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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)


heimkommet“. Darum soll man auch „von allen Verwandten, Wohlthätern, Freunden und Bekannten Urlaub nehmen, sich ihnen befehlen und sie bittlich ersuchen, ihn in ihrem Gebete zu haben und in guter Gedächtniß zu erhalten“.

Ist Geld genug vorhanden, so macht sich’s gut, wenn man (oder bei Unmündigen die Eltern oder Vormünder) ein oder zwei Tage vor der Abreise ein „Valet- oder Abschiedsgastunglein“ anstellt, zu welchem man die Freunde und etliche der Reisegefährten einladet. –

Der zweite Abschnitt behandelt das Verhalten auf der Reise.

Naht der Moment der Abreise, so rufe man Gott demüthig um seinen Schutz und Segen an! Zu empfehlen und dafür besonders der 91., 126., 127. und 139. Psalm und die zu diesem Zwecke besonders verfertigten schönen Gebete und Gesänge in den Gesangbüchern. Auch auf der Reise soll man zum Oefteren beten, besonders alle Morgen, Mittags, Abends und zur Nacht. Die Nachtreisen soll man meiden „wegen allerhand Ungelegenheiten, auch der Irrwisch oder Nachtlichtlein wegen, die Manchen verführet“. In den Wäldern soll man „wegen der wilden Thiere, Räuber und Gespenster“ nicht über Nacht bleiben.

Bei eintretender Kälte legen Einige etliche Hemden an, waschen die Füße mit gebranntem Weine, der auch, mit Gewürz getrunken, den ganzen Leib erwärmt. Doch muß man damit behutsam sein. Einige thun Sauborsten, item warme Kleie in die Schuhe und Stiefel. Muscatnuß, Ingver, Calmus, Knoblauch, Nuß (namentlich die beiden letzteren in einer Fleischbrühe zerstoßen) werden als Mittel gegen die Kälte gelobt. Ebenso behütet „ein Sälblein von Nessel und Oel mit ein wenig Salz“ vor Kälte und dient gegen Frostbeulen. Wer aber von der Kälte bereits erstarrte Glieder bekommen, der bringe sie nicht durch Feuer oder warmes Wasser, sondern durch kaltes zurecht! Einige streuen die Asche von einem verbrannten Hasenbalge, Andere legen eine gebratene Rübe oder Apfel darauf; Einige schmieren sie mit Schweinsgalle; Andere brauchen andere Mittel. Auch spreche man nicht viel, wenn man heiß ist, denn das verursacht Durst, und man trinkt dann kaltes oder schmutziges Wasser. Einige thun einen Knoblauch oder ein wenig Theriak in’s Wasser, ehe sie es trinken. Leimicht Wasser wird durch ein wenig Salz gereinigt, trübes durch Alaun geläutert; kaltes wird auf ein wenig Zucker und Brosam geschüttet und so allgemach getrunken. Einige nehmen einen Krystall, Korall, Silber, weißen Zucker, einen Kieselstein, der eine Zeitlang in kaltem Brunnenwasser gelegen, Pfefferkörner (so viel Feuchtigkeit herzuziehen) oder ein wenig grob Salz unter die Zunge. Andere machen sich einen „Julep“ von Rosen- und Veilchensaft mit Wasser, Andere eine kalte Schaale (wie man’s nennt). Andere essen Süßholzwurz und Saft, oder frische Feigen, Erdbeeren, Birnen, Pflaumen, Kirschen, Quittenkerne u. A. dgl., so wider den Durst ist. Auch lobt man dafür Brod, in kaltem Wasser geweicht, mit etwas Wein genommen.

Was das Essen betrifft, so lebe man auf Reisen mäßig und gewöhne sich allgemach an die fremden Speisen und Getränke! Die Hauptmahlzeit aber fällt auf den Abend. Kommt man an Gärten oder Weinbergen vorüber, so soll man keine Kirschen, Aepfel, Trauben oder dergleichen Früchte abbrechen. Man hüte sich, unterwegs zu erkranken! „So aber einem dergleichen, auch Schiffbruch und anderes Widerwärtiges begegnet, soll man’s herzhaft ertragen.“

An Sonn- und vornehmen Feiertagen soll man still liegen. Verlangt aber die Noth oder die Reisegesellschaft, daß man die Reise fortsetzt, so „soll man bei sich der göttlichen Sachen eingedenk sein, mit seiner Gesellschaft davon reden, auch, sofern es die Gelegenheit zuläßt, andächtig singen, wiewohl es nicht allwegen sein kann.“

In der Wahl seiner Reisegefährten sei man vorsichtig! Reisegefährten sollen nicht um geringer Ursache willen miteinander zanken, sondern getreulich zusammenhalten, und wenn einer von ihnen des Morgens früher erwacht, soll er die Andern wecken und nicht heimlich davon ziehen. Für gute Reisegesellschaft empfiehlt es sich, etwas Geld zusammenzuschießen und einen zum Verwalter dieser gemeinsamen Casse zu wählen, der dann den Andern Rechnung abzulegen hat.

Auch Verhaltungsmaßregeln gegen verfolgende Bären und Wölfe werden gegeben. „In Gegenwart eines Bären lege man sich auf die Erde und halte den Athem stark an sich, als ob man todt wäre.“ In fremden Ländern will es sich schicken, daß man andern, besonders vornehmen Leuten ausweicht, oder wohl gar vom Pferde und aus dem Wagen steigt und „ihnen die Ehr’ anthut“. Insgemein aber gebührt es sich, jeden Begegnenden freundlich zu grüßen und ihm Glück zu wünschen, daß man vor Jedem den Hut recht abziehe und ihn nicht nur anrühre, als ob man Spatzen oder Anderes darunter hätte. Bettlern soll man sich „gutherzig erzeigen“, vor „starken Bettlern“ aber sich – namentlich wenn man allein reist – wohl in Acht nehmen.

Sehr genau sind die Anweisungen für das Verhalten des Reisenden am Stadtthore. Sie laufen darauf hinaus, daß er, wenn man ihm Schwierigkeiten wegen des Einlasses macht, in die Tasche greifen und der „Wache“ ein Stück Geld in die Hand drücken soll. Unter dem Thore erkundigt man sich sofort nach ehrlichen und guten Wirthshäusern und wählt das seinem Stande und Geldbeutel entsprechende. Man pflegt insgemein den Wirth oder die Wirthin um die Herberge anzusprechen und nach Gewohnheit jedes Landes sich gegen sie, ihre Töchter und Angehörigen bei der Ankunft und der Abreise „gebührend zu erzeigen“. Im Gasthause muß man alle Abende seine Sachen fleißig verwahren, sie beim Ausgehen in seinem Zimmer wohl verschließen, oder sie den Wirthsleuten zum Aufheben geben. Namentlich beim Essen soll man „schamhaft“ sein, wenig reden, vollends nicht von sich, seiner Geschicklichkeit, seinem Geschlechte und desgleichen, nicht von Religionssachen disputiren, dagegen sich bescheiden nach den Sehenswürdigkeiten erkundigen. Vor Allem hat man auf ein sauberes Bett zu sehen. Die Thür der Schlafkammer nehme man wohl in Acht, setze eine Bank oder desgleichen davor! Man vergesse nicht Degen und Feuerzeug neben das Bett zu legen! Vor Allem vergesse man vorm Einschlafen nicht des Gebets!

Der dritte Abschnitt, „was in Besichtigung der Länder und Oerter zu beobachten“, ist viel weniger eingehend, als die beiden ersten. Und so wollen auch wir nur weniges aus ihm erwähnen.

Zeiller räth, sich bei längerem Aufenthalte an einem Orte mit vornehmen Ortsangehörigen bekannt zu machen, „und sie um ihre Handschrift und so es sich füglich schicket, um ihr Wappen in sein Handbüchlein zu ersuchen.“

Man nehme sich einen erfahrenen Führer, besteige mit ihm die höchsten Thürme, gehe um den Ort von innen und außen herum, und nehme Alles wohl in Acht! Man lasse sich berichten in welchem Lande man sei, wie es früher genannt worden, wie es jetzt genannt werde, frage nach Größe, Grenzen, politischer Eintheilung etc. etc.! Man soll ebenso wohl nach der Zahl der im Lande gelegenen Städte, Klöster und dergleichen, wie nach dem verbreitetsten Ungeziefer in ihm, nicht weniger nach der Zahl und Art der Sauerbrunnen und Gesundbrunnen, als nach der geographischen Länge und Breite und nach dem himmlischen Zeichen, unter dem der Ort gelegen fragen. Auch in Bezug auf die Zahl und Art der in dem Lande ansässigen Künstler, Fecht- und Tanzmeister, „Roßbereiter“ und „allerhand Unterweiser auf musikalischen Instrumenten“ soll man seinen Wissensdurst zu befriedigen suchen. Und nicht minder gründlich als die Unterweisung soll die Besichtigung sein. Zeiller zählt im Allgemeinen alles möglicherweise in irgend einem Orte Sehenswerthe auf. Für das an jedem einzelnen Orte Sehenswerte verweist er auf die verschiedenen Reisebücher, die er über die Gegenden Europas verfaßt hat.

„Wenn nun Einer seine Zeit in der Fremde erstrecket, solche wohl angelegt und etwas gelernet hat“, so soll er an die Heimkehr denken. Von ihr handelt der letzte Abschnitt.

Man zeige seine bevorstehende Abreise seinen Landsleuten in der Fremde an, damit sie einem ihre Aufträge mitgeben oder sich ihm anschließen, nehme von den Zurückbleibenden und anderen Bekannten Abschied, kaufe allerhand Dinge ein, die in der Heimath theuer oder selten sind, theils mit sie als Geschenke den Seinigen mitzubringen, theils um sie als Andenken zu behalten; und so reise man dann ab! Womöglich auf einem anderen Wege, als man auf der Hinreise eingeschlagen, um desto mehr zu sehen.

Zu Haus angekommen, soll man seine lieben Eltern, wenn

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 590. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_590.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)