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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)


erkennbar, ließ die Küste von Afrika ahnen, nach allen Richtungen bis in endlose Weiten hin nur Meer und Himmel – und meine Seele, das Zagen der Nacht besiegend, dehnte sich aus in der hehren Fülle des Lichtes.“ †      

„Die Lehrerin kommt!“ (Mit Illustration S. 4 und 5.) Die Statistik behauptet, daß Mädchenlehrer und Lehrerinnen zu den langlebigsten Menschen zählen. Hingegen versichern eben diese höchst ehrenwerthen Pädagogen und Pädagoginnen, daß ärgerlichere und ränkevollere Plagegeister, als heranreifende Schülerinnen, nicht zu erdenken seien. Das läßt sich schwer zusammenreimen! Entweder enthält der Stachel jener jugendlichen Teufeleien und Schelmenstreiche kein sonderlich wirksames Gift oder es ist irgend ein Gegengift dabei im Spiele. Letzteres ist meine Meinung, und das reizende Spitzer’sche Bild ist wie beschaffen, um sie begründen zu helfen. So gewinne es doch einmal irgend ein Sauertopf über sich, angesichts des Zwischenstundenunfugs dieser übermüthigen Backfischchen sich pädagogisch zu entrüsten! Pädagogisch vielleicht, aber sicher nicht persönlich. Es sind Mädchen, welche da tollen – das ist das ganze Geheimniß. Ja – alle die tausend Reize, mit denen die aufgeblühte Weiblichkeit bestrickt und entwaffnet: jenes geheime Spiel der Grazie, jener fesselnde weiche Rhythmus der Form und der Bewegung – ist das Alles mit siebzehn Jahren plötzlich da wie vom Himmel geschneit? Wird das nicht groß mit dem Kinde? Es sind Mädchen – hinter diesen Tollheiten und kleinen Bosheiten, diesen Aeußerungen übermüthigen Lebensdranges steht nicht die kampflustige Kraft des Knaben, welche herausfordert, sondern jene Alles zwingende Macht, die mit lachendem Munde und strahlenden Augen einen Herkules an den Spinnrocken brachte; und jene Klasse, welche Spitzer zum Modell gedient, ist sicherlich danach angethan, selbst eine Lehrerin, wie sie im Portrait auf der Wandtafel skizzirt ist, gegen Bosheiten und Pflichtwidrigkeiten zu entwaffnen. Diese würdige Dame! Es hat etwas Beruhigendes, an der Spitze einer so bezaubernden Klasse sie, und nicht etwa einen jungen Probekandidaten zu wissen, der noch ein nicht vergebenes Herz hat.

Vater und Tochter. Der neulich von uns empfohlene Roman: „Nach dem Sturme“ von B. Renz (Leipzig, Ernst Keil’s Nachfolger) hat zum Verfasser den Vater von Wilhelmine Heimburg und ist von diesem seiner Tochter gewidmet worden. Das Widmungsgedicht schildert uns einen Traum des Dichters, der die Hauptgestalten, welche die Phantasie der Tochter geschaffen, um sich versammelt sieht, bereit, der Dichterin mit Blumenspenden zu huldigen:

„Und nun, ein heimlich Flüstern, ein Erröthen,
Und endlich laut, daß ich es hören kann:
‚Ihr Vater ist’s, gebt ihm die Blumenspenden
Für sie, die uns so rein, so schön und wahr – – ‘
Da wacht’ ich auf und stand mit leeren Händen.
Doch jener Worte Deutung ist mir klar,
Klar, wie sie Allen, die mit dir empfinden,
Was rein und wahr und schön. Kein Traumbild mehr,
Die Wirklichkeit, glaub’ mir, wird dir noch winden
Der Kränze viel’, duftig und blüthenschwer.“

Gewiß werden sich alle Leser und Leserinnen der „Gartenlaube“ diesen Blumenspendern und Blumenspenderinnen anschließen und sich der poetischen Huldigung erfreuen, welche der Vater seiner Tochter widmet. †      

Nordenskiöld. (Mit Illustration S. 13.) Unter den tapferen Männern, welche die Gefahren unbekannter Meere und Länder nicht scheuten, um die Kenntnis von der Erde zu vermehren, steht in erster Linie der Schwede Nils Adolf Erik Freiherr von Nordenskiöld. Hier sehen wir ihn vor uns, den energischen Mann, umgeben von Eisgefilden und Eisbergen, den Mann mit dem unerschütterlichen Willen, dem hohen Norden seine Geheimnisse abzutrotzen, den Kolumbus der Polarwelt.

Nordenskiöld war am 18. Nov. 1832 in Helsingfors geboren, Sohn eines berühmten Mineralogen; er studirte unter Leitung seines Vaters und erhielt schon im Jahre 1858 in Stockholm eine Anstellung als Professor und Vorsteher der mineralogischen Sammlungen. Gleichzeitig begann er seine Polarfahrten; die drei ersten 1858, 1861 und 1864 fanden auf kleinen norwegischen Schiffen statt; die vierte aber auf einem vom Staate ausgerüsteten größeren Dampfer „Sofia“, welcher den 81°42′ nördlicher Breite erreichte, also weiter nach Norden vorgedrungen war als bisher irgend ein Fahrzeug. Dort nöthigten große Eismassen zur Rückkkehr. Die Resultate dieser Fahrten, besonders der letzteren, hat Nordenskiöld in mehreren Schriften und wissenschaftlichen Arbeiten niedergelegt: die Spitzbergen’sche Inselgruppe und das Bäreneiland sind früher nicht so genau untersucht worden. Im Jahre 1870 machte Nordenskiöld eine Reise nach Grönland, wo er auf dem Binneneise weit bis Norden vordrang; nicht lange darauf, 1872, unternahm er wieder eine Expedition nach Spitzbergen und überwinterte dort in der Mosselbai; im Frühjahr 1873 fuhr er auf Schlitten nach den nördlich gelegenen Nebeninseln und kehrte zurück uber das Binneneis des Nordostlandes. In den Jahren 1875 bis 1876 unternahm er zwei Fahrten über das Karische Meer nach der Mündung des Jenisei; das waren Vorbereitungen für die große Fahrt, welche dem Namen Nordenskiöld’s einen Ehrenplatz unter den neuen Entdeckern gesichert hat, der Umschiffung der ganzen Nordküste Sibiriens auf dem Dampfer „Vega“ in den Jahren 1878 bis 1879. Bei dieser Fahrt fror die „Vega“ im nördlichsten Theil der Beringstraße fest und konnte erst im Juli 1879 ihre Reise fortsetzen. Im September dieses Jahres traf Nordenskiöld in Japan ein und reiste durch den Suezkanal nach Europa zurück. Er wurde von seinen Landsleuten festlich begrüßt, mit Ehren überhäuft, von dem König in den Freiherrnstand erhoben. Ohne auf seinen Lorbeeren auszuruhen, unternahm er 1883 eine neue Entdeckungsreise in das Innere Grönlands, und es gelang ihm, dort weiter vorzudringen, als irgend ein Vorgänger, wie er auch der Erste war, der das Eis der Südostküste dieses in starren Winterschlaf gebannten Landes durchbrochen hat. In seinen Reiseschriften, von denen „Die Umsegelung Asiens und Europas auf der ‚Vega‘“ (2 Bände 1881–1882) in die meisten Sprachen übersetzt wurde, hat er über seine kühnen Unternehmungen genaue Rechenschaft gegeben, in seinen wissenschaftlichen Arbeiten sie für den Fortschritt der Polarerkenntniß verwerthet, wie er auch dem Völkerverkehr neue Bahnen gebrochen. †      

Ein ökonomischer Dichter. Wie Dr. Max Oberbreyer in seinem „Ordensbüchlein“ (Leipzig, Ruhl) erzählt, welches allerlei lustige bunte Ordensgeschichten bringt, lebt in Bulgarien ein Poet, Herr Nicolow, der seine dichterischen Erzeugnisse mit großer Sparsamkeit zu verwerthen sucht. Als Prinz Ferdinand von Koburg seinen Einzug in Sofia hielt, begrüßte ihn der Dichter mit einer schwungvollen Hymne. Der Fürst nahm das poetische Lob sehr freundlich auf und erklärte seinem Adjutanten, er werde Nicolow durch einen Orden auszeichnen. Am nächsten Tag erfuhr er indeß, daß der Poet den Orden schon besitze. Der Fürst ließ jetzt nachforschen, bei welcher Gelegenheit jener die Dekoration erhalten habe. Mit Mühe sein Lachen unterdrückend, meldete Tags darauf der Adjutant dem Fürsten, Nicolow habe den Orden bekommen, als er beim Einzuge Alexander’s von Battenberg diesem dieselbe Hymne überreicht hatte. So wurde aus der Ordensertheilung Nichts. Vielleicht geräth Nicolow in die günstige Lage, noch einen dritten Fürsten, der in Bulgarien seinen Einzug hält, mit derselben Hymne ansingen zu können. †      

Schach-Aufgabe Nr. 1.
Von J. Berger in Graz.

SCHWARZ

WEISS
Weiß zieht an und setzt mit dem dritten Zuge matt.



Kleiner Briefkasten.

(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

Herrn Oskar Feistel in Weida. Wir bestätigen Ihnen den Empfang Ihrer „kleinen Riesenarbeit“. Sie haben uns einen Bogen Kanzleipapier gesandt, auf welchem in stenographischer Miniaturschrift folgende Romane und Novellen, so wie sie in der „Gartenlaube“ zum Abdruck gelangten, niedergeschrieben sind: „Sankt Michael“ von E. Werner, „Herzenskrisen“ von W. Heimburg, „Speranza“ von A. Schneegans, „Hängende Fäden“ von A. Godin, „Die Einsame“ von S. Kyn, „Die Insel der Seligen“ von Helene Pichler, „Der kleine Schuh“ von Isolde Kurz. Der zweibändige Roman „St. Michael“ ist auf den Raum von 1617 Quadratcentimeter, der Roman „Herzenskrisen“ auf 693 Quadratcentimeter zusammengedrängt, und die Erzählung „Die Einsame“ füllt nur den schmalen Streifen von 75 Quadratcentimetern. Wir bewundern Ihre Leistung, möchten aber Niemand dazu verleiten, Ihr Beispiel nachzuahmen; denn die Augen, selbst die gesündesten, müssen durch solche Arbeiten ruinirt werden. Hoffentlich wird diese Leistung, nachdem wir dieselbe öffentlich anerkannt, auch Ihre letzte auf diesem Gebiete sein.

B. C. in S. Einsamer Spatz, auch Einsiedler, ist der volksthümliche Name für die Blaumerle oder Blaudrossel (Monticola cyana). Der Vogel führt den Namen mit Recht. Schon der „deutsche Plinius“ des 16. Jahrhunderts, Konrad von Geßner, schreibt über ihn: „Dieser Vogel, Cyanus genannt, hasset von Natur den Menschen, fleucht derhalben alle versammlungen derselbigen, auch alle Wildnussen, darinnen Menschen wonen, hat lieb die einöden Ort und hohen Gibel der Bergen. Epirum und andere Insulen, so behauset werden, hasset er, liebet dagegen Scyrum und andere dergleichen einöde und unfruchtbare Ort.“ In südlichen Kronländern Oesterreichs kommt die Blaumerle oft vor. In Deutschland ist sie nur im bayerischen Hochgebirge als Strichvogel beobachtet worden.

„Maikäfer“ in Berlin. Sie wünschen ein Buch, in welches Sie alle Erlebnisse während Ihrer Militärdienstzeit eintragen, die Namen Ihrer Vorgesetzten, Lehrer und Kameraden etc. übersichtlich verzeichnen können. Ein solches Buch ist vorhanden: Kaufen Sie „Des Soldaten Tagebuch für Frieden und Krieg“ (Karl Rocco’s Verlagshandlung in Bremen). Es ist ein schönes Buch, das, wenn es sorgfältig geführt wird, zu einer Quelle lieber Erinnerungen für das ganze Leben werden kann.

G. M. in H. Auch Ihnen kann geholfen werden. Dr. Max Vogler’s „Deutsches Schüler-Jahrbuch für 1888“ (Gera, Theodor Hofmann) ist durchaus praktisch und wird Ihrem Sohne Freude machen. Neben einem vollständigen Notiz- und Aufgabenkalender für jeden einzelnen Tag des Jahres enthält es sehr werthvolle Geschichtstabellen, geographische Uebersichtstafeln, Litteraturtafeln etc.

K. N. in Bonn. Ueber das St. Rochusfest zu Bingen berichtet Goethe in seinen Skizzen „Aus einer Reise am Rhein, Main und Neckar in den Jahren 1814 und 1815“. In der sechsbändigen Ausgabe von Goethe’s „Sämmtlichen Werken“ (Cotta’scher Verlag, 1860) finden Sie diese Schilderung Bd. 4, S. 561.

D. v. Köppen, Straßburg i. E. Wir bitten behufs Rückgabe der Manuskripte um Angabe Ihrer genauen Adresse.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_020.jpg&oldid=- (Version vom 22.4.2024)