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verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

norwegischen Bauern nicht eingebürgert; aber selbst wenn ein Sohn oder eine Tochter das Elternhaus verläßt, um in fremde Dienste zu treten, so wird mit jedem Worte gegeizt und nie sieht man die Scheidenden den Eltern die Hand zum Abschiede reichen. Nur wenn die Tochter als Braut das Elternhaus verläßt, reicht sie den Eltern die Hand, aber nicht zum Abschiede, sondern als Zeichen des Dankes für die im Elternhaus gewährten Wohlthaten.

Für die Brautwerbung selbst bedarf es eines Vermittlers, eines älteren Mannes, der als solcher auftritt, die Eltern der Braut besucht, anfangs mit der Frage nicht herausrückt, sondern den Vorwand gebraucht, er wolle ein Ackergeräth ausborgen oder ein Kalb kaufen, und allmählich das Gespräch aus den Gegenstand lenkt. Wenn er bemerkt, daß der Freier willkommen ist, so sagt er, daß er nach einiger Zeit wiederkommen werde. Inzwischen wird dem Mädchen die Sache mitgetheilt, das in der Regel derselben Ansicht ist wie die Eltern, denn die Liebe spielt hier nahezu keine Rolle. Es dauert oft Monate, ehe der Freier Ernst macht; dann wird über alle Bedingungen, Aussteuer, Tragen der Kosten der Hochzeit wieder durch einen älteren Mann verhandelt. Dann findet die Verlobung statt. Was die Gebräuche bei der Hochzeit selbst betrifft, so erwähnen wir nur, daß dieselbe meistens glänzend und prunkvoll gefeiert wird. Zwei Brautjungfern schmücken die Braut, die eine Woche vor der Hochzeit das Elternhaus verlassen hat und, von ihrem Vater geleitet, auf den Hof des Bräutigams gezogen ist. Die Braut sitzt am Festtage mit aufgelöstem, langwallendem, nahezu durchweg goldblondem Haar regungslos mitten unter der geschäftigen Schar der Freundinnen und Basen. Ihre Brust wird mit Spangen und Broschen geschmückt, die, aus Gold und Silber getrieben, oft mit runden Plättchen behängen sind; um den Leib wird ihr ein langer, herrlicher Gürtel aus prächtigen vergoldeten Silberplatten mit den reizendsten Motiven deutscher Renaissance, ein Kunstwerk der altnorwegischen Goldschmiede, geschlungen und die alte zackige hohe Brautkrone, meist aus vergoldetem Silber oder Kupfer, wird ihr aufs Haupt gesetzt.

Im übrigen erinnern die Hochzeitsbräuche an die sonst üblichen; an Fiedlern und Klarinettbläsern, Trommlern und Pistolenschießern fehlt es nicht; die Zahl der Gäste beläuft sich oft auf dreihundert und die Festtafel ist aufs reichlichste ausgestattet. Originell ist, wenn es dann zum Tanzen geht, der Hallung- oder Springdands, der eine besondere Kraft von seiten des Tänzers verlangt. Die Tänzerin bewegt sich dabei gravitätisch um sich herum im Kreise, während der Tänzer sie umkreist und dabei große Sprünge macht. In einem Kirchspiele in Bergen konnte der erste Tänzer, als er 17 Jahre alt war, die Beine vier Ellen hoch, als er 30 Jahre alt war, sie gar fünf Ellen hoch in die Luft werfen. Die Tänzerin muß den Bewegungen ihres Partners folgen, und sowie er wieder auf die Füße zu stehen kommt, ihm mit Geschick stets die Hand als Stütze reichen. In einigen Gegenden Telemarkens macht auch die Tänzerin, vom Tänzer unterstützt, ganz respektable Sprünge.

†     
Damespiel-Aufgabe.
Von J. D.

Weiß zieht und gewinnt.


Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

K. in Oldenburg. Schornsteine waren im 13. Jahrhundert noch nicht bekannt. Das Feuer unterhielt man gewöhnlich in einer im Hause angebrachten Grube und ließ den Rauch durch eine Oeffnung im Dach abziehen. Bei der leichten Bauart der Häuser in früheren Jahrhunderten waren diese Feuerungsanlagen sehr feuergefährlich und daraus erklären sich die oft drückenden „polizeilichen“ Verordnungen, das Feuer solle abends zu einer bestimmten Zeit ausgethan werden. „Couvre-feu hieß die Vorschrift in Frankreich. Im Jahre 1068 führte Wilhelm I., der Eroberer, in allen Städten Englands die „Abendglocke“ ein, das heißt, er bestimmte, daß beim Läuten der Glocke abends jedes Feuer in Licht bei schwerer Strafe ausgelöscht werde. – Das würden wir uns jetzt nicht gefallen lassen; denn wir streben danach, die Nacht womöglich taghell zu erleuchten – ohne Feuersgefahr aber! Das ist auch der Unterschied zwischen der alten und der neuen Zeit!

B. in Detmold. Es soll in der That neuerdings gelungen sein, Weizen und Roggen zu kreuzen und dadurch eine neue Getreideart zu erzeugen, welche die Vorzüge des Weizens mit der Genügsamkeit des Roggens vereinigt. Die Berichte über diese Versuche sind jedoch mit Vorsicht aufzunehmen. Die Kreuzung wird von den Landwirthen als Mittel zu Veredelung der Getreidearten längst angewandt; dabei werden aber stets nur verschiedene Varietäten ein und derselben Art wie z. B. des Weizens, des Hafers oder der Gerste verbessert. Ausführliches darüber finden Sie in dem Artikel: „Die Veredelung der Getreidearten“, „Gartenlaube“, Jahrgang 1881 (S. 575).


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verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1888, Seite 708. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_708.jpg&oldid=- (Version vom 27.2.2019)