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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)


Inhalt.

Seite
Der König der Bernina. Roman von J. C. Heer (3. Fortsetzung) 677
Deutsche Originalcharaktere des achtzehnten Jahrhunderts.
  Graf Gustav Adolf von Gotter. Von R. v. Gottschall
680
Wasserspendende Lianen. Von Dr. Friedrich Knauer 683
Die Marienburg. Von Ernst Wichert. Mit Abbildungen
  nach Photographien von H. Ventzke (Schluß)
684
Kismet. Eine Novelle aus Persien von H. Rosenthal-Bonin 688
Die Papiertüte 700
Die wissenschafliche Erforschung des Bodensees. Von Professor Dr. Kurt Lampert 702
Blätter und Blüten: Illustrierte Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts. S. 706. – Dr. Georgi, Oberbürgermeister von Leipzig. (Zu dem Bildnis S. 707.) S. 706. – Ein Hochseefischer aus dem Vogelreiche. Von Matschie. (Zu dem Bilde S. 677.) S. 707. – Vor dem Kurhause in Bad Reichenhall. Von B. Rauchenegger. (Zu dem Bilde S. 689.) S. 707. – Kinderbelustigung im Zoologischen Garten zu Berlin. Von G. Klaußen. (Zu dem Bilde S. 693.) S. 707. – Das Denkmal Friedrichs des Großen in der Berliner Siegesallee. (Mit Abbildung.) S. 708. – Wasserweihe im Kaukasus. Von E. v. Hesse-Wartegg. (Zu dem Bilde S. 696 und 697.) S. 708. – Das neue Rathaus der Stadt Leipzig. (Zu den Abbildungen S. 701 und 705.) S. 708.
Illustrationen: Baßtölpel. Von Paul Neumann. S. 677. – Amor im Nacken. Von Paul Wagner. S. 681. – Abbildungen zu dem Artikel „Die Marienburg“. Der Kapitelsaal. S. 684. Kreuzgang mit der Thür zum großen Turm. Die Goldene Pforte. S. 685. Der Speiseremter. Die Konventsstube. S. 686. Der Konventsremter oder Rittersaal. Der Sommerremter. S. 687. – Vor dem Kurhause in Bad Reichenhall. Von F. Hlavaty. S. 689. – Kinderbelustigung im Zoologischen Garten zu Berlin. Von Emil Rosenstand. S. 693. – Wasserweihe im Kaukasus. Von R. Mahn.

S. 696 und 697. – Das geplante neue Rathaus zu Leipzig. Nach dem Entwurf von Stadtbaurat Professor Hugo Licht gezeichnet von G. Theuerkauf. S. 701. Das alte Leipziger Rathaus. S. 705. – Dr. Georgi, Oberbürgermeister von Leipzig. S. 707. – Das Denkmal Friedrichs des Großen in der Siegesallee zu Berlin. S. 708.

Hierzu Kunstbeilage XXII: „Der Schönsten!“ Von Oskar Gräf.




Kleine Mitteilungen.

Von der Seelenwanderung. Die Lehre von der Seelenwanderung ist nicht ein müßiges Beiwerk der indischen Religionen, sondern aus dem Kern derselben herausgewachsen, und als der große Reformator Buddha, der keinen Gott und keine Götter kennt, die Grundlagen der Brahmanenweisheit erschütterte, das Kastenwesen verwarf und seine Religion auf Menschenliebe und menschliche Verbrüderung gründete, da nahm er doch die Seelenwanderung in seine Lehre und zwar als eine wichtige Grundlage mit auf. Die Weisheit der Brahmanen verwischte die Unterschiede zwischen Pflanzen und Tieren, Menschen und Göttern; sie sah überall nur Seelen, welche sich in gleicher Weise aus größerer oder geringerer Unreinheit zur Reinheit, aus der Unvollkommenheit zur Vollkommenheit, zum Urquell des Daseins zurückzuarbeiten haben. Dazu bedarf es unzähliger Wiedergeburten. Zuerst wird der Sünder in der Hölle gemartert; dann beginnt er die Stufenleiter der Wanderung, und zwar von der untersten, der schlechtesten Existenz an, von neuem. Wer geringere Fehler begangen, wird je nach dem Maße derselben als Elefant oder Sudra (Mitglied der niedrigsten Kaste), als Vogel oder Tänzer wiedergeboren, wer grausame Thaten vollbracht hat, als Löwe oder Tiger. Wer einen Mordversuch auf einen Brahmanen machte, wird hundert oder tausend Jahre in der Hölle gepeinigt werden, dann aber in einundzwanzig Geburten das Licht der Welt als Abkömmling eines gemeinen Tieres wieder erblicken. Wer einen Brahmanen getötet hat, wird als Hund, als Esel oder als Ziegenbock wiedergeboren werden, wer eine Kuh geraubt hat, als Krokodil oder Eidechse, wer Korn gestohlen, als Ratte; wer Früchte oder Wurzeln stiehlt, wird Affe. Die Zahl dieser Existenzen aber ist unbegrenzt. Die Buddhisten nahmen diese Lehre auf. Unter den tierischen Wiedergeburten gelten den Buddhisten die als Ameisen, Läuse, Wauzen und Würmer für die schlimmsten. Als Mensch wird man auf schlechten oder guten Wegen, in einer niedrigeren oder höheren Kaste, unter leichteren oder schwereren Verhältnissen, je nach früherer Schuld oder früherem Verdienst wiedergeboren. Dem Buddha selbst werden 550 frühere Lebensläufe zugeschrieben, bevor er als Sohn des Suddhodana das Licht der Welt erblickte. Er hat zuvor gelebt als Ratte und als Krähe, als Frosch und als Hase, als Hund und als Schwein, zweimal als Fisch, sechsmal als Schnepfe, fünfmal als Goldadler, viermal als Pfau und ebenso oft als Schlange, zehnmal als Gans, ebenso oft als Hirsch und Löwe, sechsmal als Elefant, viermal als Pferd und Stier, achtzehnmal als Affe, fünfmal als Seelöwe, dreimal als Töpfer, dreizehnmal als Kaufmann, neunundzwanzigmal als Brahmane, ebenso oft als Prinz, achtundfünfzigmal als König. Doch Buddha kannte seine früheren Existenzen, und als er unter dem Bo-Baum saß und die Offenbarung über ihn kam, da wußte er, welche Namen er früher geführt, welchen Kasten, welchen Familien er angehört, welches Glück und Unglück er erlebt hatte. Die Seelenwanderung ist eine Läuterung; wer die Begierden abgestreift, das Verlangen, den Willen zum Leben, der erlangt die Nirwana, den letzten endgültigen Tod, mit dem die Wanderung abschließt. Die Erlösung durch den Tod – das ist auch die Bedeutung der Sage von Ahasver, nur daß dieser nach einer einmaligen Menschwerdung die rastlose Dauer des Lebens als unerträgliche Last empfindet, während die Seele der Hindus sich durch tausend Gestalten mit ihrem qualvollen Leben hindurchwindet. †     

Eine Riesenpumpe. Bisher hielt man die mit gepreßter Luft arbeitenden sogenannten Mammutpumpen allgemein für die leistungsfähigsten und staunte über die gewaltigen Wassermengen, die sie zu liefern imstande waren. Und es ist thatsächlich schon des Staunens wert, wenn man hört, ihre Leistungsfähigkeit beträgt 135 Tausend Liter in der Minute oder gegen 195 Millionen Liter, das sind 195 000 Kubikmeter Wasser für den Tag. Jetzt hat aber, wie die „Berg- und Hüttenmännische Zeitung“ berichtet, die berühmte Calumet-Hekla-Mine am Oberen See in Nordamerika eine Pumpe aufgestellt, die der erwähnten bei weitem überlegen ist. Sie dient dazu, das zum Waschen der gestampften Kupfererze nötige Wasser herbeizuschaffen, und heißt mit Recht die größte Pumpe der Welt. Zu ihrem Betriebe sind 1500 Pferdestärken notwendig. Sie liefert zur Zeit in der Minute 187500 Liter, das sind in 24 Stunden etwa 270 MUlionen Liter; ihre Maximalleistung aber ist bedeutend größer. Diese beträgt nämlich für den Tag 337 Millionen Liter oder in anderen Worten 337 Tausend Kubikmeter Wasser.

Das sind doch gewiß gewaltige Wassermengen, wenn man bedenkt, daß ganz Berlin mit seinen über anderthalb Millionen Einwohnern und seinen Riesenbetrieben täglich nur etwa 117685 Kubikmeter Wasser verbraucht. Eine einzige solche Pumpe genügt also, um zwei solcher Städte wie Berlin mit Wasser vollständig zu versorgen. Und doch, wie klein erscheinen diese riesigen Mengen gegen die, welche in der Natur bewegt werden. So beträgt die Wassermenge des Rheins bei Emmerich in der Sekunde durchschnittlich 1980 Kubikmeter, die des Nils kurz vor der Deltabildung 8477, die des Mississippi 23000 und die des Amazonenstromes gar 35000 Kubikmeter in der Sekunde. Unser verhältnismäßig kleiner Rhein bewegt also in dem kleinen Zeitraum von nur 200 Sekunden eine noch etwas größere Wassermasse als die Riesenpumpe in 24 Stunden.

Und noch an einem anderen Beispiel läßt sich die Unbedeutendheit selbst solcher Riesenleistungen, wie dieser Pumpe, gegenüber den in der Natur bestehenden Verhältnissen, klar machen. Nimmt man nämlich den Wassergehalt des Bodensees bei einer durchschnittlichen Tiefe von 100 Metern und einem Flächeninhalt von 540 Quadratkilometern zu 54000 Millionen Kubikmeter an, so würde eine solche gleichmäßig und ohne Aufhören arbeitende Riesenpumpe doch den gewaltigen Zeitraum von rund 160 Tausend Tagen, das sind über 439 Jahre, gebrauchen, bevor sie das Seebecken leer gepumpt hätte. †     

Der Kohlenbergbau in Preußen. Im Jahre 1898 wurden in Preußen insgesamt 266 Steinkohlenwerke und 374 Braunkohlengruben betrieben. Die Steinkohlenfördernng betrug 89572128 Tonnen, der Absatz (Versandt) belief sich auf 87117301 Tonnen, und 321965 Arbeiter waren in den Betrieben thätig, während die Braunkoblenförderung 26064543 Tonnen, der Absatz 20948560 Tonnen und die Zahl der beschäftigten Arbeiter 34130 betrug.

Der Steinkohlenbergbau ist am hervorragendsten im Oberbergamtsbezirk Dortmund (51 Millionen Tonnen Förderung und ebensoviel Absatz, 191215 Arbeiter), wo sich allein 166 Werke (Zechen) befinden; dann folgt der Bezirk Breslau mit 26853260 Tonnen Förderung, 24515554 Tonnen Absatz und 80648 Arbeitern.

Der Braunkohlenabbau konzentriert sich vornehmlich im Bezirk Halle a. S., wo er mit 274 Werken und 28270 Arbeitern vertreten ist, die 22265628 Tonnen zu Tage förderten, während der Absatz 17575234 Tonnen betrug. Der Bezirk Dortmund hat gar keine Braunkohlengruben: der Rest von 100 Werken verteilt sich mit 38,33 und 29 Werken und entsprechender Förderung und Belegschaft auf die Bezirke Bonn, Breslau und Klausthal.

Die Eisenbahnen der Erde. Die Länge aller Eisenbahnen der Erde beträgt gegenwärtig etwa 735 000 km. Diese Riesenschöpfung der letzten sechs Jahrzehnte, deren Anlagekapital auf 150 Milliarden Mark geschätzt wird, wächst noch immer im Jahresdurchschnitt um 2 Procent, eine Zunahme, die sich im Hinblick auf die großen asiatischen und afrikanischen Eisenbahnprojekte so bald nicht vermindern wird. Rund 130000 Lokomotiven liefern die treibende Kraft, und mehr als 5 Millionen Beamte und Arbeiter stehen im Dienste des geflügelten Rades.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 676_d. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0676_d.jpg&oldid=- (Version vom 4.5.2023)