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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

bewies der schöne Erfolg der ersten Aufführung in Leipzig, und es ist wohl kein Zweifel, daß „Die drei Pinto’s“ ihren Weg über die meisten deutschen Bühnen machen werden.

Der einer Novelle entlehnte Stoff würde sich zu einem Intriguenlustspiel eignen, ist aber für eine komische Oper nicht besonders geschaffen; denn es fehlt ihm die Feinheit, die in Mozarts „Hochzeit des Figaro“ so anziehend wirkt; er ist mehr von schwankartiger Derbheit. Ein spanischer Edelmann will seine Tochter einem Don Pinto zur Frau geben, der einer befreundeten und von ihm hochverehrten Familie angehört. Dieser Don Pinto ist aber ein plumper ungebildeter Landedelmann; ein lustiger Student übernimmt es, seine Rolle bei der Braut zu spielen und bemächtigt sich seines Empfehlungsbriefes; doch dort angekommen, findet er, daß die Braut bereits ihr Herz einem Dritten verschenkt hat, und verzichtet, indem er diesem den Brief überläßt. Derselbe fährt denn auch die Braut in aller Eile heim und der zuletzt ankommende echte Pinto wird geprellt und ausgelacht.

Vielleicht hätten die Bearbeiter dem Text neue Würze geben können, wenn sie sich nicht allzu pietätvoll an die Weber’schen Reliquien gehalten hätten: es fehlt die Steigerung; der zweite Akt ist dramatisch inhaltlos und enthält nur lyrische Nummern, so war auch sein Erfolg beiweitem matter als der des ersten Aktes; das Ganze vertrug überhaupt feinere Verknüpfung und schlagfertigeren Humor.

Die musikalischen Reliquien Weber’s stammen aus der Zeit, in der er den „Freischütz“ komponirt hatte, gehören also einer Epoche frischen und freudigen Aufschwungs an. Namentlich gilt dies von den Liedern und dem Terzett des ersten Aktes; aber auch das Terzett des dritten Aktes und das Lied des Ambrosio, mag es nun von Weber herrühren oder ihm nachkomponirt sein, sind von graziöser Haltung und gewinnender Frische. Die Arie der Clarissa und das Lied der Laura im zweiten Akt erinnern an die Herzensergüsse von Agathe und Aennchen: beide sind nach andern nicht veröffentlichten Themen des Meisters komponirt. Die Introduktion zum zweiten Akt ist von Mahler sehr geschickt zusammengestellt, wie überhaupt die ganze Einrichtung als eine achtungswerthe Talentprobe des jungen Komponisten erscheint. Die Melodien selbst sollen fast alle aus dem Weber’schen Nachlaß entnommen sein, wenn sie auch nicht für die drei Pinto’s komponirt waren.

Wie sich um Weber’s Büste am Schluß der Leipziger Vorstellung auf der Bühne die Lorbeerkränze häuften: so wird überall die Erinnerung an den Meister durch die pietätvolle Hingebung, mit welcher die Oper nun ins Leben gerufen wurde, neu belebt werden. Weber ist nicht nur einer der größten deutschen Tondichter, sondern er ist jedenfalls der volksthümlichste unter den großen, und das Volk wird seinen Namen stets in Ehren halten.

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Waisen und Halbwaisen ehelicher Abkunft das Glück einer Familienerziehung durch kinderfreundliche, aber kinderlose Ehepaare zu verschaffen, hat sich in Leipzig die „Gesellschaft der Waisenfreunde“ gebildet, und zur Förderung dieses Zwecks ist in Nr. 40, S. 665, Jahrgang 1887 der „Gartenlaube“ der Artikel „Wie viel ist ein Kind werth?“ erschienen. Derselbe hat nicht vergebens zu den Herzen gesprochen: fünfundzwanzig Ehepaare haben sich zur Annahme armer Waisen erboten. Der Wunsch aller geht allerdings auf Mädchen im Alter von ½ bis 3 Jahren. Wenn diese Bedingung die Erfüllung desselben auch erschwert (Knaben und ältere Mädchen stehen uns, leider vergeblich, zahlreich zu Gebote), so giebt es sicherlich Hunderte so armer Wesen, denen eine glücklichere Zukunft zu ermöglichen wäre, wenn Vormünder, arme Väter oder Mütter und selbst Waisenhausvorsteher sich zu einer Anmeldung bei uns bemühen möchten. Wir bitten hiermit alle Kinderfreunde um ihre Theilnahme und Mithilfe für diesen Zweck. Ihre Zuschriften richten sie an unsern Vertrauensmann, den Geschäftsführer der Gesellschaft der Waisenfreunde, Herrn Schuldirektor Otto Mehner zu Burgstädt bei Chemnitz in Sachsen.

Lehm op! Lehm up! In dem Artikel „Der gute Muth des deutschen Soldaten“ von Fritz Klien (vergl. S. 17 dieses Jahrg. der „Gartenlaube“) heißt es u. A.: „In manchen Regimentern begrüßen sich befreundete Truppentheile mit einem fröhlichen weithin schallenden ‚Lehmup‘, ein Wort, über dessen Abstammung und Bedeutung die Gelehrten noch durchaus uneins sind.“

In Bezug auf dieses Wort sind uns aus unserem Leserkreise einige Zuschriften zugegangen, nach welchen der Ruf bald „Lehm up!“ bald „Lehm op!“ lauten soll. Außerdem erhalten wir aber auch eine zutreffende Erklärung dieses Rufes.

In der im Jahre 1876 erschienenen Regimentsgeschichte des Königs-Husarenregiments, geschrieben von v. Deines, heißt es bei Schilderung der Avantgarde der Elbarmee im Kriege 1866:

„Hier ward der Grund gelegt zu der aufrichtigen Waffenbrüderschaft, welche Jäger und Husaren während des Feldzuges brav gehalten haben. Das ‚Lehm op‘ unserer Husaren war der Begrüßungsruf der beiden innerlich verwandten Waffen und trat hier zum ersten Male bestimmt und charakteristisch auf. Diesen Kriegsruf, mit dem bald alle Truppen der Elbarmee die wohlbekannten und wohlgelittenen ‚blauen Banner‘ jubelnd begrüßten, hatten unsere Husaren von dem Exercierplatze daheim mitgebracht.

Wenn Morgens die Schwadronen frohen Muthes und mit lautem Sang nach dem ‚Sand‘ ritten, kamen sie an den zahlreichen Feldziegeleien vorbei, welche dem rasch wachsenden Baue das Material lieferten.

Dort war ‚Lehm op‘ das vielgebrauchte Wort, mit dem der Ziegler dem Gehilfen unten in der Grube zurief, daß er neuen Lehm herauffördern solle. Unsere Husaren hatten bald den sonoren Ruf aufgenommen, und erst einzelne, dann alle stimmten ein kräftiges ‚Lehm op‘ an, wenn sie dort vorüberritten. Aus dem Marsch zum Exercierplatz war nun ein Ritt gegen den Feind geworden, aus dem scherzhaften Morgenruf ein Feldgeschrei. Das ist der unscheinbare Ursprung des Kriegsrufes, den heute die ganze Armee kennt.“


New-Yorker Romantik. Wie englische Blätter berichten, gehört es jetzt zum guten Ton in New-York, die Mandoline zu spielen, und wenn das Instrument „am blauen Bande“ um den Hals des Spielers hängt, so wird derselbe nicht verfehlen, einen romantischen Eindruck zu machen. Es ist bekannt, daß die Königin von Italien eine ausgezeichnete Mandolinenspielerin ist; dies glänzende Vorbild schwebt den fashionablen Herren und Damen in Nordamerika vor, welche diesen Musiksport pflegen und jedenfalls dabei sich in einer interessanten Positur zu geben wissen.

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Schach-Aufgabe Nr. 3.
Von Karl Höppner in Königstein (Sachsen).

Weiß zieht an und setzt mit dem dritten Zuge matt.


Auflösung der Schach-Aufgabe Nr. 2 auf S. 52:
Weiß: Schwarz: Weiß: Schwarz:
1. S g 3 — e 2 K g 4 — h 5 1. . . . . K g 4 — f 3
2. S g 2 — e 3 † beliebig. 2. S g 2 — f 4 ! beliebig.
3. S resp. D setzt matt. 3. S resp. D setzt matt.
a) 1. . . . . K g 4 — h 5, 2. D g 1 — h 1 †, K h 5 — g 4, 3. S g 2 — e 3 matt. — b) 1. . . . h 6 — h 5, 2. S g 2 — h 4 aufged. † nebst 3. D g 1 — g 3 matt. — c) 1. . . . . e 6 — f 5:,2. S g 2 — f 4 aufged. † nebst 3. D g 1 — g 3 matt. — Eine zierliche Zugzwangs-Aufgabe!
Schach-Litteratur: Unter dem Titel „Böhmische Schach-Aufgaben“ hat der Böhmische Schachklub zu Prag (eigener Verlag, in Kommission bei der k. k. Univ. Buchhandlg. Bursik u. Kohout in Prag, Preis 4 fl.) eine Sammlung von 320 der schönsten Erzeugnisse böhmischer Komponisten herausgegeben. Dem Werke ist die Abhandlung: „Grundzüge der Problemtheorie von Josef Pospisil“ beigefügt, welche deutschen Schachfreunden in deutscher Uebersetzung als Supplement gratis geliefert wird. Das schön ausgestattete Werk sei unseren Schachfreunden bestens empfohlen; die hier vereinigten Probleme bieten eine unversiegbare Quelle reinsten Genusses.


Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)


V. N. in K. Um aus Papier Fettflecken zu entfernen, bedient man sich eines Gemenges gut gereinigten Benzins und gebrannter Magnesia (Magnesia usta der Apotheken.) Man bringt die gebrannte Magnesia in eine Untertasse und tröpfelt soviel Benzin auf erstere, bis sich die Masse feucht anfühlt, aber beim Drücken mit dem Finger keinen Tropfen abgiebt. Diese „Benzin-Magnesia“ wird auf die Fettflecken mittelst eine Wattebäuschens leicht aufgerieben; man läßt dieses Präparat auf dem Papier eintrocknen, klopft es hinweg und entfernt die letzten Reste mit einen Wattebäuschen, welches schwach mit Benzin befeuchtet ist. Bei älteren Fettflecken wird die Operation wiederholt.

Will man Benzin-Magnesia in größerer Menge darstellen, so ist das Präparat in einem mit eingeriebenem Glasstöpsel versehenem Glase aufzubewahren, widrigenfalls sich das Benzin verflüchtigt und das Präparat unwirksam wird. Unter allen Umständen ist gut gereinigtes Benzin anzuwenden. Daß man mit Benzin bei offenem oder Lampenlicht, ueberhaupt in der Nähe einer Flamme nicht hantieren darf, wollen wir noch besonders in Erinnerung bringen. Dieses Verfahren eignet sich auch zur Entfernung von Fettflecken aus Webstoffen jeder Art und zum Poliren blindgewordenen Glases, zur Reinigung von Spiegeln; für das Poliren von Zinn und Britanniametall ist es mit Erfolg verwendbar. Auch nicht zu alte Oelflecke werden aus Marmor leicht dadurch entfernt, daß man sie mit einem Breie aus gebrannter Magnesia und Benzin wiederholt bedeckt und die nach dem Verdunsten des Benzins zurückbleibende Magnesia abbürstet.

C. R. in Berlin. Sie fragen uns, wie denn dem kürzlich besprochenem Mißstand der luxuriösen Kindergesellschaften praktisch zu steuern sei? Die Antwort ist doch wohl sehr einfach: mit moralischem Muth einerseits, der die verwöhnten jungen Herren und Dämchen einfach als Schulkinder auf ihren rechten Platz verweist; andererseits aber durch die Kunst, die Köpfe und Herzen zu beschäftigen, statt nur den Magen. Mit einer kleinen Vorbereitung, oft nur mit der Ueberlassung einer Schublade voll alter Kleider und Vorhänge lassen sich die hübschesten Tableaux, kleine Sprichwörteraufführungen oder dramatisirte Charaden ins Leben rufen, und der Reiz solcher Dinge auf die Phantasie und das Gemüth der Kinder ist ein unwiderstehlicher, besonders wenn man sie zur thätigen Theilnahme herbeizieht. Allerdings wird die Mutter im Anfang ein wenig mithelfen und Ideen geben müssen, aber sollten denn die vielen genossenen Litteratur- und Kunstgeschichtstunden unsere jungen Frauen nicht einmal dazu befähigen? Soviel ist sicher: ein Haus, dessen Jugend solche Dinge für ihre kleinen Freunde zu veranstalten weiß, kann auch heute noch bei einfachster Bewirthung auf sehr dankbare Gäste zählen, denn das Kinderherz bleibt sich, Gott sei Dank, immer gleich. Die es verderben und früh alt machen, sind immer nur die thörichten Eltern selbst in übel verstandener Zärtlichkeit!

F. Str. Wilkowitz. Die beste Auskunft wird Ihnen doch die von Ihnen genannte Fabrik selbst geben können.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_100.jpg&oldid=- (Version vom 11.1.2021)