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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

Dienstmädchen kleine Papierrollen mit Prophezeiungen und Nummern ziehen, u. s. f.

Die Aspernbrücke.

Gegenüber dem Naschmarkt liegt das polytechnische Institut, ein ausgedehntes Gebäude mit schöner Fassade und Giebelgruppe. Davor, inmitten eines kleinen Parkes, das Denknal Ressels, des Erfinders der Dampfschraube. Rechts davon die herrlich wirkende Karlskirche, ein prächtiger Kuppelbau von Fischer von Erlach, welcher von Karl VI. zum Andenken an die Abwendung der Pest gestiftet wurde.

Hinter der Karlskirche breitet sich ein neues, elegantes Häuserviertel aus, welches von der Allee-, Schwind-, Karls- und Gußhausgasse durchschnitten wird. Zwischen der Alleegasse und der Favoritenstraße, welche zum Süd- und Staatsbahnhofe führen, liegt der stattliche Garten des Theresianums, einer Erziehungsanstalt für Söhne des Adels. Die Grenze zwischen den Bezirken Wieden und Landstraße bildet die Heugasse, deren eine Seite von den Wirthschaftsgebäuden und der Gartenmauer des fürstlich Schwarzenbergischen Palastes, eines Prachtbaues von Fischer von Erlach, und von einem Theile des Belvederegartens begrenzt wird. Hier reiht sich überhaupt Garten an Garten: der herrliche, im englischen Stile gehaltene Schwarzenberggarten, der kleine Garten der Arcieren-Leibgarde, welche ihr Quartier auf den Rennweg hinaus hat; dann der im französischen Zopfstile angelegte, durch prächtige Gitterthore ausgezeichnete Belvederegarten, welcher vom Rennwege aus terrassenförmig emporsteigt und an seinem oberen Ende von dem durch Hilbebrand 1724 erbauten „Belvedere“ gekrönt wird. Hier hatte einst Prinz Eugen von Savoyen seinen Wohnsitz und hier waren bis vor kurzem die kostbaren Bilderschätze der sogenannten Belvederesammlung zu sehen, welche jetzt in das neue Hofmuseum übergeführt werden. Endlich folgt noch der Klostergarten der Salesianerinnen und der botanische Garten.

Schmiedeeisernes
      Gitterthor
Das Belvedere.

In der Nähe dieser Gärten entstanden auf den sogenannten Metternichschen Gründen neue prächtige Quartiere. Die Hauptverkehrsadern dieses Bezirkes sind die Landstraßer Hauptstraße und der Rennweg, welche diesen Stadttheil mit dem aufblühenden Vorort Simmering verbinden; gleich dem zehnten Bezirk Favoriten bildet Simmering den Wohnsitz einer zahlreichen Arbeiterbevölkerung, welche in dem nahen Arsenal, auf dem Süd-, Staats- und Aspangbahnhof, in der Simmeringer Waggonfabrik, dem Schlachthaus und den zahlreichen Steinmetzwerkstätten beschäftigt ist.

Das k. und k. Artillerie-Arsenal vor der Belvederelinie, ein Gebäude von gewaltiger Ausdehnung, ist von den Architekten van der Nüll und Siccardsburg entworfen, während das im maurischen Stil aufgeführte Waffenmuseum, welches einen Theil dieses Riesengebäudes bildet, von Theophil Hansen gebaut ist. Durch den sonst so stillen Rennweg bewegen sich am Nachmittag zahlreiche Leichenzüge, da er die nächste Verbindnug mit dem Centralfriedhof bildet, dem riesigen und nach Aufhebung der zahlreichen Vorort-Friedhöfe einzigen Totenfelde der Wiener.

Hinter dem ehemaligen Rasumofsky-Garten, auf dessen Fläche jetzt ein stattliches Häuserviertel erbaut ist, beginnt Erdberg, eine ärmliche Vorstadt mit urwüchsiger Bevölkerung, welche der Wiener mit Stolz zu den „enteren“ (d h. draußen liegenden) Gründen zählt. Dle Bevölkerung besteht zumeist aus Gärtnern, Wäschern und kleinen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 509. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_509.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2023)