie hätten in Blois zur österlichen Zeit einen Christenknaben hingeopfert; zur Strafe wurden von dem Grafen Theobald eine Anzahl Juden dem Feuertode übergeben. Im Jahre 1179 sollen die Juden in Paris den Knaben Richard von Pontoise gekreuzigt haben. Dem französischen Könige Philipp August erzählten Hofleute, schon zu seines Vaters Zeiten hätten die Juden alljährlich einen Christenknaben zur Verhöhnung des Christentums abgeschlachtet.

Im Jahre 1198 krönten die Juden zu Brienne in Frankreich einen Bauern, der nicht zahlen konnte, und einen Juden getötet hatte, mit Dornen, trieben ihn so durch das Dorf und henkten ihn mit Erlaubnis der Gräfin Berry dann auf. Diesen Frevel mußten zweiundachtzig Juden mit dem Feuertode büßen. König Philipp II., dessen Unterthan der Gehenkte gewesen war, ließ den Ort umstellen und die Juden, die sich nicht taufen lassen wollten, töten. Wir erwähnen diesen Fall, weil er dazu beitragen mußte, die Christen im Glauben zu bestärken, daß die Juden durch Christenmorde auch ihren religiösen Haß zu befriedigen suchen, indem sie den Bauern zuerst mit Dornen krönten und dann am Galgen aufhenkten.

Im Jahre 1255 wurde der neunjährige Knabe Hugo zu Lincoln in England von den Kinderspielen weg in das Haus des Oberrabbiners Joppinus gelockt und mußte dort sechsundzwanzig Tage Hunger leiden; er wurde gegeißelt, und die Oberlippe wurde ihm abgeschnitten, die Zähne wurden ihm eingeschlagen und die Nasenflügel aufgeschlitzt; dann wurde er am ganzen Körper mit Nadeln durchstochen und zuletzt durch eine Wunde getötet, die man ihm mit einer Lanze beibrachte. Der Leib wurde in einen Brunnen geworfen, von den Christen aber gefunden; Wunder, welche daselbst geschahen, bestärkten den Verdacht, der sich auf die Juden geworfen hatte. Der Oberrabbiner Joppinus gestand auch unter der Folter die That mit allen Einzelnheiten ein, worauf er mit noch achtzehn bei der Hinopferung des Knaben beteiligten Juden von Pferden zu tot geschleift wurde.

Im Jahre 1287 kam Werner, ein Jüngling von vierzehn Jahren, nach Oberwesel am Rhein, um sich dort Arbeit und Verdienst zu suchen. Er bekam Arbeit bei einem Juden, dem er Schutt aus dem Keller wegschaffen mußte. Nachdem Werner eines Tages die heilige Kommunion empfangen hatte, kamen mehrere Juden in den Keller, ergriffen Werner und henkten ihn auf mit dem Kopf nach unten, damit er die genossene Hostie wieder von sich gebe. Als dies mißlang, marterten und töteten sie ihn. Den Leichnam warfen sie, etwas entfernt vom Ort, in Dorngesträuch. Die Sache wurde aber ruchbar, und weil schon vorher, im Jahre 1271, ein siebenjähriges Mädchen in Pforzheim von den Juden auf grausame Weise umgebracht worden sein sollte, kam besonders der christliche Adel in große Aufregung, die einigen tausend Juden das Leben kostete.

Zu Deggendorf in Bayern wurden die Juden angeschuldigt, sie hätten von einem alten Weibe eine kosfekrierte Hostie erkauft, aus welcher, als die erbosten Christenhasser mit Pfriemen hineinstachen, sich Blut ergoß. Die Obrigkeit wollte die Sache bedächtlich untersuchen, aber am 29. September 1337 zog Hartmann von Degenberg an der Spitze vieler Bauern des bayerischen Waldes nach dem Städtchen, und innerhalb einer Stunde waren alle Juden in Deggendorf niedergemetzelt. Herzog Heinrich von Bayern soll die Volksjustiz gebilligt und aus dem Gelde der Erschlagenen die noch stehende Kirche der Stadt erbaut haben. An vielen Orten bis Österreich und Kärnthen wurden damals die Juden verfolgt, und am Rhein dauerte die Verfolgung noch bis zum nächsten Jahre fort. Nach einer Mitteilung des damaligen bayerischen Geschichtschreibers Aventinus hatte sich infolge des langjährigen Streites, den der römische Kaiser Ludwig der Bayer mit dem Apostolischen Stuhle führte, bei den Juden in Deutschland die Meinung gebildet, das Deutsche Reich und mit ihm das ganze Christentum werde bald untergehen und der von den Juden erwartete Messias werde nun bald erscheinen. In dieser Hoffnung hätten die Juden in Deutschland damals ein geheimes Bündnis untereinander gegen die Christen abgeschlossen. Diese Mitteilung dürfte zur Erklärung der Thatsache dienen, daß die Niedermetzelung der Juden in Deggendorf an vielen anderen Orten fortgesetzt wurde.

Ein ähnlicher Fall wie in Deggendorf kam im Jahre 1492 auch in Spanien vor. Dort wurden die Juden beschuldigt, sie hätten im Orte La Quardia heilige Hostien gestohlen und Frevel daran verübt. Auch wurden sie angeklagt, sie hätten ein Christenkind gestohlen und ans Kreuz genagelt. Bald darauf erschien jenes königliche Edikt, von dem wir schon gesprochen haben, alle Juden hätten binnen drei Monaten Spanien zu verlassen. Da fiel ein Schrecken über alle Juden, und es war ein Jammer unter ihnen, größer als zur Zeit der Kaiser Titus und Hadrian. Selbst das Mitleid der Christen ward erweckt.

Im Jahre 1472 wurde zu Trient der Knabe Simon ermordet, und sein Blut in einer Flasche aufbewahrt. Der Vorgang wurde gerichtlich untersucht, und die jüdischen Mörder verurteilt. Die Untersuchung dauerte drei Monate. Der Doge von Venedig erließ eine Verordnung, worin er seinen Willen ausspricht, daß die Juden in seinem Lande ungehindert leben sollten; von dem Gerüchte, die Juden hätten den Knaben Simon ermordet, sagt er, es sei gegen die Juden erfunden worden. Doch bald wurde diese Verordnung wieder zurückgenommen, und es wurde gestattet, daß das Bild des jugendlichen Märtyrers umhergetragen werde. Die Juden wurden aus Trient vertrieben, ihre Synagoge in eine dem wunderthätigen Märtyrer Simon geweihte Kapelle umgewandelt. Da immer mehr Wunder auf die Fürbitte Simons geschahen, und die Verehrung desselben sich immer weiter ausbreitete, untersagte Papst Sixtus diese Verehrung, bis die Sache durch den Apostolischen Stuhl untersucht sei. Dabei nahm der Papst die Juden in seinen Schutz. Nach reiflicher Prüfung des Rechtsganges wurde vom Apostolischen Stuhle die Verehrung des Ermordeten freigegeben, oder wenigstens nichts mehr gegen dieselbe erinnert.

Im Jahre 1480 wurde zu Portubuffaleto in der Republik Venedig am Gründonnerstag der siebenjährige Knabe Sebastian Novello von Bergamo von mehreren Juden grausam getötet. Die Sache wurde untersucht, der Prozeß in aller Form Rechtens geführt, die Überwiesenen nach Venedig gebracht und auf dem Markusplatz daselbst, zwischen den zwei Säulen, verbrannt.

Am 5. April 1485 erlitt zu Marostika, im Gebiet von Vicenza, der Knabe Lorenz denselben Tod; die Juden wurden deswegen für ewige Zeiten aus diesem Gebiete verbannt.

Aus dem Morgenlande drang um diese Zeit die Kunde in das Abendland, die Juden hätten von Seeräubern einen christlichen Knaben gekauft und ihn gekreuzigt. Auf der Insel Kreta sollten die Juden, wie man erzählte, zum Hohne der Christen Lämmer gekreuzigt haben.

Ähnliche Kindermorde, wie zu Trient und an den anderen genannten Orten in Italien, sollen in Deutschland zu Fulda, wo im Jahre 1235 oder 1236 von den Juden fünf Christenknaben abgeschlachtet worden sein sollen, wofür dreiunddreißig Juden umgebracht wurden, zu Speier, Dortmund, Dütsch bei Köln, Amberg in der Oberpfalz, Alzey, in Schwaben und in der Markgrafschaft Baden vorgekommen sein; in Regensburg sollen 1486 sechs Christenkinder von den Juden hingeopfert worden sein; im Jahre 1540 sollen die Juden den vierjährigen Knaben Michael zu Ostern in Heitingen geschlachtet haben; im Jahre 1579 sollen in Litauen der Knabe Sinnai und ein Mädchen, Elisabeth, ihr Leben auf gleiche Weise verloren haben; im Jahre 1650 fand ebenso zu Kaaden in Böhmen der vierjährige Knabe Matthias den Tod, dem Kaiser Ferdinand III. ein Denkmal errichten ließ.

In unserem neunzehnten Jahrhunderte tauchte in den dreißiger Jahren die Sache zu Petersburg in Rußland, und in den vierziger Jahren zu Damaskus in Syrien wieder auf.

Zu Petersburg wurde im Jahre 1831 eine Untersuchung über die Ermordung eines Soldatenkindes geführt, das von Juden zu abergläubischen Zwecken abgeschlachtet worden sein sollte. Der Oberprokurator und fünf Richter halten die angeklagten Juden für schuldig, das Verbrechen zu dem fraglichen Zwecke begangen zu haben, und nur Ein Richter hält die Angeklagten nicht für überführt, wohl aber hält er den Beweis für erbracht, daß es unter den Juden Verirrte giebt, die noch immer solche Verbrechen zu abergläubischen Zwecken begehen können. Das Urteil des Reichsrates lautete dahin, daß die Angeklagten als positiv nicht überführt zu erachten seien.

Zu Damaskus war Pater Thomas zugleich Arzt. Am 5. Februar 1840 sah man ihn mit seinem Diener in das Judenviertel gehen; am 6. Februar sollte er bei dem Arzte des Pascha speisen. Er kam aber nicht, und vom Kloster hatte man ihm bereits vergebens nachgeforscht. Der französische Konsul nahm die Sache in die Hand und brachte zunächst heraus, daß der Barbier des Judenviertels in stockfinsterer Nacht zu dem jüdischen Kaufmann Harari beschieden wurde. Des weiteren ergab die gerichtliche Untersuchung, daß er dort den Pater Thomas gebunden am Boden gefunden habe, und aufgefordert worden sei, ihn zu töten. Er habe sich anfangs geweigert, aber doch, durch Drohungen eingeschüchtert, sich hinreißen lassen, zu dem Morde mitzuwirken. Harari habe den ersten Stoß, ein anderer den zweiten geführt, welcher den Tod zur Folge gehabt hätte. Dann sei das Fleisch von den Knochen gelöst, diese zerbrochen und in eine Kloake geworfen worden. Dort habe man sie mit einem Stück Kinnbacken samt Bart, einem Stück Kopfhaut, welche noch das Zeichen der Tonsur getragen habe, und mit dem jedermann in Damaskus bekannten rotgeränderten Käppchen des Paters aufgefunden. Auch des Thomas Diener hätte man ermordet, um keinen Ankläger zu haben. Von den Verhafteten hätten sieben jüdische Kaufleute das Verbrechen eingestanden und ausgesagt, daß der Großrabbiner einige Tage zuvor erklärt habe, man solle für die nahen Ostern sich Christenblut verschaffen. Der ganze Orient war nach einer Schrift von Achille Laurent, die wahrscheinlich von dem französischen Konsul veranlaßt wurde, von der Schuld der Juden überzeugt, aber die Juden in Europa setzten es durch, daß die Angeklagten nicht hingerichtet, sondern durch einen Machtspruch der türkischen Regierung freigelassen wurden.

Große Aufregung rief im Jahre 1881 die Nachricht hervor, daß zu Tißa Eßlar in Ungarn ein Christenmädchen, Esther Solymossi, von Juden in der Synagoge abgeschlachtet worden sei. Die Sache wurde gerichtlich verhandelt, und die angeklagten Juden wurden freigesprochen, aber das Benehmen des Staatsanwaltes in diesem Prozesse und das freisprechende Urteil des Gerichtshofes konnten und können oder wollen sich auch heute noch viele Leute nicht erklären.

Im Jahre 1891 brach ein Aufstand aus gegen die Juden in der Stadt Korfu auf der Insel gleichen Namens im mittelländischen Meere, worüber ein ehemaliges Mitglied der griechischen Deputiertenkammer, Geogios Zerros in Korfu, folgendes berichtet: „An der Thatsache, daß hier auf Korfu vier Mitglieder der hiesigen Judengemeinde ein achtjähriges Christenmädchen in der unmenschlichsten Weise getötet haben, ist nicht zu zweifeln. Des Mordes angeklagt werden der jüdische Schneider Sarda, welcher das aus Janina stammende christliche Mädchen, Maria Dessylla, in Pflege hatte und es nun in Gemeinschaft mit seinen Religionsgenossen geschlachtet hat; der Synagogendiener Naxon, der Totengräber der jüdischen Gemeinde, und der jüdische Almosenempfänger Ephraim; letzterer wird zugleich des wissentlichen Meineids beschuldigt. Der Thatbestand der Anklage konnte seitens der Juden durch nichts erschüttert werden. Dazu ergab noch die amtliche Obduktion der Leiche, daß der Tod durch Zerschneidung des Halses herbeigeführt wurde, und daß nach der erfolgten Tötung dem Körper noch etwa zwanzig kleinere Schnittwunden beigebracht wurden. Die aufgefundene Leiche war im Inneren gänzlich blutfrei. Die Regierungsbehörden, welche anfangs die Anklage als „Märchen“ zu behandeln suchten, erkennen heute, daß sich die Sache nicht mehr bemänteln läßt. Dennoch wagt die Regierung nicht, dem Rechtsbewußtsein des Volkes offen Rechnung zu tragen, wodurch die Aufregung der Christen stündlich gesteigert wird. Nur um Zeit zu gewinnen, wurden der Präfekt von Korfu und der mit der Sache betraute Staatsanwalt nach Athen berufen, um der Regierung Bericht zu erstatten.“ So schildert Georgios Zerros den Thatbestand. Der Rabbiner in Korfu hatte zwar erklärt, es handele sich nicht um ein Christen-, sondern um ein Judenmädchen, aber man glaubte es ihm nicht, und die Aufregung, die sich der christlichen Bevölkerung der Stadt Korfu und der ganzen Insel bemächtigte, war eine so große, daß man befürchtete, es würden alle Juden umgebracht und das ganze Judenviertel zu Korfu würde niedergebrannt. Es wurden daher Truppen von der griechischen Regierung nach Korfu geschickt, um die Ruhe wieder herzustellen und aufrecht zu erhalten.

Noch war die Untersuchung wegen dieses Mordes in Korfu nicht beendigt, und schon wieder wurde von den öffentlichen Blättern die Nachricht gebracht, daß zu Xanten in der preußischen Rheinprovinz ein ähnlicher Mord geschehen sei, der die Bevölkerung in Erbitterung und furchtbare Aufregung versetzt habe. Der fünfjährige Knabe eines Handwerksmannes wurde ermordet, mit durchschnittenem Halse, mit Stroh zugedeckt in einer Scheune liegend aufgefunden, am 29. Juni dieses Jahres, nachdem man ihn einen ganzen Tag lang vergebens gesucht hatte. Als Mörder wurde ein Israelite bezeichnet, vor dessen Haus sich bald Tausende versammelten, um ihrer Wut vorerst in lauten Rufen Ausdruck zu geben. Am 5. Juli abends schien es, als wollte der Haufen das Haus des Israeliten stürmen; die Sicherheitsmannschaft war unvermögend, die Ruhe herzustellen, weshalb man den Pfarrer herbeirief, dem es auch gelang, die Menge zu beruhigen und mit dem Hinweis auf die bevorstehende gerichtliche Untersuchung zum Auseinandergehen zu bewegen. Inzwischen war auf Anordnung des Staatsanwaltes der fragliche Israelite als des Mordes verdächtig verhaftet worden.

Hiermit haben wir ein reiches Material aus der Geschichte aufgehäuft, das uns aber auch in den Stand setzt, verschiedene Fragen zu beantworten, die gerade in der Gegenwart wieder eine besondere Wichtigkeit erlangt haben.

Zuvörderst wollen wir uns als die Hauptfrage vorlegen, welche Stellung die Kirche oder der Klerus, insbesondere die Päpste im allgemeinen den Juden gegenüber eingenommen haben.


IV.
Verhalten der Päpste und des Klerus gegen die Juden.

Wenn wir die Geschichte fragen, wie die Päpste und der Klerus sich im allgemeinen den Juden gegenüber, in den Anklagen, die gegen sie erhoben wurden, in den Verfolgungen, die gegen sie ausbrachen, verhalten haben, so antwortet sie uns, daß die Päpste, als Vertreter des Klerus und der ganzen Kirche, in ihrem Verhalten gegen die Juden das Beispiel Jesu Christi und der Apostel stets nachgeahmt haben. Die Päpste haben das Unrecht gerügt, dessen die Juden sich etwa schuldig machten, und haben die Christen gegen sie in Schutz genommen; sie suchten aber auch ebenso die Juden zu schützen, wenn sie ungerechterweise verfolgt und mißhandelt wurden. Hierin sind die Päpste sich stets gleichgeblieben, wenn sie auch nicht selten samt dem Klerus und der ganzen Kirche den schmählichsten Undank von den Juden erfahren haben.

Am Ende des sechsten Jahrhunderts klagten die Juden in der Stadt Cagliari über Mißhandlungen und Bedrückungen, und baten den damaligen Papst Gregor den Großen um Abhilfe. Der Papst hörte ihre Klagen an und erließ sofort den Befehl, daß die den Juden zu Cagliari entrissene Synagoge ihnen wieder zurückgegeben werde. Mit Belehrung soll man auf die Juden einzuwirken suchen, sagt der Papst, dagegen sei harter Zwang gegen sie zu vermeiden.

Allerdings hat man auch im siebenten Jahrhunderte schon Beispiele, daß die Bischöfe eines Landes den König angehen, er möge die Juden, die nicht Christen werden wollten, zur Auswanderung nötigen, wie das von einer Synode in Spanien geschah. Aber wir dürfen nicht vergessen, daß diese Synoden zugleich Reichstage waren, zu denen auch die Großen des Landes sich einfanden, und daß man der Juden in Spanien sich nicht anders erwehren konnte. Hätten sie den Wucher gelassen und angefangen, sich redlich zu ernähren, und hätten sie es auch unterlassen, mit den Feinden des Landes Verräterei zu spinnen, dann wäre nie ein Kanon aufgestellt worden, der die Landesverweisung der Juden ausgesprochen hätte. Auffallend bleibt immerhin, daß man nicht den Versuch machte, gegen den Wucher auf gesetzlichem Wege vorzugehen, und ihn durch Wucher- oder Zinsgesetze zu beseitigen. Hieraus sowie aus der Thatsache, daß die Juden, die sich taufen ließen, im Lande bleiben durften, scheint hervorzugehen, daß auch der Unglaube der Juden ein Hauptgrund mit war, weshalb sie vertrieben wurden.

Als im neunten Jahrhunderte in Frankreich große Aufregung gegen die Juden herrschte, weil sie ungescheut, durch bestochene Beamte geschützt, mit Christensklaven Handel trieben, waren es der Erzbischof Agobard von Lyon und noch zwei Bischöfe, welche an den Kaiser Ludwig eine demütige Vorstellung richteten und ihn baten, er möge den ruchlosen Handel verbieten, damit die Veranlassung zur Erbitterung des Christenvolkes gegen die Juden beseitigt werde. Ein anderer Grund, weshalb die Christen oft gegen die Juden aufgeregt wurden, lag darin, daß die Juden sich häufig widersetzten, wenn einer von ihren Sklaven die heilige Taufe empfangen wollte. Sie beriefen sich dabei auf ein kaiserliches Privilegium, nach welchem keiner von ihren Sklaven die heilige Taufe empfangen dürfe, ehe der betreffende jüdische Herr seine Einwilligung dazu gegeben habe. Wenn die Bischöfe den Kaiser bitten, dieses vorgebliche Privilegium zu beseitigen, und zu gebieten, daß dem Empfang der heiligen Taufe kein Hindernis von seiten ungläubiger Dienstherren in den Weg gelegt werde, so sind sie dazu als Bischöfe der Kirche in ihrem vollen Rechte, und sie fügen den Juden damit auch kein Unrecht zu, sondern handeln vielmehr zu deren Gunsten, indem sie einen Gegenstand zu beseitigen suchen, der immer wieder aufs neue zu Klagen und Ausschreitungen des Christenvolkes gegen die Juden Veranlassung geben mußte.

Zeitweise haben die Juden auch anerkannt, daß die Bischöfe der Kirche es gut mit ihnen meinten, wie wir, um ein Beispiel anzuführen, aus Ditmars Chronik entnehmen können, der uns erzählt, wie am 12. August 1012 der Erzbischof Walther von Magdeburg verschied, und bei dieser Mitteilung ausdrücklich erwähnt, daß auch die Juden gekommen seien, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen, und den Leichenzug zu begleiten, als man den Leichnam des Verstorbenen von dem Schlosse Giebichstein nach Magdeburg verbrachte.

Von dem Papste Alexander II. ist ein Brief vorhanden, der etwa um das Jahr 1071 an die spanischen Bischöfe gerichtet wurde. In diesem Briefe kommt die Stelle vor: „Sehr wohl hat uns gefallen, was wir kürzlich über Euch vernommen haben, daß Ihr nämlich die unter Euch wohnenden Juden verteidigt habt, damit sie nicht von jenen erschlagen wurden, welche, um gegen die Saracenen zu kämpfen, nach Spanien gezogen sind.“

Dabei lassen aber die Päpste doch nie auch die Lage der Christen aus dem Auge und suchen stets zu verhindern, daß die Christen von den Juden ausgebeutet werden. Der König Alfonso VI. von Castilien hatte einen jüdischen Finanzminister, der sich den Haß des Christenvolkes in hohem Grade zuzog und, wie man sagt, diesem Hasse auch zum Opfer fiel, indem er eines Tages von unbekannter Hand erdolcht wurde. Papst Gregor VII. unterließ damals nicht, eine kräftige Mahnung im Jahre 1081 an den König ergehen zu lassen, daß er die Christen von den Juden nicht unterdrücken lasse. Auch Erzbischof Bernard von Toledo suchte in gleicher Weise auf den König einzuwirken, daß er den Juden keine die Christen drückende Privilegien gewähren möge.

Wie die Juden dem römischen Kaiser und dem Papste in dankbarer Gesinnung huldigten, können wir öfter in der Geschichte lesen. Als Kaiser Heinrich V. im Jahre 1111 zu Rom in einer prachtvollen Prozession zur Peterskirche zog, hatte sich vor dem Portal des Gotteshauses ein jüdischer Sängerchor aufgestellt, der den Kaiser mit einem Jubellied begrüßte. Und als Papst Calixt II. im Jahre 1120 in Rom seinen glänzenden Einzug hielt, da gesellte sich den Lobgesängen der Lateiner und Griechen auch das Jubellied der Juden bei.

Am 22. April 1131 hielt Papst Innocenz II. einen überaus feierlichen Einzug in Paris; auch hier ließen es die Juden sich nicht nehmen, dem Statthalter Gottes auf Erden ihre Huldigung darzubringen. Als Geschenk überreichten sie ihm ihr heiliges Gesetzbuch, die Thora. Innocenz nahm das Geschenk freundlich an und sprach mit Wehmut: „Ich flehe zu Gott, er möge die Decke endlich wegnehmen von euren Augen, auf daß ihr die Wahrheit erfasset, welche in diesen Büchern niedergelegt ist.“

Als Papst Eugen III. die Christenheit zu einem neuen Kreuzzuge in das heilige Land aufforderte, da gewährte er den Kreuzfahrern unter anderen Vergünstigungen auch diese, daß ihnen alle noch ausständigen Wucherzinsen nachgelassen seien. Der ehrwürdige Abt Petrus von Clugny aber, ein zu seiner Zeit hochgeachteter Mann, wollte, daß der König Ludwig VII. von Frankreich noch weiter gehe, und die sämtlichen Kosten des Kreuzzuges von den Juden tragen lasse. Zu diesem Zwecke schrieb er an den König einen Brief, worin er ausführt, Gott wolle nicht den Tod der Juden, sondern habe ihnen zur gerechten Strafe ein Leben beschieden, schlimmer als der Tod, nämlich unstät und flüchtig auf Erden zu sein, wie einst Kain. Aber billig sei es, ihnen zu nehmen, was sie nicht durch Ackerbau oder Kriegsdienst, oder anderen ehrlichen und nützlichen Erwerb, sondern durch Überlistung der Christen und wohlfeilen Ankauf gestohlener Güter an sich gebracht hätten. Wenn die christlichen Streiter, um die Saracenen zu bekämpfen, ihre eigenen Güter nicht schonten, so sollte man auch die durch Verbrechen erworbenen Reichtümer der Juden nicht verschonen. „Wenn der Räuber,“ schreibt der ehrwürdige Abt weiter, „irgendwo eine christliche Kirche erbricht, wenn er frech Leuchter, Krüge, Rauchfässer, selbst das heilige Kreuz oder die geweihten Kelche davon trägt, dann vermeidet er die Christen, sucht aber die Juden auf, und, bei ihnen verdammliche Sicherheit genießend, hat er nicht bloß seine Raubhöhle in ihrer Mitte, sondern verkauft das der heiligen Kirche Gestohlene der Synagoge des Satans. Die Gefäße, die den Leib und das Blut Christi geborgen, liefert er denen aus, die diesen Leib getötet und sein Blut vergossen haben, die damals dem unter den Sterblichen Wandelnden alle Unbill angethan haben, und nun nicht aufhören, den in der Majestät der Gottheit Sitzenden mit ihren Lästerungen zu verfolgen. Auch selbst diese heiligen Gefäße, die sie, wie ehemals die Chaldäer die ihrigen, bewahren, bleiben darum, obgleich sie keine Empfindung haben, doch nicht von der Unbill frei; sie werden, wie ich von glaubwürdigen Männern vernommen, zu einem Gebrauche verwendet, den zu denken schon ein Greuel ist, und eine Lästerung, ihn auszusprechen. Aber noch nicht genug! Damit solch schändlicher Raub und der jüdische Hehler gesichert sein möge, ist ein altes, wahrhaft teuflisches Gesetz von christlichen Fürsten ausgegangen, daß, wenn ein kirchliches Geräte und, was noch schlimmer, ein heiliges Gefäß bei einem Juden gefunden wird, er weder gehalten sein solle, den Kirchenraub zurückzugeben, noch den nichtswürdigen Räuber zu verraten.“

Ein solches, wahrhaft empörendes Privilegium hatten die Juden in der That von geldgierigen Fürsten sich erkauft. Die Fürsten haben aber damals den Juden um Geld noch ganz andere Gefälligkeiten erzeigt. Von dem Könige Wilhelm II. von England erzählte man sich, er habe von jüdischen Vätern Gold genommen, um deren Söhne, die Christen werden wollten, durch Überredungen und Drohungen davon abzuschrecken.

Wir haben bereits mitgeteilt, wie zur Zeit, als man sich zu dem von dem Papste Eugen III. angeregten Kreuzzuge rüstete, eine heftige Judenverfolgung in Frankreich, am Rheine, in Bayern, bis nach Polen hin ausbrach, in welcher Tausende von Juden ihr Leben lassen mußten. Am Rheine war es besonders ein ausgesprungener Mönch, Radulf oder Rudolf mit Namen, welcher das Feuer des Zornes gegen die Juden schürte. Ihm trat der heilige Abt Bernhard von Clairvaux entgegen, welcher als päpstlicher Legat Fürsten und Völker in Frankreich und Deutschland zur Teilnahme am Kreuzzuge aufforderte, und in Mainz den wegen seiner Predigten gegen die Juden bei dem Volke sehr beliebten Mönch vor sich kommen ließ. Er verwies ihm ernstlich, daß er gegen alle Ordenszucht in der Welt umherziehe und auf eigene Autorität hin sich zu predigen erfreche, und brachte ihn endlich dahin, daß er dem Abte und päpstlichen Legaten Bernhard Gehorsam gelobte und in das Kloster Clairvaux zu gehen versprach. Den Verfolgern und Mördern der Juden hielt Bernhard das Verfahren der Kirche vor Augen, welche Jahr für Jahr vom Aufgang bis zum Niedergang ihre Gebete um die Bekehrung jenes blinden Volkes Gott darbringe, damit endlich die Decke des Unglaubens von den Augen desselben weggenommen werde.

Ein Jude, welcher in einem von ihm verfaßten Tagebuch angiebt, er habe als dreizehnjähriger Knabe die Verfolgung der Juden im Jahre 1146 miterlebt, schildert die Thätigkeit des heiligen Bernhard zu gunsten der Juden und schreibt zum Lobe des Heiligen: „Der Herr erweckte gegen den grausamen Belial – den Mönch Rudolf – einen Weisen, Namens Bernhard von Clairvaux, einer Stadt in Frankreich. Dieser beschwichtigte sie und sprach zu ihnen: Ziehet nach Sion, verteidigt das Grab unseres Christus! Doch rührt die Juden nicht an . . ., denn sie sind das Fleisch und die Gebeine des Messias. . . . So sprach der Weise, und seine Stimme war mächtig, denn er war von allen geliebt und geachtet. Sie hörten ihn an, und das Feuer ihres Zornes erlosch, und sie thaten nicht all das Böse, was sie thun wollten. Der Priester Bernhard hatte jedoch weder Silber noch Gold von den Juden erhalten, sein Herz bewog ihn dazu, sie zu lieben, und flößte ihm gute Worte für Israel ein. Ich preise dich, o Gott, denn wir hatten deinen Zorn verdient, und du hast uns geschont und getröstet, indem du diesen Gerechten erwecktest, ohne den niemand von uns am Leben geblieben wäre. Dank sei dem dargebracht, der erwecket und tröstet. Amen.“

Der Geschichtsforscher Damberger meint, daß diese jüdische Chronik erst im sechzehnten Jahrhunderte verfaßt worden sei. Dem sei wie immer, so viel geht aus derselben mit Gewißheit hervor, daß die Erinnerung an die Wirksamkeit des heiligen Bernhard im Judenvolke sich lebendig forterhielt, und diese jüdische Chronik ist immerhin ein schönes Denkmal, welches die Dankbarkeit der Juden dem heiligen Bernhard errichtete. Zugleich wollen wir darauf hinweisen, wie diese jüdische Chronik das Schreiben des ehrwürdigen Petrus von Clugny sehr schön ergänzt. Petrus und Bernhard waren Mitglieder jenes Ordens, in welchem damals der Geist der Kirche Jesu Christi ganz besonders sich offenbarte, und ihr Verfahren gegen die Juden ist darum auch ganz dasselbe, welches die Kirche von Christus und den Aposteln an gegen die Juden eingehalten hat. Der heilige Bernhard zeigt uns, wie die Kirche die Juden gegen ungerechte Angriffe von seiten der Christen verteidigt, und der ehrwürdige Petrus zeigt uns, wie die Kirche die Christen gegen die Ungerechtigkeit der Juden zu schützen sucht.

Wir haben erzählt, wie im Jahre 1255 zu Lincoln in England der Knabe Hugo von den Juden auf grausame Weise abgeschlachtet worden sein sollte, weshalb der Oberrabbiner Joppinus mit noch achtzehn anderen Juden den Tod erleidenn mußte. Damals sollten noch sechzig Juden hingerichtet werden, die jedoch auf die Fürbitte der Dominikaner, also kirchlicher Ordensleute, dem Tode entgingen.

Ein feuriger Kreuzprediger war der Mönch Fulco von Neuilly den man den zweiten Bernhard nannte. Derselbe sprach sich in seinen Predigten sehr scharf gegen den Wuchergeist aus, und dieses mißbrauchten Schuldner und Feinde der Juden, um Tumulte zu erregen und die Juden zu berauben. Als auch mehrere Barone das Beispiel nachahmten, die Juden in ihren Gebieten beraubten und dazu noch fortjagten, gingen die Juden den Papst um Schutz und Hilfe an. Damals saß Innocenz III. auf dem Apostolischen Stuhle. Derselbe erfüllte den Wunsch der Juden, und in einem Schreiben, welches aus dem Lateran vom 15. September 1199 datiert ist, gebiet er der Christenheit bekannt, daß er nach dem Beispiele der Päpste Calixtus, Eugenius, Alexander, Klemens, Cölestin die Juden mit dem Schilde des Apostolischen Stuhles decken werde. Er wolle sie zwar in die nötigen Schranken verweisen, aber er dulde durchaus keine Verkümmerung des ihnen gesetzlich Zustehenden, und verbiete insbesondere, daß man sie zur Annahme des Christentums nötige.

Zu den Schranken, welche der Papst hier im Auge hat, gehört insbesondere die kirchliche Forderung, daß die Juden nicht als öffentliche Beamte über Christen gesetzt werden sollen, weshalb Papst Klemens IV. im Jahre 1266 den König Jayme von Aragonien, welcher Juden öffentliche Ehrenämter verlieh, um die leeren Kassen dadurch zu füllen, eindringlich warnt, er möge so schmähliche Vorwürfe nicht auf sich laden und die Gefahren bedenken, die seinem Reiche dadurch entstehen könnten. Auch der Erzbischof Peter von Magdeburg wurde im Jahre 1372 von dem Papste Gregor XI. streng getadelt, weil er einen Juden über mehrere Städte des Erzstiftes gesetzt hatte, der mit gefühlloser Härte, sogar mit Anwendung der Folter, die Gelder eintrieb. Eine andere Forderung war, daß die Juden keine Wucherzinsen nehmen sollten.

Als gegen die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts bei den Zurüstungen zu einem neuen Kreuzzuge wieder Ausschreitungen gegen die Juden vorkamen, richteten diese an den Papst Gregor IX. die Bitte, er möge sie gegen ihre Verfolger schützen. Der Papst gewährte ihre Bitte und stellte ihnen unterm 3. Mai 1235 aus Perugia einen Schirmbrief aus, worin er jeden Christen mit der Strafe des Kirchenbannes bedroht, der den Juden Gewalt anthut.

Auch von den Päpsten Innocenz IV. und Gregor X. wurden den Juden solche Schirmbriefe ausgestellt, die auf Veranlassung des Kaisers Rudolf von Habsburg und seines Reichskanzlers, des Erzbischofs Heinrich von Mainz, im Jahre 1287 von den Schultheißen und Schöffen zu Frankfurt a. M. in Abschrift besiegelt wurden. In diesen Schirmbriefen wird die Verfolgung und Beraubung der deutschen Juden verboten, und dieselbe als Werk der Habgier geistlicher und weltlicher Herren dargestellt. Die Erzählungen von dem Ermorden und Opfern christlicher Knaben wird als eine von solchen Herren ausgegangene Erfindung erklärt. „Wir haben,“ sagt Papst Innocenz IV., „von den Juden in Deutschland thränenreiche Beschwerden darüber erhalten, daß nicht wenige weltliche und geistliche Fürsten, um sie ihrer Güter berauben zu können, gegen sie verschiedene unerlaubte Handlungen erfinden, so daß sich die genannten Juden in einer viel schlechteren Lage befinden, als ihre Väter unter Pharao in Ägypten. Indem wir aber nicht wollen, daß die genannten Juden, deren Bekehrung der barmherzige Gott erwartet, ungerechterweise gequält werden, tragen wir euch auf, daß ihr euch wohlwollend und gnädig erweiset und nicht gestattet, daß sie in Zukunft aus diesen und anderen erfundenen Motiven belästigt werden.“

Es sind die Erzbischöfe und Bischöfe Deutschlands, an welche diese Worte des Papstes gerichtet sind. Die Worte sind auch nicht ungehört verhallt, wie wir aus einem Schreiben ersehen, das von dem Erzbischof von Mainz an die Juden in Frankfurt a. M. im Jahre 1303 gerichtet wurde, und mit den Worten beginnt: „Gerhard, von Gottes Gnaden Erzbischof des heiligen Stuhles von Mainz, Erzkanzler des heiligen römischen Reiches in Germanien, der ihm geliebten Judengemeinde in Frankfurt Gruß und alles Gute.“[10]

Vom 10. bis 12. Mai 1267 waren in Wien sechzehn Bischöfe zu einem Concil versammelt, worunter auch die Bischöfe Petrus von Passau, Konrad von Freising, Leo von Regensburg sich befanden. Dieselben beschäftigten sich auch mit den Juden, die von dem Herzog Friedrich dem Streitbaren auffallend begünstigt wurden. Es wurden die alten Satzungen erneuert, daß die Juden zu keinen öffentlichen Ämtern zugelassen werden dürfen, und wenn sie auf ungebührlichem Wucher betreten werden, soll ihnen die Gemeinschaft mit den Christen so lange entzogen sein, bis sie die Wucherzinsen wieder zurückerstattet haben. Am heiligen Karfreitag sollen die Juden nicht ausgehen, und, wenn das allerheiligste Sakrament vorübergetragen wird, sollen sie sich in ihre Wohnungen zurückziehen.

Wie viele Ausschreitungen gegen die Juden wären hintangehalten, wie viele Mißhandlungen derselben wären verhütet worden, wenn die Juden diese gutgemeinten Vorsichtsmaßregeln stets beachtet hätten.

Als die Juden in Frankreich unter dem Beifalle der christlichen Bevölkerung von den Pastorels abgeschlachtet wurden, war es der Papst Johann XXII., der am 19.Juni 1320 diesem gottlosen Treiben entgegentrat, indem er die französische Regierung zum Schutze der Unterdrückten und Verfolgten aufforderte und scharfe Strafen gegen diejenigen Christen aussprach, welche unter dem Vorwande des Kreuzzuges raubten und mordeten. Und als später die Pest ausbrach, und in Frankreich und Deutschland auf das Gerücht hin, die Juden hätten die Brunnen vergiftet, dieselben auf das heftigste verfolgt wurden, da war es Papst Klemens VI., welcher in einem Schreiben aus Avignon vom 4. Juli 1348 die Juden in Schutz nahm und den albernen Wahn der Brunnenvergiftung ernstlich bekämpfte. Als Unverstand deswegen den Papst tadelte, wies Klemens die unsinnigen Schreier in noch stärkeren Ausdrücken zurecht und drohte ihnen mit Bann und Interdikt. Wie erhaben der Papst über die Vorurteile jener Zeit dastand, dürfte aus der einzigen Thatsache zu entnehmen sein, daß er zur Bekämpfung der Pest ein großes Feuer anzünden ließ, welches die Luft von den ansteckenden Miasmen reinigen sollte, und überhaupt die Ärzte unterstützte, welche mit natürlichen Mitteln die Verbreitung der Pest zu verhindern suchten.

Wir haben erzählt, wie in Deggendorf wegen Verunehrung einer heiligen Hostie, aus welcher Blut geflossen sein sollte, die Juden in Deggendorf niedergemetzelt wurden, worauf noch an vielen anderen Orten Judenverfolgungen ausbrachen. Da man auch den Apostolischen Stuhl von dem Vorfalle in Kenntnis setzte, erließ Papst Benedikt XII. am 29. August 1338 an den Herzog Albrecht von Österreich, sowie an den Bischof von Passau die Weisung, es sei eine strenge Untersuchung anzustellen, und im Falle, daß die Juden schuldlos befunden würden, seien die Erfinder und Verbreiter der lügenhaften Anschuldigung nach aller Strenge des Kirchenrechtes zu bestrafen. Die Untersuchung fiel übrigens zu Ungunsten der Juden aus, und die von den Juden verunehrten aber wunderbar erhaltenen heiligen Hostien, – es sind deren 10 -, durften nach den Ablaßbullen der Päpste Innocenz VI., Bonifaz VIII. und besonders Innocenz VIII., der nochmals die Sache genau untersuchen ließ, von den Christen verehrt werden, und werden heute noch zu Deggendorf in der Zeit von dem Vorabende des Festes St. Michael bis zum Vorabende des 4. Oktober öffentlich zur Verehrung ausgesetzt.

Wie sachlich und gewissenhaft die Untersuchung geführt wurde, wenn es sich um eine Anklage handelte, die gegen die Juden wegen eines zu religiösen Zwecken verübten, sogenannten rituellen Mordes handelte, ist aus dem Berichte zu ersehen, der von dem Arzte Tiberinus über die Untersuchung wegen des in Trient ermordeten Knaben Simon an die Regierung in Venedig erstattet wurde. Nach diesem Berichte wurde die Untersuchung von dem Bischofe von Trient angeordnet, der als Richter den Schultheiß Johannes und den Präfekt Jakob de Sporo bestimmte; diese beriefen als Sachverständige die Ärzte und Chirurgen Archangelus Balduin von Trient, Matthias Tiberinus von Brescia und Christian de Fatis von Turlach. Die angeklagten Juden erwählten sich die berühmtesten Rechtskundigen der Universität Padua zu ihren Verteidigern. Was die Art und Weise betrifft, wie die Untersuchung geführt wurde, sagt Tiberinus, die Richter, obgleich vom Morde tief ergriffen, und wohl erkennend den Lug und Trug der Juden, ihre List, ihren Haß gegen die Kirche und die verführerische Macht ihres Goldes, wären doch in ihrem Vorgehen so ernst und mild gewesen, daß, wer die Akten durchlaufe, sie wohl eher allzugroßer Nachsicht und Mildherzigkeit, als der Härte anklagen werde. Trotzdem hat Papst Sixtus eine nochmalige Untersuchung vor dem Apostolischen Stuhle angeordnet und mehrere Kardinäle und Prälaten als Kommissäre zur Prüfung der Prozeßakten ernannt. Und nachdem der Prozeßgang nach reiflicher Prüfung untadelhaft befunden, und die Schuld der Juden mit zweifelloser Gewißheit festgestellt war, hat der Apostolische Stuhl die Verehrung des ermordeten Knaben als eines Märtyrers wohl geduldet, aber streng untersagt, den Mord in Predigten zu erwähnen, um das Volk gegen die Juden überhaupt aufzuhetzen, weil die, welche keine Schuld hätten, auch von der Strafe nicht mitgetroffen werden könnten.[11]

Es dürfte wohl nicht nötig sein, noch weitere Belege für die Wahrheit zu bringen, daß der Papst, und wir dürfen sagen der ganze Klerus, seit den ersten Zeiten der Kirche bis in die neueste Zeit herein den Juden gegenüber das Verhalten Christi und seiner Apostel nachgeahmt haben. Wir wollen darum bloß noch einige Thatsachen aus der Zeit, die wir selbst erlebt haben, als Beweise für die Behauptung anführen, daß auch in der Gegenwart das Verhalten des Apostolischen Stuhles gegen die Juden sich nicht geändert hat, sondern ganz dasselbe geblieben ist, wie es im Mittelalter und in den ersten Jahrhunderten der Kirche sich uns dargestellt hat.

Der unvergeßliche Papst Pius IX. hatte im Jahre 1846 kaum den Apostolischen Stuhl bestiegen, als er seine väterliche Fürsorge auch dem Judenviertel in Rom, dem Ghetto, zuwandte. Es wurden verschiedene Anordnungen getroffen, um die gesundheitlichen Verhältnisse zu verbessern und den Stadtteil wohnlicher zu gestalten. Eine Deputation der Juden dankte dem heiligen Vater und machte ihm einen altertümlichen Kelch zum Geschenke, der in Ghetto schon Jahrhunderte lang aufbewahrt worden war. Der Papst nahm das Geschenk mit aller Herablassung an und sprach: „Meine lieben Söhne! Mit Vergnügen nehme ich euer Geschenk, indem ich euch dafür danke.“ Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch, schrieb auf das erste Blatt Papier, das ihm in die Hände kam: „Gut für tausend Thaler“, und setzte seine Unterschrift darunter; dann fuhr er fort: „Nehmet dagegen auch meine kleine Gabe an und verteilt sie im Namen Pius IX. an die armen Familien im Ghetto!“ Dann gab er ihnen das Versprechen, daß er seine väterliche Fürsorge von ihren Glaubensgenossen niemals abziehen, sondern ihnen die nämliche Aufmerksamkeit widmen werde, wie den Christen, da er sein Herz keinem menschlichen Geschöpfe, dessen Leitung ihm Gott anvertraut, verschlossen habe.

Der Papst fand auch bald eine Gelegenheit, zu beweisen, daß er sein Versprechen nicht vergessen habe. Seit unvordenklichen Zeiten bestand der Gebrauch, daß die israelitische Gemeinde zu Rom am ersten Tage der Fastnacht in feierlichem Zuge die jährliche Abgabe überbringen mußte, die sie an die Rentkammer des Kapitoliums zu entrichten hatte. Mit dieser demütigenden Feier wurden alljährlich die Lustbarkeiten der Winterszeit eröffnet. Einige Tage zuvor, ehe diese Feier stattfinden sollte, ließ der Papst den Israeliten zu wissen thun, daß sie nicht mehr verpflichtet seien, die Prozession nach dem Kapitolium vorzunehmen, und daß diese Ausnahmssteuer in nächster Zeit werde abgeschafft werden. Zugleich verordnete er, daß die Thore des Judenviertels, welche bis dahin regelmäßig allabendlich beim Rufe der Angelusglocke geschlossen wurden, fortan die ganze Nacht hindurch offen bleiben sollten, damit die Bewohner des Ghetto wie die übrigen Römer ungehindert ihren Geschäften oder Vergnügungen nachgehen könnten. Dieser erste Schritt zu umfassenden Verbesserungen erfüllte die Juden mit unbeschreiblicher Freude. Viele trugen kein Bedenken, Pius IX. als den verheißenen Messias zu erklären, und die meisten schwuren, ihm treu anzuhängen und erforderlichen Falles für ihn in den Kampf zu ziehen. Ihre Begeisterung verbreitete sich weit über die Grenzen des Kirchenstaates, und die Juden von ganz Italien vereinigten sich zu Kundgebungen ihrer Anhänglichkeit an Papst Pius IX.

Im Dezember 1846 richtete der Tiberfluß durch eine Überschwemmung großen Schaden in der Stadt Rom, besonders im Ghetto an. Als eine Folge der Überschwemmung traten bösartige Fieber auf, welche die Bewohnerschaft des Ghetto in steter Todesangst erhielten. Da gestattete Papst Pius, daß die Juden den Ghetto verlassen und sich in anderen Stadtteilen ansiedeln durften. Damit aber kein Mangel an Wohnungen eintrete, berief der Papst sofort eine Kommission, welche die Aufgabe hatte, die Pläne zur Anlegung eines neuen Stadtteiles auszuarbeiten.

Im Sommer des Jahres 1847 sah Papst Pius, als er eines Tages eine Ausfahrt machte, in einer Straße Roms einen alten Mann ohnmächtig auf dem Boden liegen. Der edle, menschenfreundliche Papst ließ sogleich halten, und auf sein Befragen, wer der Arme sei, antwortete einer aus der gaffenden Menge: „Es ist nur ein Jude.“ Unwillig über diese lieblose Antwort rief Pius den Umstehenden zu: „Was sagt ihr da? Ist der Leidende nicht euer Mitbruder? Verdient er nicht unseren Beistand?“ Und von den Prälaten, die ihn begleiteten, unterstützt, richtete er selbst den alten Mann auf, ließ ihn in seinen Wagen bringen, führte ihn zu seiner Wohnung und verließ ihn nicht, bevor er das Bewußtsein wieder bei ihm erwachen sah. Dann schickte er ihm unverzüglich seinen Leibarzt und sorgte für die nötige Verpflegung.

Daß die Juden für solche Beweise echt christlicher Nächstenliebe nicht bloß in Worten, sondern auch im Herzen und in der That dem großen Papste dankbar waren, dürfte aus folgender Thatsache ersichtlich sein.

Ein reicher jüdischer Handelsmann von Livorno setzte in seinem Testamente dem Papste ein Legat von 30,000 Thalern aus. Als der Papst erklärte, daß er ein Vermächtnis, welches die Erben des Verstorbenen um einen so beträchtlichen Vermögensteil verkürze, nicht annehmen könne, gaben diese zur Antwort, es sei ihre Pflicht, sich in den Willen des Erblassers zu fügen, und sie selbst seien auch wohlhabend genug, um dieses leichte Opfer zu gunsten des Wohlthäters ihrer Glaubensgenossen tragen zu können. Da nun der Papst dieses Vermächtnis annehmen mußte, teilte er es in zwei Hälften, wovon er die eine an die armen Israeliten von Livorno, die andere an die hilfsbedürftigen Bewohner des Ghetto in Rom verteilen ließ.

Trotz dieser großen Liebe zu den Juden und der wahrhaft väterlichen Fürsorge für dieselben hielt aber Papst Pius IX. unerbittlich an den Kirchengesetzen fest, wenn auch deren strenge Durchführung den Juden überaus schmerzlich fallen mochte, und trotz der heftigen Vorwürfe, die ihm von kirchenfeindlicher Seite darob gemacht wurden. Hierfür nur zwei Belege!

In der Familie des Juden Mortara zu Bologna befand sich ein christliches Dienstmädchen, Anna Morisi mit Namen. Dieses Dienstmädchen taufte heimlich, ohne Wissen ihrer Dienstherrschaft, einen kleinen Sohn derselben, ein Jahr alt, der von einer schweren Krankheit befallen worden war und in Todesgefahr schwebte. Der Knabe wurde wider Erwarten wieder gesund, und als die geistlichen Behörden von der Taufe Kenntnis erhielten, wurde eine genaue Untersuchung angeordnet, die ein ganzes Jahr in Anspruch nahm. Das Ergebnis der Untersuchung war, daß der getaufte Knabe, Edgar Mortara, am 24. Juni 1858 aus dem elterlichen Hause entfernt und in das Katechumenhaus in Rom gebracht wurde, um ihn daselbst in der christlichen Religion zu unterrichten und christlich zu erziehen. Darüber entstand ein großer Lärm in Italien, England, Frankreich, Deutschland, in den Zeitungen wurde der Papst der abscheulichsten Tyrannei beschuldigt, sein Verfahren als ein unerhörter Eingriff in die elterlichen Rechte gebrandmarkt, als die grausamste Unterdrückung und Verfolgung der unschuldigen Juden hingestellt.

Zur richtigen Beurteilung des Falles darf man sich aber nur an die Kirchengesetze erinnern, welche verlangen und selbstverständlich verlangen müssen, daß getaufte Kinder in der christlichen Religion unterrichtet und christlich erzogen werden. Von dieser Forderung kann und wird ein Papst niemals dispensieren. Dagegen ist es jedoch auch streng verboten, unmündigen Kinder jüdischer Eltern ohne deren Wissen die heilige Taufe zu erteilen, weil man eben die mißlichen Folgen verhüten will, die aus einer solchen Taufe entstehen können. Sodann haben wir schon wiederholt erwähnt, wie es eine alte kirchliche Forderung ist, daß die Juden keine christlichen Dienstboten halten sollen. Gewiß liegt auch dieser Forderung nebst anderen Beweggründen die Absicht zu Grunde, es solle dadurch verhütet werden, daß christliche Dienstboten aus Übereifer oder Mitleid unmündige Judenkinder taufen. Da im Kirchenstaate diese kirchliche Forderung allgemeines und altbekanntes Gesetz war, hatten Edgar Mortaras Eltern es nur ihrer Gesetzesübertretung zuzuschreiben, daß ihr Kind ihnen genommen wurde, um es fern von ihnen in der christlichen Religion zu unterrichten und zu erziehen.

Durch die Wahrnehmung, daß in Bologna ein Christenmädchen bei Juden diente, wurde Papst Pius veranlaßt, auch in Rom Nachforschung zu halten, ob Christen bei Judenfamilien dienten, und es ergab sich, daß in den jüdischen Familien Roms zwölf christliche Dienstboten sich befanden. Diese mußten sofort entlassen werden, und die jüdischen Dienstherren hatten zur Strafe für ihre Gesetzesübertretung eine Geldbuße zu entrichten.

Zwei Jahre später, im Jahre 1860, wurde in Rom ein Judenknabe getauft, der aber selbst aus eigenem Antriebe die heilige Taufe verlangt hatte. Es war der elfjährige Coёn, den seine Eltern zu einem christlichen Schuhmacher in die Lehre gegeben hatten. Als der mit einem hellen Verstande begabte Knabe die christliche Religion hier näher kennen gelernt hatte, faßte er den Entschluß, die heilige Taufe zu empfangen. Diesen Entschluß erklärte er fest und entschieden vor mehreren Kommissionen und zuletzt auch vor dem heiligen Vater Pius, worauf er am Festtage des heiligen Michael feierlich getauft wurde. Ein Kardinal und eine neapolitanische Prinzessin vertraten dabei die Patenstelle.

Die Eltern Coёns, welche mit dem Schritte ihres Sohnes nicht einverstanden waren, hatten die Vermittelung des französischen Gesandten in Rom angerufen, welcher über den Fall an die Regierung in Paris berichtete, und von dort die Weisung erhielt, er solle bei der päpstlichen Regierung dahin wirken, daß die Taufe des jungen Coёn unterbleibe, und daß derselbe zu seinen Eltern zurückgebracht werde. Als der französische Gesandte dem Kardinal-Staatssekretär Antonelli hiervon Mitteilung machte, erklärte dieser, daß genau nach der Konstitution des Papstes Benedikt XIV. vom 18. Februar 1747 verfahren und dem wiederholt und entschieden kundgegebenen Willen des jungen Coёn stattgegeben werden müsse. Der Gesandte berichtete hierüber neuerdings nach Paris, und nun kam ein eigenhändiger Brief des Kaisers Napoleon, worin er den Papst um die Freigabe des Judenknaben ersuchte und ihn bat, demselben die heilige Taufe nicht zu spenden. Doch der Papst blieb unerschütterlich in der Beobachtung der kirchlichen Vorschriften und antwortete ganz einfach dem Kaiser: „Wir können nicht.“

Fragen wir, welche Gesinnungen unser gegenwärtiger, glorreich regierender Papst Leo XIII. gegen die Juden hegt, so dürfen wir unbedenklich antworten, daß es ganz dieselben Gesinnungen sind, die auch seinen großen Vorgänger Pius IX. gegen sie beseelten. Papst Leo XIII. trägt auch gegen die Juden jene Liebe in seinem Herzen, die der göttliche Heiland in seiner Gleichnisrede vom barmherzigen Samaritan so anmutig geschildert hat. Er hat das, um nur einen einzigen Fall zu erwähnen, erst vor kurzem gezeigt, als die große Aufregung des christlichen Volkes gegen die Juden in Korfu zum Ausbruch kam, und man befürchten mußte, daß sämtliche Juden in Korfu getötet und ihre Häuser niedergebrannt würden. Sofort meldeten damals die öffentlichen Blätter, der heilige Vater habe an die katholischen Geistlichen in Korfu die Weisung ergehen lassen, sie sollten das christliche Volk zu beruhigen und von gewaltsamen Schritten gegen die Juden abzuhalten suchen. Dieser Weisung hat die katholische Geistlichkeit auch Folge geleistet, und den vereinten Bestrebungen der geistlichen und weltlichen Behörden ist es gelungen, eine blutige Verfolgung der Juden fernzuhalten.

So ist Papst Leo XIII. bemüht, die Juden gegen ungerechte Angriffe von seiten ihrer christlichen Mitbürger zu schützen, er hat aber auch schon vor seiner Erhebung auf den päpstlichen Stuhl gezeigt, wie die Christen gegen Übervorteilung und Ausbeutung durch die Juden zu schützen sind.

Es ist in unseren Tagen schon viel von der segensreichen Wirksamkeit gesprochen und geschrieben worden, welche die sogenannten Raiffeisenschen Darlehenskassenvereine auf dem Lande unter der bäuerlichen Bevölkerung entfaltet haben. Ich könnte selbst aus eigener Erfahrung als langjähriger Vorsteher eines solchen Vereins erzählen, wie durch einen solchen Verein die Bewohner einer Gemeinde, die seither nur von den Juden entlehntes Vieh in ihren Stallungen stehen hatten, sämtlich in die glückliche Lage versetzt worden sind, daß sie das in ihren Stallungen stehende Vieh ihr Eigentum nennen, bei günstiger Gelegenheit einkaufen und absetzen können, und daß sie überhaupt aus den Klauen der Wucherer errettet worden sind. Aber es ist auch gewiß von großem Interesse, zu erfahren, daß der Grundgedanke, aus welchem diese Darlehenskasssenvereine hervorgegangen sind, jener Gedanke, den der verstorbene verdienstvolle Bürgermeister Raiffeisen im Westerwalde, den dortigen Verhältnissen angepaßt, verwirklichte, einen Bettelmönch, den Minoritenpater Barnabas von Terni zum Vater hat, und daß unser Vater Papst Leo XIII. als Bischof von Perugia die von dem Vater Barnabas ins Leben gerufene „Darlehensbank der christlichen Barmherzigkeit“ gerade zu derselben Zeit den veränderten Zeitverhältnissen gemäß neu einrichtete, als Bürgermeister Raiffeisen im Westerwalde seine ersten Versuche mit jenen ländlichen Hilfs- und Wohlthätigkeitsvereinen machte, aus welchen die Darlehenskassenvereine in ihrer jetzigen Gestalt hervorgegangen sind. Hören wir was uns das Leobuch hierüber zu erzählen weiß!

„Um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts predigte der Minoritenpater Barnabas von Terni in Perugia. Die Verarmung des Volkes, das durch ungeheure Zinsen, zumal von den Juden ausgesogen wurde, ging dem frommen Ordensmanne tief zu Herzen, und er bewog daher eine Anzahl reicher Bürger, ansehnliche Summen zusammenzuschießen, um daraus gegen mäßige Zinsen den Bedürftigen Anleihen zu gewähren. Der Vorschlag des armen Predigers fand allgemeinen Beifall, und so bildete sich die ‚Darlehensbank christlicher Barmherzigkeit, - Monte di Pietà‘. Das Beispiel Perugias fand auch in Orvieto und Viterbo und dann an zahlreichen anderen Orten Nachahmung, zumal als Papst Paul II. im Jahre 1476 die Bank von Perugia approbiert hatte; die Minoriten, insbesondere der selige Jakob della Marca und der selige Bernardin von Feltre, haben sich um die Ausbreitung dieser Institute eifrigst bemüht. Der Monte von Perugia und dessen Verwaltung waren im Laufe der Zeit in argen Verfall geraten; jetzt gab der Bischof Pecci demselben eine zeitgemäße Reorganisation und erneuerte damit zugleich das Andenken an die geschichtliche Thatsache, daß in seiner Diöcesanstadt das erste derartige Institut ins Leben getreten ist.“ [12]

Nun wollen wir auch von Raiffeisen hören, was er uns in seinem Buche „über die Darlehenskassenvereine als Mittel zur Abhilfe der Not der ländlichen Bevölkerung und auch der städtischen Arbeiter“, und über seine ersten Gründungen zu sagen weiß! Er schreibt:

„Der Verfasser verwaltete vom Jahre 1848 bis 1852 die Bürgermeisterei Flammersfeld im Westerwalde, einen rein ländlichen, ackerbautreibenden Bezirk . . . Obgleich die Bodenbeschaffenheit im allgemeinen günstig, und die Einwohnerzahl im Verhältnis zum Flächeninhalte nicht hoch war, herrschte bedeutende Geldnot. Sie äußerte sich hauptsächlich in dem bereits geschilderten, nachteilig wirkenden Viehhandel, und es kamen mehrere Fälle vor, wo Familien dadurch ruiniert wurden. Um dem Übelstande abzuhelfen, gründete der Verfasser im Jahre 1849 den Flammersfelder Hilfsverein zur Unterstützung unbemittelter Landwirte. Ungefähr sechzig der wohlhabendsten Einwohner des Bezirks übernahmen es, für die nötigen Geldmittel solidarisch zu haften . . . Im Jahre 1854 gründete der Verfasser zu Heddesdorf, wohin er im Jahre 1852 als Bürgermeister versetzt worden war, den sogenannten Wohlthätigkeitsverein, ebenfalls wieder aus den wohlhabendsten Einwohnern des fünf Pfarreien enthaltenden Bezirks. Um den sinkenden Wohlstand möglichst zu heben, hatte der Verein den Zweck, nach allen Richtungen wohlthätig zu wirken, . . . namentlich aber für die Beschaffung des nötigen Viehes zu sorgen und eine Kreditkasse zu gründen.“[13] Hierzu will ich bloß bemerken, daß besonders in den inneren Gegenden Deutschlands bis zum heutigen Tage der Viehhandel ausnahmslos durch jüdische Viehhändler vermittelt wird.

Aus diesen Vereinen Raiffeisens haben sich schließlich die ländlichen Darlehenskassenvereine herausgebildet, die sich bald über ganz Deutschland und nach Österreich verbreitet, und auch in Frankreich und England Eingang gefunden haben.

Raiffeisen hat in öffentlichen Versammlungen wiederholt erklärt und nachdrücklich betont, daß die christliche Nächstenliebe die Grundlage sein müsse, auf der die Darlehenskassenvereine sich aufbauen, und daß besonders die Geistlichen sich bemühen sollten, die wohlhabenderen Gemeindenachbarn, wenn diese auch der Hilfe des Vereins nicht bedürftig wären, zum Beitritte zu bewegen, weil sie da die schönste Gelegenheit fänden, ihre Nächstenliebe zu bethätigen. Und mit vollem Rechte kann man daher die ländlichen Darlehenskassenvereine die Volksbanken der christlichen Nächstenliebe nennen, wie man die Schöpfung des Pater Barnabas die Darlehensbank der christlichen Barmherzigkeit genannt hat. Natürlich hat Raiffeisen im Jahre 1849 und 1852 nicht geahnt, daß der heilige Vater Papst Leo XIII. im Jahre 1851 als Bischof von Perugia denselben Weg betrat, auf welchem man dem Wucher der Juden einen Damm entgegensetzen kann. Aber gewiß hätte er sich gefreut, obgleich er Protestant war, wenn man ihm das erzählt hätte, und wenn er später das herrliche Rundschreiben des Papstes Leo gelesen und daraus ersehen hätte, wie der Papst auffordert, für das Wohl der untersten Volksklassen schnell und auf richtige Weise zu sorgen und dem Wucher entgegenzuwirken, der wiederholt durch die Kirche verurteilt worden sei, aber von habsüchtigen Menschen wieder unter anderer Form betrieben werde.

Hiermit glauben wir zur Genüge dargethan zu haben, daß auch in der Gegenwart der Apostolische Stuhl, als der oberste Repräsentant des Klerus, in seiner Haltung gegenüber den Juden genau das Beispiel nachahmt, das Christus und die Apostel sowie die Päpste aller Jahrhunderte gegeben haben. Der heilige Vater zeigt dem Klerus, wie er gegen das Volk Israel christliche Nächstenliebe im Herzen tragen muß, dabei aber nicht unterlassen darf, für die Forderungen der Kirche einzustehen und das christliche Volk gegen den Wucher und die Ausbeutung durch die Juden in Schutz zu nehmen. –

Nachdem wie im vorausgehenden eine kurze, übersichtliche Darstellung von dem Verhalten gegeben haben, welches der Klerus, zunächst der Apostolische Stuhl in den vergangenen Jahrhunderten bis herab auf die Gegenwart den Juden gegenüber beobachtet hat, wollen wir jetzt auf Grund unserer seitherigen Studien einige Fragen zu beantworten suchen und einige Andeutungen geben, die für unser Verhalten gegenüber den Juden in der Gegenwart nicht ohne Bedeutung sein dürften.

V.
Festhalten der Juden an ihrem Glauben und ihren Stammeseigenheiten.

Die schönsten Blätter in der Geschichte des Judenvolkes sind unstreitig jene, auf denen die treue Liebe geschildert ist, mit welcher die Juden an dem Glauben der Väter festhielten, und der Heldenmut, mit welchem sie ihren väterliche Glauben verteidigten, oder für denselben die schmerzlichsten Peinen und selbst den grausamsten Tod erlitten. Wer kann ohne Bewunderung und herzliche Freude von den blutigen Schlachten lesen, welche die tapferen Makkabäer und ihre gottbegeisterten Krieger den Feinden und Unterdrückern ihres heiligen Glaubens geliefert haben! Und mahnt uns nicht unsere heilige Kirche selbst, jene glaubensstarke Mutter mit ihren eben so glaubensstarken sieben Söhnen zu ehren, die lieber unsägliche Schmerzen und den qualvollsten Tod erleiden als nach dem Befehle des heidnischen Königs Antiochus ihren Glauben verleugnen wollten, indem sie zur Verehrung derselben einen eigenen Festtag, der am 1. August gefeiert wird, eingesetzt hat!

An solchen Bildern, die dem Herzen des unbefangenen Beschauers Erstaunen und Bewunderung abnötigen, fehlt es in der Geschichte des Judenvolkes in keinem Jahrhunderte. Wie oft ist es schon vorgekommen, daß den Juden eines Landes die Wahl gelassen wurde, entweder das Land, in welchem sie seit vielen Jahren gewohnt und wo sie eine liebe Heimat gefunden hatten, zu verlassen, oder die heilige Taufe zu empfangen! Und Tausende ergriffen den Wanderstab und verließen mit schwerem Herzen ihre langjährige Heimat, oftmals auch all ihr Hab und Gut. Ihr väterlicher Glaube war ihnen lieber als das sonnige Spanien, das schöne Frankreich, das meerumspülte Albion.

Wer kann seine Teilnahme den Judenmädchen zu Speier versagen, die von christlichen Jünglingen den Flammen des Scheiterhaufens entrissen worden waren, aber sich freiwillig wieder in die Feuersglut stürzten, um für den Glauben der Väter zu sterben, ihr junges Leben gleichsam dem Herrn als Brandopfer zu lieblichem Wohlgeruche darzubringen!

Wer kann ohne Mitleid lesen, wie sämtliche Juden in einer Stadt, Greise, Männer, Frauen, Kinder sich selbst dem Tode weihten, ihre Häuser und sich selbst verbrannten, um nicht gezwungen zu werden, den väterlichen Glauben zu verleugnen.

Nur eine einzige Religion ist es, deren Bekenner in der Liebe zu ihrem Glauben und in der treuen Anhänglichkeit an denselben sich mit den Bekennern der jüdischen Religion messen können, und das ist die katholische Religion, es sind die Kinder der Kirche des Neuen Bundes, die in zahllosen Scharen ihre Liebe zu ihrer heiligen Religion, ihre Treue gegen die Kirche mit ihrem Blute besiegelt haben. Diese Thatsache im Zusammenhalt mit der anderen Thatsache, daß tausendjährige Verfolgungen nicht imstande waren, das jüdische Volk und die katholische Kirche von dem Erdboden zu vertilgen, sind ein hellleuchtender, unumstößlicher Beweis dafür, daß beide Religionen, die Religion des auserwählten Volkes im Alten Bunde und die Religion des auserwählten Volkes im Neuen Bunde, die jüdische und die katholische Religion göttlichen Ursprunges, alle übrigen Religionen oder religiösen Bekenntnisse nur eitel Menschenwerk sind. Zur näheren Beleuchtung dieser Behauptung, und um etwaigen Mißverständnissen vorzubeugen, muß ich mir gestatten, noch einige Bemerkungen beizufügen.

Man kann häufig hören oder lesen, wie den Juden der Vorwurf gemacht wird, daß sie mit Hartnäckigkeit ihre Nationalität festhalten und nicht aufgehen wollen in den Völkern, in deren Ländern sie sich angesiedelt haben; es wird ihnen gewissermaßen verargt, daß sie nicht wie die Meder, Assyrier und andere berühmte Völker des Altertums, mit denen ihre Väter einst verkehrten, in die ewige Ruhe eingegangen und gänzlich verschwunden sind. In der That sind die Juden der Gegenwart die getreuen Abbilder ihrer Ahnen in der Vergangenheit, und wenn man die ägyptischen Denkmäler sieht, auf denen Vertreter verschiedener Nationalitäten abgebildet sind, erkennt man sofort die Juden und hält sich manchmal versucht, zu glauben, es sei eine jüdische Persönlichkeit aus der Gegenwart, die man schon öfter zu sehen Gelegenheit hatte, auf dem Bilde dargestellt. Und wie im Äußeren sind auch innerlich die Juden im allgemeinen sich gleich geblieben, sie haben noch dieselben Vorzüge und Mängel, dieselben guten und schlimmen Eigenschaften, durch welche ihre Vorfahren schon vor Jahrtausenden sich Lob verdient oder Tadel zugezogen haben. Und so werden sie wohl auch bleiben bis zu jenen glückseligen Tagen, in welchen sie erkennen werden, daß der Messias, den ihre heiligen Bücher so klar bezeichnen, bereits gekommen ist, worauf die Überbleibsel des Volkes Israel in die Kirche Jesu Christi eintreten werden. Dann wird aber auch das Ende aller Zeit gekommen sein. „Viele Tage,“ sagt der Prophet Osee, „werden die Söhne Israels bleiben ohne König, ohne Fürsten, ohne Opfer, ohne Altar, ohne Ephod (priesterlichen Schmuck oder Orakel). Und danach werden die Söhne Israels sich bekehren und den Herrn, ihren Gott, und David, ihren König (den Messias) suchen; und werden sich in Furcht dem Herrn und seinen Gütern nahen in der letzten Zeit.“ (Ose. 3, 4. 5.) Und der Prophet Isaias sagt: „Die Überbleibsel werden sich bekehren, ja, die Überbleibsel Jakobs zu dem starken Gott.“ (Is. 10, 21.) Der heilige Apostel Paulus wiederholt diese Weissagung in seinem Briefe an die Römer, indem er schreibt: „Ich will euch, Brüder, über dieses Geheimnis nicht in Unwissenheit lassen, daß die Blindheit eines Teiles von Israel dauert, bis die Fülle der Heiden eingegangen ist.“ (Rom. 11, 25.) Bis dorthin werden aber die Juden noch manche schwere Verfolgung ausstehen müssen. Man wird sich Mühe geben, sie zu vernichten, weil man das Reich desjenigen zerstören will, auf welchen die von den Juden mit ängstlicher Sorgfalt gehüteten heiligen Bücher hinweisen, und um die Verheißungen, die den Katholiken zum Troste, den Juden zur Strafe gegeben worden sind, daß die Kirche Jesu Christi und die Juden bis zum Ende der Tage bleiben werden, als Lügenprophezeiungen zu erweisen.

Dabei dürfen die Juden aber auch nicht vergessen, daß die Verfolgungen, mit denen sie seit achtzehn Jahrhunderten fortwährend heimgesucht worden sind, von ihren Ahnen geradezu verlangt wurden; sie sollen sich erinnern, wie ihre Vorfahren dem römischen Prokurator Pontius Pilatus, der Jesum Christum nicht zum Tode verurteilen wollte, weil er keine Schuld an ihm fand, zugerufen haben: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ (Matth. 27, 25.) Sie haben damit die göttliche Strafgerechtigkeit herausgefordert, und es ist ihnen zu teil geworden, was sie wollten: in Strömen ist seit achtzehn Jahrhunderten das Blut der Juden geflossen, zur Sühne für das unschuldige Blut des Gottessohnes, das ihre Ahnen grausam vergossen haben.

Auch dürfen die Juden nicht übersehen, daß sie zu den meisten Verfolgungen , die seit der christlichen Zeitrechnung über sie hereingebrochen sind, selbst die Veranlassung gegeben haben, und hauptsächlich durch ihren Wucher.


IV.
Judenwucher.

Ich habe bereits auf die Thatsache hingewiesen, daß die Juden, nachdem sie wegen ihres Wuchers entweder aus einem Lande verjagt oder zu Tausenden abgeschlachtet worden waren, sich immer wieder verleiten ließen, zu ihren Schacher- und Wuchergeschäften zurückzukehren.

König Philipp IV. von Frankreich hatte die Juden aus seinem Lande verjagt, während er ihre Habe zurückbehielt; später gestattete er, daß die Juden wieder nach Frankreich zurückkehren durften, und begründete diese Maßregel mit den Worten: „Sie sollen sich wie ein Schwamm wieder vollsaugen, damit ich sie wieder auspressen kann.“ Und die Juden haben es auch wirklich gethan, indem sie auf das eifrigste sich bemühten, an dem Mark des Landes und dem Blute des Volkes sich vollzusaugen, und nachdem dies geschehen war, wurden sie in der That wieder wie ein Schwamm ausgepreßt.

Woher diese Blindheit des Judenvolkes, daß es immer wieder aufs neue die Messer geschliffen hat, mit denen es abgeschlachtet wurde, und daß es immer wieder aufs neue das Holz zu den Scheiterhaufen zusammengetragen hat, auf denen es verbrannt wurde? Woher diese unersättliche Gier der meisten, wenn nicht aller Juden nach den Gütern der Erde? Woher diese unselige Verblendung?

Sie ist eine Wirkung der Binde, die auf dem geistigen Auge oder auf dem Herzen des bedauernswerten Volkes liegt, zur Strafe dafür, daß es absichtlich seine Augen verhüllte, um den Messias nicht zu sehen, der in der Person Jesu Christi von Nazareth erschienen war. Diese Binde war die Meinung, der Messias werde, wenn er gekommen sei, ein irdisches Reich aufrichten, in welchem die Juden wie Könige über alle Völker der Erde gebieten würden. Es ist ja bekannt, wie der Talmud, der uralte jüdische Überlieferungen enthält, die sinnlichen Freuden und irdischen Genüsse des Messiasreiches ausmalt. Wenn der Messias sein Reich aufgerichtet hat, dann wird die Erde Kuchen und wollene Kleider hervorbringen und Weizen, dessen Körner so groß sind wie zwei Nieren von den größten Ochsen. Die Juden werden unermeßlich reich sein, jeder einzelne Jude wird 2800 Knechte haben.[14] Als nun Jesus einmal Brot auf wunderbare Weise vermehrte und Tausende von Hungrigen damit sättigte, da sahen diese hierin eine Bestätigung ihrer irrigen Ansicht vom Messiasreiche, sie erkannten in dem Wunderthäter den erwarteten Messias und wollten ihn mit Gewalt zum König machen. (Joan. 6.) Als aber Jesus am darauffolgenden Tage von der geistigen Speise zu ihnen redete und sie aufforderte, um diese sich hauptsächlich zu bemühen, da wandten sie sich enttäuscht wieder von ihm ab und wollten ihn nicht mehr als Messias anerkennen. (Ibid.) Selbst die Apostel und Jünger des Herrn teilten den allgemeinen Wahn, und erwarteten ein weltliches Reich des Messias, in welchem sie die ersten Plätze, die hervorragendsten Würden und Ämter einnehmen würden. Darum fragten sie den göttlichen Heiland noch einmal kurz vor seiner Auffahrt in den Himmel: „Herr! Wirst du wohl in dieser Zeit das Reich Israel aufrichten?“[WS 2] (Act. 1.) Der göttliche Heiland suchte die Juden von diesem Irrglauben zu befreien und belehrte sie, daß das Messianische Reich kein weltliches Reich sei, daß es nicht mit irdischem Pomp und Schaugepränge komme, sondern daß es ein geistiges Reich sei, das in dem Inneren des Menschen sich aufbaue. (Luc. 17.) Doch er predigte damit tauben Ohren, man wollte ihn nicht verstehen. Und als er dann die Armen selig pries, und dazu aufforderte, das Kreuz auf sich zu nehmen, alles zu verkaufen, in Armut und Niedrigkeit ihm nachzufolgen, um so in das Himmelreich einzugehen, da gingen sie entweder traurig, wie jener reiche Jüngling, der sein Vermögen nicht hergeben wollte, von ihm weg, oder sie bezogen vielleicht diese Forderungen bloß auf die Dauer des großen Krieges, den der Messias vor der Errichtung seines Reiches führen müsse, und nach dessen siegreichem Ausgang die Juden zur Weltherrschaft mit den geträumten Ehren und Freuden gelangen würden. So hat vielleicht das gewöhnliche Volk die Sache aufgefaßt, und so wird es auch erklärlich, wie das Volk trotz aller Belehrung über die geistige Natur des Messianischen Reiches am Palmsonntage den göttlichen Heiland zum König ausrief und mit Freudengeschrei ihm huldigte. Die Gelehrten aber unter den Juden, die Gesetzkundigen, die Priester hatten es nur zu gut erkannt, daß Jesus von Nazareth ein irdisches Reich, wie sie es wünschten und erwarteten, niemals, weder jetzt noch später gründen werde, und deswegen wurden sie unwillig über das Volk, das Jesum zum König ausrief, und sie hielten Rat, wie sie ihn mit List ergreifen und töten könnten. Auch gelang es ihnen, das Volk zu überzeugen, daß es von Jesus von Nazareth die Gründung eines weltlichen Reiches niemals hoffen könne, ja sie konnten das Volk sogar überreden, daß es den Tod Jesu mit Ungestüm forderte und dessen Hinrichtung auch durchsetzte.

Hiermit war eingetreten, was Jesus wiederholt vorausgesagt hatte, daß er sterben, daß er am Kreuze sterben müsse. Den Grund, warum die Juden ihn töten würden, hatte er in folgender Gleichnisrede ausgesprochen: „Ein Mensch pflanzte einen Weinberg, und verpachtete ihn an Winzer; und er war lange Zeit in der Fremde. Und da es Zeit war, sandte er einen Knecht zu den Winzern, daß sie ihm von der Frucht des Weinberges gäben. Diese aber schlugen ihn und ließen ihn leer abziehen. Und er sandte wieder einen anderen Knecht, sie aber schlugen auch diesen, schmähten ihn, und ließen ihn leer abziehen. Und er sandte wieder einen dritten, sie aber verwundeten auch diesen und warfen ihn hinaus. Da sprach der Herr des Weinberges: Was soll ich thun? Ich will meinen geliebten Sohn senden, vielleicht haben sie Ehrfurcht vor ihm, wenn sie ihn sehen. Als ihn aber die Winzer sahen, dachten sie bei sich selbst und sprachen: Dieser ist der Erbe, laßt uns ihn töten, damit das Erbe unser werde. Und sie warfen ihn zum Weinberge hinaus und töteten ihn.“ (Matth. 21.)

Es war nicht nötig, daß der göttliche Heiland dieses Gleichnis erklärte, denn die Hohenpriester und Schriftgelehrten wußten, wie die heiligen Evangelisten beifügten, daß er es auf sie geredet habe. Sie waren die Winzer, daß Volk Israel mit seinem Gesetze und seinem Gottesdienste war der Weinberg, die Frucht ist die Gerechtigkeit, das Erbe sind die Verheißungen, besonders von dem Reiche des Messias, von der Herrschaft über die ganze Erde, die dem Messias und dadurch dem ganzen Volke Israel zu teil werden soll. Der Erbe ist Jesus Christus, der sich wiederholt als Sohn Gottes und Messias bezeichnet hat. Nicht lange vor seinem Tode, am Feste der Tempelweihe, hatten ihn die Juden in der Säulenhalle Salomos umringt und gefragt: „Wie lange hältst du uns noch hin? Wenn du Christus bist, so sage es uns frei heraus!“ Jesus antwortete ihnen: „Ich sage es euch, aber ihr glaubet mir nicht. Die Werke, welche ich im Namen meines Vaters wirke, diese geben Zeugnis von mir, aber ihr glaubet nicht.“ (Joan. 10.) Und warum mochten sie ihm nicht glauben, trotz zahlloser Wunder, die seine Aussage bestätigten? Weil er ihnen ihr vermeintliches Erbe nehmen, ihre Träumereien von einem irdischen Weltreiche der Juden zerstören wollte; weil er ihnen drohte, daß das Reich von ihnen weggenommen und einem anderen Volke gegeben würde (Matth. 21); weil auch die Heiden an dem messianischen Reiche, seinen Gütern und Ehren teilnehmen sollten. (Joan. 10.) Darum wollten sie ihn als Messias nicht anerkennen, darum mußte seinem Wirken durch gewaltsamen Tod ein Ende gemacht werden. Sie wollten nicht ihr vermeintliches Erbe durch Annahme der Lehre, die Jesus Christus predigte, aufgeben, sie wollten die Hoffnung auf eine jüdische Weltregierung, auf den Besitz der Erde festhalten und darum auf einen anderen Messias warten, der sie in dieses Erbe einführte. Dieses Erbe ist demnach die Binde, welche die Hohenpriester und Schriftgelehrten sich selbst und dem von ihnen irregeleiteten Volke auf das Auge des Geistes legten, so daß sie in Jesu Christo den Messias nicht schauten; es ist jene Binde, von welcher der heilige Apostel Paulus an die Christengemeinde in Korinth, von den Juden sprechend, geschrieben hat: „Bis auf den heutigen Tag liegt, wenn Moses gelesen wird, eine Binde auf ihren Herzen.“ (II. Corinth. 3, 15.) Der Apostel, vor seinem Eintritte in die Kirche ein eingefleischter Pharisäer, hatte diese Binde auch getragen, und sie war erst dann von seinem Herzen gefallen, als er sich auf dem Wege nach Damaskus zum Herrn bekehrt hatte. Er kann darum aus eigener Erfahrung hinsichtlich der Israeliten die Versicherung geben: „Wenn sie sich aber zu dem Herrn bekehren, wird die Binde weggenommen, denn der Herr ist Geist.“ (Ibid. 16.) Wenn die Israeliten, will der heilige Paulus sagen, sich zum Herrn Jesu Christo bekehren, dann werden sie klar erkennen, daß, wie Gott ein Geist ist, auch das Reich des Messias ein geistiges sein muß, in welchem die Menschen nicht an irdischen Gütern und sinnlichen Freuden, sondern an geistigen Schätzen, Gnaden und Tröstungen Überfluß haben werden. Nach diesen geistigen Gütern wird dann ihr Verlangen gerichtet sein, und sie werden anfangen, mit jenen Talenten zu wuchern, mittels deren man die Herrschaft über fünf, ja sogar über zehn Städte im Reiche des Messias erlangen kann. (Luc. 19.)

Es scheint, daß die Einsichtigeren unter den Juden der Gegenwart klar erkannt haben, wie die unersättliche Begierde nach den Erdengütern ihren Glaubensgenossen in der Vergangenheit schon so großes Leid gebracht, wie der Wucher schon so vielen Tausenden das Leben gekostet hat. Sie scheinen demnach von dem Verlangen beseelt zu sein, diese Quelle so vieler Verfolgungen zu verstopfen, und dem wucherischen Treiben ihrer Glaubensgenossen auch den Andersgläubigen gegenüber Einhalt zu thun.

Im Jahre 1885 sind die „Grundsätze der jüdischen Sittenlehre“ erschienen, nachdem dieselben von 350 Rabbinern in Deutschland und Österreich-Ungarn geprüft und bestätigt worden waren. Auch hatten 270 jüdische Juristen in Deutschland durch ihre Unterschriften bekundet, daß diese Sätze dem heutigen sittlichen Bewußtsein der Judenschaft entsprechen.

In dieser Sammlung der Grundsätze der jüdischen Sittenlehre, denen im Jahre 1891 auch die entsprechenden Belegstellen aus der heiligen Schrift und dem Talmud beigefügt wurden, findet sich nun gleich am Anfange folgendes Gebot: „Das Judentum gebietet: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst,“ und erklärt dieses alle Menschen umfassende Gebot der Liebe als Hauptgrundsatz der jüdischen Religion. Es verbietet daher gegenüber jedermann, gleichviel welcher Abstammung er sei, welcher Nation er angehöre, und zu welcher Religion er sich bekenne, jede Art von Gehässigkeit, Neid, Mißgunst und liebloses Verhalten; es fordert Recht und Redlichkeit und verbietet Ungerechtigkeit, insbesondere jede Unredlichkeit in Handel und Wandel, jede Übervorteilung, jede Benutzung – Ausbeutung – der Not, des Leichtsinnes oder der Unerfahrenheit eines anderen, sowie jeden Wucher und jede wucherische Ausnutzung der Kräfte anderer.[15]

Fast fühlt man sich versucht, zu glauben, diese schönen sittlichen Grundsätze seien Pflanzen aus dem Garten der Loge, und die Rabbiner und Juristen, die sie mit ihrer Unterschrift beglaubigten, seien Juden, die den Glauben an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs mit der Verehrung des freimaurerischen unpersönlichen Weltbaumeisters vertauscht hätten, und infolgedessen der Synagoge der strenggläubigen Juden nicht mehr angehörten. Es mag sein, daß unter den sogenannten gebildeten Juden die Freimaurerei viele Anhänger zählt, aber so viel ist gewiß, daß auch die strenggläubigen Mitglieder der Synagoge die angeführten Grundsätze bekennen, in denselben ihre Kinder unterrichten lassen und nach denselben handeln. Zum Belege dafür kann ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung dienen.

Vor einigen Jahren habe ich in der bayerischen Kammer der Abgeordneten über die Verhältnisse im Spessart gesprochen und der Meinung Ausdruck gegeben, es sei der Bevölkerung dieser von der Natur stiefmütterlich bedachten Gegend nicht aufzuhelfen, solange der Viehhandel im Spessart, wie seither, durch die Juden betrieben, und das sogenannte Einstellvieh nicht angeschafft werde. In vielen Spessartgemeinden besteht nämlich heute noch der Gebrauch, daß jüdische Viehhändler dem Bauern ein oder mehrere Stück Rindvieh in den Stall stellen, welches der Bauer gegen Fütterung und Pflege zur Arbeit und zu seinem Nutzen gebrauchen darf; hat die eingestellte Kuh gekalbt oder das Stück Vieh überhaupt einen höheren Wert erlangt, dann kommt der Jude und holt dasselbe, wofür er dem Bauern wieder ein geringeres, minderwertiges Stück Vieh in den Stall stellt. So arbeitet der Bauer für den Juden und kommt nie zu einem ihm als Eigentum zugehörigen Viehstand. Welche Nachteile diese Art des Viehhandels auf das sittliche und wirtschaftliche Leben der Spessartbevölkerung im Gefolge hat, wie dem Bauern Luft und Liebe zur Thätigkeit genommen wird, wie er allen Mut und alles Vertrauen auf sich selbst verliert, liegt wohl auf flacher Hand. Bei jener Gelegenheit erwähnte ich nun auch, wie einmal in einer landwirtschaftlichen Versammlung im Spessart ein Redner erklärte, er wisse ein ganz einfaches Mittel, um der Spessartbevölkerung aufzuhelfen, und dieses Mittel sei die Erlassung eines Gesetzes mit dem einzigen Artikel: „Jeder Handelsjude, der den Spessart betritt, wird sofort erschossen oder am nächsten Eichbaum aufgeknüpft.“ Daraufhin erhielt ich ein schönes Häuflein von Briefen aus Deutschland und Österreich, worin mir die liebenswürdigsten Komplimente an den Kopf geworfen wurden; dagegen haben strenggläubige Juden schon damals nach dem angeführten Grundsatze der jüdischen Sittenlehre gehandelt, und mir gegenüber die Ausbeutung der Armut oder Unerfahrenheit der Bauern durch Juden scharf getadelt. Man erzählte mir, wie gerade in jener Zeit ein Jude aus Bayern mit seiner Familie nach Frankfurt a. M. gezogen war und um einen Platz in der strenggläubigen Synagoge nachsuchte, der ihm jedoch aus dem Grunde verweigert wurde, weil er als Wucherer bekannt war.

Bis jetzt ist im Spessart ein Handelsjude weder aufgehenkt noch erschossen worden, und trotzdem ist es uns gelungen, in einer Anzahl von Spessartgemeinden das Juden- oder Einstellvieh gänzlich auszurotten. Es ist uns das gelungen durch die bäuerlichen Darlehenskassenvereine, in denen besonders der Klerus, dem – Gott sei Dank! – noch allerseits ein großes Vertrauen entgegengebracht wird, eine höchst ersprießliche Thätigkeit entwickeln kann. Durch diese Darlehenskassenvereine haben wir es glücklich so weit gebracht, daß vorerst in einer Anzahl von Gemeinden jeder Bauer sein Vieh im Stalle als Eigentum besitzt, die Ausbeutung der Armut in diesen Gemeinden ist beseitigt. Möchte es den Einsichtigeren unter den Juden eben so glücklich gelingen, durch die Erziehung der Jugend im Geiste der Grundsätze der jüdischen Sittenlehre den Schacher- und Wuchergeist aus dem Judentum auszurotten, und dadurch eine Quelle zu verschließen, aus der über kurz oder lang weitere Judenverfolgungen entspringen würden. Möchten dazu insbesondere auch jene Vereine recht viel beitragen, welche schon seit geraumer Zeit unter den Juden gegründet sind und darauf hinwirken, teilweise mit sehr gutem Erfolge, die Juden dem Handwerke zuzuführen!

Zur Erreichung dieses schönen Zieles, zur Verschließung dieser unheilvollen Quelle wird auch die Messiasidee beitragen, wie sie sich in der Judenschaft der Gegenwart ausgebildet zu haben scheint.

In der „israelitischen Glaubens- und Pflichtenlehre“, wie sie gegenwärtig der israelitischen Jugend vorgetragen wird, ist selbstverständlich auch von dem göttlichen Reiche die Rede, welches der Messias, der Sprößling aus dem Hause Davids, auf der Erde stiften wird, wie die Propheten es geweissagt haben. Dieses Messiasreich wird als die Zeit bezeichnet, in der alle Völker der Erde ein einziges großes Reich bilden und einmütig den Allvater verehren, durch Bruderliebe, Gottesfurcht und Tugend sich auszeichnen werden. Es wird auch gefragt, was der Messias für Israel ganz besonders thun werde, und darauf geantwortet: „Er wird Israel in einen neuen Bund mit dem Herrn einführen und durch Läuterung der Herzen Vergebung der Sünden verschaffen bei Gott dem Herrn.“ O Israel! Wie groß wäre dein Glück, wenn deine Ahnen vor 1800 Jahren schon diesen Glauben und diese Hoffnung dem Messias entgegengebracht hätten! Dann hätten sie Jesum von Nazareth, der gekommen war, ihre Herzen zu läutern und ihnen Vergebung der Sünden zu bringen, nicht ans Kreuz geschlagen! Dann wärest du, o Israel, der Erstgeborene in der Gottesfamilie des Neuen Bundes, dein Tempel und deine heilige Stadt lägen nicht in Trümmern, deine Kinder wären nicht unter alle Völker der Erde zerstreut, die verhängnisvolle Binde, die dir schon so viel Unheil gebracht, läge nicht auf deinem Herzen!

Die Schlußfrage in dem VI. Abschnitte der israelitischen Glaubens-und Pflichtenlehre von dem Reiche des Messias lautet: „Wann wird die Zeit des Messias sein?“ Darauf wird die Antwort gegeben: „Diese Zeit ist nur dem Allwissenden bekannt; wir sollen aber harren auf die Güte Gottes und sollen uns bestreben, durch Bruderliebe, Gottesfurcht und Tugend das göttliche Reich schneller herbeizuführen.“[16] O möchten doch alle Israeliten auf der ganzen weiten Erde, jung und alt, groß und klein, Gelehrte und Ungelehrte diese Mahnung recht tief ihren Herzen einprägen und sich auf das eifrigste bestreben, die Ankunft jenes Tages zu beschleunigen, an welchem die Binde von den Herzen der Juden fällt, und sie zur Erkenntnis gelangen, daß auch für sie der Messias bereits gekommen ist und die Kirche als das messianische Weltreich aufgerichtet hat, in welchem auch die Juden, und sie vor allen, mit den Brüdern aus allen Völkern der Erde friedlich zusammenwohnen und sich des himmlischen Segens erfreuen sollen! Auch der katholische Priester betet um Beschleunigung dieses Tages, besonders am heiligen Karfreitage, wo er im Namen des ganzen Christenvolkes Gott bittet, er möge die Decke von den Herzen der Juden nehmen und sie von seinem Erbarmen nicht ausschließen, damit sie das Licht der Wahrheit, die Jesus Christus ist, erkennen und ihren Finsternissen entrissen werden. Wenn wir aber gerecht sein wollen gegen das Jugendvolk, dürfen wir auch nicht übersehen, was zu gunsten desselben, um den Judenwucher in früheren Jahrhunderten zu erklären und einigermaßen zu entschuldigen, gesagt werden kann.

Die Juden durften bis in die neueste Zeit herein keinen Grund und Boden erwerben und konnten infolgedessen auch kein Geschäft betreiben, wozu Grund und Boden notwendig ist. Auch ein Handwerk zu treiben, fiel ihnen schwer, da sie in keine Zunft und Innung als Mitglieder aufgenommen wurden. Sie waren durch die Verhältnisse auf den Handel, und da in früheren Jahrhunderten die Christen von dem hingeliehenen Gelde keinen Zins nehmen durften, auf die Geldgeschäfte angewiesen. Dabei darf man auch nicht vergessen, daß die Juden nur einen Teil von dem, was sie durch Wucher sich aneigneten, behalten durften, und wie sie den anderen Teil an den Kaiser, die Fürsten, die Städte, in deren Schutz sie standen, abliefern mußten. Diese unter Umständen höchst ergiebigen Einnahmen bildeten den Hauptgrund, warum die Kaiser ihre Kammerknechte, die Fürsten und Städte ihre Juden beschützten, und sie waren überhaupt der Grund, warum man den Juden den Aufenthalt im Lande gestattete. Diese Einnahmen von den Juden erklären es auch, wie man die Juden gleich einem einträglichen Grundstücke verkaufen, verpfänden, verschenken konnte, und warum Standesherren und Städte es als eine große Gunst und Wohlthat betrachteten, wenn der Kaiser in den gestattete, daß sie einer bestimmten Anzahl von Juden die Niederlassung in ihrem Burgfrieden gewähren durften. Wir haben auch bereits erwähnt, wie die Juden jeden Augenblick gewärtig sein mußten, daß ihnen das Vermögen, welches sie sich erworben hatten, wieder genommen wurde. Der Kaiser konnte ihr Vermögen jederzeit einziehen, und wenn er einem verschuldeten Adeligen eine Freude machen wollte, zerriß er, wie wir bereits angeführt haben, einfach die Schuldscheine, die derselbe an Juden ausgestellt hatte, und befreite ihn so von seinen Schulden.

Wir wollen auch noch beifügen, daß christliche Obrigkeiten sich nicht entblödeten, die Juden geradezu zum Wucher aufzufordern. Einem Rabbiner in Frankfurt im fünfzehnten Jahrhundert, der die ihm zugemutete Steuer als weit zu hoch für seine Verhältnisse bezeichnete, ließ der Frankfurter Senat die kurze Antwort zugehen: „Er soll wuchern!“

Solche Thatsachen sind gewiß geeignet, den Judenwucher in früheren Jahrhunderten einigermaßen zu entschuldigen. In der Gegenwart freilich und dort, wo die Juden als Unterthanen eines Staates den christlichen Mitbürgern völlig gleichgestellt sind, kann der Judenwucher durchaus nicht entschuldigt, sondern muß eben so streng beurteilt und bestraft werden wie der Wucher, den die Christen treiben.

VII.
Der rituelle Mord.


Durch die Ereignisse in Korfu und Xanten, welche wir erwähnt haben, ist die Frage des sogenannten rituellen Mordes wieder auf die Tagesordnung gesetzt worden, und es ist darum gewiß auch angezeigt, auf diese Frage etwas näher einzugehen.

In weiten Schichten des christlichen Volkes ist der Glaube verbreitet, die Juden hätten für die Feier ihres Osterfestes, zunächst zur Bereitung ihres ungesäuerten Brotes Christenblut nötig, und zu diesem Zwecke würden von ihnen von Zeit zu Zeit christliche Knaben und Mädchen, auch mitunter erwachsene Christen unter großen Qualen abgeschlachtet, den Gemordeten würde alles Blut genommen und sorgfältig aufbewahrt.

„Wann ist dieses Wahnmärchen entstanden?“ fragt Rabbiner Dr. M. Horovitz zu Frankfurt a. M. in einem Vortrage, den er am 28. Mai l. J. daselbst über den schon öfter erwähnten Mord in Korfu gehalten und als Broschüre veröffentlicht hat. Er giebt sich selbst die Antwort auf seine Frage, indem er sagt: „Niemand weiß es genau. Der erste Kreuzzug noch hat unendlich viel Elend unter den Juden anrichten, ganze jüdische Gemeinden vernichten und Tausende grausam töten können, ohne auf diese Schauerfabel zurückzukommen, ohne sie vielleicht zu kennen. Erst etwa seit den Jahren 1170-1180 spukt es allenthalben von diesem Wahne, und Unzählige fielen ihn zum Opfer.“[17]

Dr. Horovitz meint also, man sei erst am Ausgange des zwölften Jahrhunderts auf diese Schauerfabel zurückgekommen, und setzt somit voraus, daß der Ursprung derselben in früheren Jahrhunderten zu suchen sei. In der That findet er denselben schon in den ersten Jahrhunderten der christlichen Kirche, als zur Zeit der blutigen Christenverfolgungen die Heiden den Christen vorwarfen, sie trieben Blutschande bei ihren Liebesmahlen und schlachteten kleine Kinder, um bei ihren gottesdienstlichen Versammlungen deren Fleisch zu essen und ihr Blut zu trinken. Als Gewährsmänner führt Dr. Horovitz den heiligen Justinus, zubenannt der Märtyrer, an und den Kirchengeschichtschreiber Eusebius von Cäsarea. Daß die Christen wirklich dieser zwei schweren Verbrechen von den Heiden angeklagt wurden, ist geschichtliche Thatsache, wie außer den genannten Gewährsmännern noch andere Kirchenväter und kirchlichen Schriftsteller es bezeugen. Es ist aber auch ebenso bekannt, wie die Heiden dazu gekommen sind, den Christen diese schauerlichen Verbrechen vorzuwerfen. Sie hörten, daß die Christen sich als Brüder und Schwestern anredeten, sie hörten von den Friedenskusse, den sie sich in den gottesdienstlichen Versammlungen gaben; sie hörten von dem geheimnisvollen Opfermahle, bei welchem das Fleisch und das Blut des Gottessohnes von den Eingeweihten genossen wurde. Da jedoch der Gottesdienst geheim gefeiert wurde, dem heiligen Meßopfer, der eigentlichen Feier der heiligen Geheimnisse weder Heiden noch Juden, nicht einmal die Katechumenen, die sich auf den Empfang der heiligen Taufe vorbereiteten, beiwohnen durften, so lag es den Heiden nahe, von den verhaßten Christen zu glauben, daß sich dieselben nur deshalb scheuten, ihren Gottesdienst öffentlich abzuhalten, weil ihre ödipodischen und thyesteischen Greuel, ihre Blutschande und ihr Genuß von Menschenfleisch nicht an das Tageslicht kommen sollten. Als dann auch noch, wie die Kirchenväter und kirchlichen Schriftsteller erzählen, heidnische Sklaven, die in christlichen Familien sich befanden, durch die Folter gezwungen, die den Christen vorgeworfenen Verbrechen bestätigten, da zweifelten die Heiden um so weniger an der Schuld der Christen, als es ja ein offenes Geheimnis war, daß in heidnischen Mysterien bei geheimen Gottesdiensten die Geschlechter und Alter sich vermischten, und zarte Knaben und unschuldige Mädchen abgeschlachtet wurden, deren Blut man zur Feier der Geheimnisse oder zur Herstellung von Zaubermitteln gebrauchte. Es war offenkundig geworden, daß zu heidnischen Geheimdiensten auch das Opfer eines neugeborenen Kindes gehörte, dessen Fleisch, nachdem man es getötet hatte, weich gekocht und dann mit Mehl und gewissen Vegetabilien vermischt wurde; darauf wurden Kuchen gebacken, die den Eingeweihten das Jahr über zu einer Art höllischer Kommunion dienen mußten. „Hier deckt sich die Quelle auf,“ sagt Dr. Döllinger, „aus der die ganz gleiche Sitte gewisser gnostischen Sekten floß, und damit wird auch die bekannte Beschuldigung thyesteischen Mahlzeiten erklärlich, welche die Heiden im Römischen Reiche gegen die Christen überhaupt erhoben.“[18]

Wenn nun auf diese Weise es leicht erklärlich wird, wie die Heiden dazu kamen, den Christen die Abschlachtung von Kindern zu religiösen Zwecken oder vielmehr den Genuß des Fleisches und Blutes derselben bei ihren geheimen Gottesdiensten vorzuwerfen, so ist aber damit noch lange nicht die Frage beantwortet, wie die Christen dazu gekommen sind, den Juden vorzuwerfen, daß sie Christenkinder zu religiösen Zwecken, um deren Blut zu genießen, unter grausamen Qualen schlachten. Dr. Horoviz – ich führe ihn an, weil er wohl der neuste jüdische Schriftsteller ist, der diese Frage in der Öffentlichkeit behandelt hat – macht sich die Sache allerdings sehr leicht, indem er einfach den Satz aufstellt, um das Jahr 1180, zur Zeit einer größeren Judenverfolgung in Frankreich, sei die Blutbeschuldigung, die man tausend Jahre vorher den Christen gemacht habe, zum erstenmal von seiten der Christen den Juden gegenüber aufgetaucht. Dann beklagt er es, daß sieben Jahrhunderte später der alte Wahnglaube aufs neue infolge des Mordes in Korfu wieder zum Vorschein gekommen sei.

„Aber woher denn,“ so höre ich den geneigten Leser fragen, „die Beschuldigung? Muß nicht, wo Rauch ist, auch Feuer sein?“ So fragt auch der Berliner Universitätsprofessor Dr. Strack in seinem Gutachten, das er bei Gelegenheit der Untersuchung über die Ermordung der Esther Solymossi in der Frage abgegeben hat: „Gebrauchen die Juden Christenblut?“ Gewiß hat diese Frage nach dem Ursprunge der schweren Beschuldigung, die man den Juden seit Jahrhunderten macht, ihre volle Berechtigung. Unwillkürlich fragen wir uns, wie es gekommen sei, daß man eine derartige furchtbare Anklage gegen die Juden erhoben hat, und worin der Grund liege, daß erst im zwölften Jahrhundert, obgleich im Laufe der vorausgegangenen Jahrhunderte schon viele und schwere Judenverfolgungen ausgebrochen waren, die Christen den Juden vorwarfen, daß sie Abschlachtungen von Christenkindern zu religiösen Zwecken vornehmen. Warum hat man in den früheren Jahrhunderten von dieser Beschuldigung nichts gehört? Wir wollen versuchen, diese Fragen zu beantworten, und zwar auf Grund des geschichtlichen Materials, das wir im vorausgehenden gegeben haben. Ich denke mir die Sache so:

Es wird zwar erzählt, daß schon im Jahre 411 zu Chalcis beim Purimsfeste von Juden, die betrunken waren, ein Christenkind aufgehenkt worden sei, doch hat man damals an einen rituellen Mord noch nicht gedacht. Das älteste Beispiel eines Kinderraubes und Kindermordes von seiten der Juden zu rituellen Zwecken scheint, wie der geschichtskundige Görres glaubt, vielmehr das des Knaben Wilhelm zu Norwich zu sein, den englische Juden im Jahre 1144 entführt und in der Passionswoche grausam hingerichtet haben; andere Morde folgten, wie 1160 zu Glovernia, 1171 zu Blois in Frankreich, 1179 zu Paris, 1181 zu Skt. Edmond in England. Nachdem die Kunde von diesen Kinderabschlachtungen in die christlichen Länder gedrungen war, und nachdem ähnliche Morde bald da bald dort auch in anderen Ländern, besonders in Deutschland vorgekommen sein sollten, mußte das christliche Volk sich unwillkürlich die Frage stellen, aus welchen Beweggründen oder zu welchem Zwecke wohl die Juden diese Christenkinder grausam mordeten. Raub- oder Lustmorde waren es, wie die Umstände erkennen ließen oder die Untersuchungen zeigten, sicher nicht; was lag also näher als die Annahme, daß die Mörder aus religiösen Beweggründen handelten? Zu diesem Glauben war das Christenvolk um so mehr geneigt, als es ja schon selbst gesehen oder davon gehört hatte, daß die Juden zum Beginn ihres Osterfestes vier Becher mit einer roten Flüssigkeit, Rotwein, füllten und davon tranken, indem sie dabei der geschlachteten Judenkinder gedachten, in deren Blut der kranke Pharao von Ägypten auf den Rat seiner Ärzte sich täglich badete; sofort war man bereit, diese Flüssigkeit für Blut zu halten, welches die Juden von geschlachteten Christenkindern aufzubewahren pflegten; man hatte davon gehört, daß die Juden Blut gebrauchten, um die Heilung der Beschneidungswunde zu befördern, den Frauen das Gebären zu erleichtern; freilich soll dieses Blut nur ein rotes Harz gewesen sein, das man Drachenblut nannte, aber nachdem es in der Meinung der großen Menge einmal Blut war, so ist es leicht erklärlich, wie das Christenvolk es für das Blut seiner von den Juden geschlachteten Kinder halten konnte; auch ist es Thatsache, daß die Juden im Mittelalter sich, wie alles andere Volk, stark mit Zauberei beschäftigten, und daher kam die Meinung des Christenvolkes, daß die Juden das Blut der geschlachteten Christenkinder zur Herstellung von Zaubermitteln, Bereitung von Liebestränken und ähnlichen Dingen verwendeten. Damit aber schließlich alle Juden ohne Ausnahme Christenblut genießen konnten, wurden einige Tropfen Christenblutes mit dem Teige vermischt, aus welchem die ungesäuerten Osterkuchen – Mazza – gebacken wurden.

Daß die angeführten jüdischen Gebräuche wirklich dazu mitgeholfen haben, in dem Christenvolke den Glauben zu erwecken oder es in dem Glauben zu bestärken, die Juden benützten zu religiösen Zwecken Christenblut, dürfte wohl keinem Zweifel unterliegen. Andernfalls hätte auch der polnische Rabbiner David Halevi – geboren ca. 1600 -, wie Dr. Strack in seinem angezogenen Gutachten erwähnt, seine Glaubensgenossen gewiss nicht aufgefordert, den Gebrauch des Rotweines zum Beginne des Opferfestes wegen der Lügen, die an ihn geknüpft worden sein, für die Zukunft zu unterlassen.

Bei der Blutbeschuldigung der Juden liegt demnach die Sache doch ganz anders, als bei der Blutbeschuldigung der Christen in den ersten Jahrhunderten. Weil die Heiden davon gehört hatten, daß die Christen bei ihren gottesdienstlichen Versammlungen Menschenfleisch und Menschenblut genießen, kamen sie auf den Glauben, daß die Christen zu diesem Zwecke Kinder schlachteten. Aber niemals ist es einem heidnischen Richter eingefallen, eine Untersuchung darüber anzustellen, ob wirklich von Christen ein Kind zu religiösen Zwecken abgeschlachtet worden sei. Hierzu fehlte eben jeder Anhaltspunkt, über die Anklage wegen Kindermordes herrscht in den Märtyrerakten tiefes Schweigen. Bei der Blutbeschuldigung der Juden dagegen sehen wir, wie die Juden zuerst angeklagt werden, daß sie Christenkinder abgeschlachtet haben, und erst dann, nachdem solche Morde sich wiederholt und in der gerichtlichen Untersuchung als erwiesen dargestellt haben, kommt das Christenvolk zu dem Glauben, dass die Juden das Blut geschlachteter Christenkinder zu religiösen Zwecken nötig haben.

Dazu kommen noch einige Umstände, die mir höchst beachtenswert und ganz geeignet scheinen, den Glauben des Christenvolkes an die sogenannten rituellen Morde der Juden als einen nicht ganz ungerechtfertigten erscheinen zu lassen.

Der Gerichtsforscher Dr. Damberger hat uns bereits erzählt, daß besonders im achten und neunten Jahrhundert Christenknaben von den Juden abgefangen, entmannt und in die türkischen Harems verkauft wurden. Bei der gefährlichen Operation, die an den Knaben vorgenommen wurde, mussten wohl manche derselben das Leben lassen, und hier sieht Damberger den ersten Ursprung des sich immer weiter verbreitenden Volksglaubens, daß die Juden Christenkinder schlachteten. Wir können aber seiner Ansicht nicht beistimmen. Es ist allerdings geschichtliche Thatsache, die sich nicht leugnen läßt, daß die Juden in der angegebenen Zeit Handel mit Christenknaben trieben, aber die Geschichte erzählt uns nichts davon, daß man damals schon die Juden der Abschlachtung von Christenkindern zu religiösen Zwecken angeklagt hätte. Man hatte keine Anhaltspunkte für religiöse Kindermorde durch die Juden, und darum hat das Christenvolk ihnen damals diesen Vorwurf auch noch nicht gemacht. Dieser Vorwurf ist erst später, als man Anhaltspunkte für ihn hatte, und zwar erst im zwölften Jahrhundert, wie auch Dr. Horovitz richtig bemerkt, gegen die Juden erhoben worden. Und worin bestanden diese Anhaltspunkte?

Diese Anhaltspunkte bestanden darin, daß vom zwölften Jahrhundert an die Ermordung von Christenkindern durch Juden gerichtlich oder außergerichtlich festgestellt wurde; sie bestanden darin, daß die Kindermorde durch die Juden gewöhnlich um die österliche Zeit stattfanden; sie bestanden darin, daß des Mordes angeklagte Juden vor Gericht offene Geständnisse über die einzelnen Umstände ihres Verbrechens ablegten; sie bestanden darin, daß man auf das Geständnis angeklagter Juden hin das Gefäß fand, worin das Christenblut aufbewahrt war. Erst nachdem diese Thatsachen festgestellt waren, verbreitete sich unter dem Christenvolke der Glaube, daß die Juden Christenkinder zu religiösen Zwecken abfingen und schlachteten. Ich habe darum auch gewiß nicht mit Unrecht gesagt, daß dieser Glaube einigermaßen berechtigt ist.

Nichtsdestoweniger ist es auf der anderen Seite meine feste Überzeugung, daß der Vorwurf des rituellen, von der Religion gebotenen Mordes, den man gegen das ganze Judenvolk erhebt, des religiösen Gebrauches oder Genusses von Christenblut ein unbegründeter ist. Nach meiner innersten Überzeugung läßt es sich nicht nachweisen und ist auch noch nicht nachgewiesen worden, daß es ein allgemeiner jüdischer Gebrauch oder gar eine Religionsvorschrift für die Juden sei, Christenblut zu genießen oder anderweitig zu religiösen Zwecken zu gebrauchen.

Erst vor kurzem hatte ich eine Unterredung mit einem strenggläubigen Rabbiner in Frankfurt a/M., einem wissenschaftlich gebildeten, ganz achtbaren Manne, über diese Frage, wobei derselbe im Laufe des Gespräches die Versicherung gab: „Herr Pfarrer! Ich habe, amtliche Veranlassungen ausgenommen, noch nie geschworen; aber ich rufe jetzt Gott den Allwissenden zum Zeugen an, daß mir aus unseren Bekenntnisschriften oder aus unseren mündlichen Überlieferungen noch nie das geringste bekannt geworden ist, woraus sich entnehmen ließe, daß der rituelle Mord bei uns erlaubt oder gar geboten sei.“ Ich hatte keinen Grund, an der Wahrheit seiner Worte zu zweifeln, ich mußte ihm vielmehr meine Zustimmung geben; denn ich habe gefunden, wie die besten Kenner der Geschichte und der Religion des Judentums darüber einig sind, daß nirgends in den Bekenntnisschriften der Juden, weder im Talmud noch viel weniger in der heiligen Schrift ein Anhaltspunkt gegeben ist. Der Mord ist den Juden, wie uns Christen, in den Noachischen und in den zehn Geboten Gottes unbedingt verboten, und der Blutgenuß, mit Ausnahme des Blutes von Fischen, ist ihnen auf das strengste untersagt.

Dazu kommt die Thatsache, daß eine große Anzahl von Juden, welche die jüdische Religion verlassen haben und in die Kirche eingetreten sind, ihre früheren Religionsgenossen gegen den schweren Vorwurf des rituellen Mordes in Schutz genommen haben. Schon der in der jüdischen Religion und Geschichte wohlerfahrene Professor Wagenseil beruft sich auf diese Thatsache. Er bezeugt bei dem Worte der Wahrheit und Gott und dem Vater unseres Herrn Jesu Christi, daß ihm noch nie ein getaufter Jude unter so vielen, mit denen er umgegangen, vorgekommen sei, der bekannt hätte, daß seine Geschlechtsgenossen Christenblut zu ihren Bedürfnissen gebrauchen, obwohl er alle deswegen genau befragt habe.

Am Anfange unseres Jahrhunderts, am 8. Mai 1814, hat die theologische Fakultät der Universität Leipzig ein ausführliches Gutachten an den König von Sachsen eingereicht, in welchem sie sich entschieden gegen den Wahnglauben von dem rituellen oder Blutmorde der Juden ausgesprochen hat.

Auch das erzbischöfiche Kapitel und der hochwürdigste Herr Erzbischof von Lemberg, Kajetan Ignatius, waren von der jüdischen Gemeinde gebeten worden, ihre Anschauung über die Meinung, ob die Juden zur Zeit ihrer Feiertage Christenblutes bedürftig wären, gegründet oder ungegründet sei, kundzugeben. Die Antwort, die am 6. Mai 1801 von dem Metropolitankapitel gegeben wurde, lautet, daß zwar vormals und zum Teil auch jetzt noch unter dem gemeinen Volke diese Meinung allgemein bestand, daß sich aber keineswegs ein Grund in den Kirchenentscheidungen oder jenen der Päpste zur Bestätigung einer derartigen Meinung vorfinde.

Im Jahre 1842, als die Ermordung des Papstes Thomas zu Damaskus durch die Juden vielfach als ein ritueller Mord bezeichnet wurde, hat Professor Molitor, Verfasser der Philosophie der Geschichte oder: „Über die Tradition im Alten Bunde und ihre Beziehung zum Neuen Bunde“, unter Anrufung des Allerhöchsten, des Gottes der Wahrheit und Liebe, nach seinem Wissen und seiner Überzeugung beteuert, daß er niemals mündlich oder schriftlich, oder auf irgend einem anderem Wege von den Juden irgend etwas vernommen oder erfahren habe, was der Beschuldigung, als bedienten sie sich des Menschenblutes zu irgend einem religiösen ceremonialen Gebrauche, auch nur zum entferntesten Vorwande, viel weniger zur Rechtfertigung dienen könnte, daß ihm vielmehr bewusst sei, wie den Juden aller Blutgenuss überhaupt strengstens durch ihr Gesetz untersagt werde, und wie besonders der Teig der Mazza durch solche Berührung aufhören würde, gesetzlich genießbar zu sein.

Im Jahre 1882, als das spurlose Verschwinden des Leichnams der ermordeten Esther Solymossi in Ungarn Veranlassung gab, die alte Anklage und Blutbeschuldigung gegen die Juden wieder zu erheben, haben vier Universitäten und achtzehn christliche Gelehrte, unter ihnen auch der hochwürdigste Herr Fürstbischof Kopp von Breslau, damals Bischof in Fulda, längere ausführliche Gutachten oder kürzere Erklärungen abgegeben und die gegen die Juden erhobene Anklage wegen rituellen Mordes zurückgewiesen.

Es ist ja wahr, daß in einzelnen Fällen die Ermordung von Christenknaben durch Juden gerichtlich festgestellt wurde, aber es sind das immer nur sehr wenige Fälle; in eben so vielen Fällen mußten die wegen eines rituellen Mordes angeklagten Juden freigesprochen werden. Nach den amtlichen und amtlich beglaubigten Aktenstücken, welche Dr. Horovitz seinem Vortrage über Korfu beigefügt hat, wird wahrscheinlich auch in Korfu die Freisprechung der Juden, die der Ermordung eines Christenmädchens beschuldigt werden, erfolgen müssen, da das ermordete Mädchen der jüdischen, und nicht der christlichen Religion angehörte.

Aber die angeklagten Juden haben doch selbst eingestanden, daß sie Christenkinder ermordet haben, um deren Blut aufzufangen und aufzubewahren? Auch das ist wahr; der Oberrabbiner Joppinus zu Linkoln, die Juden zu Trient, welche der Ermordung des Knaben Simon angeklagt waren, haben umfassende Geständnisse abgelegt. Doch nirgends findet sich unter diesen Geständnissen die Aussage, daß die Juden überhaupt Christenblut genießen müssen oder zu anderen religiösen Zwecken nötig haben. Alle Geständnisse gehen bloß dahin, daß Christenkinder zum Osterfeste als Opfer geschlachtet worden sind. Nur die Thatsache des Mordes, nicht aber das Vorhandensein einer bezüglichen religiösen Vorschrift wurde festgestellt. Dabei dürfen wir auch nicht vergessen, daß im Mittelalter diese Geständnisse unter den Qualen der Folter gemacht worden sind, oder nachdem die Sicherheit des Lebens, wie bei Joppinus, für das offene Geständnis zugesichert war. Geständnisse aber, die unter solchen Umständen erfolgen, sind nicht immer zuverlässig, wie wir, um nur Ein Beispiel anzuführen, aus der Geschichte des Aufhebung des Templerordens ersehen können.

Doch wir wollen zugeben, daß wirklich Morde zur Gewinnung von Blut seitens der Juden vorgekommen sind, und daß man, wie es im Trient geschehen zu sein scheint, Christenknaben abgeschlachtet hat, um deren Blut zu religiösen Zwecken aufzubewahren; dann sind aber das immer nur vereinzelte Fälle, für welche diejenigen, die dabei beteiligt gewesen sind, verantwortlich gemacht werden müssen, die man aber nicht der ganzen Religionsgenossenschaft, der die Schuldigen angehören, zur Schuld anrechnen darf. Wir würden uns auch dagegen verwahren, wenn man die sogenannten Heilandsgreuel oder die Menschenopfer der Pöschlianer und andere Ausgeburten des Aberglaubens und des religiösen Wahnsinnes der katholischen Kirche zur Last legen wollte.

Auch dürfen wir bei der Beurteilung solcher Fälle nicht außer acht lassen, daß die Juden in jedem Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung, wie ich gezeigt habe, mehr oder weniger heftige Verfolgungen über sich ergehen lassen mußten; mit Feuer und Schwert und Verbannung ist gegen sie vorgegangen worden; kann man sich da wundern, wenn das heiße Blut des Morgenlandes, das noch immer noch in den Adern der Juden kocht, auch manchmal in Aufwallung kam, und daß die Juden ihre Wut an heiligen Hostien, Kruzifixen und Christenkindern ausließen, wie ihre Ahnen sie zur Zeit des römischen Kaisers Trajan in Syrien nach unerträglichen Mißhandlungen an Griechen und Römern ausgelassen haben, indem sie dieselben mit der raffiniertesten Grausamkeit zu Tode marterten, sie lebendig zersägten oder schunden, mit ihren Häuten sich behingen, ja in der Raserei sogar ihr Fleisch verzehrten![19] Doch waren es immerhin nur wenige Christenknaben, die von den Juden abgeschlachtet wurden, im Verhältnis zu der großen Menge Juden, die von Christen gemordet wurden; sicher kommen auf Einen geopferten Christenknaben mehr als tausend Juden, die in den vielen Verfolgungen durch Christen abgeschlachtet oder verbrannt worden sind.

Wir danken Gott, daß diese Zeiten roher Wutausbrüche vorüber sind, und bitten ihn, daß er sie für alle Zukunft fern halten wolle. Alle Einsichtigen und Gutgesinnten unter Christen und Juden sollten zusammenwirken mit vereinten Kräften und alles aufbieten, daß solche Zeiten nie mehr wiederkehren. Dr. Horovitz hat recht, wenn er sagt: „Ich glaube zuversichtlich, daß jeder Bekenner des Christentums, zu dem diese Worte der Kirchenväter dringen, dazu beitragen wird, in weiteren Schichten des Volkes aufklärend zu wirken. Daß man auf die Stimme der Päpste nicht gehört, daß man die Stimme der Wissenschaft nicht beachtet, daß beweist noch nicht, daß man nicht hören werde auf die Erlebnisse des eigenen Bekenntnisses.“[20] In dieser Hoffnung wird er sich nicht getäuscht sehen, denn der katholische Klerus wird keine passende Gelegenheit, die sich darbietet, vorübergehen lassen, ohne das christliche Volk aufzuklären, Vorurteile zu beseitigen, ungerechte Anklagen zu entkräften. Er wird, wie die Päpste von der Höhe des Apostolischen Stuhles herab es oft gethan haben, sein Wort und sein Ansehen einsetzen, um die aufgeregten Gemüter zu beruhigen und die entfesselten Leidenschaften zu beschwichtigen. Er wird das Beispiel nachahmen, das erst jüngst wieder der heilige Vater Leo XIII. gegeben hat, der in den katholischen Kirchen Korfus, wie die Zeitungen meldeten, durch die Geistlichen verkünden ließ, es sei der besondere Wunsch des Papstes, daß die Katholiken der Judenhetze fern bleiben. Nach diesem Beispiele, das alle Päpste gegeben haben, hat der katholische Pfarrer in Xanten gehandelt, indem er die gegen die Juden aufgebrachte Menge beruhigte, und das nämliche wird in ähnlichen Fällen jeder katholische Priester thun.

Wenn aber Dr. Horovitz vielleicht meint, wie aus den angeführten Worten desselben hervorzugehen scheint, daß das katholische Volk jetzt zum ersten Male die bezüglichen Aussprüche des Kirchenvaters Justinus, des Kirchengeschichtsschreiber Eusebius und des kirchlichen Schriftstellers Tertullian über die Blutbeschuldigung der ersten Christen, „über die Erlebnisse des eigenen Bekenntnisses“ hören werde, so wäre er damit in einem großen Irrtum befangen, denn das ist uns Katholiken nichts Neues, daß den Christen der ersten Jahrhunderte dieser Vorwurf gemacht wurde, das wissen unsere Kinder in den Schulen schon. Wenn der Herr Rabbiner einmal dem Unterrichte beiwohnen würde, den wir unseren Erstkommunikanten erteilen, so könnte er hören, wie gerade diese Anklage, welche die Heiden gegen die Christen erhoben haben, indem die ihnen vorwarfen, daß sie Kinder schlachteten, um ihr Fleisch zu essen und ihr Blut zu trinken, als ein Beweis dafür geltend gemacht wird, daß man schon in den ersten Jahrhunderten der Kirche ebenso glaubte, wie wir auch jetzt noch glauben, daß in dem allerheiligsten Sakramente des Altars das wahre und wirkliche Fleisch und Blut des Gottessohnes, des göttlichen Jesuskindes, wahrhaft und wirklich zugegen sind und von den Gläubigen in der heiligen Kommunion zur Nahrung der Seele genossen werden.

Übrigens werden die katholischen Priester, nachdem die Vorfälle in Korfu und Xanten wieder Veranlassung dazu gegeben haben, gerade bei dem Unterrichte, den sie den Erstkommunikanten erteilen, die Gelegenheit benützen, um auch von der Blutbeschuldigung, die man gegen die Juden vorbringt, zu sprechen und die Kinder darüber zu belehren, daß man den Juden fälschlich nachsagt, sie schlachteten Christenkinder, um deren Blut am Osterfeste zu genießen.

Inzwischen hat der Prozeß wegen des Knabenmordes in Xanten seinen Abschluß gefunden, durch den Wahrspruch der Geschworen ist der angeklagte Schächter Buschoff, der den vermeindlichen rituellen Mord begangen haben sollte, freigesprochen worden. Zwei Tage vor dem Schlusse des Prozesses schrieb die katholische Kölner Volkszeitung: „Was denken wir wohl, wenn wir lesen, die Chinesen beschuldigten unsere Missionäre, daß die Kinder schlachten, um ihre Eingeweide zu religiösen Opfern zu brauchen? Frohlocken wir nicht, wenn die Justiz die Unschuld unserer Glaubensgenossen anerkennt? Nun, mit demselben Rechte mögen die Juden sich freuen, wenn Buschoff vom Gerichte freigesprochen wird; mit gutem Rechte mögen sie sagen, daß ihnen Unrecht geschehen ist, und wir, die wir als Christen und Anhänger des Centrums vor allem Wahrheit und Recht, gleiches Recht für alle wahren wollen, wir müssen verlangen, daß dem unschuldig Geschädigten, falls er freigesprochen wird, auch der Schaden an seinem Namen, an seiner Ehre nach Möglichkeit ersetzt werde.“ Das ist auch meine Meinung; ich kann es den Juden nicht verargen, wenn sie für den freigesprochen Buschoff, dem seine christlichen Mitbürger in Xanten bei den Gerichtsverhandlungen das beste Leumundszeugnis ausstellten, eine Sammlung, um ihn einigermaßen zu entschädigen, ins Werk gesetzt haben.

In dem Prozesse auf der Insel Korfu konnte, wie wir bereits erwähnt haben, schon um deswillen von einem rituellen Morde nicht die Rede sein, weil das ermordete Mädchen nach amtlichen Feststellungen kein Christen-, sondern ein Judenmädchen war. Inzwischen sind die angeklagten Juden auch von dem Morde, der ihnen zur Last gelegt wurde, freigesprochen worden.

Über den Gang des Prozesses zu Tißa Eßlar habe ich Berichte nach stenographischen Aufzeichnungen gelesen und ich muß gestehen, daß ich, wenn ich Richter in diesem Prozesse gewesen wäre, auch nicht umhin gekonnt hätte, die eines Ritualmordes beschuldigten Juden freizusprechen.

Als der Prozeß wegen Ermordung des P. Thomas und seines Dieners zu Damaskus im Gange war, befand sich daselbst auch ein bayerischer Stabsoffizier, Major von Hailbronner, welcher eine Darstellung des Prozeßganges in seine Heimat schickte. Diese Darstellung wurde in der Augsburger Allgemeinen Zeitung vom 29. August 1840 nach ihrem Hauptinhalte veröffentlicht. Sie spricht sich entschieden zu gunsten der angeklagten Juden aus und bestätigt, daß die Geständnisse den einzelnen Angeschuldigten nur durch die grausamsten Zwangsmittel entrissen wurden. Es ist haarsträubend, zu lesen, welchen ausgesuchten Folterqualen die Angeschuldigten unterworfen wurden. Und wenn man bedenkt, daß sämtliche europäische Konsuln, mit alleiniger Ausnahme des französischen, der, nebenbei bemerkt, sich keines guten Leumundes erfreute, und mit den Konsulen Geistliche und Offiziere, die sich gerade damals in Damaskus aufhielten, für die Unschuld der Angeklagten eintraten, so wird man es begreiflich finden, daß die türkische Regierung den verurteilenden Spruch des Gerichts von Damaskus aufhob und die Angeschuldigten in Freiheit setzte.

Der Knabenmord in Xanten hat die Erinnerung an einen anderen Knabenmord wieder wachgerufen, der ebenfalls in der preußischen Rheinprovinz in der Nacht vom 13. zum 14. Juli 1834 bei Neuenhoven, Kreis Grevenbroich, Regierungsbezirk Düsseldorf ausgeführt wurde. Die leichtgläubige Menge ließ sich auch hier sofort zur Annahme verleiten, daß ein ritueller Mord vorliege. Die Wohnungen zweier in Neuenhoven wohnenden Juden wurden am 20. und 21. Juli samt den darin befindlichen Hausgeräten und Waren von einem aufgebrachten, erbitterten Volkshaufen zerstört, während gleichzeitig die Synagoge zu Bedburdyk erstürmt und niedergerissen wurde. Wenige Tage später, am 26. Juli, erschien in dem Amtsblatte der Regierung in Düsseldorf folgender Erlaß des Oberprokurators: „Die im Kreise Grevenbroich geschehene Ermordung eines Kindes christlicher Eltern hat einen aus der Barbarei längst verflossener Jahrhunderte hervorgegangenen Aberglauben erweckt und grobe Gewaltthätigkeiten gegen die in der Nähe wohnenden Juden und die Stätte ihrer religiösen Versammlungen veranlasst. Die gerichtliche Feststellung des Thatbestandes der Ermordung hat jeden Gedanken an die Wirklichkeit des albernen Märchens vollständig widerlegt, und die Rädelsführer der gegen die Juden gerichteten Angriffe befinden sich in den Händen der Gerechtigkeit.“

Der sogenannte Ritualmord ist auch im preußischen Abgeordnetenhause mehrmals, zuletzt in der Sitzung vom 19. März 1892, Gegenstand weitläufiger Debatten gewesen, aus denen hervorgeht, daß es auch in den höheren Ständen noch immer nicht an Männern fehlt, welche an das Märchen von dem Blutmorde der Juden glauben. Was mir bei diesen Debatten am meisten auffiel, war ein Artikel des in Mailand erscheinenden Katholischen Beobachters „Osservatore cattolico“, welcher von einem Redner in der Sitzung vom 19. März vorgelesen wurde. In diesem Artikel, wenn er anders richtig wiedergegeben wurde, muß der hochwürdigste Herr Fürstbischof Dr. Kopp sich gefallen lassen, daß er ein Dilettant, und sein Gutachten, das er hinsichtlich des Ritualmordes abgegeben hat, ein oberflächliches, der Wahrheit zuwiderlaufendes genannt wird. Es wird dem hochwürdigsten Herrn der Rat gegeben, die betreffende katholische Litteratur zu studieren, sich der Prozesse zu Trient, Damaskus u. a., und der Thatsache zu erinnern, daß unsere Kirche Heilige besitzt, die von den Juden geschächtet wurden, und so viele andere Beweise, welche seine nicht ganz vorsichtige und eigenartige Ableugnung mit Erfolg widerlegen. Es ist nützlich, festzustellen, daß der hebräische Blutritus existiert, und daß in erster Linie der katholischen Kirche das Verdienst zukommt, ihn durch Strafprozesse kriminalistisch enthüllt zu haben.[WS 3]

Ich konnte kaum meinen Augen trauen, als ich diese Worte las. Ja, freilich! Wer die bezügliche Litteratur kennt, der weiß, oder muß wissen, daß weder der Prozeß von Trient, noch viel weniger der Prozeß von Damaskus, noch irgend ein anderer derartiger Prozeß den glaubwürdigen Beweis erbracht haben, daß ein sogenannter Blutritus der Juden existiert; er muß wissen, daß der katholischen Kirche, in erster Linie den Päpsten das Verdienst zukommt, daß sie ihre Stimme gegen den Wahnglauben von dem Blutritus der Juden erhoben haben.

Der Knabe Simon von Trient wird als Märtyrer verehrt, weil er, wie der Klerus von Trient in seiner Eingabe an den päpstlichen Stuhl um Beatifikation desselben geltend machte, zur Verspottung Christi von den Juden getötet worden sei. Von einem Ritualmord wird hier nichts erwähnt. In der Kanonisationsbulle des Papstes Sixtus V. wird nicht einmal erwähnt, das Simon von den Juden ermordet worden sei. Die Akten dieses merkwürdigen Prozesses in Trient befinden sich nicht bloß im Vatikanischen Archiv, sondern auch in der Wiener Hofbibliothek, und sollen, wie man liest, demnächst veröffentlicht werden.

Ich habe unter den Knaben, die von Juden ermordet wurden, auch den kleinen Matthias erwähnt, der zu Kaaden an der Eger in Böhmen von einem Juden erstochen wurde. Sein Grab befindet sich in der Stadtkirche neben dem Hochalter, in einer Nische mit einem Gitterfenster und der Inschrift: „Matthias Martyr“. Die Grabschrift hatte Kaiser Ferdinand III. verfaßt. Ein geborener Kaadener, katholischer Priester, hat mich zum Dank verpflichtet, indem er so freundlich war, mir die Überlieferung mitzuteilen, die sich bei dem Volke dortselbst über den Tod des kleinen Märtyrers erhalten hat. Sie lautet: „Matthias lehrte einen Judenknaben das Vaterunser. Der Vater des Judenknaben, Noe mit Namen, hörte das und kam so in Aufregung, daß er dem Christenknaben sein Messer in den Leib stieß, was dessen Tod herbeiführte. Noe wollte flüchten, wurde aber eingeholt und festgenommen, und mußte den Mord mit dem Leben büßen, die Juden wurden aus der Stadt vertrieben.“ Von einem Ritualmord ist in der Überlieferung keine Rede.

Von katholischen Autoritäten hat der angezogene Artikel des Osservatore cattolico nur Professor Dr. Rohling erwähnt und von ihm gesagt, daß er, einige ganz nebensächliche Ungenauigkeiten abgerechnet, mit seinem Gutachten über den jüdischen Blutritus durchaus recht habe. Wenn man die bezügliche Litteratur nicht kennt, kann man das wohl so sagen; wer aber die bezügliche Litteratur kennt, und zwar die Gegenschriften von Franz Delißsch, und die Schriften von Dr. Strack, der wird wissen, daß die Anschauung Dr. Rohlings, der an den jüdischen Blutritus glaubt, wissenschaftlich völlig unhaltbar ist.

Um zu zeigen, wie die Päpste in erster Linie gegen den Wahnglauben von dem Ritualmord der Juden ihre Stimme erhoben haben, wollen wir einige Aktenstücke aus dem Pontifikate des Papstes Innocenz IV. und des Papstes Clemens XIII. anführen.

In einer Bulle vom 3. Juli 1247 sagt Papst Innocenz IV.: „Trotzdem die heilige Schrift unter anderen Gesetzesvorschriften sagt: Du sollst nicht töten, und ihnen (den Juden) verbietet, am Passafeste etwas Totes zu berühren, erhoben jene die falsche Anklage, daß sie eben am Passafeste das Herz eines gemordeten Kindes genießen, indem sie glauben machen, das Gesetz selbst schreibe es vor, während es doch offenbar dem Gesetze zuwider ist. Und wenn irgendwo ein Leichnam gefunden wird, legt man böswillig ihnen den Mord zur Last. Durch solche und zahlreiche andere Erdichtungen wütet man gegen sie, ohne Anklage, ohne Geständnis, ohne Beweise.“ … In einer anderen Bulle vom 25. September 1253 spricht derselbe Papst: „Da sie (die Juden) um unsere Verteidigung und Hilfe und um die Milde der christlichen Liebe bitten, verfügen wir, in die Fußstapfen unserer Vorgänger seligen Andenkens, der Päpste Calixt, Eugen, Alexander, Clemens, Cölestin, Innocenz, Honorius und Gregor eintretend … um der Schlechtigkeit und Habgier böser Menschen zu begegnen, daß niemand sie beschuldige, daß sie bei ihrem Ritus Menschenblut gebrauchen, weil ihnen ja im Alten Testamente vorgeschrieben ist, sich – von Menschenblut ganz zu schweigen – jeglichen Blutes zu enthalten.

Im vorigen Jahrhundert brachen auf Grund von Anklagen wegen Blutmordes Judenverfolgungen in Polen aus. Die Verfolgten wandten sich auch damals, wie in früheren Jahrhunderten um Hilfe an den Papst. Der damalige Papst Benedikt XIV. beauftragte den Kardinal Ganganelli, ein Gutachten über die Beschuldigung der Juden wegen Blutmordes auszuarbeiten. Der Kardinal kam diesem Auftrage nach, untersuchte die einzelnen Fälle von Blutbeschuldigungen an der Hand der Geschichte und der vorhandenen Akten, und seine Arbeit, die er dem Kardinalkollegium vorlegte, fand dessen Zustimmung. Zu welchem Ergebnisse der Verfasser dieser Arbeit auch trotz des Falles von Trient und der Thatsache, daß von Juden ermordete Christenknaben als Heilige verehrt werden, gelangt ist, zeigt das Begleitschreiben, mit welchem das Gutachten unter dem Papste Clemens XIII. von dem päpstlichen Nuntius Bisconti zu Warschau dem Ministerpräsidenten Grafen von Brühl übergeben wurde. In diesem Schreiben heißt es: „Der heilige Vater wünscht, daß alle sehen, wie der heilige Stuhl neuerdings alle Beweise geprüft hat, auf welche die Meinung sich stützt, als wenn die Juden zu ihren ungesäuerten Broten Menschenblut gebrauchten, und daß sie deshalb des Mordes von Christenkindern sich schuldig machten. Hierbei hat sich gezeigt, daß es keine ausreichend klaren Beweise giebt, um das Vorurteil zu begründen, welches man gegen sie gehegt hat und noch hegt, um daran festzuhalten, daß sie derartiger Verbrechen sich schuldig machen.“

Wie angesichts solcher Aussprüche des Apostolischen Stuhles eine katholische Zeitung für den Wahnglauben des Blutmordes der Juden eintreten mag, ist mir unerfindlich.

In der „Judendebatte“ des preußischen Abgeordnetenhauses am 19. März wurde auch eine Schrift erwähnt, die ein im Jahre 1796 zur griechisch-katholischen Kirche übergetretener Rabbiner verfaßt haben soll. Die Schrift betitelt sich: „Der Niedergang der israelitischen Religion“. Unter vielem, ungeheuerlichen Unsinn wird den Juden auch der Ritualmord vorgeworfen. Und welche Beweise bringt der angebliche Exrabbiner für diese Beschuldigung vor? Er sagt: „Ich habe Geheimnisse der Juden … veröffentlicht, die sich in keinem ihrer Bücher finden; in Wahrheit, dieser Brauch, Christen zu töten und ihr Blut aufzufangen, steht in keinem ihrer Bücher. Die Väter und die Rabbiner teilen mündlich und traditionell die Vorschrift ihren Kindern mit…“ Zur näheren Erklärung will ich noch beifügen, was mir vor kurzem eine Frauensperson allen Ernstes versicherte, daß die Juden das aufgefangene Christenblut in Federkielen an ihre Glaubensgenossen überallhin versenden.

Also in den Büchern der Juden kommt nichts vom Blutritus vor, derselbe gehört zu den geheimen Überlieferungen der Juden. Diese geheimen Überlieferungen der Juden erinnern uns lebhaft an die geheimen Weisungen – monita secreta – der Jesuiten. Als man den Jesuiten in ihrer Ordensregel und ihren Ordensstatuten keine verderblichen Grundsätze und Lehren nachweisen konnte, erdichtete man die geheimen Weisungen, in welchen die ihnen zur Last gelegten verderblichen Grundsätze enthalten sein sollten; weil man weder in der heiligen Schrift noch im Talmud einen Anhaltspunkt für den Blutritus findet, erdichtet man eine geheime Überlieferung, welche die Tötung von Christen und den Genuß des Christenblutes den Juden gebieten soll.

Wann sollte diese Überlieferung dem jüdischen Glauben beigefügt worden sein? In der christlichen Zeit? Das ist undenkbar. Nachdem der Blutgenuß so strenge in dem göttlichen Gesetze untersagt und die Tötung eines Menschen verboten ist, sollte die Ermordung eines Menschen und der Genuß von Menschenblut im Widerspruche mit dem göttlichen Gesetze der Juden zur Pflicht gemacht worden sein, ohne daß von allen Seiten Einsprachen dagegen erhoben worden wären? Das ist unmöglich bei einem Volke, welches, wie die Juden, mit der zähesten Gewissenhaftigkeit an seinen Gesetzesvorschriften festhält und sich mit der ängstlichsten Gewissenhaftigkeit hütet, etwas von dem eigenen Blute zu genießen, wenn die Zunge geritzt wird oder das Zahnfleisch blutet.

Eine solche geheime Überlieferung, welche das Blut von Nichtjuden zur Bereitung der ungesäuerten Brote forderte, wäre nur denkbar, wenn sie schon bei der Verkündigung des Gesetzes in der Wüste, oder doch vor der Zeit der „großen Synagoge“, deren Begründer Esdras war, den Gesetzlehrern mitgeteilt worden wäre. Dann hätte aber diese Geheimlehre nur festgehalten werden können bis zum Eintritte des Christentums, denn Christus der Herr und die Apostel, insbesondere ein heiliger Paulus, der besser als viele seiner Altersgenossen die väterlichen Überlieferungen kannte und für dieselben eiferte (Gal. 1, 14.), hätten gegen einen solchen widernatürlichen, abscheulichen Gebrauch gewiß geeifert. Aber weder der göttliche Heiland, noch die Apostel, noch in späterer Zeit die hochachtbaren gelehrten Männer, die aus dem Judentume in die Kirche eintraten, haben jemals ihren früheren Glaubensgenossen den Vorwurf gemacht, daß sie an einer geheimen Überlieferung festhielten, welche sie, im ärgsten Gegensatze zum göttlichen Gesetze, zur Ermordung von Menschen und zum Genusse von Menschenblut verpflichte.

Ich schließe diese Bemerkungen über den vermeintlichen Blutritus der Juden mit einem Hinweis auf den vermeintlichen Blutritus der ersten Christen. Als die Heiden unseren christlichen Ahnen den Vorwurf machten, daß sie Kinder schlachteten, um deren Blut bei ihren Opfermahlzeiten zu genießen, da beriefen sich die Christen einfach auf die Thatsache, daß ihnen der Blutgenuß nach ihren heiligen Büchern verboten sei. Diese Berufung hielten sie für hinreichend, um die Anklage wegen Blutgenusses abzuweisen. Die Juden befinden sich in gleicher Lage wie die ersten Christen: man macht ihnen den Vorwurf, daß sie Kinder schlachten, um deren Blut am Osterfeste zu genießen. Zur Abweisung dieser Anklage berufen sie sich auf dieselben heiligen Bücher, auf welche unsere ersten Christenbrüder sich berufen haben. Was diesen den Heiden gegenüber genügend war, soll auch uns den Juden gegenüber genügend sein!


VIII.
Dankbarkeit der Juden gegen die Päpste und den Klerus.

Wenn die Juden die Geschichte ihres Volkes seit dem Beginne der christlichen Zeitrechnung lesen, besonders die Geschichte ihrer Verfolgungen, von denen wir einen kurzen Abriß gegeben haben, dann muß vor ihren Augen in besonders hellem Lichte die Wahrheit erscheinen, daß das Judenvolk einen zuverlässigen Freund hat, der in seinen gerechten und freundschaftlichen Gesinnungen gegen es sich stets treu geblieben ist, in guten wie in schlimmen Tagen; es auf seine Fehler aufmerksam machte, wenn die Gelegenheit es forderte, es aber auch verteidigte und zu schützen suchte, wenn es ungerecht angegriffen oder gewaltthätig verfolgt wurde. Dieser Freund, dieser wohlwollende Mahner und liebevoller Beschützer der Juden ist der sichtbare Stellvertreter und Statthalter desjenigen, den die Väter der Juden vor achtzehnhundert Jahren zu Jerusalem an das Kreuz genagelt haben, es ist der Papst in Rom. Und wie der heilige Vater, der Papst, war im allgemeinen auch der gesamte Klerus gegen die Juden stets gerecht und wohlwollend gesinnt, treu nachahmend das Beispiel, das der Herr selbst und die Apostel durch ihr Verhalten gegen das Judenvolk uns gegeben haben.

Die christlichen Fürsten haben wohl auch dem Judenvolke oftmals ihre wohlwollende Gesinnung kundgegeben und ihm in den Zeiten der Verfolgung ihren Schutz angedeihen lassen, aber sie haben das nicht immer wegen der Gerechtigkeit gethan, wie der Papst und der Klerus der katholischen Kirche, sondern mehr um ihres Nutzens willen. Die christlichen Fürsten haben die Juden oftmals gehätschelt und sie dann wieder lieblos verfolgt, haben sie als einen Schwamm betrachtet, den sie an dem Mark des christlichen Volkes sich vollsaugen ließen, um ihn dann auszupressen und wegzuwerfen. Gerade in diesem Verhalten christlicher Fürsten gegen die Juden erblicken Geschichtsforscher, wie Damberger, einen Hauptgrund, warum die Juden immer mehr mit Haß gegen das Christentum erfüllt worden sind.

Wenn wir nun die Frage aufwerfen, ob die Juden sich ihren wahren Freunden auch schon einmal erkenntlich gezeigt und dem Apostolischen Stuhle und dem katholischen Klerus ihren Dank ausgesprochen haben, so wird dem Leser nicht entgangen sein, daß wir bereits imstande waren, einige jüdische Dankesäußerungen gegenüber einzelnen Päpsten oder Mitgliedern des Klerus zu verzeichnen. Wir haben erwähnt, wie der heilige Bernhard in einem jüdischen Tagebuche als Beschützer der verfolgten Juden gepriesen wird, und wie das Tagebuch ihm nachrühmt, daß er nicht um schnöden Gewinnes willen, sondern aus Nächstenliebe und durch sein Gerechtigkeitsgefühl getrieben gegen die Judenverfolgungen sein gewichtiges Wort einlegte. Wir haben auch von der Dankbarkeit der Juden gegen den höchstseligen Papst Pius IX. gesprochen, die sich nicht bloß in Worten, sondern auch in Thaten kundgegeben hat. Wir wollen nun noch beifügen, wie die dankbare Gesinnung der Juden gegen den Apostolischen Stuhl und den katholischen Klerus auch in einer öffentlichen Versammlung ihren feierlichen Ausdruck gefunden hat.

Kaiser Napoleon I. wollte, wie er die kirchenpolitischen Verhältnisse der katholischen Kirche in seinem Reiche durch eine Übereinkunft mit dem Apostolischen Stuhle geordnet hatte, auch die religiös-politischen Verhältnisse der Juden in Frankreich ordnen, und berief zu diesem Zwecke die Rabbiner Frankreichs am 30. Oktober 1806 zu einer Synode – der große Sanhedrin genannt – nach Paris. In dieser Synode war es, wo die Gerechtigkeit und Liebe, die der Apostolische Stuhl und der katholische Klerus gegen die Juden stets an den Tag gelegt haben, eine glänzende Anerkennung fanden.

In der Sitzung des Sanhedrins am 5. Februar 1807 hielt der Abgeordnete Isaak Samuel Avigdor von Lyon eine Rede, in welcher er durch zahlreiche Beispiele aus dem Verlaufe der christlichen Jahrhunderte das gerechte und liebevolle Verhalten des Apostolischen Stuhles und des katholischen Klerus gegen die Juden bestätigte. „Um die Mitte des siebenten Jahrhunderts,“ so sprach der Redner, „verteidigte Gregor der Große die Juden, und nahm sie in der ganzen christlichen Welt in Schutz. Im zehnten Jahrhundert widerstanden die spanischen Bischöfe mit der größten Entschiedenheit dem Pöbel, der die Juden niedermetzeln wollte, und Papst Alexander II. beglückwünschte sie aufs anerkennendste wegen dieses weisen Verhaltens. Im elften Jahrhundert wurden die in den Diöcesen von Uzés und Clermont in überaus großer Zahl vorhandenen Juden durch die Bischöfe mächtig beschützt. Der heilige Bernhard verteidigte sie im zwölften Jahrhundert gegen die Wut der Kreuzfahrer. Ebenso wurden sie von Innocenz II. und Alexander III. beschützt. Im dreizehnten Jahrhundert schützte sie Gregor IX. in England, Spanien und Frankreich gegen großes Unheil, das ihnen drohte; er verbot unter Strafe der Exkommunikation, Gewissenszwang gegen sie anzuwenden oder ihre Feste zu stören. Klemens V. that noch mehr; er beschützte sie nicht bloß, sondern erleichterte ihnen auch die Mittel, sich zu unterrichten. Klemens VI. gewährte ihnen zu einer Zeit, da man sie im ganzen übrigen Europa verfolgte, eine Freistätte zu Avignon. Gegen die Mitte des nämlichen Jahrhunderts hinderten es die Bischöfe von Speier, daß sich die Schuldner der Juden, unter dem so oft wiederholten Vorwande des Wuchers, gewaltsam ihren Verpflichtungen entzogen. In den folgenden Jahrhunderten schrieb Nikolaus II. an die – spanische – Inquisition, um sie zu hindern, die Juden zur Annahme des Christentums zu zwingen. Klemens XIII. beruhigte die jüdischen Hausväter, die das Schicksal ihrer Kinder bekümmerte, welche man oft aus den Armen der Mütter gerissen. Man könnte leicht noch eine ungeheure Menge solcher Werte der Liebe anführen, die von seiten Geistlicher, welche ihre Pflichten als Menschen und Christen kannten, gegen die Israeliten in verschiedenen Zeiten geübt wurden.“

Nachdem dann der Israelite Avigdor es beklagt hatte, daß das israelitische Volk noch nie seine Dankbarkeit für so große Wohlthaten äußern konnte, lud er die Versammlung ein, bei gegenwärtiger Gelegenheit ihre Dankgefühle feierlich auszusprechen. Die ganze Versammlung zollte nicht nur dem Redner ihren Beifall, sondern legte auch in dem Sitzungsprotokolle vom 5. Februar 1807 die folgende Erklärung nieder: „Die Abgeordneten der jüdischen Synode aus dem Kaisertume Frankreich und dem Königreich Italien, welche den 30. März vor. Jahres ausgeschrieben wurde, beschließen, durchdrungen von Dank gegen die Wohlthaten, welche von seiten des christlichen Klerus im Laufe der früheren Jahrhunderte in den verschiedenen Ländern Europas den Juden zu teil wurden; ebenso voll Erkenntlichkeit für den Schutz, welchen verschiedene Päpste und andere Geistliche im Laufe der Zeiten in den mancherlei Ländern der Israeliten erwiesen, als noch Barbarei im Bunde mit Vorurteilen und Unwissenheit sie verfolgte und austrieb aus der menschlichen Gesellschaft: – daß der Ausdruck dieser Gesinnungen aufgezeichnet und in dem Protokolle dieses Tages niedergelegt werde, auf daß es zum immerwährenden und urkundlichen Zeugnisse der Dankbarkeit diene, welche die Israeliten dieser Versammlung für die Wohlthaten hegen, die ihre Vorfahren von den Geistlichen der verschiedenen Länder Europas empfangen haben. Sie beschließen des weiteren, daß eine Abschrift dieser Kundgebung Sr. Excellenz dem Minister des Kultus eingeschickt werde.“ [21]

Wir sehen, wie das Bewußtsein von der Pflicht der Dankbarkeit, wie es die beiden Tobias, Vater und Sohn, dem Erzengel Raphael gegenüber einst kundgaben (Tob. 12), im Judenvolke noch nicht geschwunden ist, aber wie überall und bei allen Völkern giebt es auch bei den Juden undankbare Menschen, welche ihren Wohlthätern mit Schmähungen und Verleumdungen die empfangenen Wohlthaten vergelten. So sollen die Juden in Rom nach der Einnahme der ewigen Stadt durch die piemontesischen Truppen im Jahre 1870 an den König Viktor Emanuel eine Adresse eingereicht haben, die mit Ausdrücken kriechender Ergebenheit an die neue Regierung neben schmählichen Ausfällen gegen die päpstliche Regierung angefüllt gewesen sei.[22] Wir wollen nicht untersuchen, ob die Echtheit des Schriftstückes über allen Zweifel erhaben ist, wer die Verfasser der Adresse gewesen sind, unter welchen Einflüssen und Eindrücken sie abgefasst wurde, aber fragen dürfen wir doch, ob denn dieser Undank der römischen Juden nicht ganz verschwinde gegenüber dem gewiß viel schmachvolleren Undank, dessen sich selbst Christen gegen den Papst schuldig gemacht haben. Oder waren es nicht Christen, die in Rom den Papst verflucht und sich mit geladenem Gewehr vor der Wohnung des heiligen Vaters Pius IX. aufgestellt haben, um ihn sofort, wenn er sich blicken ließe, zu erschießen? Waren es nicht Kinder der Kirche, katholisch getaufte Christen, welche die gemeinsten Beschimpfungen, die niederträchtigsten Verleumdungen gegen den hochseligen Papst Pius IX. verbreitet, die Hand gegen den heiligen Vater und sein Besitztum erhoben, ihn vergewaltigt, seines Eigentums beraubt haben, und ihn jetzt noch in seinem Hause gefangen halten? Ist dieser Undank der Christen gegen den Vater der Christenheit nicht ein himmelschreiendes Verbrechen gegenüber dem Vergehen des Undankes, dessen sich römische Juden gegen den Papst schuldig gemacht haben? Daß aber nicht alle Juden mit dem Vorgehen ihrer Glaubensgenossen in Rom gegen den heiligen Vater einverstanden sein dürften, möchte aus dem Schreiben zu entnehmen sein, das Juden von Lyon an die israelitische Gemeinde in Rom gerichtet haben. In diesem Schreiben geben die Lyoneser Juden den römischen Juden den guten Rat, sich mit den Italianissimi nicht zu tief einzulassen, und den Zorn der Priester nicht herauszufordern, denen sie zu großem Danke verpflichtet seien; die Zeiten könnten sich ändern, und man habe vielleicht von den Priestern allein wieder Schutz zu hoffen. So giebt es dankbare Leute und undankbare bei den Juden wie bei allen Völkern, und auffallend wäre nur das eine, wenn das Judenvolk allein eine Ausnahme von der Regel machte.


IX.
Der Talmud.

Wenn wir die Grundsätze vollständig und klar darstellen wollen, nach welchen der Klerus und der katholische Christ sein Verhalten gegen die Juden einzurichten hat, müssen wir auch noch über den Talmud einige Worte sprechen. Ohne den Talmud ist das Judenvolk, seine Geschichte und sein Leben nicht zu verstehen. Wir wollen daher, um den Talmud etwas näher kennen zu lernen, uns von Kennern desselben, christlichen und jüdischen, einige Fragen beantworten lassen.

Wir sprechen auch von christlichen Fachmännern, die uns über den Talmud Aufschluß geben können, und das mit Recht. Wie es nämlich schon in den früheren Jahrhunderten unter den christlichen Gelehrten ausgezeichnete Talmudkenner gegeben hat, so fehlen dieselben auch in der Gegenwart nicht, und es ist eine ganz unbegründete Besorgnis des Dr. Hoffmann, Docent am Rabbinerseminar zu Berlin, wenn er in seinem Schulchan-Aruch meint, es dürften wohl kaum zehn Christen die von Rabbinern hebräisch geschriebenen Erklärungen zum Talmud verstehen;[23] mit mehr Grund dürften wir vielleicht befürchten, daß kaum fünf Juden die christliche Lehre vollständig kennen, denn Dr. Hoffmann selbst weiß nicht einmal, daß niemand sich selbst die christliche Taufe spenden kann.[24]

Wir werden daher gut daran thun, von christlichen und jüdischen Talmudkennern unsere Fragen über den Talmud uns beantworten zu lassen, und zwar zunächst die Frage: Was ist der Talmud?

Der Talmud – Lehrbuch – ist eine Zusammenstellung der Überlieferungen, die sich zur Erklärung der heiligen Schrift unter dem Judenvolke mündlich fortgepflanzt haben, sowie der Aussprüche von Rabbinern, die zu demselben Zwecke in den Lehrhäusern gemacht und aufgezeichnet worden sind.

Der Talmud zerfällt in zwei Teile, in die Mischna, was Wiederholung oder zweites Gesetz bedeutet, und in die Gemara, was so viel wie Ergänzung oder Vollendung heißt.

In der Mischna finden sich die Erklärungen der Thora, des göttlichen Gesetzes, die Moses zugleich mit dem Gesetze von Gott empfangen hat. Diese Überlieferungen teilte Moses, wie die Rabbiner sagen, zuerst seinem Bruder Aaron, dann dem Eleazar, dem Ithamar, den siebzig Ältesten und dann dem ganzen Volke mit, das sie hören wollte. Sie pflanzten sich mündlich fort und wurden wohl auch schriftlich aufgezeichnet, bis etwa hundert Jahre nach der Zerstörung des Tempels und Jerusalems durch den Kaiser Titus der Rabbi Juda in Palästina, wegen seiner Frömmigkeit der Heilige genannt, sie sammelte und zusammenstellte, damit sie nicht nach der Zerstreuung der Kinder Israels unter alle Völker in Vergessenheit kämen und verloren gingen.

Etwa hundert Jahre später hat Rabbi Jochanan, ebenfalls in Palästina, den Erklärungen des Gesetzes aus den ältesten Zeiten, wie sie in der Mischna schriftlich niedergelegt sind, Aussprüche und Entscheidungen späterer Gesetzeslehrer und Weisen beigefügt, die jenen alten Überlieferungen selbst wieder zur Erläuterung und näheren Erklärung dienen sollen. Das ist die Gemara.

Diese zerfällt wieder in zwei Teile, von denen der eine die Halacha, der andere die Haggada heißt. Die Halacha oder der halachische Teil enthält Aussprüche, die gleich den Sätzen der Mischna mit Gesetzeskraft bekleidet sind. Der haggadische Teil enthält persönliche Ansichten, Sprüche, Gleichnisse, Erzählungen einzelner Lehrer, die eine verbindliche Kraft nicht besitzen. Diese von R. Juda und R. Jochanan herrührenden zwei Sammlungen bilden einen Folioband und werden der Talmud von Jerusalem genannt.

Etwa vierhundert Jahre nach der letzten Zerstörung des Tempels fügte Rabbi Asche in der babylonischen Zerstreuung der Mischna des R. Juda eine neue Gemara bei, die viel ausführlicher ist als jene des R. Jochanan. Dieselbe wurde nach dem Tode R. Asches von dessen Schülern fortgesetzt und vollendet. Diese Sammlung ist zwölf oder vierzehn Foliobände stark und heißt der Talmud von Babylon.

Wenn wir uns nun vom Talmud, der auf der einen Seite so hoch geschätzt wird, auf der anderen Seite so arg verschrieen ist, ein richtiges Urteil bilden wollen, so müssen wir die Anschauungen des Volkes ins Auge fassen, aus denen er herausgewachsen, das Land, wo er entstanden ist. Wir müssen auch die Anschauungen des jüdischen Volkes über die Thora kennen, deren Erklärung der Talmud geben soll.

Die Thora, jene fünf heiligen Bücher, die von Moses unter Gottes Eingebung geschrieben wurden, werden von dem israelitischen Volke als sein größtes Heiligtum verehrt. Was in unseren katholischen Gotteshäusern der Tabernakel mit dem hochwürdigsten Gute ist, das ist in der Synagoge jener Ort, wo die Thora aufbewahrt wird: das Allerheiligste. Eine Mißachtung der Thora wäre es schon, wenn man Bücher der Propheten oder sonstige heilige Schriften auf dieselbe legen wollte. Der jüdische Geschichtschreiber Flavius Josephus erzählt, wie einmal ein römischer Soldat eine Thorarolle zerrissen habe. Hierüber seien die Juden so aufgebracht gewesen, daß sie in großer Menge zu dem damaligen Landpfleger Cumanus eilten, und sich erst dann beruhigten, als der Soldat zum Tod verurteilt und durch das Beil enthauptet wurde. [25]

Die Mischna, der erste Teil des Talmud, ist die Zusammenstellung jener Lehren, die Moses zur näheren Erklärung der ihm von Gott gewordenen und dem Volke schriftlich mitgeteilten Offenbarungen mündlich vorgetragen, aber nicht niedergeschrieben hat. Welchen Wert die Israeliten diesen Überlieferungen beilegten, dürfte daraus hervorgehen, daß der berühmte Rabbi Hillel, der um die Zeit Christi lebte, einen Heiden, der von ihm die Aufnahme in die jüdische Gemeinschaft durch die Anerkennung des schriftlichen, aber mit Ausschluß des mündlichen Gesetzes verlangte, abwies, indem er ihm zum Bewußtsein brachte, wie man selbst zum bloßen Lesen des schriftlichen Gesetzes der mündlichen Überlieferung vertrauen müßte. Da nämlich die hebräischen Worte nur mit Konsonanten ohne die dazu gehörigen Vokale geschrieben wurden, wie auch gegenwärtig die Thorarollen noch ohne Vokale gedruckt werden, so hat schon das bloße Lesen der Bibel eine fortlaufende Überlieferung unbedingt erfordert.

Wohl hat es auch unter den Juden Protestanten gegeben, welche die Überlieferung oder Erblehre verwarfen, gegen den Talmud, Mischna und Gemara, protestierten, aber sie sind bis auf die Sekte der Karaiten, die etwa noch viertausend Anhänger in Polen und Rußland zählt, wieder verschwunden, und auch diese mußten einzelne Überlieferungen beibehalten, weil sie wohl einsahen, daß sie dieselben zum Verständnisse der heiligen Schrift unmöglich entbehren konnten.

Die Gemara, der zweite Hauptteil des Talmud, enthält die von Schnellschreibern aufgezeichneten Vorträge, die von gesetzkundigen Männern in den Lehrhäusern der einzelnen Länder, wo Juden sich aufhielten, gehalten wurden; die Erklärungen, welche dieselben zu einzelnen Stellen der heiligen Schrift, die Entscheidungen, die sie über vorgelegte Gesetzesfragen gegeben haben. Die Kunstfertigkeit, schnell zu schreiben, scheint ein besonderer Vorzug eines Schreibers oder Schriftgelehrten gewesen zu sein; denn der gotterleuchtete Sänger des geistlichen Hochzeitliedes (Ps. 44) rühmt von sich selbst, „seine Zunge sei die Feder eines Schreibers, der flüchtig schreibt“, und Esdras wird gelobt, weil er ein schneller Schreiber im Gesetze Moses war, das Gott dem Volke Israel gegeben hat. (I. Esdr. 7, 6.)

Solche Lehrhäuser, in welchen die Israeliten zusammenkamen, um die Vorlesungen aus dem Gesetze und die an dieselben sich anschließenden Vorträge zu hören, scheint es schon in den ältesten Zeiten gegeben zu haben, und einzelne von ihnen werden besonders gerühmt, wie Cariath Sepher, die Stadt der Wissenschaft, zu josuas zeiten (Jos. 15.), und Abela, die Stadt des guten Rates, zur Zeit des Königs David. Von dieser heißt es: „Es war ein Sprichwort: die da fragen wollen, die fragen zu Abela, und also richten sie ihre Sache gut.“ (II. Reg. 18.)

Da es für den Israeliten keine erhabenere, gottgefälligere Beschäftigung geben konnte, als das Gesetz zu betrachten oder im Gesetze zu forschen, so konnte ein König sich ein großes Verdienst erwerben, wenn er für die Lehrhäuser und die Bedürfnisse derselben sorgte. Das erstaunliche Wunder, welches Gott zur Errettung des Königs Ezechias und Jerusalems aus der Hand des Königs Sennacherib wirkte, indem er die 185,000 Mann starke assyrische Armee in Einer Nacht vernichtete, hatte Gott, wie der Talmud aus dem Propheten Isaias (10, 27.) beweist, wegen des Öls gewirkt, das der fromme König Ezechias in die Lehrhäuser zu schicken pflegte, damit daselbst beständig auch während der Nacht das Gesetz betrachtet werden konnte.

Aus diesen Lehrhäusern stammen die Aussprüche der Gesetzkundigen, die in der Gemara aufbewahrt sind.

Es ist ein Sprichwort bei den Juden: „Die Thora ist Wasser, die Mischna Wein, die Gemara Würzwein.“ Die Juden wollen damit sagen, daß das Gesetz, wenn man es ohne Zuhilfenahme der Überlieferungen betrachtet, den Geist viel weniger anspricht, als wenn es durch die Überlieferungen erläutert und erklärt wird. Und der Genuß, den der Geist bei der Betrachtung des Gesetzes empfindet, wird sich immer mehr steigern, je tiefer er durch die Erklärung und Auslegung des Gesetzes in dasselbe eindringt.

Ich glaube, daß dieses jüdische Sprichwort nicht ohne Berechtigung ist. Wir Katholiken sind vollkommen mit unserer Mutter, der Kirche, darin einverstanden, daß sie wünscht und verlangt, man solle die heilige Schrift nur in solchen Ausgaben lesen, die mit guten Erklärungen und Erläuterungen versehen sind; wir sind fest überzeugt, daß die heilige Schrift des Alten und des Neuen Testaments an und für sich ein toter Buchstabe ist, der sich nicht selbst lebendig äußern, sich nicht selbst erklären kann. Wir halten die mündliche Überlieferung oder Erblehre zum rechten Verständnisse der heiligen Schrift für unbedingt notwendig. Auch wir können darum mit vollem Rechte sagen: Wer die heilige Schrift ohne Erklärung liest, hat den Geschmack, als wenn er Wasser trinke; wer die heilige Schrift liest mit den Erklärungen durch die Erblehre, wie sie in den Schriften der heiligen Väter niedergelegt ist, glaubt Wein zu trinken; wer aber nebstdem hört oder liest, wie ein erleuchteter Gottesgelehrter die heilige Schrift und die Erblehre auf unsere Zeit und auf unsere Verhältnisse anwendet, und uns zeigt, wie wir nach derselben unser Leben auf gottgefällige Weise einzurichten haben, wird den Geschmack haben, als wenn er Würzwein trinke. Damit wollen wir aber keineswegs die Aussprüche von Schriftauslegern oder die Schriften der heiligen Väter über die heilige Schrift erheben, ebensowenig als auch der eingefleischteste Talmudjude die Mischna und die Gemara über die Thora stellt.

In der Erklärung des heiligen Evangeliums nach Matthäus sagt der größte unter den Schriftauslegern, der heilige Kirchenvater Hieronymus, den Syriern, insbesondere denen in Palästina, sei es eigen, ihre Reden in Gleichnisse einzukleiden.[26] Und von dem göttlichen Heilande sagt der heilige Evangelist Matthäus: „Alles dieses redete Jesus durch Gleichnisse zum Volke und ohne Gleichnisse redete er nicht zu ihnen, damit erfüllt würde, was durch den Propheten gesagt worden, der da spricht: Ich will meinen Mund aufthun in Gleichnissen.“ (Matth. 13, 34. 35.)

Wenn wir nun die Schilderungen, die der göttliche Heiland von dem Himmel und dem Leben der Seligen in demselben entworfen hat, wenn wir dazu die fremdartigen Bilder betrachten, durch welche der heilige Apostel und Evangelist Johannes die Kämpfe der Kirche auf Erden und ihre Verherrlichung im Himmel dargestellt hat; dann werden wir auch etwas milder in der Beurteilung der sinnbildlichen oder sinnlichen Darstellungen sein, die der Talmud von Gott und seinem Verhältnisse zu den Juden, von den Engeln, von dem Messianischen Reiche giebt. Doch soll damit keineswegs geleugnet sein, daß im Talmud sich gar manches Alberne und Läppische findet, das besser beseitigt würde. Schon im Mittelalter haben gelehrte Juden, wie Maimonides, anerkannt und zugegeben, daß neben dem guten Weizen auch viele unnütze Spreu im Talmud aufgehäuft ist. Man darf übrigens auch nicht vergessen, daß die Heimat des Talmud das Morgenland ist, wo die Einbildungskraft einen kühneren und weiteren Flug nimmt als bei uns im kühlen Norden.

Zu dem guten Weizen, der sich im Talmud findet, gehören wohl in erster Linie die schönen Gleichnisreden von dem reichen Prasser und dem armen Lazarus, von den klugen und thörichten Jungfrauen, von den Arbeitern im Weinberge, die Christus der Herr vorgetragen hat. Doch darf man auch nicht gleich jede Erzählung unter die Spreu oder unter den Schmutz des Talmud werfen, die auf den ersten Anblick anstößig, ja selbst entsetzlich erscheinen könnte. Eine solche Erzählung hat, um nur Ein Beispiel anzuführen, Professor Dr. Rohling in seinem Talmudjuden erwähnt; sie ist folgende: „Von Rabbi Elieser erzählt der Talmud, daß es keine H... in der Welt gäbe, die Elieser nicht gebraucht hätte; als er von einer hörte, die eine Kiste Gold verlange, nahm er die Kiste und reiste ihretwegen über sieben Ströme (das übrige ist gar zu garstig).“ Professor Franz Delitzsch in Leipzig, der eine Schrift gegen Rohlings Talmudjuden erscheinen ließ, fügt das übrige, das Dr. Rohling gar zu garstig gefunden hat, aus dem Talmud bei; es lautet: „Sie sagt ihm, als er in Wollust zu schwelgen beginnt, daß, wie ein Wind nicht dahin zurückkehrt, von wo er ausgegangen, so nun seine Seele ohne Möglichkeit der Umkehr dahingefahren sei. Da ging er hin und setzte sich zwischen zwei Berge und Hügelreihen. Ihr Berge und Hügel, rief er, verschafft mir Erbarmen! Sie antworteten: Ehe wir für dich Erbarmen erflehen können, haben wir für uns selber Erbarmen zu erflehen; denn es ist gesagt: Berge werden weichen und Hügel hinfallen. Da rief er: Himmel und Erde, verschafft mir Erbarmen! Sie antworteten: Ehe wir für dich Erbarmen erflehen können, haben wir für uns selber Erbarmen zu erflehen; denn es ist gesagt: Die Himmel werden wie ein Rauch vergehen, und die Erde wird wie ein Kleid veralten. Da rief er: Sonne und Mond, verschafft mir Erbarmen! Sie antworteten: Ehe wir für dich Erbarmen erflehen können, haben wir für uns selber Erbarmen zu erflehen; denn es ist gesagt: Der Mond wird sich schämen und die Sonne mit Schanden bestehen. Da rief er: Ihr Sterne und Planeten, verschafft mir Erbarmen! Sie antworteten: Ehe wir für dich Erbarmen erflehen können, müssen wir für uns selber Erbarmen erflehen; denn es ist gesagt: Und alles Heer der Himmel wird vermodern. Da rief er aus: So bin ich denn auf mich selbst angewiesen; – er senkte sein Haupt zwischen die Kniee und schrie unter Weinen so lange, bis seine Seele ausfuhr und eine Himmelsstimme erscholl: Rabbi Elazar B. Durdaja ist bestimmt für das künftige Leben.“[27]

Dr. Rohling findet diese Erzählung um so entsetzlicher, weil es am Schlusse heiße, Gott habe bei Eliesers Tode vom Himmel gerufen, Elieser sei zum ewigen Leben eingegangen. Wir können das nach der Erzählung vom verlorenen Sohne, der sein ganzes Vermögen mit Hetären durchgebracht, nicht entsetzlich, nicht einmal auffallend finden; ja, wir würden selbst keinen Anstoß daran nehmen, wenn beigefügt wäre, im Himmel sei eine größere Freude über den Sünder Elieser, der Buße gethan, als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.

Aber Dr. Rohling fügt auch noch bei: „Da es kurz vor der Geschichte Eliesers heißt, die Ketzer würden selbst umkehrend den Pfad des Lebens nicht finden, so ist die Moral aus dem Ganzen: Bleibe nur hartnäckig Jude, so wird dir schließlich alles nachgesehen!“ Dieser Schluß ist offenbar unrichtig, weil er auf die überaus große Buße und Reue Eliesers, die so groß war, daß sie seinen Tod herbeiführte, keine Rücksicht nimmt. Der richtige Schuß ist der: Um Verzeihung von Gott zu erlangen, ist der Glaube nötig und die Buße; der Glaube ist die Wurzel der Rechtfertigung, und ohne Glauben ist es unmöglich, daß auch die strengste Buße Gott gefalle. Durch den Glauben und die Buße kann man aber auch für die allerschwersten Vergehen Verzeihung von Gott erlangen.

Wenn ich darum auch weit entfernt bin, alles zu rechtfertigen, was etwa im Talmud enthalten ist, so bin ich doch auch andererseits wieder der Meinung, daß in mancher Erzählung des Talmud, die auf den ersten Anblick anstößig erscheint, eine religiöse oder sittliche Wahrheit verborgen liegt. Wenn man aber den Juden nahelegen wollte, sie möchten die Spreu aus dem Talmud beseitigen, so werden die Juden sich dazu nicht herbeilassen wegen der Anschauungen, die sie hinsichtlich der Unabänderlichkeit nicht bloß der heiligen Schrift, sondern auch des Talmud hegen.

Welche Anschauungen in dieser Hinsicht das jüdische Volk zu Christi Zeiten hatte, geht aus dem Ausspruche des göttlichen Heilandes hervor, wenn er sagt: „Glaubet nicht, daß ich gekommen sei, das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, sie aufzuheben, sondern sie zu erfüllen, denn ich sage euch: Bis der Himmel und die Erde vergehen, wird nicht ein Strichlein oder ein Punkt vom Gesetze vergehen, bis alles geschieht.“ (Matth. 5, 17. 18.)

Hinsichtlich der Mischna und Gemara hatten die Juden die nämliche Anschauung, daß an dem Inhalte derselben nichts geändert werden dürfe. An dem Inhalte der Mischna darf nichts geändert werden, weil er aus den Überlieferungen besteht, die ebenso von Gott geoffenbart sind, wie das, was in der heiligen Schrift steht. Einige Gelehrte glaubten, daß Christus diese Überlieferungen, die geschrieben vorhanden waren, gemeint habe, als er zu den Juden sprach: „Forschet in den Schriften, von denen ihr glaubt, daß ihr das ewige Leben darin findet, sie sind es, die Zeugnis von mir geben.“ (Joan. 5, 39.)

Die Aussprüche und Entscheidungen der Gemara dürfen nach der Meinung der Juden nicht geändert werden wegen der Hochachtung und Ehrfurcht, die man den Worten der Gesetzlehrer entgegenbringen muß. In dieser Hochachtung und Ehrfurcht bestärkte der göttliche Heiland das jüdische Volk, wie der heilige Evangelist Matthäus erzählt: „Jesus redete zu dem Volke und seinen Jüngern und sprach: Auf dem Stuhle des Moses sitzen die Schriftgelehrten und Pharisäer; darum haltet und thuet alles, was sie euch sagen, nach ihren Werken aber sollet ihr nicht thun, denn sie sagen es wohl, thun es aber nicht.“ (Matth. 23, 1—4.) Aus diesen Worten des göttlichen Heilandes geht hervor, daß man die Worte und Vorschriften auch jener Lehrer achten und befolgen muß, die kein heiliges Leben führen.

Nun befiehlt oder gestattet das göttliche Gesetz dem Judenvolke aber gar manches, was im Alten Bunde, zur Zeit der Vorbereitung auf das Evangelium und den Neuen Bund wohl zweckmäßig und gerechtfertigt war, jedoch im Neuen Bunde nicht mehr aufrecht erhalten werden konnte. Ich will nur hinweisen auf die Abschließung Israels gegenüber den anderen Völkern, die sämtlich Heiden waren, die stille Duldung der Vielweiberei, die Einrichtung, daß ein Bruder die Frau seines verstorbenen Bruders zu sich nehmen soll, um dem Verstorbenen Kinder zu erwecken, die Entlassung der Frau von seiten des Mannes mittels eines Scheidebriefes, die Blutrache und die Sklaverei.

Dazu kommen auch noch Überlieferungen, die keineswegs göttlichen Ursprungs waren, sondern von Gesetzlehrern herrührten. Es sind Überlieferungen, von denen der göttliche Heiland sagt, daß diejenigen, die sie beobachten, Gottes Gebot übertreten. (Matth. 15, 3.) Die Juden legten auch diesen Überlieferungen und Satzungen verbindliche Kraft bei, und es war ein schwerer Vorwurf, den sie dem göttlichen Heilande machten, indem sie sagten, er hebe die Überlieferungen auf. Derselbe Vorwurf wurde auch dem Diakon Stephanus gemacht, und hierin lag ein Hauptgrund, warum er zum Tode verurteilt und gesteinigt wurde. (Act. 6, 14.)

Solange die Juden in Palästina wohnten und ihr eigenes Staatswesen hatten, konnten sie nach dem göttlichen Gesetze und nach ihren Überlieferungen leben, aber ganz anders gestaltete sich die Sache, als ihr Reich zerstört, Jerusalem samt dem Tempel verbrannt, und das Volk Israel unter alle Völker zerstreut worden war. Jetzt war es offenbar und ging in Erfüllung, was der göttliche Heiland gesagt hatte: „Das Gesetz und die Propheten reichen bis auf Johannes; von da an wird das Evangelium, die frohe Botschaft vom Reiche Gottes verkündet, und jeder soll Gewalt anwenden, es zu erlangen.“ (Luc. 16, 16.) Damit werden aber das Gesetz und die Propheten keineswegs aufgehoben, weshalb der göttliche Heiland beifügt: „Es ist aber leichter, daß Himmel und Erde vergehen, als daß ein Pünktlein vom Gesetze wegfalle.“ (Luc. 17.) Wie die Erfüllung des Gesetzes gemeint ist und vor sich gehen soll, zeigt Jesus, an die obigen Worte anknüpfend, in der Lehre von der Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe, von dem Ehebruche, den man schon im Herzen begehen kann, von der Meidung der Gelegenheit zur Sünde, von der allgemeinen Menschen- und Feindesliebe und anderen Tugenden. Schließlich blieb den Juden in der Zerstreuung auch nichts anderes übrig, als das Gesetz und die Überlieferungen, die Thora und den Talmud wohl nicht aufzuheben, sondern zu erfüllen, nämlich sie in einer Weise zu erklären, daß die Sittenlehre, die aus ihnen entnommen wird, der christlichen ganz ähnlich ist.

Für ihr Verhalten in der Zerstreuung unter den Völkern hatten die Juden bereits ein Vorbild in der siebzigjährigen babylonischen Gefangenschaft, sowie in der Lehre, die ihnen der Prophet Jeremias für den Aufenthalt in Babylon mit den Worten gegeben hatte: „Suchet den Frieden der Stadt, wohin ich euch abführen ließ, und betet für sie zu dem Herrn, denn ihr Friede wird euer Friede sein.“ (Jerem. 29, 7.)

Diese Vorschrift des Propheten erweiternd erzählt der Talmud, mit drei Schwüren habe Gott das Volk Israel in die Verbannung geschickt, er ließ Israel schwören, daß es nie eigenmächtig die Rückkehr in das gelobte Land zu erzwingen suchen, sondern geduldig ausharren sollte, bis Gott es wieder zurückführen werde. Er ließ Israel schwören, daß es sich nie gegen die Staaten, in denen es Aufnahme gefunden, empören sollte, die Völker aber beschwor Gott, daß sie Israel nicht über die Maßen drücken sollten.[28]

An Bedrückungen und schweren Leiden hat es jedoch dem Volke Israel seit der letzten Zerstörung des Tempels achtzehn Jahrhunderte hindurch nicht gefehlt. Unter den römischen Kaisern Trajan und Hadrian wurden Hunderttausende von Juden in Mesopotamien, Ägypten, Cyrene, Cypern und Palästina abgeschlachtet, unter denen sich auch der berühmte Rabbi Akiba befand, der im Jahre 132 mit eisernen Hecheln zerrissen wurde. Die vielen Verfolgungen, die später in Italien, Frankreich, Spanien, Deutschland, Rußland über die Juden hereinbrachen, haben wir bereits erwähnt.

Fragen wir nach den Gründen, warum die Juden über die Maßen seit der letzten Zerstörung Jerusalems und des Tempels durch die Völker bedrückt wurden, so liegt der erste Grund in den Empörungen gegen ihre Besieger, zu denen sie sich durch blinde Wut und Verführer verleiten ließen. Erst nachdem unter Kaiser Hadrian den Juden bei Todesstrafe untersagt worden war, je wieder den Boden von Jerusalem und der Umgegend zu betreten, nachdem auf Golgatha ein Tempel des Zeus und daneben ein solcher der Venus errichtet, und am Thore das Bild eines Schweins eingehauen worden war, zogen sich die Reste des jüdischen Volkes, um sicherer leben zu können, immer weiter von der Heimat hinweg und zerstreuten sich unter den Völkern in immer kleineren Gruppen und einzelnen Familien, die nicht mehr gefährlich schienen und kaum mehr bemerkt wurden.[29] Damit ist die erste Ursache schwerer Bedrückungen der Juden durch die Völker weggefallen. Die Juden sind durch die Verhältnisse gezwungen, die Mahnung des Talmud zu befolgen und keine offene Empörung gegen die Landesregierung zu beginnen. Sie wurden des heiligen römischen Reiches durch Germanien oder des römischen Kaisers allergetreueste Kammerknechte. Der Talmud verbietet aber den Juden nicht bloß die Empörung gegen die Regierung des Landes, in welchem sie Aufnahme gefunden haben, sondern er befiehlt ihnen auch, die in dem Lande geltenden Gesetze, also auch die Ehegesetze, auf das gewissenhafteste zu beobachten. Es ist ein jedem Juden geläufiger talmudischer Grundsatz: „Dina de Malchuta Dina“ – „Gesetz der Staatsregierung ist Gesetz.“

X.
Der Talmud und die Auslegung der Thora in der Gegenwart.

Was für ein gewaltiger Umschwung der Anschauungen der Juden hinsichtlich der Erklärung der Thora und der Anbequemung an die Zeit- und Lebensverhältnisse eingetreten ist, dürfte am klarsten aus einer Thatsache hervorgehen, die sich in Persien zugetragen hat. „In der besonders geheiligten Synagoge Schafjatib zu Nehardea ward – wahrscheinlich infolge eines königlichen Ediktes – die persische Königsstatue aufgestellt, nicht damit ihr göttliche Verehrung zu teil werde, sondern zum Zeichen, daß die Juden sich dem Landesherrn unterordnen. Es wird nicht berichtet, daß die Juden dem Befehl einen hartnäckigen Widerstand entgegensetzten. Man betrachte dies nicht als Götzendienst, und die gefeierten Lehrer Abba, der Vater Samuels, und Lewi gingen in jene Synagoge beten.“[30] Damit vergleiche man, was früher in Palästina geschehen war! Als Judäa eine römische Provinz geworden war, und von dem Prokurator Pontius Pilatus regiert wurde, ließ derselbe zum erstenmal Standesbilder des Landesherrn, des Kaisers Tiberius, nicht im Tempel, nicht in einer Synagoge, sondern nur in der Stadt aufrichten. Als aber die Juden ihn baten, es nicht zu thun, weil ihre heilige Stadt dadurch entweiht werde, und sie in Masse vor seinem Palast versammelt fünf Tage und Nächte auf den Knieen lagen und nicht wichen und wankten, gab er so großer Standhaftigkeit staunend nach und ließ sie Bilder wieder entfernen.[31] Die Juden fanden schon eine Gesetzesverletzung und Entweihung darin, daß die Fahnen der römischen Legionen, die mit den Bildern der Kaiser geschmückt waren, nur durch ihr Gebiet getragen wurden. Ein vom Tetrarchen Herodes in Tiberias erbauter Palast wurde, weil er mit Tierfiguren verziert war, und dies dem Gesetz zuwider sei, auf Befehl des Synedriums verbrannt. Das Verbot der Abbildung lebender Wesen in der Thora war nach der Meinung der Juden ein so unbedingtes, daß nach den Behauptungen von Philo und Origenes Maler oder Bildhauer unter den Juden gar nicht wohnen durften.[32] Und nun stelle man sich die frommen Talmudjuden vor, wie sie in der Synagoge zu Nehardea andächtig für das Wohl des Landesherrn beten, unbekümmert darum, daß in der Synagoge das Standesbild des heidnischen Königs aufgestellt ist. Das giebt gewiß ein klares Bild von dem großartigen Umschwung, der sich in den Anschauungen der Juden hinsichtlich der Thora und ihrer Erklärung vollzogen hat. Man sieht, wie der Talmud allmählich dazu gekommen ist, die Thora zu erfüllen, ohne sie aufzuheben.

Ein zweiter Grund, warum die Juden heftige und zahlreiche Verfolgungen aushalten mußten, war der Wucher, wie wir bereits gesehen haben. Wenn die Juden aber sich fortan bestreben, die schönen Aussprüche der heiligen Schrift und des Talmud hinsichtlich des Wuchers, wie sie in den Schulen vorgetragen werden, getreu und gewissenhaft zu erfüllen, dann wird wegen Wuchers eine Judenverfolgung nicht mehr ausbrechen. Möchten darum alle Juden, die es gut mit sich selbst und mit ihrem Volke meinen, sich die schönen Grundsätze tief in das Herz einprägen, die von 350 Rabbinern aus der heiligen Schrift und dem Talmud zusammenstellt sind: „Wer sein Vermögen durch Zins und Wucher mehrt, sammelt es für den, der gegen Arme mildthätig ist. Wer sich durch Wucher bereichert, ist schlimmer als ein Gottesleugner. Ein Wucherer ist nicht als Zeuge zuzulassen.“ Daß diese Aussprüche aber auch den Nicht-Juden gegenüber Geltung haben, und nicht bloß auf den Verkehr der Juden unter sich beschränkt sind, hat Dr. Hoffmann in seinem Schulchan-Aruch weitläufig nachgewiesen.[33]

Ein dritter Grund, warum der Zorn der Christen gegen die Juden zeitweilig entbrannte, lag in dem Hasse, der aus einzelnen Erzählungen und Aussprüchen im Talmud gegen Jesum, seine jungfräuliche Mutter und überhaupt gegen alles Christliche ersichtlich ist. Diese Abschnitte des Talmud waren auch hauptsächlich der Grund, warum, wie wir schon erzählt haben, im Mittelalter alle Talmudexemplare verbrannt wurden, deren man habhaft werden konnte. Später, im Jahre 1667, hat der Apostolische Stuhl sich dahin ausgesprochen, daß der Talmud unter den nichtverbotenen Büchern geduldet werden könne, wenn er ohne Beleidigungen und Verleumdungen wider die christliche Religion erscheine, daß er aber außerdem zu den durch den Index verbotenen Büchern zu zählen sei. [34]

Dr. Rohling[35] sagt, daß eine Talmudausgabe, die im Jahre 1600 zu Amsterdam erschien, noch die fraglichen Schmähungen auf Christus, Maria und die Apostel enthalte, daß jedoch in den späteren Ausgaben eine leere weiße Stelle oder ein Kreis den Ort verrate, wo dieselben früher zu lesen waren. Jedenfalls haben die Juden gut daran gethan, daß sie diese Ausgeburten sinnlosen Hasses, selbst wenn sie auch nach Rabbi Jechiel sich auf einen anderen Jesus bezogen, weggelassen haben, und sich außerdem noch Mühe geben, alles den Christen Anstößige aus dem Talmud zu entfernen, indem sie es auf eine Weise erklären, daß die Christen keinen Anstoß daran mehr nehmen können. Schon im Mittelalter hatte sich die Anschauung der Rabbiner vom Christentum zum Besseren gewendet, und viele Rabbiner sprachen sich bereits dahin aus, daß die Christen den Götzendienern nicht beizurechnen seien. Das ist wohl gegenwärtig auch die Meinung aller Juden, und damit ist vieles beseitigt, was die Christen verletzen könnte. Ja, man ist in der Gegenwart sogar schon so weit gekommen, daß man, wie J. B. Levinsohn thut, das Christentum als eine aus dem Talmud hervorgegangene Religionsgestaltung betrachtet. Und Emanuel Deutsch spricht sogar dem Christentum seinen Dank aus, indem er schreibt: „Es ist der Ruhm des Christentums, jene goldenen Keime, die in den Schulen und der stillen Gemeinde der Weisen sich bargen, auf den Markt der Menschheit gebracht zu haben. Es hat jenes Himmelreich, dessen der Talmud von der ersten bis zur letzten Seite voll ist, zum Gemeingut auch der Niedrigsten, der Hirten, ja der Aussätzigen gemacht.“[36] Wir führen diese Äußerungen natürlich bloß deshalb an, um zu zeigen, wie sich die Ansichten der Juden über das Christentum geändert haben, auf eine Beurteilung des Lobes, welches dem Christentum damit gespendet wird, verzichten wir.

Einen schweren Vorwurf hat man den Juden auch damit gemacht, daß man sagte, sie hielten ihre Rabbiner, und zwar jeden einzelnen derselben für unfehlbar, so daß die Aussprüche zweier Rabbiner auch dann wahr seien, wenn sie sich geradezu widersprechen. In einem solchen Falle sei es dann den Juden gestattet, nach Belieben das eine oder andere der sich widersprechenden Urteile anzunehmen und zu befolgen.

Für die Zeit, da der göttliche Heiland auf Erden wandelte und in Palästina lehrte, scheint das Volk der Juden diesen Glauben an die Unfehlbarkeit jedes einzelnen Rabbi noch nicht gehabt zu haben, denn in diesem Falle hätte der göttliche Heiland gewiß nicht ohne alle Einschränkung gesagt: „Was sie lehren, das thuet!“ Unter den Lehren, die auf dem Stuhle des Moses vorgetragen werden, sind jedenfalls solche gemeint, die mit der heiligen Schrift und den Überlieferungen übereinstimmen, solche, die von dem hohen Rate nicht beanstandet werden. Und ähnlich wird es, wie talmudkundige Christen und Juden behaupten, auch heute noch gehalten. Wenn bei widersprechenden Meinungen einzelner Rabbiner der Talmud nicht selbst sagt, welche Meinung die richtige und rechtsgültige ist, dann ist es Aufgabe der nachtalmudischen Lehrer, diejenige Meinung herauszufinden nach welcher man sich im Leben zu richten hat. Hat die Mehrheit der Lehrer sich für die Rechtsgültigkeit einer Meinung entschieden, dann könnten selbst Wunder, welche zu gunsten des Vertreters der gegenteiligen Meinung geschehen würden, diese Rechtsgültigkeit nicht aufheben.[37]

Ich bin kein Talmudkenner; mir fehlt die nötige Sprachkenntnis, um den Talmud mit Verständnis lesen zu können, denn seit mehr als dreißig Jahren habe ich mich mit den semitischen Sprachen nicht mehr beschäftigt. Ich habe aber mit Aufmerksamkeit und ohne jegliche Voreingenommenheit die einschlägigen Schriften von christlichen und jüdischen Gelehrten gelesen, die Ansichten verglichen und nach bestem Wissen und Gewissen mein Urteil mir gebildet. Es geht dahin, daß der Talmud in seiner gegenwärtigen Gestalt und wie er jetzt allgemein erklärt wird, für die Christen keinerlei Gefahr bildet, und für die Juden kein Hindernis ist, um mit den Christen in Frieden und Einigkeit zu leben. Ja, wenn ein Jude nach den Lehren den Talmud, wie sie gegenwärtig in den Schulen vorgetragen werden, sein Leben einrichtet, so wird er ein Ehrenmann im vollsten Sinne dieses Wortes sein, dem auch ein Christ seine Hochachtung nicht wird versagen können.

Wenn wir unsere seitherigen Erörterungen im Geiste noch einmal überblicken und kurz zusammenfassen, so werden wir uns angesichts derselben wohl auch imstande fühlen, eine Frage zu beantworten, die seit dem 13. Juni 1886 in weiten Kreisen die Geister beschäftigt hat. Es ist die Frage: Was ist von dem Antisemitismus zu halten? Enger gefaßt und auf die Mitglieder der Kirche angewandt wird die Frage lauten müssen: „Kann ein katholischer Priester, kann überhaupt ein gläubiger Katholik Antisemite sein?“ Auch hierüber zum Schlusse ein paar Worte.


XI.
Der Antisemitismus.

Am 13. Juni 1886 ist in Kassel die „deutsche antisemitische Vereinigung“[38] gegründet worden, die sich allmählich über ganz Deutschland erstrecken soll. Sie will den Glauben der Juden nicht antasten, sie bezweckt vielmehr, den überhandnehmenden Einfluß der Judenschaft auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens in gesetzlicher Weise zu bekämpfen. Sie betrachtet dabei die Juden als eine fremde Nation und fremde Rasse, welcher das Bürgerrecht in einem deutschen nationalen Staate nicht gebührt. Die Juden bilden – offen oder heimlich – eine Sondergemeinschaft, die für sich besondere Vorteile auf Kosten der übrigen Bevölkerung erstrebt, – sie bilden einen Staat im Staate. –

Als Mittel zur Erreichung ihres Zweckes betrachtet die deutsche antisemitische Vereinigung die Verbreitung von Aufklärungsschriften über die Gefährlichkeit des Judenvolkes, die Bekämpfung des auf Irreführung und Entsittlichung des Volkes hinarbeitenden jüdischen Zeitungswesens, die Unterstützung der wahrhaft deutsch gesinnten Presse, Schaffung von Auskunftsbureaux etc. und Rechtsschutzvereinen, Wahl antisemitischer Volksvertreter und gegenseitige Unterstützung der Mitglieder in allen erlaubten Dingen.

Mitglied der Vereinigung kann jeder unbescholtene volljährige Deutsche werden, – ohne Unterschied der Konfession und der politischen Parteistellung. Die Namen der Mitglieder gelangen nicht an die Öffentlichkeit.

Was sagen wir zu diesen Zielen der deutschen antisemitischen Vereinigung und zu den Mitteln, mit denen sie ihre Ziele erreichen will? Vorerst hat es uns, wir müssen das offen gestehen, nicht sonderlich gefallen, daß man den deutschen Männern, um sie für den Beitritt zur Vereinigung zu gewinnen, das Versprechen macht, ihre Namen sollten nicht zur Veröffentlichung gelangen. Ist das nicht eine lächerliche Furcht vor dem Häuflein Juden im Deutschen Reiche, die sich in dieser Verheimlichung der Namen zu erkennen giebt? Ich fürchte mich niemals und vor niemand, meine Überzeugung, die ich mir auf dem Wege unbefangener Forschung gebildet habe, auch offen auszusprechen, und das verlange ich auch von jedem, der als Vereinsgenosse mit mir arbeiten und kämpfen will.

Man nennt die Juden einen Staat im Staate, eine fremde Nation, eine Sondergemeinschaft, der das Bürgerrecht in einem deutschen Nationalstaate nicht gebührt. Das sind Redensarten, die einem Katholiken allerlei Bedenken erwecken müssen. Wie oft haben wir schon gehört, daß man die katholische Kirche einen Staat im Staate nannte? Wie oft hat man den Katholiken schon den Vorwurf gemacht, sie seien Reichsfeinde, sie erkennen einen Fremden als ihr Oberhaupt an! Vielleicht helfen wir den Antisemiten, daß die Juden aus dem Deutschen Reiche vertrieben werden, und zum Danke dafür müssen wir es uns gefallen lassen, daß man auch uns des Bürgerrechtes in dem nationalen protestantischen Staate für unwürdig erklärt. Oder hat man es den Jesuiten anders gemacht? Im Kriege 1870 haben sie sich im Dienste des deutschen Vaterlandes ausgezeichnet, daß man sie mit Ordensauszeichnungen schmückte, und nach dem Schlusse des Krieges hat man sie zum Danke aus dem Deutschen Reich vertrieben.

Die Antisemiten wollen Aufklärungsschriften über die Gefährlichkeit des Judenvolkes verbreiten. Ja, ist denn das Judenvolk als solches gefährlich? Gewiß nicht! Wir haben gesehen, wie weder in der Thora noch im Talmud, wenn sie nach der gegenwärtig allgemein geltenden Erklärung befolgt werden, eine Gefahr für die Christen liegt; und wenn es darum unter dem Judenvolke volksgefährliche Elemente giebt, so bilden dieselben nicht das ganze Volk. Es geht eben bei dem Judenvolke, wie es auch bei den Christen geht. Bei vielen Juden hat die Beschneidung gerade so viel Wert, wie der Taufschein bei den Christen, und nur mit Unrecht zählt man dieselben zu den Juden oder Christen. Ein Sabor, ein Singer und andere Socialdemokraten, die gewöhnlich als Juden aufgeführt werden, machen schon seit Jahren, wie mir mitgeteilt wurde, die religiösen Gebräuche der Juden nicht mehr mit, und sie können darum ebensowenig zu den Juden, wie Most und andere Socialdemokraten zu den Katholiken gerechnet werden. Und giebt es denn nur jüdische Wucherer? Giebt es nicht auch Christen, die vielleicht noch schlimmerer Halsabschneider sind als die Semiten? Mir fällt da unwillkürlich ein altes Geschichtchen ein. In ein Kloster kam von Zeit zu Zeit ein Mann und brachte ein kleines Almosen; bei dieser Gelegenheit wiederholte er jedesmal die Bitte, die Prediger möchten recht scharf und eindringlich und recht oft gegen den Wucher ihre Stimme erheben, denn nichts sei abscheulicher und gefährlicher und verderblicher als der Wucher. Und was hat sich später herausgestellt? Dieser Mensch war selbst der ärgste und gefährlichste Wucherer, der nur deshalb gegen den Wucher gepredigt haben wollte, damit die anderen Wucherer sich bekehren sollten, und er dann ohne Konkurrenten sein verderbliches Geschäft betreiben könnte. Fast möchte es scheinen, als ob auch unter den Antisemiten gar manche nur deswegen gegen die jüdischen Wucherer sich ereifern und dieselben aus dem Deutschen Reiche vertrieben wissen wollen, weil sie ohne die lästige jüdische Konkurrenz ihre sauberen Geschäfte mit um so größerem Erfolg betreiben könnten. Ich möchte fast glauben, daß man von ihnen befürchten müßte, was der heilige Bernhard von den Judenkonkurrenten seiner Zeit befürchtete: „Sie möchten, wenn keine Juden mehr da sind, noch schlimmer jüdeln als die Juden.“[39]

Und warum will man nur das jüdische auf die Irreführung und Entsittlichung des Volkes hinarbeitende Zeitungswesen bekämpfen? Giebt es nicht auch ein höchst verderbliches, auf die Irreführung und Entsittlichung des Volkes hinarbeitendes Zeitungswesen, das unter deutscher Flagge segelt?

Wenn ich darum aufgefordert werde, mitzukämpfen gegen die verderbliche Presse, gleichviel ob sie von beschnittenen oder unbeschnittenen Preßbengeln bedient wird; wenn ich mithelfen soll, daß die unglücklichen Gesetze wieder abgeschafft werden, die das Großkapital, den Wucher gezüchtet und großgezogen, den Handelsstand geschädigt, dem Handwerk und Gewerbe den goldenen Boden entzogen haben; wenn es sich darum handelt, Rechtsschutzvereine, ländliche Darlehenskassen und andere Vereine ins Leben zu rufen, die insbesondere den kleinen Mann aus den Klauen der beschnittenen und unbeschnittenen Blutsauger befreien sollen, dann bin ich mit Herz und Mund dabei und scheue vor keinem Opfer zurück, um diese schönen, volksfreundlichen Zwecke zu erreichen. Und auch der echte Talmudjude ist dabei; denn nach der Talmudlehre ist der Marktpreis dermaßen zu normieren, daß dem Verkäufer nur ein Sechstel des Produktionspreises als Nutzen gestattet wird, und damit die Lebensmittelpreise nicht verteuert werden, soll der Produzent seine Erträgnisse selber zu Markte bringen, Aufkäufe durch Zwischenhändler sind verboten.[40] Aber nur Ausnahmegesetze gegen die Juden zu machen, bei denen sich ihre unbeschnittenen Konkurrenten ins Fäustchen lachen, dazu kann ich mich ebensowenig herbeilassen wie zum Schmieden von Ausnahmegesetzen gegen katholische Ordensleute oder auch nur gegen die Socialdemokraten.

Und wenn es gilt, einen Volksvertreter zu wählen, so frage ich zunächst nicht danach, ob der Mann, dem ich mein Vertrauen schenken soll, als Antisemite bezeichnet wird, sondern meine erste Frage geht dahin, ob dieser Mann von christlichen Grundsätzen durchdrungen, von dem Geiste des seligen Windthorst beseelt ist, und in diesem Geiste denkt und handelt; ich frage, ob er ein mann des Centrums ist, der Recht, Wahrheit und Freiheit für alle Staatsbürger will, und wenn er sich zu diesen christlichen, wahrhaft volksfreundlichen Grundsätzen bekennt, dann schenke ich ihm mein Vertrauen und gebe ihm meine Stimme zum Volksvertreter.

„Die Juden sind des deutschen Bürgerrechtes nicht würdig,“ sagen die Antisemiten, „denn sie haben erst vor vierzig Jahren das Bürgerrecht in Deutschland erhalten, aber der Erwartung nicht entsprochen, die man in sie setzte. Sie haben sich nicht bemüht, im deutschen Volke aufzugehen und sich auf gleiche Stufe mit demselben zu erheben.“ – Darauf müssen wir erwidern, daß es den Juden niemals gelingen würde, wenn sie auch wollten, in den Völkern, unter denen sie leben, aufzugehen; denn nach dem Plane Gottes müssen sie als Zeugen für das Christentum und seine Wahrheit unter den Völkern einhergehen, bis auch sie am Zeitenende in die Kirche eintreten, und Ein Hirt und Eine Herde sein wird. Wenn aber die Antisemiten sagen, daß erst vor vierzig Jahren die Juden das Bürgerrecht in Deutschland erhielten, so liegt gerade in diesem kurzen Zeitraume der Grund, warum man von den Juden im Ganzen und allgemeinen noch nicht erwarten darf, daß sie sich auf die gleiche Stufe mit uns erhoben haben. Nach der Dienstbarkeit in Ägypten, welche vierhundert Jahre dauerte, mußten die Juden vierzig Jahre lang eine strenge Volksbildungsschule in der Wüste durchmachen, um in Palästina als selbstständiges Volk ein geordnetes Staatswesen darstellen zu können; wenn aber die Juden die sittlichen Wirkungen einer mehr als tausendjährigen Unterdrückung abstreifen sollen, dann darf man ihnen schon einen Zeitraum von etwas mehr als vierzig Jahren gönnen, innerhalb dessen sie sich auf die gleiche Stufe mit uns deutschen Staatsbürgern emporschwingen können.

Die Juden haben große Vermögen erworben, sagen die Antisemiten, sie haben den Großhandel und die Börse fast ganz in ihre Hände gebracht. Mag sein; nachdem den Juden über tausend Jahre lang untersagt war, in Deutschland Grund und Boden zu erwerben, haben sie Zeit genug gehabt, im Handel sich gediegene Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben, und es kann darum auch nicht auffallen, wenn sie mittels jener Kenntnisse, unter Beihilfe günstiger Gesetze – das letztere darf man nie aus dem Auge verlieren – zu großem Wohlstande gekommen sind. Man darf nicht von allen Juden glauben, daß sie unredlich in Handel und Wandel sind, wie man auch nicht von allen Christen glauben kann, daß sie sich in Handel und Wandel nie eine Unredlichkeit zu schulden kommen lassen. Gerade die echten, gläubigen Juden üben zwei bürgerliche und zwei religiöse Tugenden, die es leicht erklärlich machen, warum sich ihr zeitlicher Wohlstand hebt; sie sind fleißig und sparsam, sie beobachten gewissenhaft den Sabbath und erfüllen treu das vierte Gebot Gottes, Und daran hat ja Gott selbst die Verheißung seines Segens geknüpft. Wollte Gott, daß alle Christen mit den gläubigen Juden im Fleiß und in der Sparsamkeit, in der Heilighaltung des Sonntags und in der Erfüllung des vierten Gebotes wetteiferten, dann würden bald gar viele Klagen verschwunden, viel Elend würde bald beseitigt sein.

Doch selbst der Fall angenommen, daß die Antisemiten ihr Ziel erreichen, und daß den Juden in Deutschland das Bürgerrecht wieder genommen wird, haben sie damit auch die verderbliche Thätigkeit der beschnittenen Schwindler und Betrüger unmöglich gemacht? Keineswegs; nach den Erfahrungen, die uns aus den früheren Jahrhunderten zu Gebote stehen, können die Wucherer auch ohne Bürgerrecht ihr schändliches Gewerbe flott betreiben. An den Dummen, die sich von ihnen bewuchern lassen, wird es niemals fehlen. Giebt es doch, leider Gottes, noch Bauern genug, die lieber heimlich zu einem beschnittenen oder unbeschnittenen Wucherer gehen, als daß sie einem Darlehenskassenverein als Mitglieder beitreten und sich von diesem ein Darlehen geben lassen.

Man wird also, wenn man den letzten Zweck der Antisemiten erreichen will, die Juden aus Deutschland vertreiben müssen, und was wird die Folge ihrer Vertreibung sein? Sie werden wieder zu uns zurückkehren, wie die Erfahrungen der Vergangenheit ebenfalls beweisen. Die Juden sind aus England vertrieben worden, und sind wieder dahin zurückgekehrt; die Juden sind aus Frankreich, Spanien, Portugal, aus dem Königreich Neapel vertrieben worden, und sind wieder dorthin zurückgekehrt; sie sind aus Frankfurt a. M., Worms, Wien und anderen Städten vertrieben worden, und sind wieder dorthin zurückgekehrt; sie sind in früheren Zeiten auch aus Rußland schon vertrieben worden, wie sie gegenwärtig wieder aus Rußland ausgewiesen sind; und wie sie früher nach Rußland wieder zurückgekehrt sind, werden sie auch nach dieser Ausweisung wieder nach Rußland zurückkehren, ja, man hört bereits jetzt schon, wo sie eigentlich noch unterwegs sind, wieder Stimmen, welche ihre Zurückberufung wünschen. Nach einem Kiewer Berichte des Ezas beschlossen die christlichen Fabrikanten des Moskauer Bezirks an die Regierung eine Eingabe, welche die Notwendigkeit betont, im Centrum des Handels und der Gewerbe den Juden als den unentbehrlichen Vermittlern des dortigen Handels mit den westlichen Gouvernements den ferneren Aufenthalt zu gestatten. Es kann ja dies auch nicht anders sein, solange Gottes Wort nicht aufgehoben wird, daß die Juden unter allen Völkern zerstreut sein müssen.

Aber könnten denn die Juden nicht nach Palästina heimkehren und ihren alten jüdischen Staat wieder aufrichten? So haben schon viele Antisemiten gemeint, und auch andere Leute haben das gewünscht. Auch Professor Dr. Rohling meint: „Es würde sich für Juda der Mühe lohnen, was Julian der Apostel versuchte, noch einmal zu versuchen. Juda hat Macht, hat Geld, es regiert die Fürsten; auf also, bauet den Tempel, und wenn das Werk gelingt, so ist die Weissagung des Nazareners aufgehoben, seine Gottheit eitler Wahn, und wir alle wollen Juden werden.“[41]

Doch Dr. Rohling weiß ebensogut oder noch besser als wir, daß die Juden durch den Talmud gehindert sind, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Wir haben ja schon gehört, wie der Talmud sagt, daß Israel geduldig ausharren soll, bis Gott selbst es wieder zurückrufen wird.

Dieser Mahnung des Talmud werden die Juden um so bereitwilliger nachkommen, als sie immer nur bitter enttäuscht wurden, so oft sie einer Einladung, nach Palästina zu ziehen und das jüdische Reich, die Stadt Jerusalem und den Tempel wieder herzustellen, Folge leisteten.

Wie freudig schlugen die Herzen der Israeliten in allen Ländern des weiten römischen Reiches, als Kaiser Julian sie einlud, nach Palästina zu ziehen und den Tempel wieder aufzubauen! Wohl hatten die Juden schon unter den Kaisern Hadrian und Konstantin Versuche gemacht, den Tempel aus seinen Trümmern wieder aufzurichten, aber es blieb bei den Versuchen, sie mußten von ihrem Beginne wieder abstehen. Da kam die Einladung des Kaisers Julian, und wer kann es den Juden verargen, daß sie einer solchen Einladung voll der größten Freude nachkamen! Von allen Seiten, aus den entferntesten Weltgegenden strömten sie nach Jerusalem. Mit erstaunlichem Eifer wurde das Werk in Angriff genommen, selbst Frauen, nicht zufrieden damit, all ihr Geschmeide zur Förderung des Baues den Arbeitern einzuhändigen, legten selbst Hand an und trugen in ihren Kleidern den Schutt heraus, der die Fundamente des früheren Tempels bedeckte. Doch der Allmächtige vereitelte ihr Bemühen und streckte seine Hand aus, um die Herausforderung des gottlosen Kaisers, der den göttlichen Heiland zum Lügner machen wollte, zurückzuweisen. Heftige Windstöße zerstreuten die Baumaterialien; Blitze zerschmetterten die Werkzeuge und Maschinen, ein Erdbeben schleuderte die Steine, welche noch in dem alten Fundamente geblieben waren, heraus, und warf die nahestehenden Gebäude zu Boden. An den Kleidern der Anwesenden zeigten sich Kreuze, schwärzlich aussehend, wie eingewoben, des Nachts flimmernd, unaustilgbar, und in einer Nacht erschien auch am Himmel ein von einem Kranze umgebenes strahlendes Kreuz. Doch den Ausschlag gaben die Feuerflammen, welche aus dem Grunde hervorbrechend viele Arbeiter töteten, andere verstümmelten und durch ihre wiederholten Ausbrüche endlich Juden und Heiden zwangen, das begonnene Werk aufzugeben. Wenn nun auch die Juden den alten christlichen Geschichtsschreibern Theodoret, Sokrates, Sozomenus, Rufinus und anderen, sowie auch den gleichzeitigen Kirchenvätern Umbrosius, Chrysostomus, Gregor von Nazianz, die in öffentlichen Reden von diesen Ereignissen ausführliche Meldung thaten, keinen Glauben schenken wollten, so würden sie doch das Zeugnis des heidnischen Geschichtsschreibers Ammianus Marcellinus, eines Zeitgenossen und großen Verehrers des Kaisers Julian, nicht verwerfen können, welcher seinen Bericht über diesen vereitelten Tempelbau mit den Worten schließt: „So emsig aber auch Alypius“ – der Freund des Kaisers Julian, der den Tempelbau leiten sollte, – „sein Geschäft betrieb und sich dabei von dem Statthalter der Provinz unterstützt sah, so schossen doch oft fürchterliche Feuerkugeln aus dem Grunde plötzlich herauf, und machten den Ort für die bisweilen sogar vom Feuer beschädigten Arbeiter unzugänglich, und so mußte man, weil man in diesem Feuer so hartnäckigen Widerstand fand, von der ganzen Unternehmung abstehen.“[42] Wie ein zweiter Cyrus war Julian den Juden erschienen, aber ihre Freude über seine Einladung zur Rückkehr nach Jerusalem und zum Tempelbau war nur von kurzer Dauer gewesen; wehmütigen Abschied nehmend von den Trümmern des Tempels verließen sie Palästina, um sich wieder unter den Völkern zu zerstreuen.

Noch einmal ließen viele Juden sich von einem neuen Moses bethören, einem falschen Propheten auf der Insel Cypern, der alle dort wohnenden Juden überredete, er werde sie wie der erste Moses sicher durch das Meer und ins gelobte Land führen. Tausende folgten ihm und fanden – es war im Jahre 432 – wie ehemals die Ägypter in den Wellen den Tod.

Nach solchen schmerzlichen Enttäuschungen werden die Juden der Einladung Dr. Rohlings gewiß keine Folge leisten, sie werden vielmehr geduldig ausharren, bis sie von Gott selbst aus der Zerstreuung wieder heimgerufen werden. Unterdessen wird sich bei den Juden wie bei den Christen allmählich die Scheidung der Geister vollziehen, und wenn die Geister sich völlig in Gottgläubige und Ungläubige geschieden haben, wird der letzte von dem Seher des Neuen Bundes, dem heiligen Johannes, in seiner geheimen Offenbarung geweissagte Kampf zwischen Christ und Antichrist zum Ausbruch kommen. In diesem Kampfe werden die Überbleibsel des gläubig gebliebenen Judenvolkes, die durch Tugend, Gottesfurcht und Bruderliebe die Ankunft des messianischen Reiches zu beschleunigen sich bestreben, auf der Seite der Christen stehen, und nach dem für dieselben siegreichen Ausgange des großen Entscheidungskampfe werden vielleicht die Juden nach Palästina ziehen, um an heiliger Stätte ein glänzendes Siegesfest zu feiern, aber nicht in dem Salomonischen Tempel, der nie mehr aus seinen Trümmern wieder erstehen wird, sondern in der Auferstehungskirche auf dem Kalvarienberge, wo sie dem so lange Verkannten endlich ihren Dank abstatten werden dafür, daß er einst am Kreuze hängend für seine Feinde und Mörder gebetet und seinen himmlischen Vater um Verzeihung für sie angefleht hat. Dem himmlischen Vater werden sie danken, daß er endlich die Binde weggenommen hat, die so lange auf ihren Herzen lag.

Gerade in unseren Tagen war den Juden eine passende Gelegenheit gegeben, sich in Palästina wieder anzusiedeln. Viele der aus Rußland vertriebenen Juden wollten in Palästina ihre alte Heimat wieder aufsuchen und sich dort niederlassen, aber der Millionär Hirsch und andere wohlhabende Juden haben es verhindert, indem sie ihren Glaubensgenossen, die zur Auswanderung aus Rußland genötigt wurden, in Amerika ein Gebiet zur Ansiedelung erworben haben.

Bei dieser Gelegenheit hat sich auch wieder einmal der Zusammenhalt der Juden, den die Antisemiten ihnen zum Vorwurf machen, aber freilich in einer ganz lobenswerten Weise kundgegeben. Die reichen Juden haben Millionen zur Unterstützung ihrer armen Glaubensbrüder willig zum Opfer gebracht, und uns Katholiken dadurch zum Nachdenken aufgefordert. Wie oft schon hat man auch Schauerberichte von Verfolgungen, Mißhandlungen, Abschlachtungen von Katholiken in Rußland gelesen! Wie oft sind Schmerzensschreie von Priestern und katholischen Familienvätern aus Sibirien zu uns nach Deutschland gedrungen, und wie erfreulich wäre es gewesen und wie ehrenvoll für uns Katholiken, wenn auch bei uns wohlhabende Leute sich an die Spitze gestellt und Vereine ins Leben gerufen hätten, um die armen, verfolgten, verbannten, in größtem Elend schmachtenden Glaubensbrüder zu trösten, ihre schwere Lage ihnen zu erleichtern! Zwar hat der heilige Vater von Zeit zu Zeit seine Stimme für sie erhoben, aber die katholischen Fürsten haben geschwiegen, die Reichen waren still, nur einzelne Herausgeber katholischer Zeitschriften haben einige hundert Mark für unsere in Rußland mißhandelten Glaubensbrüder gesammelt, und damit war es aus und die Sache wieder von der Tagesordnung abgesetzt. O gewiß! Wir Christen sollten den Juden die Bruderliebe nicht zum Vorwurf machen, sondern uns alle Mühe geben, gerade in der Bruderliebe die Juden noch zu übertreffen! Seht, wie sie einander lieb haben! So hat man einst von den ersten Christen gesagt; seht, wie sie einander lieb haben! kann man jetzt mit größerem Rechte von den Juden als von den Christen in der Gegenwart sagen, und diesen Vorwurf sollten wir Christen uns nicht länger gefallen lassen.

Wenn ich nun zu all dem bereits Gesagtem noch beifüge, daß einzelne Bischöfe der Kirche, denen Gelegenheit gegeben war, über den Antisemitismus sich auszusprechen, sich gegen denselben ausgesprochen haben, dann werde ich wohl damit schließen dürfen, daß ich die oben gestellte Frage noch einmal wiederhole und zugleich auf dieselbe auch die richtige Antwort beifüge: „Kann ein katholischer Priester, überhaupt ein gläubiger Katholik Antisemite sein?“

„Nein!“


  1. Die bezügliche Stelle lautet: „Nach katholischen Grundsätzen darf die Liebe zur eigenen Nation nicht wider das Gesetz der Nächsten- und Bruderliebe sich wenden und zum heidnischen Rassenhaß herabsinken.“
  2. Allgem. Weltgeschichte von Wolfg. Menzel; Stuttgart, Krabbe, 1862; Bd. 4, S. 66.
  3. Damberger, Synchronistische Geschichte … Regensburg, Pustet 1856; IX. 46. 47.
  4. l. c. XIII. 599.
  5. c. l. XV. 54.
  6. c. l. VI. 11.
  7. c. l. V. 487.
  8. Dr. Hergenröther, Kirchengeschichte II. 305.
  9. cf. Görres, christl. Mystik, IV. 2.
  10. Histor. polit. Blätter, Bd. 69, Heft 10, S. 771 ff.
  11. Görres a. a. O. IV. 2. S. 65.
  12. Leobuch von Dr. Anton de Waal; Münster, Russel, 1878, Heft V., Seite 190.
  13. Neuwied, Struder, 1872, S. 10,11.
  14. Dr. Rohling, der Talmudjude; 4. Aufl. Münster, Russel, 1873, S. 30.
  15. Belegstellen zu den Grundsätzen der jüdischen Sittenlehre von Dr. D. Kristeller; Berlin, Preuß, 1891.
  16. Israelitische Glaubens- und Pflichtenlehre von E. Mandus, Rektor; Frankfurt a. M., Kauffmann, 1891, S. 33 ff.
  17. Korfu, Vortrag von Dr. Horovitz; Frankfurt a. M., Kauffmann, 1891, S. 4.
  18. Dr. Döllinger, Heidentum und Judentum; Regensburg, Manz, 1857, S. 404
  19. Menzel W., e. l. III. 389
  20. c. l. 8.
  21. Deharbe, Erklärung des kathol. Katechismus, V. Bd., Religionsgeschichte; Paderborn, Schöningh, 1864, S. 611
  22. Der italienische Raubzug wider Rom im Jahre 1870; Münster, Russell, 1871, S. 170.
  23. Der Schulchan-Aruch und die Rabbiner über das Verhältnis der Juden zu Andersgläubigen von Dr. Hoffmann; Berlin 1885, Verlag der Expedition der Jüdischen Presse, S. 26.
  24. c. l. S. 70.
  25. Die Beziehungen des Talmud zum Judentum von Rabbiner Samson Rafael Hirsch; Frankfurt a. M., Kauffmann, 1884, S. 4.
  26. Lib. III. comment, in c. 18 Matth.
  27. Rohlings Talmudjude, beleuchtet von Franz Delitzsch, 7. Aufl,; Leipzig, Dörffling und Franke, 1881, S. 29.
  28. Hirsch, c. l. S. 16.
  29. W. Menzel, c. l. III. 399.
  30. Dr. Hoffmann, Schulchan-Aruch, S. 10.
  31. W. Menzel, c. l. III. 388.
  32. Döllinger, c. l. 806.
  33. c. l. 64 ff.
  34. Gutmeinung über den Talmud der Hebräer, Karl Fischer; Wien, Hölder, 1883, S. 12.
  35. c. l. 18.
  36. Delitzsch, c. l. 116.
  37. Delitzsch, c. l. 107 ff.
  38. Antisemitischer Volkskalender für das Jahr 1888; Leipzig, Fritsch.
  39. "Pejus judizare". Bernardi op omnia. Mign. 1862. Tom. I. p. 567.
  40. Delitzsch, c. l. 34
  41. c. l. 71. Anmerk.
  42. Ammianus Marcellinus von Joh. Ang, Wagner; Frankfurt a. M., Hermann, 1793, Bd. II., S. 156.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Pappelbänme
  2. Das schließende Anführungszeichen fehlt in der Vorlage.
  3. Vorlage: “ (keine öffnenden Anführungszeichen)