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verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

sich bekannte, da wurde jene alte Bestimmung aufgehoben, denn man konnte doch nicht wohl die Abtrünnigen in des Klosters geweihten Räumen begraben. So ist der letzte Berlichingen, dessen Denkmal in dem Krenzgang sichtbar ist, ein Sohn des berühmten Götz, Hans Jakob, der im Jahre 1567 starb.

Inmitten seiner Ahnen hat nun auch unser Ritter Götz von Berlichingen sein Grab und sein Gedächtnißmal gefunden. Auf seinem eisernen Handschuh knieet der Ritter, die beiden gesunden Hände fromm zum Gebete gefaltet – ein merkwürdiges Beispiel künstlerischer Unbeholfenheit oder religiöser Scheu, denn man muß sich fragen: konnte oder wollte der Künstler nicht abweichen von dem üblichen Typus, der ihm in vielfachen Wiederholungen zur Vorlage diente? Wappenschilde schmücken das Fußgestell und die Pfeiler, welche das Bild des Verstorbenen einrahmen, links oben das Berlichingensche Wappen mit dem reißenden Wolfe. Zu Füßen des Helden aber lesen wir die einfachen Worte „Und er wartet allhie einer fröhlichen Auferstehung,“ während die üblichen Nachrichten über den Sterbetag und der Name des Geschiedenen auf einer besonderen, über dem Denkmal befindlichen Inschrifttafel angebracht sind.

Dort heißt es: „Anno domini 1562 den 23 Juli ist in Gott verschieden der Edel und Ernvest Gottfried von Berlichingen zu Hornberg, des Seelen Gott gnädig seye. Amen.“

Das Kloster Schönthal und Götzens Grabmal.

„Zu Hornberg.“ Ja, der Leichnam des mehr als achtzigjährigen Recken hatte eine weitere Fahrt zu machen als bloß das Stündchen von Jagsthausen herauf. Draußen im Neckarthale, über dem rechten Ufer des Flusses nahe dem Dorfe Neckarzimmern lag die Burg, auf welcher der alte Götz sein Leben beschloß. Zu schwindelnder Höhe ragt der alte, heute noch völlig besteigbare Thurm empor und eine wunderbare, die wechselvollsten Bilder einschließende Fernsicht eröffnet sich von seinem Gipfel. In weitem Umkreise führt der Weg, von festen Mauern begleitet, über einen unteren Hof allmählich hinauf zur Burg, und es heißt, von dieser schneckenförmigen Bauart habe sie den Namen „Hornberg“ erhalten. Sie ist heute, nachdem sie oft und viel den Besitzer gewechselt, Eigenthum der freiherrlichen Familie von Gemmingen.

In die Hände der Berlichingen kam die Burg durch unsern Götz selber. Er hat sie wahrscheinlich im Jahre 1516 von Konrad Schott von Schottenstein käuflich erworben, das Geld dazu aber verdankte er einem der kecksten Handstreiche, die der in diesem Fache gewiß nicht linkische Ritter je in seinem Leben ausgeführt hat. Wegen eines Bauern zu Heimstatt war Götz mit dem Kurfürsten von Mainz in Fehde gerathen, wobei es mit Mainz auch der Graf Philipp von Waldeck, ein mainzischer Lehensmann, hielt; es gelang Götz, diesen Graf Philipp zu fangen und durch kölnisches, waldeckisches, hessisches, hersfeldisches, fuldaisches, hennebergisches, sächsisches, würzburgisches, bambergisches, anhaltisches, nürnbergisches und pfälzisches Gebiet, also durch zwölf wohlgezählte Landesherrlichkeiten „dahin zu bringen, da er hingehört“, das heißt auf irgend eine Feste, die selbst der alte Götz in seiner Selbstbiographie noch nicht verrathen mag. Wohl ward bei Kaiser und Reich Klage geführt, wohl regte sich der „Schwäbische Bund“, dessen Mitglied der Mainzer Kurfürst war, aber alles ging zu schwerfällig und zu langsam, so daß Philipp von Waldeck schließlich es vorzog, auf 8000 Gulden Lösegeld einzugehen. Am 16. Juni 1517 aber schreibt Götz an den Grafen Albrecht von Mansfeld, der inzwischen Götz mit dem Mainzer ausgesöhnt hatte, des Inhalts, „daß er bei Konrad Schott einen Kauf, zahlbar auf Jakobi, gethan und deshalb das Lösegeld wünsche, welches vielleicht der Graf Hermann von Henneberg vorstrecke.“ Dieser Kauf war kein anderer als der der Burg Hornberg.

Zur Ruhe kam freilich der Unermüdliche zunächst noch nicht in seinem neuerworbenen Neste. Nach mancherlei kleineren Händeln trat Götz in die Dienste des Herzogs Ulrich von Württemberg, der ihn im Jahre 1518 zum Amtmanne von Möckmühl machte. Der Leser kennt aus Hauffs „Lichtenstein“ die Geschichte dieses unglücklichen Fürsten. Bald nach jener Verbindung mit Götz verwickelte sich Ulrich in den verhängnißvollen Kampf mit dem Schwäbischen Bund, der mit seiner Vertreibung aus dem angestammten Herzogthum geendigt hat. Am 10. Mai 1519 stand das siegreiche Bundesheer bei Neckarsulm, Götz aber saß noch auf seiner nur einen schwachen Tagemarsch entfernten Burg Möckmühl, entschlossen, wenn nicht die Stadt, so doch die Feste seinem Herrn zu behaupten. Zwei Fähnlein bayerischer Knechte rückten vom Neckarsulmer Hauptlager heran, die Stadt ergab sich

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verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1889, Seite 866. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_866.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)