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eingerichtet werden sollte. Es sollten zu dem Zwecke zwei Holzschiffe, Dampfer mit Segelvorrichtungen, von etwa 400 Tonnen Gehalt ausgesandt werden, eins dieser Schiffe in der Nähe der geplanten Station bleiben und das andere auf geographische Entdeckungen ausgehen. Die Dauer der Reise wurde auf drei Jahre angenommen.

Aber die Kosten dieser groß angelegten, rein wissenschaftlichen Unternehmung waren auf nahezu eine Million Mark veranschlagt, und es wurden daher bald von verschiedenen Seiten Bedenken laut, ob eine so bedeutende Summe durch Sammlungen, durch private Beiträge aufgebracht werden könnte.

Wenn nun auch gleich im Anfange einige namhafte Beiträge zugesagt waren, so stellte sich doch bald heraus, daß die Aussichten auf Verwirklichung des Planes weniger Fortschritte machten, als man gehofft hatte. So ist man denn, nachdem auch der zwölfte 1897 zu Jena abgehaltene Geographentag sich mit dieser wichtigen Angelegenheit beschäftigt hat und ein belgisches Schiff im vorigen Sommer eine Forschungsreise nach dem hohen Süden angetreten hat, in den deutschen maßgebenden Kreisen zu der Ueberzeugung gekommen, daß man den Plan einschränken, sich mit der Ausrüstung eines Schiffes begnügen müsse, um das Unternehmen überhaupt ins Leben rufen zu können. Die veranschlagten Kosten sind um mehr als die Hälfte verringert und lassen nun um so eher der Hoffnung Raum, sie durch private Sammlungen aufzubringen. In Leipzig und München ist die Agitation bereits kräftiger ins Leben getreten; hoffen wir, daß nun auch unsere großen Seestädte nicht zurückbleiben. Als Leiter der Expedition ist Dr. v. Drygalski gewonnen, dem wir die glänzenden Forschungen über die grönländische Eiswelt verdanken.

Aber trotz des sich vielfach stärker regenden Interesses für das Zustandekommen einer deutschen Südpolarexpedition möchten wir doch anheimgeben, ob es sich, neben den eifrig zu fördernden privaten Sammlungen, nicht empfehle, zu versuchen, auch das Reich und die Vertreter desselben im Reichstage für den Plan zu gewinnen, ähnlich wie vor 25 Jahren die afrikanische Forschung wesentlich durch Reichsmittel gefördert worden ist.

Wenn das weit geringer bevölkerte Norwegen zu Nansens Polarfahrt aus Staatsmitteln 200000 Kronen beisteuern konnte, sollte es da dem Deutschen Reiche nicht auch möglich sein, die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen?

Es würde ein solches Unternehmen gewiß die großartigsten wissenschaftlichen Erfolge erzielen und der deutschen Wissenschaft wie dem Deutschen Reiche zu unvergänglichem Ruhme gereichen.




Berühmte Ausgerottete.

Von Dr. W. Haacke.0 Mit Abbildungen von A. Specht.


Im Laufe der Zeiten hat der Mensch einen tiefgehenden Einfluß auf die Tierwelt ausgeübt; einige Tierarten hat er zu dauernden Genossen seines Haushaltes gemacht, andere aus der Nähe seiner Wohnsitze verdrängt, andere wieder oft in erstaunlich kurzer Frist völlig von der Erde vertilgt.

Etliche der ausgerotteten Arten sind zu großer Berühmtheit gelangt. Gleichwohl ist die Geschichte ihres Unterganges nicht so bekannt geworden, wie sie es verdiente. Es war deshalb ein dankenswertes Unternehmen, als der amerikanische Naturforscher Lucas vor einiger Zeit das zusammenstellte, was darüber in Erfahrung zu bringen war. Namentlich über die drei berühmtesten der ausgerotteten Tierarten hat er eingehende Mitteilungen gemacht, die nicht verfehlen werden, das Interesse des Lesers in Anspruch zu nehmen.

Der bekannteste unter den durch Menschenhand ausgerotteten Vögeln dürfte, wenigstens dem Namen nach, der Dodo oder Dronte der Insel Mauritius sein. Einen Balg dieses Vogels besitzt leider kein Museum, aber einige Abbildungen von ihm sind erhalten geblieben. Sie zeigen uns, daß der Dodo dem Taubengeschlechte angehörte und ein grotesker Riese war, vergleichbar dem Truthahn, dem Brahma- oder dem Kochinhuhn unter den Hühnervögeln. Der erste Bericht über den Dodo stammt von de Bry her, dem Beschreiber der Reise, die der holländische Admiral Jakob Cornelius van N0eck im Jahre 1598 nach Mauritius unternommen hat. In dem Reisebericht heißt der Dronte „Walckvogel“, und zwar seines zähen Fleisches wegen, das selbst in seinen besten Teilen nicht mit dem zarten Fleisch kleinerer Tauben von Mauritius zu vergleichen war. Walckvogel bedeutet nämlich so viel wie unschmackhafter oder widerlicher Vogel. Nur auf Mauritius wurde der Dodo gefunden; ein naher Verwandter von ihm, der Solitär, bewohnte indessen die benachbarte Insel Rodriguez, und es ist wahrscheinlich, daß eine dritte Art der Familie auf Bourbon heimisch war. Doch ist von dieser letzteren nicht einmal ein Knochen auf uns gekommen, so daß wir in Bezug auf sie nur auf die Mitteilungen von Reisenden angewiesen sind; denn gleich dem Dronte und dem Solitär ist auch sie völlig ausgerottet.

Der schon genannte Beschreiber der van Neckschen Reise, de Bry, erzählt, daß die Dodos stärker als unsere Schwäne gewesen wären und große, zum Teil kahle Köpfe, aber keine Flügel, sondern an deren Stelle je drei oder vier schwärzliche Federn gehabt hätten; ihr Schwanz habe aus ein paar gekrümmten Daunen bestanden. Eine bessere Vorstellung von dem Aeußeren des Dronte geben zwei Gemälde, von denen wir das eine dem in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts lebenden holländischen Maler Roland Savary, das andere dessen Neffen Johann verdanken. Diese beiden Bilder, die nach lebend in Holland gehaltenen Stücken gemalt worden sind, zeigen uns, daß der Dronte ein Vogel von plumpem, schwerem Körperbau, mit kurzen stämmigen Beinen und unverhältnismäßig großem Kopfe gewesen ist. Er hatte einen gewaltigen gekrümmten Schnabel. Ein loses Federkleid bedeckte den Leib; daran waren nur die Flügelkiele steif; der Schwanz glich einem kleinen Staubbesen. Ueber die Farbe des Dodo geben uns die Bilder leider keine genaue Auskunft. Nach de Bry war sie hauptsächlich grau oder schwärzlich, scheint aber an der Brust braun und an Flügeln und Schwanz gelblich oder schmutzigweiß gewesen zu sein. In sein aus Kräutern, wie es heißt, zusammengehäuftes Nest legte der Dronte ein einziges Ei, das ungefähr so groß wie das des weißen Pelikans gewesen sein soll.

Die Insel Mauritius war bei ihrer Entdeckung unbewohnt. Deshalb hatten die dortigen Vögel den Menschen nicht kennengelernt, und ganz besonders zahm war der Dodo; er war nicht bloß arglos, sondern auch dumm, was seine Ausrottung nicht eben erschwerte. Dazumal war man aber mit dem Abschlachten leicht zu erbeutender Tiere schnell bei der Hand. Obgleich die Entdecker des Vogels, wie es nach den uns gewordenen Mitteilungen scheint, nicht besonders viel von dessen Fleisch hielten, so richtete doch schon das nächste nach Mauritius kommende Schiff große Verwüstungen unter den Dodos an. Es gehörte Wilhelm van West Zannen, der sich 1601 bei Mauritius aufhielt. Seine Besatzung scheint arg unter dem Getier der Insel gehaust zu haben. Zannen schreibt, daß alles Bewegliche auf Mauritius in Aufregung gewesen wäre. Die Fische, die all die vielen Jahre in Frieden gelebt hätten, wären bis in die tiefsten Wasserlöcher verfolgt worden, und auch die Dodos hätten herhalten müssen.

An einem Tage fingen Zannens Leute 24, an einem anderen 20, alle so groß und schwer, daß zwei zu viel für das Mittagsessen der Schiffsbesatzung waren. Der reiche Fang namentlich des ersten dieser beiden Tage begeisterte Zannen so, daß er ein Gedicht darüber machte, worin vor allem vom „rund-gesteißten Dodo“ die Rede war. Nachdem Zannen eine gute Partie Dodos eingesalzen hatte, segelte er von dannen. Andere holländische Schiffe machten es nicht besser.

Der letzte Bericht über lebende Dodos steht in einer Abschrift des Tagebuches von Benjamin Harry, der erster Steuermann auf dem Schiffe „Berkley Castle“ war und Mauritius im Jahre 1681 besuchte. Noch nicht ganz ein Jahrhundert nach seiner Entdeckung, nämlich im Jahre 1693, scheint der Dronte bereits ausgestorben gewesen zu sein: denn in einem Bericht aus

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0414.jpg&oldid=- (Version vom 5.6.2021)