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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

recht ansehnliches, blausammetnes Schmucketui. Das legte er in den Korb unter die Blumen. ‚Daß ich’s nicht vergesse,’ sagte er mir, ‚buchen Sie eine Summe von fünfzehntausend Mark für ein Geschenk an Frau von Rechting.’ Ich horchte noch einmal hin, fragte auch, da es nicht Styl ist, derartige Ausgaben – aber er bestand darauf. In demselben Augenblicke trat der Diener ein, und diesem gab er einen Auftrag für Frau von Wandelt, und dann sollte er den Korb zu Frau von Rechting bringen. Er empfahl ihm große Vorsicht.“

„Und die Summe ist gebucht worden?“ fragte Erich mit fast stockendem Athem.

„Ich hatte mir die Sache aufbehalten – mit dem Buchen – nur vorläufig meine Notiz gemacht. Vielleicht besann sich der Präsident, wollte sagen Herr Lideman, anders und redressirte eine derartige Unregelmäßigkeit in den Büchern, die ich nicht ausstehen kann. Da kam die Verhaftung – die Summe fehlte in der Casse, also mußte ich sie wohl oder übel buchen. Es mußte geschehen, ehe die Bücher abgeholt wurden.“

„Weiter, weiter, Herr Warbusch!“

„Der Name der Frau von Rechting wurde aber nicht eingeschrieben. Ihr Ruf sollte fleckenlos vor der Welt bleiben, wie ihre Ehre und die Ehre ihres Gatten.“

„Sie sind ein edler Mensch,“ rief Erich.

„Ich? Wieso? Fräulein Regina war’s, welche so zu mir gesprochen hatte.“

„Regina? – Regina?“ rief Erich.

„Ja, ja, dieselbe. Denken Sie – sie ist wiedergekommen! Aber in welchem Zustande! Ich hätte um sie weinen mögen. Diese geisterbleichen Züge, dieses zerschlagene Gemüth, die ganze Erscheinung – Gram, Reue, Magdalena. Wo sie war? Ich weiß es nicht; ich wagte auch nicht danach zu fragen. Sie kam im rechten Augenblicke. Ich brauchte Jemanden, der mir in dieser Sache rathen konnte. Ich theilte ihr meine Scrupel mit – da sagte sie die Worte, die Sie gehört haben, Herr von Rechting. Ich mußte ihr mein Wort geben, daß ich Ihnen nichts davon sagen würde, und ich hätte es auch gehalten, wenn Sie selbst nicht die Sache berührt hätten. Vor einer Stunde brachte sie mir die fünfzehntausend Mark auf das Comptoir.“

Rechting mußte an sich halten, daß er den Alten nicht an sein Herz schloß.

„Suchen Sie überall in den Büchern, Herr Staatsanwalt, und Sie werden nirgends den Namen Ihrer Frau Gemahlin finden, und wenn Sie ihn auch mit der Loupe suchen wollten. Und daß ich’s nicht vergesse – hier eine andere Angelegenheit – im Auftrag eines alten Freundes, des Fabrikbesitzers Lichtner. Lesen Sie später – und dann bitte ich um Bescheid. So etwas muß überlegt werden.“

Er legte ein Couvert hin, in das ein Schriftstück eingeschlossen war. Dann empfahl er sich und bat nur, daß die Bücher sobald als möglich zurückgegeben würden damit keine Stockung im Geschäft vorkomme.

Beim Abschied reichte ihm noch Rechting beide Hände, schüttelte die seinigen und zog sie an sein Herz – unfähig, seinen Gefühlen Ausdruck zu geben. Warbusch wurde fast ärgerlich.

„Aber ich sagte doch, Herr von Rechting: nicht ich – Ich habe keinen Groschen zu verschenken. Die Hände von Fräulein Regina müssen Sie an Ihr Herz ziehen.“

(Schluß folgt.)




Blätter und Blüthen.


Höhlenclub. In Wien hat sich Anfangs dieses Jahres ein Verein von Alpenfreunden, in Verbindung mit wissenschaftlichen Capacitäten, constituirt, welcher sich die Aufgabe stellt, den unzähligen Höhlen und unterirdischen Naturgängen der weiten österreichischen Hochgebirge eine planmäßig geleitete, aus wissenschaftlicher Basis gründlich durchgeführte Untersuchung angedeihen zu lassen.

Wir begegnen an der Spitze dieses in seiner Art bisher wohl einzig dastehenden Unternehmens Namen wie: Franz von Hauer, Director der kaiserlich königlichen geologischen Reichsanstalt, und zahlreichen Celebritäten auf dem Gebiete der praktischen Alpenkunde, in Summa Männern, von deren tatkräftigem und umsichtigem Bemühen in der geplanten Richtung sich mit Zuversicht günstige Resultate erwarten lassen.

Es ist eine bekannte und von der Naturwissenschaft vielfach gewürdigte Thatsache, daß das Innere der österreichischen Hochgebirge, namentlich im Gebiete der sogenannten Kalkalpen, in ganz abnormer Weise zerrissen ist. Besonders ist es die Bergwelt Krains, welche massenhaft unterirdische Zerklüftungen in sich birgt, wie sie in solcher Ausdehnung und Mannigfaltigkeit kaum wieder auf unserem Erdteil vorkommen dürften. Ebenso aber ist es Thatsache, daß die wenigsten dieser unterirdischen Räume bis jetzt gekannt, geschweige denn wissenschaftlich durchforscht worden sind. Wie das in einigen Gebieten Mährens in kleinem Maßstabe der Fall ist, folgen die wild einherstürmenden Alpengewässer Krains in vielen Fällen nicht dem natürlichen Laufe der Thalbildungen, sondern ergießen sich vielfach quer durch die Schluchten aus einer Thalwand in die andere, sodaß manche Gebirgsgegenden wie unterminirt erscheinen. Hier ist eine geheime, noch des Aufschlusses harrende Welt vorhanden, welche in ihrem Innern manchen hochinteressanten historischen Fund bergen dürfte.

Erwägt man ferner, daß, nach in den jüngst verflossenen Jahren gemachten, rein zufälligen Entdeckungen, die Kalkhöhlen der julischen Alpen vereinzelt von einem menschlichen Urgeschlechte bewohnt worden sind, welches in die grauesten Perioden der Steinzeit hinaufreicht – einer Epoche, die überhaupt erst seit drei Jahrzehnten wissenschaftlich erwiesen ist und über welche unsere derzeitige Kenntnisse noch ungemein lückenhaft sind –, so sind wir doppelt berechtigt, an das in Rede stehende Vorhaben für die Gebiete der Alterthumskunde Hoffnungen auf reiche Aufschlüsse über die Vergangenheit nicht nur dieser Länder zu knüpfen. Wer die Bedeutung würdigen kann, welche Entdeckungen wie diejenige der Höhlen von Aurignac in den französischen Pyrenäen, von Lüttich und der im Neanderthale bei Düsseldorf, für die Wissenschaft erlangt haben, und die offenen Fragen kennt, welche, durch jene Entdeckungen angeregt, der Lösung harren, wird diese Mittheilung mit besonderem Interesse begrüßen.

Z–r.


Ein darbender Inhaber des Eisernen Kreuzes. Immer wieder müssen wir auf die Versprechungen zurückkommen, welche beim Beginn des Krieges 1870 in begeisterten Reden feierlich Allen zugesichert wurden, welche „für das Vaterland dem Kampfe und dem Tode entgegengingen“ – und immer wieder müssen wir auf Männer hinweisen, welche durch den Krieg um ihr Brod gekommen sind zusammt ihrer Familie vom „dankbaren Vaterland“ vergessen worden sind. Heute bitte wir für Einen, welcher bei Spicheren, Vionville und vor Metz mitgekämpft, das Eiserne Kreuz zweiter Classe erhalten, sogar für das erster Classe vorgeschlagen war, aber dennoch keine der Invalidenwohlthaten genießt, weil er seine Krankheit zu spät angemeldet. In bittere Noth geraten, mußte er Weib und Kind Zuflucht bei seinen Schwiegereltern suchen lassen, während er selbst dem Erfolg unserer Bitte entgegensieht. Wir bitten für den Mann, der, von angenehmem Aeußern, geistig rüstig und bis auf eine Schwäche des linken Beins auch körperlich kräftig ist, um eine Stellung in einem Hause oder Geschäft; auch zu seiner früheren Beschäftigung als Friseur würde er gern zurückkehren, wenn er durch dieselbe in den Stand gesetzt würde, Weib und Kind wieder zu sich zu rufen und so den zerstörten Familienherd wieder aufzubauen.




Aufruf. Die „Shakespeare-Bibliothek“ in Birmingham, eine der größten, welche existirte, ist durch Feuer zerstört worden. Bei der hohen Verehrung, welche die deutsche Nation dem großen britischen Dichter zollt, muß sie es für ihre Pflicht halten, an der beabsichtigten Wiederherstellung dieser Bibliothek sich nach Kräften zu betheiligen.

Der Vorstand der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft richtet deshalb an alle Autoren oder Herausgeber, desgleichen an alle Verlagsbuchhändler die Bitte, ihm je ein Exemplar der von ihnen verfaßten, herausgegebenen oder verlegten Werke aus dem Gebiete der Shakespeare-Literatur unentgeltlich zu überlassen, um sie der Verwaltung jener Bibliothek, als einen Ehrenbeitrag Deutschlands, seiner Zeit zu übermitteln. Eine gleiche Bitte stellt er an alle Shakespeare-Freunde und Bibliothek-Besitzer, welche etwa Doubletten abzugeben haben.

Die Sendungen gehen an Alexander Huschke’s Hof-Buchhandlung in Weimar.



Kleiner Briefkasten.

M. G. in L. Nein! Verfasser des Artikels „Der Dichter des Narciß“ (in unserer Nummer 8) ist unser hochgeschätzter Mitarbeiter Rudolf von Gottschall.

J. M. Wir bedauern! Bereits Gedrucktes findet nicht Eingang in unser Blatt.

Anfrage: Giebt es Anstalten, in welchen Lehrerinnen für geistig zurückgebliebene Kinder gebildet werden?

Bitte um Auskunft. Sigismund Lachenwitz, der bekannte Thiermaler und humoristische Schriftsteller, welcher, erst achtundvierzig Jahre alt, im Juni 1868 zu Düsseldorf gestorben ist, hat ein Bild: „In der Luft kämpfende Adler“, gemalt, das mit einem anderen: „Eine Katzenhatze“, spurlos verschwunden ist. Ersteres stellt einen Adler dar, der einen Enterich in den Fängen hält; das andere zeigt einen Karrenhund, der an einer Mauer hochaufgerichtet steht und eine Katze auf derselben mit wüthendem Blicke verfolgt, während hinter ihm ein Spitz an den zerschlagenen Eiern aus der umgeworfenen Karre nascht. Beide Bilder sind im Jahre 1866 durch einen Agenten auf eine Ausstellung in New-York gebracht worden und seitdem verschollen. Die Wittwe des Künstlers giebt den Preis jedes Bildes auf fünfhundert Thaler an. Sollte nicht zu ermitteln sein, wo beide Kunstwerke sich gegenwärtig befinden?

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_188.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)