Seite:Die Gartenlaube (1899) 0195.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Die Gartenlaube (1899)


dagegen, wie unser Hunde, verkriechen sich gern. Nach den Untersuchungen H. Stanleys sind nun alle diejenigen, die sich vor Gewittern fürchten, elektrisch sehr empfindliche Menschen. Es ist ja selbstverständlich, daß während der Entladung eines Gewitters, ja sogar wenn es ohne Entladung nur vorüberzieht oder gar erst in der Bildung begriffen ist, bedeutende Veränderungen des elektrischen Zustandes der Erde und ihrer Atmosphäre hervorgerufen werden. Jedenfalls erzeugen nun diese Veränderungen heftige elektrische Wellen, die natürlich auch durch den menschlichen Körper hindurchgehen. Während dies auf die einen aber gar keinen Einfluß ausübt, ruft es bei andern ein gewisses Gefühl der Angst und Bedrückung hervor. Mit anderen Worten: die Gewitterfurcht ist nichts als eine nervöse Störung des Organismus, die ihren Grund in Veränderungen des elektrischen Zustandes der Erde und ihrer Atmosphäre hat.

Dr. –t..


Der Sarkophag für den Fürsten Bismarck.
Nach einer Aufnahme von Photograph Karl Frank in Rosenheim.

Der Sarkophag für den Fürsten Bismarck. (Mit Abbildung.) An der Grenze von Bayern und Tirol, in der Nähe der Stadt Salzburg, erhebt sich der Untersberg. Die höchsten Gipfel der malerischen Gebirgsgruppe, der Berchtesgadener Hohe Thron und der Salzburger Hohe Thron, streben zu der stolzen Höhe von 1975 und 1851 m empor. Zahlreiche Sagen weben um den höhlenreichen Untersberg; eine von ihnen erzählt, daß in seinem Innern König Karl schlafe gleich Kaiser Friedrich im Kyffhäuser. Von diesem deutschen Berge wurde der Marmor gebrochen zu Fürst Bismarcks Sarkophag. Der Erbauer des Mausoleums, Architekt Schorbach in Hannover, hat auch den Entwurf zum Sarkophag geschaffen, und die Ausführung desselben wurde der „Aktiengesellschaft für Marmorindustrie Kiefer“ übertragen, die am Untersberg eigene Marmorbrüche besitzt. Unsere Abbildung zeigt das mächtige Steingebilde nach einer photographischen Aufnahme, die in den Marmorwerken zu Kiefersfelden bei Rosenheim gemacht wurde. Der Sarkophag ist im romanischen Stil gehalten und hat bei 2,70 m Länge und 1,40 m Breite eine Giebelhöhe von 1,50 m. Acht Säulen tragen den als Dach dargestellten Deckel, der mit reichen Ornamenten versehen ist. Reichen Schmuck weisen auch die Kapitäle der Säulen und die Giebel auf. An dem Fußende ist die Grabschrift eingemeißelt, die der große Kanzler sich selbst bestimmt hat: Fürst von Bismarck, geb. 1. April 1815, gest. 30. Juli 1898. Ein treuer deutscher Diener Kaiser Wilhelms I. Der warme Ton des rötlich gefärbten Marmors läßt das monumentale Werk überaus wirkungsvoll erscheinen; frei von Starre und Kälte hebt sich der Aufbau von dem aus schwarzem Syenit gebildeten Sockel ab. Die Fürstin hat einen gleichen Sarkophag erhalten und beide werden demnächst im Mausoleum zu Friedrichsruh aufgestellt werden.

*


Zlatorog. (Zu dem Bilde S. 177.) Hoch in den Julischen Alpen, wo die stolzen Felszinnen des Triglav in die Thäler des Isonzo und der Sawe niederschauen, ist die Sage vom Zlatorog zu Hause. Inmitten der Felsenwildnis des gewaltigen Bergstocks war ehemals eine immergrüne Trift voll herrlichster Alpenblumen, die im Schutze gütiger Feen stand. Ein Rudel schneeweißer Gemsen weidete auf dieser Stätte; der Bock, der es führte, mit den goldenen Krickeln, der Zlatorog, war durch den Zauber der „weißen Frauen“ vor der Kugel verwegener Alpenjäger gefeit. Denn wird er angeschossen, so erblüht aus seinem Blute das Zauberkraut der Triglavrose; von diesem Kraute äst der wunde Gemsbock, wodurch er augenblicklich wieder gesundet. Wenn es freilich je einem Weidmann gelänge, den Zlatorog daran zu hindern und dessen goldne Krickeln zu erbeuten, dann wäre er im Besitz des Mittels, zu unerhörtem Reichtum zu gelangen: vor dem goldnen Gehörn öffnet der Berg Bogatin seinen schoß, und siebenhundert Wagen vermöchten nicht die Schätze fortzubringen, die sich dort aufgehäuft finden. Nun kam einmal ein junger Jägersmann aus dem Thal der Trenta in diese Reviere, der sich als Waise der besonderen Gunst der weißen Frauen des Triglav erfreuen durfte. Er dringt zu dem Zaubergarten empor, erblickt den Zlatorog und legt auf ihn an – da ertönt eine Geisterstimme, die ihn warnt: von den Blumen der Trift dürfe er pflücken soviel er wolle, aber den Gemsbock müsse er schonen, sonst sei es sein eigen Verderben. Unten im Thal hört er von einem alten Hirten und der glutäugigen Sennin Spela, die ihr Herz an ihn verliert, die Sagen des Thals, und als er im Wirtshaus an der Isonzobrücke die Liebe des schönen Töchterleins der Wirtin gewinnt, ist er des Spruchs der Feen eingedenk und holt aus dem Wundergarten droben für sein Lieb die herrlichsten Blumen, die auch im Winter noch blühen. Ein reicher Handelsherr aus Venedig, der in das Thal kommt, huldigt der Schönheit des blonden Mädchens aber mit glänzenderem Schmuck aus Gold und Edelstein, und als der Jäger, aufflammend in Eifersucht, die Braut zurechtweist, antwortet sie ihm: wenn seine Liebe die rechte sei, hätte er ihr längst, statt der Blumen des Zaubergartens, etwas von den Schätzen gebracht, zu denen das goldne Gehörn des Zlatorog den Zutritt verschaffe. Da steigt der Jäger, von der ihm nacheilenden Sennin Spela vergeblich gewarnt, empor in das Revier der weißen Frauen und legt auf Zlatorog an, der, auf einem Felsstück stehend, vorwurfsvoll zu ihm herüberäugt. Der Schuß fällt, die Gemsen stieben auseinander, Zlatorog stürzt getroffen zusammen, rafft sich aber sogleich wieder auf und äst von den roten Blüten, die aus seinem Blute hervorwachsen. Dann enteilt der Bock ins Felsengeklüst, und als der Jäger ihm nachfolgt, wendet er sich plötzlich um, Blitze zucken aus seinem Gehörn, und der Verfolger wird vom Schwindel erfaßt und stürzt in die Tiefe. Von jener Stunde an aber verließen die weißen Frauen den Triglav und die ewig grüne Blumentrift verschwand unter Felsentrümmern. In der reizvollen Ausgestaltung, welche die alte slovenische Alpensage durch Rudolf Baumbach vor zwei Jahrzehnten in der ergreifenden Dichtung „Zlatorog“ gefunden hat, ist sie zum Gemeingut all der vielen geworden, welche sich von der hier angeschlagenen frischen Weise angezogen fühlten. Die schöne Dichtung Baumbachs, in der sich die großartige Alpenwelt der südlichen Kronländer Oesterreichs in prachtvollen Bildern spiegelt, hat seit ihrem Erscheinen 59 Auflagen erlebt und zählt heute zu den beliebtesten ihrer Gattung.

In Verlegenheit.
(Zu dem Bilde S. 189.)

      A Hochzeit is z’ Ramsau und vom ganz’n Ort
San Buab’n und Mad’ln am Tanzbod’n dort.
      ’as Resei und ’s Nannei kema aa her verstohl’n,
Zum Tanz’n san s’ z’ jung – aba seh’n hab’n sie ’s woll’n;

5
Voll Sehnsucht steh’n s’ da und wispern mit’nand

Und diam druckt die Oane der Andern die Hand.
A’ mei’! Junge Herzen! Was fallt denen all’s ein?
Die zwoa möcht’n jedenfalls „älter“ heut’ sein. –
      Da Seppei, der Tropf, hat die Dirnd’ln daseg’n –

10
Glei’ denkt er: No wart’, enk mach’ i’ valeg’n. –

      „No, Dirnd’ln,“ so sagt er, „warum tanzt ’s denn net mit?
A Schuhplattler kommt jetzt, hernach a Sechsschritt!
Gehts her! Er is ja net da – der Herr Lehra –
Aber i’ bin ja da und and’re Buab’n mehra.

15
      So frozzelt er fort und hat halt sein G’spaß –

Und d’ Dirnd’ln wer’n rot und wer’n wieder blaß,
Sie trau’n sich net z’ rühr’n, – schau’n kaum mehr in d’ Höh’.
Ja mei’! So a G’spaß thuat die junga Leut’ weh;
Denn jeder Mensch woaß: viel härter kommt ’s o’:

20
Was man möcht’ und net darf, als man möcht’ und net ko’.

Voll Angst schau’n s’ auf d’ Thür hin, sie wär’n halt gern drauß’,
Und wia s’ amal aufgeht, sans ’naus aus ’m Haus. –
      Da lacht er, der Sepp, ’s hat wolter ihn g’freut,
Daß er so für’n Narr’n halt zwoa halbg’wachs’ne Leut’. –

25
Wer woaß ’s, Sepp, wie lang’ steht es ebba noch o’,

Daß am End’ die ganz’ G’schicht’ verkehrt kema ko’;
Vielleicht kannst du ’s in ein paar Jahrl’n erfahr’n - -
Da halt’n die zwoa nachher dich halt für’n Narr’n!

Peter Auzinger.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0195.jpg&oldid=- (Version vom 22.2.2023)