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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


Die Strafe der Prälaten.
Nach seinem Gemälde auf Holz gezeichnet von C. G. Hellqvist in München.

nutzlos gewesen. Er ward sofort abgesetzt, und als sich der Erzbischof in’s Mittel legte und von dem canonischen Recht sprach, nach welchem Geistliche nicht von Weltlichen gerichtet werden konnten, traf ihn ein gleiches Schicksal. Denn wer einem offenkundigen Verräther zu helfen suche, müsse selbst ein Verräther sein, erklärte der König mit zornbebender Stimme. Dann verließ er ohne Gruß den Saal, Alle stumm und bestürzt zurücklassend. Sunnanwäder und der Erzbischof, der durch des Königs schroffes Verfahren nun gleichfalls unlöslich an die Sache des Aufruhrs gefesselt war, ergriffen die Flucht. Wuthschnaubend kamen sie in die Thallande, wo sie das durch Briefe begonnene Werk des Verraths persönlich fortschürten. Unter Anderem sprengten sie aus, der König habe sich mit dem in Schweden verhaßtesten Manne, dem verbannten Erzbischof Gustav Trolle, dessen Rachgier einst Christian den Tyrannen in's Land gerufen, heimlich verglichen und durch dessen Einfluß sei der das Reich schädigende Vertrag von Malmö abgeschlossen worden, durch den die Provinz Blekingen an Dänemark verloren ging. Ferner, hieß es, halte er die Christina Gyllenstjerna gefangen, ihren Sohn Nils habe er heimlich bei Seite geschafft, während er gerade zur nämlichen Zeit für Sten Sture's Wittwe die Freiheit erwirkt und ihr den Sohn hatte zuführen lassen, der, um ihn den dänischen Nachstellungen zu entziehen, bisher in Danzig erzogen worden war.

Die Prälaten schmiedeten noch immerfort Pläne, diesen Knaben auf den Thron zu bringen. Da er noch unmündig war, so sollte sich seine Mutter mit dem dänischen Admiral Severin Norby vermählen, der noch im Namen Christian des Zweiten die Insel Gottland beherrschte und von dort aus Seeräuberei wider alle Nationen trieb. Dieser warb schon seit geraumer Zeit um die nicht mehr jugendliche Christina, mit welcher er die Herrschaft über Schweden zu erlangen hoffte; allein die edle Frau, die noch immer ihr kurzes Eheglück beweinte, dachte nicht daran, dem fremden Abenteurer, dem Feinde ihres Vaterlandes ihre Hand zu reichen, mochte sie auch sonst ehrgeizigen Entwürfen nicht unzugänglich sein.

Solche Umtriebe, die dem Könige keineswegs verborgen blieben, waren wohl geeignet, seine Ruhe zu stören. Dazu trafen ihn um dieselbe Zeit so mancherlei andere Widerwärtigkeiten, wie der Verlust Blekingens, der Skandal der Wiedertäufer in Stockholm und der Verrath des deutschen Ritters Berndt von Melen, der die wichtige Festung Wisby dem Severin Norby in die Hände spielte. Da er sich allerseits von Treulosigkeit und Undank umgeben sah, so beschlich ihn tiefer Mißmuth, der ihn den Gedanken fassen ließ, die allzu drückende Krone niederzulegen. Allein sein kräftiger Geist ließ sich nicht anders als momentan niederbeugen, bald erwachten Ehrgeiz und Thatkraft auf's Neue in seiner Brust, die ihm geboten, das halbvollendete Werk mit allen Mitteln zum ersehnten Ziele zu führen.

Zuerst zog er an der Spitze eines Kriegsheeres in das aufrührerische Dalarne. Die Thalmänner hatten ihm nämlich kurz vorher einen höchst anmaßenden Brief gesandt, in dem sie ihm vorhielten, wie er einst vogelfrei in ihren Thälern umher geirrt sei, wie sie es gewesen, die ihn geborgen und ihm zur höchsten Ehre verholfen. Nun habe er ihre Hoffnungen grausam getäuscht, habe drückende Steuern eingeführt, die Ausländer begünstigt, Kirche und Klöster beraubt und unter dem Volke ketzerische Irrlehren

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 692. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_692.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)