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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872)

Frau“, und der Teufel hatte keine Macht mehr, er war ganz entmuthigt. Ich fragte ihn: „Mit wie Vielen bist Du über das Mädchen gekommen?“

Er antwortete: „Erst allein, dann mit Zehn und endlich mit sehr Vielen!“

Ich fragte ihn um seinen Namen und er nannte mir ein Wort, welches ich nicht verstehen konnte, es lautete „Ro-Ro-Ro-Ro“. – Ich befahl alsdann dem Teufel, auszuziehen.

„Und wohin muß ich denn?“ –

„„In den Abgrund, woher Du gekommen bist!““ war meine Antwort.

„Dürfte ich denn wohl in einen Juden fahren?“ sagte er wiederum.

„„Nein, Du kehrst zur Hölle zurück!““

Zu wiederholten Malen rief er alsdann aus: „Brennen! brennen in der Hölle, brennen für ewig!“

Er weinte wie ein Kind und mit einem so klagenden und jammernden Tone, daß wir alle mit ihm geweint haben würden, hätten wir nicht gewußt, daß es der Teufel wäre.

Ich gebot ihm dann, doch endlich auszuziehen und Niemandem weder Schaden noch Leid anzuthun und auch kein Geräusch zu machen. Wir hörten alsdann verschiedene Male Geräusch einer Stimme, welche aus den Eingeweiden der Erde zu kommen schien; dann richtete sich das Mädchen auf und war vom Teufel befreit. Sie hatte ihr engelgleiches Gesicht zurückerhalten, wir Alle athmeten eine neue Luft ein und wir Alle fühlten eine große Freudigkeit, welche etwas Außerordentliches hatte.

Vor Fröhlichkeit außer sich, wußte das Mädchen nicht, was sie thun sollte. Sie nahm zwischen den Priestern und mir Platz am Fuße des Altars, und wir sangen das Te Deum. In diesem Augenblick trat das Volk in den Tempel. O! das war eine feierliche Stunde! – Nach dem Te Deum kannte das Mädchen vor Freude sich selbst nicht mehr. Sie dankte Gott und der heiligen Jungfrau. Sie sagte zu mir: ‚Der Maria muß ich auch danken!‘ Mit einem Male erklomm sie, auf ihren Knieen kriechend, die Stufen des Altars, und auf der obersten angelangt, begann sie, durch die feurigste Dankbarkeit angespornt, den Rosenkranz vorzubeten; wir antworteten ihr und die ganze versammelte Gemeinde betete mit uns. Hiermit haben wir endlich geschlossen, ganz getröstet und doppelt belohnt für Alles, was uns der Teufel zu Leide gethan hatte.

Das Mädchen besuchte mich noch verschiedene Male und ist nun wieder in ihr Dorf zurückgekehrt. Ich vergaß noch anzuführen, daß während der Tage, die der ersten Beschwörung folgten, ich dem Mädchen das heilige Abendmahl reichte; sie konnte weder das Haupt erheben noch die Zähne öffnen; endlich befahl ich dem Teufel, den Kopf in die Höhe gehen zu lassen und die Zähne zu öffnen, welches er mit vielem Widerstand und sehr langsam that, gerade als wäre dazu viel Kraft erforderlich gewesen. Während der Beschwörung und obgleich das Mädchen nach allen Seiten hin und her geschleudert und in die Höhe geworfen worden war, blieb sie stets ganz bedeckt. –

Wir danken hierfür Gott dem Herrn!

So weit der Herr Bischof. Auf wie lange diese Beschwörung geholfen, verräth er nicht. Wahrscheinlich trat eine eben solche Pause in den Anfällen der armen Kranken ein, wie das schon öfter vorher, selbst jahrelang, geschehen war.

Trotz dieser großen That konnte sich der Bischof der Ungläubigen von Chersonesus nicht lange in Luxemburg halten; er versah es darin, daß er in dem deutschen Lande die deutsche Sprache in seinem Bereiche begünstigte, was den dortigen Franquillons durchaus mißfiel. Und in der That scheint mir darin eine Folgewidrigkeit zu liegen. Spricht der Priester mit Gott und Teufel lateinisch, damit es das Volk nicht verstehe, sondern glaube, so kann er auch zum deutschen Bauer französisch sprechen. Der wird das auch um so höher schätzen und bewundern und um so fester glauben. Wie dem auch sei, Laurent verließ nach wenigen Jahren sein apostolisches Vicariat und schlug seinen Sitz im glaubenstreuen Aachen auf, wo er sich noch heute mit der Einsammlung von Peterspfennigen beschäftigt und hin und wieder in der „Constantia“ und in anderen ultramontanen Versammlungen eine vernichtende Philippica gegen den „Kirchenräuber“ Victor Emanuel schleudert. Schade nur, daß der italienische König nichts davon erfährt und deswegen niemals dadurch Störungen in seinem Schlafe oder Appetit empfindet. Teufel hat der hochwürdige Herr, so viel bekannt, in Aachen nicht ausgetrieben. Vermuthlich wagen sie sich gar nicht in die heilige Stadt.

Auf meinen Spaziergängen begegnete mir einige Male ein alter Geistlicher von mittlerer Größe und mit einem Hute, der in den vierziger Jahren des Jahrhunderts in der Mode gewesen war, jedesmal in Begleitung eines jungen Mannes, mit dem er sich in französischer Sprache mit lauter, rauher Stimme unterhielt. Das Wort „diable“ fiel mir nicht auf; aber der Jünger schien von ihm über etwas Belehrung zu erhalten, was dessen größtes Interesse fesselte. Das war der Teufelsbanner von Luxemburg.

Edw. Kr.




Ludwig Feuerbach’s letzte Jahre am Rechenberg bei Nürnberg.


Mit einem geheimen Widerstreben, und doch im Bewußtsein eine heilige Pflicht zu erfüllen, komme ich dem Wunsche des Herausgebers dieser Blätter nach und will es versuchen, ein wenn auch nur skizzenhaftes Bild der letzten Lebensjahre des großen Todten zu entwerfen, die er in dem nebenstehenden einsamen Häuschen, eine Viertelstunde vor Nürnberg draußen am Fuß des Rechenbergs, zugebracht. Dieses Bild kann schon deswegen keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen, weil ich erst die letzten vier Jahre das beneidenswerthe Glück hatte, in die Nähe des ebenso großen als verkannten Geistes zu kommen, und ihn auch im engen Kreis der Familie, in seinem häuslichen Leben kennen zu lernen. Aber die Versicherung darf ich vorausschicken, daß die folgenden Mittheilungen auf strengster Wahrheit beruhen, und daß, was ich nicht selbst gesehen und miterlebt, ich aus dem Munde seiner älteren Freunde, seiner Wittwe und Tochter selber habe.

Die Stätte selbst betreffend, auf der des einsamen Philosophen Wohn- und Sterbehaus sich befindet, dürfte es den Wenigsten bekannt sein, daß sie an sich schon von historischer Bedeutung ist. Hier war es, wo am 17. Mai im Jahre 1552, – nachdem Karl der Fünfte mit seinen Spaniern, Italienern und Niederländern den Bund der protestantischen Fürsten gesprengt, und Moritz von Sachsen mit Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, dem Landgrafen Wilhelm von Hessen, dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Culmbach, und, trotz der Warnung Melanchthon’s, sogar mit Heinrich dem Zweiten von Frankreich einen neuen Bund geschlossen hatte, wie es hieß, um „des Reichs deutscher Nation Libertät und Vergleichung rechter, wahrer, christlicher Religion wiederzubringen und zu erhalten“, – wo einer dieser Verbündeten, der wilde Markgraf von Brandenburg, genannt Alcibiades, sein Lager aufgeschlagen, und von der Höhe des Berges aus mit seinem schwersten Geschütz die damals freie Reichsstadt zwingen wollte, daß auch sie sich diesem Bund gegen den Kaiser anschließe. Heute noch sind die Spuren sichtbar, welche die brandenburgischen Kugeln im weltberühmten Festungsgürtel Nürnbergs an der Mauer des sogenannten „Lauferthores“ zurückgelassen. Verschwunden aber ist das hohe, solid aus Steinen erbaute Schloß, welches damals diese Anhöhe krönte, und welches der Brandenburger als Hauptstützpunkt für seinen Angriffsplan benutzt hat; im nämlichen Jahre noch, nachdem die Gefahr vorüber, ließ der Rath der Stadt Nürnberg das Gemäuer desselben bis auf den Grund abtragen, die Steine hinwegführen und, um sich für alle Zukunft gegen eine Wiederholung solcher Beschießung von diesem Berge aus zu sichern, ihn um ein gut Theil niedriger legen.

Statt des Schlosses oben wurde am Fuß des Berges ein Gärtnerhaus erbaut, und dieses ist es, welches, hart an der nach Lauf und Hersbruck führenden Straße gelegen, nachdem es mannigfache Verwandlungen erfahren, Ludwig Feuerbach’s letztes Asyl geworden ist. Uebergegangen in den Besitz der alten Nürnberger

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872). Leipzig: Ernst Keil, 1872, Seite 743. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1872)_743.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)