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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

Der Überfall auf dem Wasser. Von H. Schneider.
Nach einem Blatte der „Photographischen Gesellschaft“ in Berlin auf Holz übertragen.

das ihr bevorstehende Schicksal gefürchtet. Unvorsichtiger Weise aber hatte ihr Bruder zu ihr gesagt, daß er einen Freier für sie habe und daß es Zeit sei, an die Hochzeit zu denken. Die Angst, daß man sie wider ihren Willen mit einem ungeliebten Mann vermählen würde, zerstreute die Besorgnisse ihrer jungfräulichen Schüchternheit; es schien ihr edler und natürlicher, dem Freunde ihre Neigung zu gestehen, als einem Fremden, wohl gar einem Widerwärtigen vor dem Altare Treue zu geloben. Je häufiger sich nun die beiden Verliebten sahen, desto heftiger wurde ihr Verlangen, einander für immer anzugehören.

„Wenn Ihr nicht bald auf ein Mittel sinnt, mein Fräulein mit dem Messer Venier zu vereinigen, so giebt es ein Unglück,“ sagte die bedächtige Amme zu der Muhme Contarini.

Die junge Frau nun wünschte ihrer Verwandten das beste Glück und fürchtete mit Recht, daß, wenn dieses Abenteuer einmal an das Licht käme, die ganze Verwandtschaft der Giustiniani’s sie als die Hauptschuldige betrachten und verachten würde. So lieh sie denn den Bitten Francesco’s und Emilia’s ein geneigtes Ohr: eine heimliche Ehe sollte die beiden jungen Leute im Namen Gottes und der Kirche für immer verbinden, und wenn dann der erlauchte Messer Sebastiano Venier vor allen Senatoren dem Messer Marcantonio Giustiniani die Hand zur Versöhnung bieten würde, könnte derselbe nichts anderes thun, als dieselbe ergreifen und seiner Tochter verzeihen. Damals hatten die Novellen Luigi Bandello’s, die von Liebesabenteuern, Entführungen und heimlichen Ehen, zur Verderbniß aller Zucht und Ordnung, handeln, gar vielen Frauen und Mädchen den Kopf

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_012.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)