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Verein den Zweck, nach allen Richtungen wohlthätig zu wirken, . . . namentlich aber für die Beschaffung des nötigen Viehes zu sorgen und eine Kreditkasse zu gründen.“[1] Hierzu will ich bloß bemerken, daß besonders in den inneren Gegenden Deutschlands bis zum heutigen Tage der Viehhandel ausnahmslos durch jüdische Viehhändler vermittelt wird.

Aus diesen Vereinen Raiffeisens haben sich schließlich die ländlichen Darlehenskassenvereine herausgebildet, die sich bald über ganz Deutschland und nach Österreich verbreitet, und auch in Frankreich und England Eingang gefunden haben.

Raiffeisen hat in öffentlichen Versammlungen wiederholt erklärt und nachdrücklich betont, daß die christliche Nächstenliebe die Grundlage sein müsse, auf der die Darlehenskassenvereine sich aufbauen, und daß besonders die Geistlichen sich bemühen sollten, die wohlhabenderen Gemeindenachbarn, wenn diese auch der Hilfe des Vereins nicht bedürftig wären, zum Beitritte zu bewegen, weil sie da die schönste Gelegenheit fänden, ihre Nächstenliebe zu bethätigen. Und mit vollem Rechte kann man daher die ländlichen Darlehenskassenvereine die Volksbanken der christlichen Nächstenliebe nennen, wie man die Schöpfung des Pater Barnabas die Darlehensbank der christlichen Barmherzigkeit genannt hat. Natürlich hat Raiffeisen im Jahre 1849 und 1852 nicht geahnt, daß der heilige Vater Papst Leo XIII. im Jahre 1851 als Bischof von Perugia denselben Weg betrat, auf welchem man dem Wucher der Juden einen Damm entgegensetzen kann. Aber gewiß hätte er sich gefreut, obgleich er Protestant war, wenn man ihm das erzählt hätte, und wenn er später das herrliche Rundschreiben des Papstes Leo gelesen und daraus ersehen hätte, wie der Papst auffordert, für das Wohl der untersten Volksklassen schnell und auf richtige Weise zu sorgen und dem Wucher entgegenzuwirken, der wiederholt durch die Kirche verurteilt worden sei, aber von habsüchtigen Menschen wieder unter anderer Form betrieben werde.

Hiermit glauben wir zur Genüge dargethan zu haben, daß auch in der Gegenwart der Apostolische Stuhl, als der oberste Repräsentant des Klerus, in seiner Haltung gegenüber den Juden genau das Beispiel nachahmt, das Christus und die Apostel sowie die Päpste aller Jahrhunderte gegeben haben. Der heilige Vater zeigt dem Klerus, wie er gegen das Volk Israel christliche Nächstenliebe im Herzen tragen muß, dabei aber nicht unterlassen darf, für die Forderungen der Kirche einzustehen und das christliche Volk gegen den Wucher und die Ausbeutung durch die Juden in Schutz zu nehmen. –

Nachdem wie im vorausgehenden eine kurze, übersichtliche Darstellung von dem Verhalten gegeben haben, welches der Klerus, zunächst der Apostolische Stuhl in den vergangenen Jahrhunderten bis herab auf die Gegenwart den Juden gegenüber beobachtet hat, wollen wir jetzt auf Grund unserer seitherigen Studien einige Fragen zu beantworten suchen und einige Andeutungen geben, die für unser Verhalten gegenüber den Juden in der Gegenwart nicht ohne Bedeutung sein dürften.


  1. Neuwied, Struder, 1872, S. 10,11.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/52&oldid=- (Version vom 31.7.2018)