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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

gelben Winkel am linken Arm; und dann kommt die große Masse der gewöhnlichen Matrosen, Heizer und Handwerker. Die beiden letzteren Klassen zählen zur Werftdivision, die sich von der Matrosendivision durch weiße Knöpfe und ebensolche Tressen an der Jacke unterscheidet sowie durch silbernen Namen am Mützenband, während letztere alles in gelbem Metall und in Gold trägt.

Das Kanonenboot „Hyäne“.

Die Größe der Mannschaftszahl ist auf den einzelnen Schiffen selbstredend außerordentlich verschieden. So hat der „König Wilhelm“ eine Besatzung von 759 Mann, die Ausfallkorvetten der „Sachsen“-klasse zählen 354, die Panzerkanonenboote wie „Brummer“, „Hummel“ u. s. w. 76, die Kreuzerfregatten bis zu 432, die Kreuzerkorvetten etwa 260, die Kreuzer (früher Kanonenboote 1. Klasse) bis 127, die Kanonenboote – die man sich nicht zu klein vorstellen darf, sondern die ausnahmslos alle dreimastig und ganz stattliche Schiffe sind – bis zu 87 Mann Besatzung. Die ganze Flotte auf Kriegsfuß erfordert 16000 Mann.

Den Kern der Marine bilden die eigentlichen Schlachtschiffe, die nur dazu da sind, um an der Küste zur Abwehr oder auf hoher See im Angriff dem Feind die Stirn zu bieten und ihn fern zu halten. Diese Schlachtschiffflotte setzt sich zusammen aus den großen und kleinen Panzerschiffen, an deren Spitze die mächtige, schon erwähnte Panzerfregatte „König Wilhelm“ steht mit einer Wasserverdrängung (gleich ihrem Eigengewicht) von 9757 Tonnen, einer Länge von 108 Metern, einer Breite von 18 Metern und einem Tiefgang von 8 Metern, einer Maschine, die mit der Macht von 8000 Pferdekräften arbeitet; mit einem Stahlpanzer von 30 Centimetern und einer gewaltigen Bewaffnung von 18 Stück 26-Centimeterkanonen (d. h. Kanonen, welche Granaten von 26 Centimetern Durchmesser schießen), 5 Stück 21-Centimeter- und 6 Stück 15-Centimetergeschützen, ohne die Revolver- und Landungsgeschütze. Der „König Wilhelm“ steht im ganzen mit 15 Millionen Mark zu Buch. An ihn reihen sich als Breitseitschiffe „Kronprinz“ und „Friedrich Karl“, als Thurmschiffe „Friedrich der Große“ und „Preußen“, als Kasemattschiffe „Kaiser“ und „Deutschland“. „Friedrich Karl“ hat von diesen allen den schwächsten Panzer, und die „Hansa“ ist, weil ihre Panzerhaut zu dünn war, im vergangenen Jahr von den Listen gestrichen und zum Kasernenschiff der Torpedodivision eingerichtet worden. So vergeht der Glanz der Welt! – Einst, wenn diese Riesen alle einherkamen, in Segel gehüllt vom Topp bis zu den Backspieren, war’s ein stolzer Anblick; jetzt tragen sie nur noch Pfahlmasten und fahren allein unter Dampf; für das Gefecht sind Segel heutzutage nur noch ein lästiges Hinderniß.

Außenbord.

Wenig im Aeußern einem „Schiff“ ähnlich, aber an Brauchbarkeit im Kampf den genannten mindestens ebenbürtig sind die Ausfallkorvetten von der „Sachsen“-klasse, die 41 Centimeter stark schwergepanzerten und schwerbewaffneten, leichtbeweglichen, mit geringem Tiefgang von nur 6 Metern gebauten, im Scherz wohl sogenannten „aufgetakelten Bügeleisen“: „Baden“, „Bayern“, „Sachsen“, „Württemberg“, denen die „Oldenburg“ sich anschließt. Ein einziger Signalmast ragt aus den niedrigen, schornsteinreichen Ungethümen auf, in zwei Drittel seiner Höhe einen „Mastkorb“ tragend, auf dem Revolverkanonen aufgestellt sind. Zwei derartige Masten tragen, statt aller Takelage, auch die „geschützten“ Kreuzerkorvetten der neusten Ordnung: „Irene“ und „Prinzeß Wilhelm“. Die Ausfallkorvetten sind es vor andern, denen im Ernstfall der Schutz der Küsten, die Verhinderung einer Blockade oder einer Landung des Feindes anvertraut werden wird. Daneben aber fällt diese Aufgabe den 13 Panzerkanonenbooten zu, die in der Form den Ausfallkorvetten fast gleich, nur kleiner sind und nur 3 Meter Tiefgang besitzen. Diese vermögen sich vor einem übermächtigen Feind bis aufs Watt oder in die Flußmündungen zurückzuziehen, während ihr einziges 30-Centimetergeschütz – das schwerste Kaliber, welches die Marine kennt – dem Gegner noch Schuß auf Schuß auf den Panzer sendet. Sie selbst tragen einen Panzer von 20 Centimetern Stärke und sind um ihrer Kleinheit willen ein sehr schwer zu treffendes Ziel. Im unvermeidlichen Nahkampf können sie sich des Gegners bei gutem Glück immer noch durch „Rammen“ entledigen, durch einen machtvollen Stoß mit dem Sporn vorn am Bug unter Wasser, der furchtbaren Waffe, mit welcher alle Panzerfahrzeuge ausgerüstet sind und mit welcher der „König Wilhelm“ dem gepanzerten „Großen Kurfürsten“ die Todeswunde beibrachte. Im ganzen zählen wir

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 477. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_477.jpg&oldid=- (Version vom 1.1.2023)