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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

brachten es dagegen auf Zweiundfünfzig (meistens durch unvorsichtiges Herabspringen, während der Wagen im Laufe war); gewöhnliche Gefährte nahmen achtunddreißig Personen das Leben. Die tödtlichen, durch Sturz veranlaßten Unfälle waren am zahlreichsten; Siebenundvierzig starben durch einen Sturz auf den Straßen, größtentheils zur Winterszeit auf dem Glatteise; Neununddreißig durch einen Fall aus dem Fenster; Fünfundvierzig durch einen auf der Treppe erlittenen Fall. Fünfundzwanzig fielen in offene Kellerluken, Einunddreißig von im Baue begriffenen Häusern, Sechsundzwanzig von Stellagen und Leitern, Zwanzig in Schiffsräume, Fünfzehn von Dächern, Neunzehn von Wagen etc. Sonstige Unfälle von verschiedener Beschaffenheit erforderten hundertzehn Menschenleben. Unvorsichtige Felsensprengungen brachten neun Personen den Tod, Explosionen acht, und von Maschinen zerrissen oder zerstampft wurden neunzehn. Elf wurden von Pferden erschlagen, Siebenzehn von wilden Stieren getödtet und Zwei von Hunden zerfleischt.

Dies macht ein Jahresopfer von tausendeinhundertsiebenundzwanzig Menschenleben bei einer kaum eine Million erreichenden Bevölkerung!

A. D.




Die Fortpflanzung des Aales. Wer mit den Erfolgen der künstlichen Fischzucht vertraut ist und die Bedeutung derselben für das Gemeinwohl kennt, wird nicht bezweifeln, daß die Kenntniß der Entwickelung der

Vergrößerter Aal-Embryo.

Fische nicht nur für die Wissenschaft werthvoll, sondern auch von großem praktischen Nutzen ist. Schon Aristoteles und nach ihm viele bedeutende Naturforscher bis auf die Jetztzeit suchten unter Anderem auch die Fortpflanzungsweise des Aales zu ergründen, ohne jedoch durch zweifellose Thatsachen ihre Ansichten beweisen zu können. Es ist immerhin auffallend, daß man bisher so wenig Sicheres über die ganze Lebensweise eines so gemeinen Fisches, wie der Aal es ist, hat in Erfahrung bringen können. Man hat weder die Beziehung des Weibchens, noch die des Männchens zur Fortpflanzung in genügender Weise kennen gelernt; ja man hat noch nicht einmal erreicht, mit Sicherheit einen männlichen Aal nachweisen zu können.

Mir ist es durch die Aufmerksamkeit eines Schülers unserer Lehranstalt, Namens Westendorf, möglich geworden, in den Besitz einer ziemlich ausgebildeten Aalbrut zu gelangen. Derselbe hatte seiner Tante, welche im Hause einer hiesigen Aalräucherin wohnt, mitgetheilt, daß man trotz der vielen jährlich gefangenen Aale über die Entstehungsweise derselben bis jetzt noch nicht im Klaren sei. Als nun vor einigen Wochen die Aalräucherin beim Aufschneiden eines solchen einen außergewöhnlichen Inhalt fand, theilte sie die Merkwürdigkeit ihrer Hausgenossin mit. Diese, sich der Worte ihres Neffen erinnernd, nahm einen Theil des Fundes an sich, um mir denselben durch Westendorf zukommen zu lassen. Leider kam ich durch ein Versehen erst einige Wochen später in den Besitz der Sendung, so daß mir die Möglichkeit abgeschnitten war, auch den seltenen Mutteraal zu erlangen.

Von der Aalräucherin erfuhr ich, daß der Fisch von gewöhnlicher Länge, aber auffallender Dicke war. Im Innern des Leibes, in einem netzartigen Beutel, befanden sich gegen tausend jener kleinen Embryonen – denn aus solchen bestand der Inhalt – und dieselben krochen noch längere Zeit munter umher, nachdem sie an’s Tageslicht befördert waren. Siebenundzwanzig dieser Aalsprößlinge habe ich erhalten und in Spiritus aufbewahrt; beifolgende Abbildung stellt einen derselben in fünffacher Vergrößerung dar. Die Farbe derselben ist grünlich weiß, die des Kopfes und Bauches mehr gelblich. Die Länge der Embryonen beträgt durchschnittlich fünfundzwanzig Millimeter. Die dunklen Augen fallen durch ihre Größe auf, und ein grauer, etwas verschwommener Ring deutet die Iris an. Der Unterkiefer ist etwas länger als der Oberkiefer. Auf dem Rücken, ein wenig vom Kopf entfernt, beginnt eine den ganzen Rücken umspannende zarte Flosse. Auch zwei Brustflossen sind sichtbar, dagegen fehlen Bauchflossen. Schon mit bloßem Auge bemerkt man das durchscheinende Skelet. Vermittelst einer vollkommen durchsichtigen zähen Haut ist eine gallertartige Substanz, die einen gelben Tropfen enthält, an der Brust befestigt: dies ist der Dottersack. Der Leib ist aufgetrieben.

Daß wir es hier mit einem Fisch zu thun haben, ist eben so klar, wie daß dieser Fisch ein junger Aal ist. Der Möglichkeit, daß ein alter Aal einige seiner nächsten, in sehr jugendlichem Zustande befindlichen Verwandten verschluckt habe, treten von vornherein zwei Umstände entgegen, nämlich erstens der, daß die Embryonen so zahlreich waren, und zweitens, daß sie lebend aus dem schon vor längerer Zeit eingefangenen Aal herausgenommen werden konnten.

Ich glaube nun, mich auf die angegebenen Verhältnisse stützend, die Behauptung aussprechen zu dürfen, daß der Aal lebendige Junge zur Welt bringt, und ferner glaube ich nicht fehl zu gehen, wenn ich aus dem Vorhandensein des Dottersackes schließe, daß die Ernährung der Jungen im Mutterleibe auf dieselbe Weise vor sich geht, wie bei den Haien, nämlich auf Kosten jenes Dottersackes. –

Ohne Zweifel würde der Laie viel zur Aufklärung mancher Geheimnisse der Thierwelt beitragen können, wenn er die sich hier und da bietende Gelegenheit, Beobachtungen anzustellen, benutzen und etwaige Entdeckungen veröffentlichen oder einem Fachmann mittheilen wollte. Gelingt es mir, einen Theil der zahlreichen Leser der Gartenlaube für die Sache zu interessiren, dann werden wir gewiß bald neue Aufschlüsse über die geheimnißvolle Herkunft derartiger Fischsonderlinge zu erwarten haben.

Rostock, Anfang December.

Dr. K. Eberhard.




Ein bisher ungedrucktes Gedicht von Hoffmann von Fallersleben. Das nachstehend mitgetheilte Lied des nun zur Ruhe eingegangenen Sängers von Schloß Corvey dürfte unseren Lesern als ein Gedenkblatt an den Verewigten willkommen sein. Bezüglich der Entstehung des Gedichtes bemerken wir, daß es vor zwölf Jahren gelegentlich eines Zusammentreffens des Dichters mit dem nun auch verstorbenen geistvollen Componisten H. Hugo Pierson in Nürnberg verfaßt und dem Letztern beim Abschiede überreicht wurde. Das zur Composition bestimmte Lied wurde uns aus dem Nachlasse Pierson’s freundlichst zur Verfügung gestellt, und wir erfüllen durch den Abdruck desselben eine Pflicht der Pietät gegen die beiden heimgegangenen Liederdichter.


 Abschied.

Die duftenden Kräuter auf der Au,
Die Halm’ im frischen Morgenthau,
Die Bäum’ im grünen Kleide,
     Ein jedes ruft: ich scheide,
     Leb’ wohl! ich scheide.

Die Rosen in ihrer lichten Pracht,
Die Lilien in ihrer Engelstracht,
Das Blümchen auf der Haide,
     Ein jedes ruft: ich scheide,
     Leb’ wohl! ich scheide.

Ist Alles nur ein Kommen und Geh’n,
Ein Scheiden mehr als Wiederseh’n;
Wir freu’n uns, hoffen und leiden,
     Und müssen endlich scheiden,
     Lebt wohl! wir scheiden.

Und muß es denn geschieden sein,
Lebt wohl! gedenket freundlich mein,
In Freude wie im Leide!
     Lebt wohl! lebt wohl! ich scheide;
     Lebt wohl! ich scheide.

     Nürnberg, Herrn Pierson

9. September 1862. H. v. F.

Pierson ist zur Composition des Liedes nicht gekommen. Vielleicht stellt eine jüngere musikalische Kraft sich die lohnende Aufgabe, diesen schönen „Abschied“ in Tönen nachzudichten.



Kleiner Briefkasten.


Kl. in Drsd. Nachdem wir bereits verschiedene Male die Erklärung abgegeben haben, daß die Gartenlaube an ihre Abonnenten keinerlei Prämien liefert, laufen doch bei Beginn des neuen Jahrganges immer wieder Anfragen wie die Ihrigen an uns ein. Ein für alle Male denn: Die Gartenlaube hat mit etwaigen Versprechungen von Prämien, wie Bildern, goldenen Herrenringen oder Damenbroschen etc., gar nichts zu schaffen und mißbilligt diese Manipulationen einzelner Colporteure, die damit ihre Abonnenten mehr oder weniger beschwindeln, auf das Allerentschiedenste. Wir bitten aber dringend, von dieser Erklärung endlich Notiz zu nehmen.

Gr. in Blackhawk. Für die Gartenlaube nicht verwendbar, aber den betreffenden Autoren zur Einsichtnahme zugesandt.

Aus Stuttgart sind uns vor einigen Wochen 20 fl. nur mit der Bezeichnung: „Einem Bedürftigen“ zugesandt worden. Indem wir dafür freundlichst danken, benachrichtigen wir den unbekannten Geber zugleich, daß wir den Betrag an zwei hülfsbedürftige Lehrer vertheilt haben.

J. D–r in Wien. Jedenfalls waren Sie in einer fröhlichen Carnevalslaune, als Sie uns die beiden Manuscripte „Meine Frau geht auf den Ball“ und das „Capitel aus dem Buche des Hellsehers Davis" übersandten. Verfügen Sie über Ihre Stilübungen und verschonen Sie uns für die Zukunft mit Hellsehereien, denen nach Ihrer Zuschrift in Amerika einige Millionen „vernünftige" Männer anhängen sollen.




Zur Ehren-Dotation für Roderich Benedix

gingen abermals ein: Von der General-Intendanz des k. k. Hoftheaters in Wien, durch Hofrath von Dingelstedt 1000 fl.; Klevetzer Gesangverein in Viergut 2 Thlr.; Dr. W. in U. 1 Thlr.; Fidelio in Berlin 9 Thlr. 10 Sgr.; B. L. K. 1 Thlr.; N. N. in Birkenfeld 3 Thlr.; R. M. in Höchstedt 1 Thlr.

Die Redaction.


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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