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verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

Bäume, die zu beiden Seiten einer Thür stehen. Zu dieser gelangt man über eine Brücke, die einzige Verbindung zwischen der Wohnung des Künstlers und der übrigen Welt.

Das dichte Laub der Bäume schützt das Haus nach der Landstraße zu gegen neugierige Blicke, während auf der andern Seite ein heller und freundlicher Garten sich bis zu den Ufern eines kleinen Sees ausdehnt. Wer sich von der Pappelallee aus zur Zeit der Abenddämmerung dem einsamen Hause nähert, dem ist es, als ob ihm aus den schwermüthig herabhängenden Zweigen der Bäume der Todessang des Troubadour’s oder die letzte Klage einer sterbenden Violetta entgegenklänge.

Jenseit des Sees breiten sich, von einer endlos langen Allee durchschnitten, hier und da mit kleinen freundlichen Bauernhäusern geschmückt, die weiten Besitzungen des Meisters aus. Verdi ist nicht bloß ein Künstler mit überschäumender Phantasie und lebhaftem, reizbarem Temperament; er ist auch ein tüchtiger Landwirth mit praktischem Ordnungssinn, der sich den Fortschritt der englischen und französischen Landwirthschaft angeeignet hat. Auch in der Architektur des Hauses, der Wahl der Möbel, der ganzen komfortabeln Einrichtung giebt sich der gesunde Geschmack des Komponisten kund. Er komponirt gewöhnlich in seinem Schlafzimmer, welches, im Erdgeschoß gelegen, geräumig, luft- und lichtreich und mit künstlerischem Luxus ausgestattet ist. Das Zimmer enthält ein prächtiges Piano, eine Bibliothek und ein riesiges, seltsam geformtes Möbel, welches den Raum in zwei Hälften theilt und den Blicken eine prachtvolle Sammlung von Statuetten, Vasen und künstlerischen Phantasiegegenständen darbietet.

In der Stille der Nacht erheben sich aus diesem Zimmer die ergreifenden Harmonien, welche dem schöpferischen Geist des Künstlers entspringen. Hier wurde auch „Don Carlos“ geschrieben und zwar in einem Zeitraum von sechs Monaten. Wie das Künstlerheim, wird uns auch der hervorragende Komponist selbst geschildert, allerdings aus der Zeit, wo er fünfundfünfzig Jahre alt war, während er jetzt die Siebzig überschritten hat. Hochgewachsen, lebhaft, kräftig ist er mit eiserner Gesundheit, großer Energie begabt; sein ganzes Aussehen zeugt von Kraft und Festigkeit; er ist nicht nur gesunder als früher, sondern auch eindrucksfähiger, herzlicher und mittheilsamer. Die Villa Sant-Agata ist sein liebster Aufenthalt. Um fünf Uhr Morgens durchwandelt er die Alleen des Parkes, besucht die Felder und Pachthöfe und zerstreut sich durch eine Spazierfahrt auf dem See, wobei er seinen kleinen Nachen als gewandter Steuermann selbst lenkt. Nicht einen Augenblick ist er müßig. Um sich von der Musik auszuruhen, nimmt er seine Zuflucht zur Poesie, und um ihre starken Eindrücke zu mäßigen, flüchtet er zur Geschichte und Philosophie. Es giebt kein Gebiet menschlichen Wissens, in welches sein unruhiger, wissensdurstiger Geist sich nicht mit Eifer vertieft hätte.

So tritt das Bild des bedeutenden Musikers vor uns hin, der durch seine Melodienfülle auch bei uns einen Boden gefunden und zum Theil deutscher Dichtung seine Stoffe entlehnt hat, wie er sich auch neuerdings den durch Richard Wagner eingeschlagenen Bahnen der dramatisch-musikalischen Kunst etwas genähert hat.

„Kauft Spän’!“ (Mit Illustration S. 369.) In Düsseldorf, wie in den meisten rheinischen Städten, kann man schwerbeladene blasse Jungen mit Säcken von Haus zu Haus schwanken sehen; sobald sie ihren Vorrath von Spänen verkauft haben, erneuern sie die Ladung. Und diese Lastträger verlieren darüber nicht den Humor. Einer dieser kleinen Humoristen, den eine Köchin geärgert, rächte sich, indem er einmal seinen kleinen Bruder in den einen und seinen Spielgefährten in den andern Sack steckte, obendrauf ein paar Späne streute und so die Last in den Keller trug. Dort krochen die Jungen aus den Säcken: die Köchin aber konnte nicht begreifen, wo die Späne geblieben waren. Diese Eulenspiegelei erzählte der kleine Handelsmann dem Künstler, zu dessen Bild er Modell gestanden.

Eine neue Messerputzmaschine. Heut zu Tage hat die Maschine selbst in die Küche ihren Einzug gehalten. Das gilt auch von der Messerputzmaschine, welche jetzt das den Haushalt verunzierende Putzbrett zu verdrängen scheint. Zu empfehlen ist die zuletzt patentirte – die von Guhl und Harbeck in Hamburg. Die Maschine, von der wir eine der Gebrauchsanweisung entnommene Abbildung beifügen, besitzt schon den großen Vorzug, daß das Messerputzen, sonst ein anstrengendes Geschäft, keine andere Mühe verursacht, als das Drehen an der Kurbel links, also nicht so ungern vorgenommen wird. Sodann aber bietet sie den Vortheil, daß sie die Messer viel gleichmäßiger und blanker putzt und obenein gleich etwas schärft.

Man steckt einfach das Messer zwischen die beiden Gestelle, und zwar etwa in ein Drittel Höhe, an einer Stelle, wo zwei um vier Rollen sich drehende Riemen durch Federn zusammengepreßt sind. Die Riemen nehmen aus dem Raum unten bei jeder Umdrehung etwas von einem Putzpulver, Naxos-Perle, also wohl einer Art Schmirgel, auf und schleifen das Messer blank. Die Umdrehung der Rollen aber bewirkt man, wie oben bemerkt, mittels der links gezeichneten Kurbel. Die Maschine ist einfach und sieht recht zierlich aus.

Adelheid am Hofe des Bischofs von Bamberg. (Mit Illustration S. 380 und 381.) Goethe hat uns in seinem „Götz von Berlichingen“ den üppigen Hof von Bamberg geschildert. Aus den Motiven des Stückes hat der Maler sein Bild gestaltet, und zwar theils auf Grundlage der Schachscene, die bei der Bühnenbearbeitung fortgelassen ist, theils auf Grund des Berichts, welchen der Bube Franz seinem Herrn Weislingen über seine Sendung an den Bamberger Hof erstattet. Adelheid, welche „Gott so schön gemacht, ohne sie gut machen zu können“, sitzt neben einer Hofdame dem Bischof gegenüber bei dem königlichen Spiel, in welchem sie die Schachfiguren so siegreich lenkt, wie sie im Leben die Menschen zu lenken und zu beherrschen weiß. Sie ist des Sieges schon gewiß – hat sie doch eben dem Bischof gesagt, daß er’s nicht lange mehr treiben werde. So hat sie Muße, während der geistliche Herr über den nächsten Zug nachsinnt, sich anderen Eindrücken hinzugeben. Singt doch der eine Hofmann, Liebetraut, ein üppiges Lied, vom Cupido, der mit Pfeilen und Bogen und brennender Fackel herangestürmt kommt, um „männiglich zu siegen mit stürmender Hand“.

Und zum Liede fehlt das Bild nicht: da steht der schmucke Page Weislingen’s, Franz – und die Blicke, welche Adelheid ihm zuwirft, beweisen zur Genüge, daß Cupido mit seinen Pfeilen und seinem Bogen bereits Einzug in ihr Herz gehalten hat. Das sind die berauschenden, verstrickenden Blicke einer Sirene. Wie es aber im Herzen des jungen Abgesandten aussah, das berichtet er selbst seinem Herrn:

„Abends, als ich mich vom Bischof beurlaubte, saß sie gegen ihm: sie spielten Schach. Er war sehr gnädig, reichte mir seine Hand zu küssen und sagte mir viel Gutes, davon ich nichts vernahm: denn ich sah nur seine Nachbarin; sie hatte ihr Auge aufs Brett geheftet, als wenn sie einem großen Streich nachsinne. Ein feiner lauernder Zug um Mund und Wange! Ich hätte der elfenbeinerne König sein mögen! Und das blendende Licht des Angesichts und des Busens, wie es von den finstern Haaren erhoben ward! … Wie der Bischof endigte und ich mich bückte, sah sie mich an und sagte: ‚Auch von mir einen Gruß unbekannter Weise! Sag’ ihm, auch neue Freunde hoffen auf seine Zurückkunft; er soll sie nicht verachten, wenn er schon an alten so reich ist.‘ Ich wollte was antworten, aber der Paß vom Herzen nach der Zunge war mir versperrt; ich neigte mich. Alles hätte ich hingegeben, die Spitze ihres kleinen Fingers küssen zu dürfen.“

Skat-Aufgabe Nr. 7.
Von K. Buhle.

Die Mittelhand, welche Grün (p.) tournirt und nach den ersten drei Stichen:

1)
(+14)
(tr. D.) (tr. As.) (tr. 7.)
2)
(+2)
(p. B.) (p. 7.) (p. 8.)
3)
(+17)
(tr. B.) (p. K.) (p. As)

noch folgende Karten hat:

(p. Z.) (p. D.) (p. 9.) (c. As) (c. 8) (tr. 9.) (tr. 8.)

gewinnt mit 71 Augen, weil Hinterhand im dritten Stiche einen Fehler gemacht hat, ohne welchen die Gegner 60 Augen erhalten hätten.

Worin bestand der Fehler? Wie saßen die übrigen Karten und wie war der weitere Verlauf des Spieles?

Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 6 auf S. 352.

Die Karten sind so vertheilt: Skat g9, r9.

Mittelhand: sW, eD, eO, gO, g8, g7, sZ, sO, s7, rZ,
Hinterhand: eZ, eK, e9, rO, r8, r7, sD, sK, s8, gZ

und es ergiebt sich folgendes Spiel:

1. eW, eO, e9,
2. gW, sW, eK,
3. rW, eD, eZ,
4. gD, gZ, g7,
5. gK, s8, g8,
6. rD, r7, rZ,
7. rK, r8, s8
8. e8, sO, sK,
9. e7, sZ, sD,
10. s9, rO, gO.

Die beiden Gegner haben das Fallen der blanken Zehnen im 4. und 6. Stich beachtet und halten nun, indem sie g9 bez. r9 in der Hand des Spielers vermuthen, rO bez. gO, um Schwarz zu vermeiden.


Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

Z. in Gratz. Sie sind der Ansicht, daß der in Wien am 30. März d. J. verstorbene Archivdirektor Karl von Hofer der letzte Enkel des tapferen Freiheitskämpfers Andreas Hofer war? Dies ist jedoch nicht der Fall: er war allerdings der letzte Enkel, der dessen Familiennamen führte, doch leben noch Enkel, welche Töchtersöhne sind: ein Sohn Rosa’s von Hofer, aus ihrer Ehe mit Joseph Holzknecht, Andreas, und ein Sohn Gertrud’s von Hofer aus ihrer Ehe mit Johann Haller, Georg.


Inhalt: Götzendienst. Roman von Alexander Baron v. Roberts (Fortsetzung). S. 369. – Von der internationalen Gartenbau-Ausstellung zu Dresden. Von Franz Koppel-Ellfeld. Mit Illustration S. 373. – Das erste Jahr im neuen Haushalt. Eine Geschichte in Briefen. Von R. Artaria. VI. S. 375. – Robert von Hornstein. Von Karl Robert. Mit Portrait. S. 376. – Die Einsame. Erzählung von S. Kyn (Schluß). S. 377. – Blätter und Blüthen: Frauentrachten im Kaukasus. S. 383. – Ein italienisches Künstlerheim. S. 383. – „Kauft Spän’!“ S. 384. Mit Illustration S. 369. – Eine neue Messerputzmaschine. Mit Abbildung. S. 384. – Adelheid am Hofe des Bischofs von Bamberg. S. 384. Mit Illustration S. 380 und 381. – Skat-Aufgabe Nr. 7. Von K. Buhle. S. 384. – Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 6 auf S. 352. S. 384. – Kleiner Briefkasten. S. 384.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1887, Seite 384. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_384.jpg&oldid=- (Version vom 11.6.2023)