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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

zur reichen Blüthe. Als er 1858 nach Berlin zurückkehrte, brachte er das Gipsmodell der lebensgroßen Gruppe „Pan tröstet die verlassene Psyche“ mit, welches auf der akademischen Kunstausstellung jenes Jahres einen Eindruck hervorrief und eine Bewunderung erweckte, wie es plastischen Werken auf unsern Ausstellungen nur ganz ausnahmsweise zu gelingen pflegt. Diese frische naive Hingebung an die Natur, diese Freiheit vom Zwange der herrschenden Schultradition, dieses Streben nach lebendiger Wahrheit, das sich hier mit so edlem Schönheitssinn verband und sich einer so außerordentlichen Kraft der bildnerischen Darstellung gesellte, war man von den Schöpfungen der Rauchschen Schule nicht gewöhnt.

Diese Gruppe und eine gleichzeitig ausgestellte vorzügliche Bronzebüste des Generals v. Peucker machten Begas freilich zum berühmten Künstler. Aber auf die realen Früchte dieses Ruhmes hatte er noch ziemlich lange Zeit in Geduld zu harren. Die Ausführung jener vielbewunderten Pan-Gruppe in dauerndem Material wurde erst sehr viel später bestellt. Der einzige Auftrag, den er empfing, war der zu einer kolossalen dekorativen Sandsteingruppe, welche die Mitte des Hauptgesimses am neuen Börsengebäude zu Berlin in der Burgstraße schmücken sollte: Borussia als Schützerin des Handels und der Industrie.

Mit der Kühnheit und Mächtigkeit seiner Komposition und Formengebung, welche an die der Meister des Barockstils erinnerte, erschreckte er die damaligen tonangebenden Kunstautoritäten Berlins, und sie riefen Wehe über ihn, welcher sich solcher Sünden gegen das „edle Maß“ und gegen den „reinen Stil“ schuldig machte.

Der Schloßbrunnen in Berlin.
Nach einer Zeichnung von C. Bernewitz.

Eine 1860 ausgestellte Gruppe „Faunenfamilie“ konnte diese Wächter des Stils und der Formenstrenge in ihrer eifervollen Gegnerschaft gegen Begas nur bestärken. Aber gerade damals erging an ihn ein Ruf des kunstsinnigen Großherzogs von Sachsen-Weimar, das Lehramt der Bildhauerei an der neu gegründeten Kunstschule zu übernehmen. Der nächste Freund aus Begas’ römischer Studienzeit, Arnold Böcklin, war bereits der gleichen Einladung gefolgt. Jener nahm die ehrenvolle Berufung an und siedelte im Frühling 1861 nach Weimar über.

Dort führte er die große Modellskizze eines Denkmals für König Friedrich Wilhelm III. aus, womit er sich an dem Wettbewerb um das in Köln zu errichtende Monument betheiligte; und dort auch die Skizze für das Denkmal, welches Schiller in Berlin auf dem Platz vor dem Schauspielhause gesetzt werden sollte. In der Konkurrenz um das Kölner Denkmal erwarb sich Begas wohl den ersten Preis. Aber den Auftrag, seine Skizze auszuführen, empfing er nicht. Die eines unterlegenen Mitbewerbers, des Rheinländers und Rauchschülers Gustav Bläser, erhielt den Vorzug.

Die Skizze für das Berliner Schillerdenkmal fand ebenso begeisterte Bewunderer als heftige Bekämpfer. Der erste Preis wurde zwischen ihm und Siemering getheilt. Mit diesem hatte er noch einmal in den engeren Wettbewerb einzutreten, und als er auch aus diesem als Sieger hervorging, mußte er sich die Forderung gründlicher Abweichungen von seinem Entwurf, die Ueberwachung der Ausführung durch eine dafür eingesetzte Kommission gefallen lassen. In der Gestaltung des Fußgestells mit seinen herrlichen grandiosen vier Musengestalten, der lyrischen Poesie, der Tragödie, der Geschichte und Philosophie, kehrte er zwar trotzdem zu der ursprünglichen Komposition zurück und besiegte durch die Schönheit derselben schließlich auch seine Gegner. Die Statue des Dichters selbst aber ist – das muß man bei aller Hochschätzung und Bewunderung seiner Kunst doch zugeben – nicht in gleichem Maße gelungen.

Nach dem Aufgeben seiner Stellung in Weimar siedelte Begas 1863 wieder in seine Heimathstadt Berlin über, um daselbst die Vorarbeiten zu seinem Schillerdenkmal in Angriff zu nehmen.

Im Januar des Jahres 1864 verheirathete er sich mit einem blutjungen Mädchen von hoher Anmuth und zog mit seiner jungen Gemahlin dann wieder zu mehrjährigem Aufenthalt nach Italien.

Diese Frau ist später durch ihren Geist und ihre glänzende Schönheit zu einer der bezauberndsten, gefeiertsten Damen der

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 797. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_797.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)