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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)


welche durch das rechts in der Abbildung dargestellte Sprachrohr zu dem Apparat geleitet wird, schwingt ein äußerst dünnes Häutchen, dessen Schwingungen auf einen Stift übertragen werden. Dieser gräbt in die Wachsschicht der sich vermittelst eines kleinen Elektromotors mit gleichmäßiger Geschwindigkeit drehenden Walze (in der Abbildung der weiße Cylinder; vorräthige derartige Cylinder stehen links unten) eine Furche, deren Tiefe der Stärke der Schwingungen entspricht. Soll umgekehrt der Phonograph die aufgespeicherten Schallwellen wieder von sich geben, so zieht sich der Stift durch die Furchen und überträgt seine auf- und abgehenden Bewegungen auf das Häutchen, welches dadurch in Schwingungen versetzt wird, die den ursprünglichen genau entsprechen. Legt man nun eines von den in der Abbildung sichtbaren dünnen Höhrrohren ans Ohr, so vernimmt man eine vollständig getreue Wiederholung der Töne, welche der Stift in den Wachscylinder eingekritzelt hat.

Die übrigen Vorrichtungen, welche auf unserer Abbildung sichtbar sind, haben den Zweck, die regelmäßige Drehung und die Seitwärtsbewegung der Walze zu sichern.

Thomas Alwa Edison.

Etwas Sinnreicheres läßt sich kaum denken, und wer eine phonographische Vorstellung veranstaltet, ist eines völligen Erfolges sicher. Ganz anders verhält sich aber die Sache, sobald man den Phonographen auf seine praktische Brauchbarkeit hin prüft. Offen gestanden, wir glauben an diese Brauchbarkeit kaum, es sei denn, daß das Edisonsche Schoßkind nach drei Seiten hin bedeutende Verbesserungen erfährt.

Ein Hinderniß gegen die Einbürgerung des Apparates liegt in seinem hohen Preise. Er kostet nämlich über 500 Mark. Wünschen also zwei entfernt lebende Personen den Briefwechsel durch Phonogramme zu ersetzen, indem sie ihre Mittheilungen in einen Phonographen hineinsprechen und die „beschriebene“ Walze dem andern übersenden, so hat die Erfüllung dieses Wunsches eine Ausgabe von mindestens 1000 Mark zur Voraussetzung. Wie viele können sich jedoch eine solche Ausgabe leisten? Was aber die kaufmännischen Geschäfte anbelangt, auf welche doch in erster Linie zu rechnen wäre, so ist ihnen mit der getreuen Wiedergabe der Stimme der mit der Korrespondenz betrauten Gehilfen wenig gedient. Viel lieber ist dem Principal sicherlich ein von seinem Geschäftsfreund unterschriebener altmodischer Brief.

Ferner bietet die Walze nur Raum für etwa 200 Worte, das heißt so viel, wir müssen auf die phonographische Wiedergabe längerer Reden, Musikstücke etc. verzichten. Allerdings kann man stets neue Walzen einsetzen, doch entsteht dadurch eine Lücke, es sei denn, daß der Redner oder der Sänger so gefällig ist, gerade dann einen Augenblick innezuhalten.

Der Phonograph.

Endlich, und das ist wohl der Hauptübelstand, verzeichnet der Phonograph nur ziemlich starke Geräusche, obenein durch Vermittelung eines Schalltrichters, und seine Stimme ist nur vernehmbar, wenn man das mit dem Häutchen verbundene Hörrohr ans Ohr hält.

Doch werden diese Uebelstände sicherlich in absehbarer Zeit beseitigt. Ist namentlich der letztgenannte behoben, so dürfte dem Phonographen eine sehr wichtige Rolle als Ergänzung des Fernsprechers zufallen. Er könnte, mit diesem in Verbindung gesetzt, die telephonischen Gespräche fixiren und damit einen Hauptfehler des Fernsprechers beseitigen, den nämlich, daß die Unterredungen keine Spur hinterlassen, es sei denn, daß man sie stenographirt. Ist der Phonograph erst empfindlicher, so wäre auch der Fall denkbar, daß z. B. ein Schriftsteller seine Gedanken dem Phonographen diktirt, das Phonogramm in die Druckerei wandert und dort seinen Inhalt dem Setzer zuflüstert. Die Sache erscheint insofern schon durchführbar, als der Empfänger der honographischen Botschaft es in der Hand hat, den Lauf des Apparates zu hemmen, in dem „Ableiern“ Pausen eintreten zu lassen. – Es erübrigt noch ein Blick auf die sonstigen Erfindungen Edisons sowie auf das Leben des hervorragenden Mannes.

Vor einigen Jahren trat Edison mit einem laut sprechenden Telephon sowie mit einem sogenannten Zugtelegraphen auf, das heißt einem Apparate, welcher die Verbindung eines fahrenden Zuges mit der nächsten Station und umgekehrt gestattet. Beide Erfindungen haben sich jedoch bisher unseres Wissens nicht

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 733. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_733.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)