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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)

bereits ein Gebiet von weit über 300 000 Acre. Die Mennoniten bilden zweifelsohne einen der gesündesten Bestandtheile der Bevölkerung des Staates Kansas.

Mennonitenfarm in Kansas.
Originalzeichnung von Rudolf Cronau.

Je weiter wir gen Osten kommen, desto häufiger werden die Stationen, die Städte. Da sind Emporia, Burlingame, Topeka, Valley Falls, Atchison und Lawrence, welch letztere Stadt wegen der dort beschlossenen Einführung der Temperenzgesetze für den Staat Kansas unter der deutschen Bevölkerung sich nicht gerade ein angenehmes Andenken erworben hat. Immer weiter geht’s durch blühende Gefilde, durch eine hochkultivierte Gegend, die man ihrer Fruchtbarkeit halber den „Golden Belt“, den „Goldenen Gürtel“ nennt, bis wir endlich in der überaus betriebsamen Stadt Kansas-City an den Ausgangspunkt der Atchison-Topeka-Santa Fé-Bahn und, zugleich an die Ostgrenze des Staates Kansas gelangt sind.




Die drei letzten Meistersänger von Straßburg.

Von Alfred Klatte.

Es fehlt in unseren Tagen nicht an Anzeichen, daß in der alteingesessenen Bevölkerung des Reichslandes sich endlich doch der Umschwung vollzieht, den wir seit zwei Jahrzehnten so heiß ersehnen, jener Umschwung, der die so lange von der alten Heimath geschiedenen Brüder wieder ganz mit ihr verbinden, der dem blutigen Werke des Krieges endlich die schönste Krone aufsetzen soll. Häufiger und wärmer als je sind in der letzten Zeit Stimmen erklungen, die uns empfinden lassen, daß auch die Herzen drüben im Vogesenlande mit denen in des Reiches Stammlanden zusammenzuschlagen beginnen in einem großen gemeinsamen deutschen Vaterlandsgefühl! Und es mußte auch so kommen! Die Entwicklung, deren erfreuliche Anfänge wir mit der innigsten Genugthuung wahrnehmen, sie muß zu einem glücklichen Ende führen.

Wenn etwas uns in dieser Zuversicht bestärken kann, so ist es ein Blick auf das Leben der drei Männer, denen die folgenden Zeilen gewidmet sind, Männer, die mit gleichstrebenden Genossen zusammen fest und treu zu ihrem Deutschthum hielten auch in einer Zeit, da von Straßburgs Münster noch nicht die deutsche Flagge wehte, die als kraftvolle und zielbewußte Baumeister die geistige Brücke schlugen vom alten zum neuen Deutschen Reiche.

*  *  *

In dem zweiten Viertel unseres Jahrhunderts entwickelte sich in dem französischen Straßburg eine eigene Bewegung. Der Ruhm Napoleons war verblaßt, Frankreich lag danieder, und in den deutschen Staaten begann ein sichtliches Aufblühen. Bis dahin war ein Niederdrücken der deutschen Sprache im Elsaß nie versucht worden. Aber einzelnen aus Frankreich herübergekommenen Personen war es gelungen, eine solche Unterdrückung künstlich anzubahnen. Es machte sich nicht allein unter der „gebildeten“ Klasse, sondern sogar unter den Handwerkern und Arbeitern die Meinung breit, als ob alles sogleich an Werth gewinnen müsse, wenn es nur in französischer Sprache gesagt würde. Neben der deutschen Sprache wurde auch die deutsche Litteratur verunglimpft und verspottet.

Da trat, von einigen Straßburgern veranlaßt, eine Gegenbewegung ein. „Wir müssen und dürfen die deutsche Sprache im Elsaß, das Verständniß für die Gedichte eines Goethe und Schiller nicht fallen lassen; die deutsche Sprache, welche unsere Muttersprache, ist, müssen wir fortfahren zu hegen und zu pflegen, zu schützen, zu lieben und zu bebauen!“ So hieß es, und etliche alte und junge Straßburger, die Stoeber, Hirtz, Klein, Leser, Hartmann, Leute aus allen Kreisen der Stadt, Gelehrte, Bürger, Beamte und Handwerker, traten zusammen und begannen einen Kampf gegen das Franzosenthum durch eine Art Meistersang, der seinesgleichen in unserem Jahrhundert suchen dürfte. Der Arzt Gustav Mühl, über welchen die „Gartenlaube“ im Jahrgang 1881 Nr. 37 eingehend berichtet hat, der Schriftsetzer Karl Bernhard, der Lehrer Karl Friedrich Boese und die oben genannten, sie alle waren in diesem Kampfe thätig.

Einmal in der Woche kamen sie bei einem Gesinnungsgenossen zusammen, und dieses Zusammensein wurde, wie mir der greise Dichter Daniel Hirtz noch vor wenigen Tagen erzählte, „Die Rudelschenke“ genannt. Es wurden dabei die poetischen Ergüsse der einzelnen vorgelesen und besprochen, um dann in einem Wochenblatte gedruckt zu werden, das der Buchdrucker Dannbach unter dem Titel „Dannbacher Wochenblatt“ herausgab. Das Wochenblatt, ob seiner deutschfreundlichen Gesinnung, auch wohl aus Konkurrenzneid namentlich von dem Straßburger „Indicateur“ sehr angefeindet, unterlag allerdings dem Drange der Zeit und ging ein. Doch hinderte dies den Dichterbund nicht, fortzuwirken und von Woche zu Woche einem zahlreichen Lesezirkel in Stadt und Land Unterhaltung zu bringen, wodurch die Liebe für deutsch-klassische Bildung im Heimathlande andauernd Nahrung und Pflege fand.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_156.jpg&oldid=- (Version vom 27.8.2021)