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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

Herbert König.
Nach der photographischen Aufnahme für die Gartenlaube von W. Berndt in Dresden.
Auf Holz gezeichnet von Adolf Neumann.

er auch zusammenbrechen möchte. Berlin ist ohne Zweifel die hohe Schule für jeden Deutschen; hat er hier bestanden, so ist er gestählt für das übrige Deutschland und gefeit gegen alle Rippen. und Bruststöße, die ihm das Schicksal noch sonst versetzen mag. Aber das Leben in Berlin reibt auf, und so schnürte ich nach fünfjährigem Aufenthalt eines Tages mein Bündel und ging nach Dresden, meiner Geburts- und Heimathsstadt.

Das Kriegsjahr 1866 gab mir Gelegenheit, Studien in den Lazarethen zu machen, namentlich unter den so verschiedenartigen Nationalitäten Oesterreichs fand ich die interessantesten Köpfe und hatte bald eine leidliche Sammlung in der Mappe, die ich auf Anrathen eines Freundes mit einer Anzahl früherer Skizzen zu einem Wohlthätigkeitszwecke öffentlich ausstellte. Dies gab Veranlassung zu meinen späteren wiederholten Ausstellungen von „Aquarellskizzen“ sowohl in Dresden wie in Wien und Stuttgart. Nach Wien lud mich der Vorstand der dortigen Kunstgenossenschaft ein, und seitens der österreichischen Regierung wurde mir die Auszeichnung, auf Staatskosten der demnächstigen Eröffnung des Suezcanals beiwohnen zu sollen. Abhaltungen privater Natur hinderten mich jedoch später, von dieser Ehre Gebrauch zu machen. Da es mir nicht indiscret, sondern nur als ein Act der Dankbarkeit erscheint, so nenne ich hier die Frau Fürstin Pauline Metternich, die sich auf’s Lebhafteste, Eingehendste und Verständnißvollste für meine Skizzen interessirte und in dieser Protection so weit ging, dieselben später nach Paris an den kaiserlichen Hof mit sich zu nehmen. Auch zeichnete ich die Fürstin, und ich befand mich in denselben Räumen des Metternich’schen Palais am Rennwege in denen ich vor zwanzig Jahren dem alten Staatskanzler vorgestellt wurde.

Der deutsch-französische Krieg gab mir Gelegenheit, meine Lazarethstudien von 1866 fortzusetzen, so daß einige sechszig Blätter dieses Genres entstanden. Mein verehrter Freund Karl Hallberger veranlaßte mich nach meiner dritten Ausstellung in Dresden, meine Sammlung in Stuttgart auszustellen, wo ich, wie nicht minder in Dresden und Wien, beim Publicum und bei der Presse das wohlwollendste Interesse fand. Königin Olga von Württemberg, in deren Besitze bereits meine Lazarethskizzen von 1866 nebst vielen anderen Blättern waren, hatte eine ähnliche Serie aus dem deutsch-französischen Kriege gewünscht. Ich kam dem Wunsche selbstverständlich nach, und so entstand jene Sammlung kriegerischer Charakterköpfe und Scenen, die, wie ich höre, sich jetzt im Besitze des Kaisers von Rußland befinden.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_304.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)