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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Straße in Bordighera.

Kap S. Ampeglio, an welchem Bordighera liegt, eine in weitem Bogen verlaufende sanfte Küsteneinbiegung. Der Rand dieser Küste erfährt jedoch wiederum verschiedene Gliederungen durch hervorspringende Landspitzen, mittels deren weitere, kleinere Golfe gebildet werden. Zwischen Kap St. Hospice und Kap d’Aglio schmiegt sich der Busen von Eza, zwischen Kap d’Aglio und Kap Martino der Busen von Monaco, zwischen Kap Martino und Kap della Murtola endlich der mentonesische Busen, zwischen dem letztern Kap und dem von St. Ampeglio liegt die italienische Grenzstadt Ventimiglia.

Mentone kann man eine englische Kolonie nennen; überall hört man englisch sprechen. Aber Mentone ist reich geworden durch die Söhne Albions, und da wollen wir denn nicht neidisch kritteln, nicht einmal staunen, wenn wir, gerade wie in Nizza, in den Namen der Hotels: Angleterre, Anglais, Victoria, Londres, Westminster u. a. ihnen geschmeichelt sehen.

Bordighera lernten wir bereits als Stadt der Palmen kennen, in San Remo sehen wir uns den ursprünglichen Bauplatz eines solchen Winterkurorts an, er kann als Modell und Beispiel für alle andern dienen.

Die schöpferische Natur zeichnete in feinen sanften Linien einen Meerbusen, setzte wie zwei Wachtthürme zwei in die Wellen vorspringende Landzungen an dessen Endpunkte, schob in den Rücken der Landschaft gegen Norden in Kreisform einen hohen Gebirgszug, ließ von diesem sieben Hügel mit dazwischenliegenden, sanft geneigten Thälern, welche friedliche Bäche durchfließen, meerwärts sich abdachen, umkleidete diese Hügel mit dem Oelbaum, dem silbernen Baume der Minerva, mit Citronen, Orangen, Mandeln, Granaten, Lorbeeren, Myrthen und Palmen, die höhern Berge mit Tannen, Fichten, Eichen, schmückte das ebenere Land gegen das Meer hin mit Reben und Rosen, die Wiesen mit Veilchen und Anemonen und all den süßen Frühlingsspielereien, erfüllte die ganze amphitheatralische Höhlung mit einer milden Bergluft und – der Boden von San Remo war fertig. Darüber spannte nun der Himmel sein blaues Zelt aus und ließ seine sanftesten Winde wehen. Die Menschen aber kamen und bauten ihre Häuser in diese Landschaft, und als die Leidenden aus dem Norden kamen, baute man ihnen zahlreiche Gasthöfe und Fremdenwohnungen, in

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 697. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_697.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)