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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

Halbheft 16.   1899.


Nur ein Mensch.
Roman von Ida Boy-Ed.
(7. Fortsetzung.)


Wochen vergingen. Der Oberamtmann Deuben und seine Frau wunderten sich, daß Sabine nur ab und zu noch kurze Karten schrieb, auf denen dann nichts zu lesen stand, als daß es in Rom oder in Neapel, oder in Florenz sehr schön sei, daß man dann und dann angekommen sei, an diesem und jenem Tag weiter zu fahren gedenke und daß die nächste Adresse so und so heiße.

„Sie vergißt in all dem Vergnügen ihre alten Eltern,“ sagte der Oberamtmann zu seiner Frau.

„Ja, ja, dieser allzu generöse Onkel Fritz verdirbt uns das Kind völlig für Mühlau. Eben schien sie sich in die Verhältnisse zu schicken. Ich sagte gleich, ich hielte die Reise für Unsinn.“ Sie schenkte ihrem Mann gerade den Kaffee ein.

Vor Erstaunen über eine derartige Behauptung legte der Oberamtmann sein Kreisblatt hin.

Du, Alte! Du hättest gesagt, du wärest gegen die Reise?! Im Gegenteil, du warst Feuer und Flamme dafür. Ich äußerte gleich meine Bedenken. Wenn man doch nun mal bestimmt ist, Pförtner zu sein, muß man nicht Glöckner spielen wollen, sagte ich noch. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß, sagte ich noch, und wenn ich nicht weiß, wie es in Rom aussieht, bin ich auch in Mühlau zufrieden.“

„Das kenne ich schon bei dir. Nachher willst du es immer gewesen sein, der den weiten Blick gehabt hat,“ sagte sie, ohne sich übrigens zu ärgern. Denn ihr Ueberlegenheitsgefühl gab ihr immer eine gewisse epische Ruhe.

Sie strich sich ein Butterbrot mit einer Sorgfalt, die den Alten reizte.

„Na ja, und wer hat ihn denn auch noch stets bewiesen?“ fragte er aufpochend. „Schon damals, als Sabine sich verlobte, sagte ich, daß sie warten solle: sie ist jung, sie hat ja keine Eile. Aber ihr Weiber könnt ja nicht! Das ist förmlich, als ob ihr von der Tarantel gestochen wäret. Als wenn ’n Ruhm drin läge, die Tochter früh unter die Haube zu bringen. Und habe ich nicht recht gekriegt? Wollt’ Gott, ich hätt’ es nicht. Aber so sehr glücklich ist sie doch wohl nicht ausgefallen, die Ehe.“

„Das konnte ich nicht vorher wissen, daß Zeuthern im Duell fallen würde,“ sagte sie und biß in ihr Butterbrot.

Gegen die schlagende Logik dieser Erwiderung fühlte Deuben sich machtlos. Er war so verblüfft über dieselbe, daß er nicht bemerkte, wie sie eigentlich nur schief auf seine Rede paßte.

Da er zwei Sekunden schwieg, sah die Frau sich als Siegerin an und sprach milde weiter: „Es ist ja auch nicht unsertwegen. Wir wissen ja doch, daß unser Kind liebevoll an uns denkt. Aber was soll man erzählen? Heute abend werden Turibius und Kolvater wieder fragen.“

„Ja, es ist wirklich peinlich,“ seufzte der Mann.

In den ersten vier Wochen hatte


Jagdgehilfen des Maharadscha von Dschaipur.
Nach einer Originalaufnahme von Dr. K. Boeck.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 485. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0485.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2019)