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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

„Ein kleines Pfennig für die arm' Savoyardenjung.“
Originalzeichnung von H. in München.


der Graf. „Sie haben den Doinänenrath bei Wasser und Brod einschließen wollen und nun schließt er Sie dafür von Wein und Braten aus. Ein anderer Grund für die Spannung zwischen beiden Herren ist mir wenigstens nicht bekannt, Sie müßten es denn ganz unverzeihlich finden, daß ich mir durch Vermittelung des Präsidenten meinen Korb bezüglich des Gutskaufs geholt habe. Die Hand auf’s Herz, Hartmann, finden Sie meinen Wunsch gar so exorbitant?“

„Ich habe von jeher nichts natürlicher gefunden als diesen Wunsch, Erlaucht,“ entgegnete der Domänenrath ernst wie vorher. „Ich wäre auch jederzeit zu diesem Abkommen bereit gewesen, wenn man nur meine billigen Bedingungen erfüllt hätte. Aber für den halben Werth freilich kann ich Brandenfels nicht verkaufen, namentlich, wenn man mich zugleich mit einem der unzähligen Processe bedroht, wie sie die gräfliche Kammer zu führen liebt. Drohungen wirken bei uns nicht, Erlaucht. Und nicht einmal für einen mir lieben, auch Euer Erlaucht bekannten Feldbirnbaum in meinem Garten habe ich das Versprechen der Schonung erlangen können.“

Der Graf blieb vor dem Präsidenten stehen, und sah ihn scharf an.

„Was muß ich da hören, Herr Präsident?“ sagte er nach einer geraumen Weile, während deren das Auge des Präsidenten den Boden gesucht hatte. „Was meint der Domänenrath? Haben Sie wirklich meinem Willen schnurstracks entgegen gehandelt? Processirt die Kammer gar mit meinen eigenen Unterthanen?“

„Sie führt nicht einen, sondern Hunderte von kostspieligen und ungerechten Processen,“ versicherte der Domänenrath freimüthig. „Es sind darunter Processe, die entschieden dem Ansehen des gräflichen Hauses schaden müssen.“

„Ei ei, Herr Präsident, diesen Umstand werde ich näher untersuchen. Ich will keinen Rechtskrieg mit meinen Unterthanen. Verstanden? Nun freilich glaube ich auch zu wissen, warum in meiner Kammercasse stets Ebbe ist.“

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 429. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_429.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)