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am 12. August 1012 der Erzbischof Walther von Magdeburg verschied, und bei dieser Mitteilung ausdrücklich erwähnt, daß auch die Juden gekommen seien, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen, und den Leichenzug zu begleiten, als man den Leichnam des Verstorbenen von dem Schlosse Giebichstein nach Magdeburg verbrachte.

Von dem Papste Alexander II. ist ein Brief vorhanden, der etwa um das Jahr 1071 an die spanischen Bischöfe gerichtet wurde. In diesem Briefe kommt die Stelle vor: „Sehr wohl hat uns gefallen, was wir kürzlich über Euch vernommen haben, daß Ihr nämlich die unter Euch wohnenden Juden verteidigt habt, damit sie nicht von jenen erschlagen wurden, welche, um gegen die Saracenen zu kämpfen, nach Spanien gezogen sind.“

Dabei lassen aber die Päpste doch nie auch die Lage der Christen aus dem Auge und suchen stets zu verhindern, daß die Christen von den Juden ausgebeutet werden. Der König Alfonso VI. von Castilien hatte einen jüdischen Finanzminister, der sich den Haß des Christenvolkes in hohem Grade zuzog und, wie man sagt, diesem Hasse auch zum Opfer fiel, indem er eines Tages von unbekannter Hand erdolcht wurde. Papst Gregor VII. unterließ damals nicht, eine kräftige Mahnung im Jahre 1081 an den König ergehen zu lassen, daß er die Christen von den Juden nicht unterdrücken lasse. Auch Erzbischof Bernard von Toledo suchte in gleicher Weise auf den König einzuwirken, daß er den Juden keine die Christen drückende Privilegien gewähren möge.

Wie die Juden dem römischen Kaiser und dem Papste in dankbarer Gesinnung huldigten, können wir öfter in der Geschichte lesen. Als Kaiser Heinrich V. im Jahre 1111 zu Rom in einer prachtvollen Prozession zur Peterskirche zog, hatte sich vor dem Portal des Gotteshauses ein jüdischer Sängerchor aufgestellt, der den Kaiser mit einem Jubellied begrüßte. Und als Papst Calixt II. im Jahre 1120 in Rom seinen glänzenden Einzug hielt, da gesellte sich den Lobgesängen der Lateiner und Griechen auch das Jubellied der Juden bei.

Am 22. April 1131 hielt Papst Innocenz II. einen überaus feierlichen Einzug in Paris; auch hier ließen es die Juden sich nicht nehmen, dem Statthalter Gottes auf Erden ihre Huldigung darzubringen. Als Geschenk überreichten sie ihm ihr heiliges Gesetzbuch, die Thora. Innocenz nahm das Geschenk freundlich an und sprach mit Wehmut: „Ich flehe zu Gott, er möge die Decke endlich wegnehmen von euren Augen, auf daß ihr die Wahrheit erfasset, welche in diesen Büchern niedergelegt ist.“

Als Papst Eugen III. die Christenheit zu einem neuen Kreuzzuge in das heilige Land aufforderte, da gewährte er den Kreuzfahrern unter anderen Vergünstigungen auch diese, daß ihnen alle noch ausständigen Wucherzinsen nachgelassen seien. Der ehrwürdige Abt Petrus von Clugny aber, ein zu seiner Zeit hochgeachteter Mann, wollte, daß der König Ludwig VII. von Frankreich noch weiter gehe, und die sämtlichen Kosten des Kreuzzuges von den Juden tragen lasse. Zu diesem Zwecke schrieb er an den König einen Brief, worin er ausführt, Gott wolle nicht den Tod der Juden, sondern habe ihnen zur gerechten Strafe ein Leben beschieden, schlimmer als der Tod, nämlich unstät und flüchtig auf Erden zu sein, wie einst Kain. Aber billig sei es,

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Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/41&oldid=- (Version vom 31.7.2018)