Seite:Die Gartenlaube (1872) 132.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1872)

von Schiller’s Werken Hunderttausende von Exemplaren Eigenthum des Volks bis in die einfachste Bürgerwohnung geworden, wurde im ganzen Jahr des Grillparzerfestes im ganzen Buchhandel von Grillparzer’s Werken nur ein Buch für anderthalb Gulden verkauft! Ja, das „Neue Wiener Tageblatt“ setzt zu dieser Jammernotiz noch hinzu: „Ein zweites Exemplar wäre fast verkauft worden. Eine blaustrümpfige Aristokratin fragte darnach, als sie aber hörte, daß es die Riesensumme von einem Gulden fünfzig Kreuzer Papier koste, wies sie es entrüstet mit den Worten zurück: ‚Was, anderthalb Gulden? Jetzt habe ich gerade fünfzehn Gulden für einen Sitz zur Festvorstellung bezahlt, und da soll ich noch anderthalb Gulden für das Buch ausgeben? Nein, das ist zu viel!‘ Sprach’s und ging.“

Nur eine, Geber und Nehmer gleich hoch ehrende Ausnahme von dieser allgemeinen Rücksichtslosigkeit gegen den Erwerb Grillparzer’s machte – der Kaiser: er legte dem pensionirten Beamten noch eine Dichterpension von tausend Gulden zu; das hat ihm den Lebensabend schön erhellt.

Trotz alledem war er ein armer Kreuzträger, unser Franz Grillparzer. Hat er doch das Aergste ertragen müssen: österreichischer Dichter zu sein unter einem Metternich! Das war mehr als Höllenqual für einen freien, redlichen, echt deutschen Geist. Dem Minister, welchem Oesterreich sein Unglück verdankt, hat man Millionen und dazu – den besten Weinberg der Welt zum Lohn gegeben. Du, armer Franz, hast wohl nie einen Tropfen Johannisberger geschmeckt! Aber sei nur gut, Du bist viel glänzender begraben worden, als Dein alter Feind Metternich, und die Deutschen überall, soweit die deutsche Zunge klingt, werden Dich lieb behalten, Du Dichterherz!

Fr. Hfm.




Ein Telegraph ohne Mechanismus und ohne Benutzung des Lichtes, der Elektricität und des Magnetismus. Alle bisher bekannt gewordenen Telegraphen zeigen uns einen mehr oder weniger complicirten Mechanismus, durch welchen die zu gebenden Zeichen – abgesehen von dem sie fortpflanzenden (leitenden) Theile des Apparates – producirt und reproducirt werden müssen, und bedürfen der Anwendung der eben erwähnten physikalischen Agentien, denn die alten optischen Telegraphen bedurften des Tageslichtes und die neueren benutzen bekanntlich die Elektricität und den Elektro-Magnetismus.

Dem gegenüber ist eine von Professor Weinhold in Chemnitz angegebene und durch sehr günstig ausgefallene Versuche bewährte telegraphische Einrichtung schon darum von Interesse, weil sie nichts als einige einfache hölzerne Kästchen und einen Draht erfordert.

Weinhold’s Vorrichtung stützt sich nur auf die Gesetze des Schalles, ist also ein akustischer Telegraph, und pflanzt direct die Laute der menschlichen Sprache (natürlich aber auch andere Töne) in die Ferne fort. Wir haben hier also einen wirklichen „Sprechapparat“ vor uns, während die elektrischen Telegraphen nur sehr uneigentlich so genannt worden sind.

Daß sich Schallschwingungen – seien sie nun Laute oder Töne ober blos Geräusche – auf weitere Entfernungen fortpflanzen lassen, ist an sich freilich nichts Neues. Schon der englische Physiker Wheatstone bereitete seinen Gästen ein „unsichtbares Concert“, indem er im Keller seines Hauses ein Clavier, eine Violine, ein Violoncelle und eine Clarinette mit vier Stangen von Tannenholz in Verbindung brachte, die er durch die Wölbungen und Decken nach dem Gesellschaftszimmer des oberen Stockes leiten ließ, wo die Musik der unten gespielten Instrumente dann deutlich erklang. Vielen unserer Leser wird auch das von Dr. Paul Reis in Mainz erfundene „Telephon“ bekannt geworden sein, bei welchem der elektrische Strom die Vermittelung der Schallfortpflanzung übernimmt. Beiderlei Vorrichtungen sind aber zu umständlich, und bei dem Telephon ist, wie gesagt, die Anwendung der Elektricität und ein ziemlich difficiler Apparat erforderlich; dabei ist die Wirkung nur schwach.

Weinhold’s Vorschlag empfiehlt sich dagegen durch seine große Einfachheit und Billigkeit für die praktische Anwendung: er erfordert nur zwei „Resonanzkästchen“ und einen Eisendraht. Unter einem Resonanzkästchen hat man einen kleinen Kasten aus dünnem, trockenem Holze zu verstehen. der aber nicht, wie unsere gewöhnlichen Schiebekästen, oben offen, sondern hier mit einer dünnen Holzplatte, dem „Resonanzboden“, verschlossen, dagegen an der vordern (bei einem Schiebkasten zum Aufziehee bestimmten) Seite, sowie an der dieser gegenüberstehenden hintern Seit offen ist – also gewissermaßen eine viereckige hölzerne Röhre. Wird nun ein tönender Körper mit dem Resonanzboden eines solchen Kästchens in Verbindung gebracht, so geräth die in dem Kasten befindliche Luft in starke Mitschwingungen, welche der umgebenden Luft mitgetheilt werden und so unser Ohr erreichen. Und treffen andererseits Schallschwingungen eines tönenden Körpers, zum Beispiel der Luft, den Resonanzboden des Kästchens, so werden sie durch einen mit demselben fest verbundenen Schallleiter weiter fortgepflanzt.

Ein solches Kästchen wurde nun in dem Bodenraume eines isolirt stehenden Hauses an einen Leiter befestigt, ein zweites im Dachraume eines etwa eine Zwölftel Meile entfernten Hauses an vier Schnüren aufgehängt und beide durch einen nicht ganz sieben Zehntel Millimeter starken Eisendraht verbunden. Der Draht ging durch die Resonanzböden der beiden Kästchen hindurch und war mit jedem Ende außerhalb des betreffenden Kästchens um ein Stück Kupferdraht gewunden. Die Kästen waren so aufgehängt, daß der Eisendraht dadurch gehörig gespannt wurde, wodurch die Kupferdrahtstücke sich fest gegen die Resonanzböden anlegen mußten. Das ist die ganze Vorkehrung!

Der Draht war übrigens geglüht und bestand aus fünf Stücken, die durch sorgfältiges Zusammendrehen ihrer Enden vereinigt waren. Der horizontale Abstand der beiden Drahtenden betrug sechshundertsechsundvierzig und ein halbes Meter; doch war der Draht selbst natürlich etwas länger, da ja bekanntlich weder ein Seil, noch ein Draht und dergleichen in eine gerade Linie gespannt werden kann, sondern stets einen Bogen, eine sogenannte „Kettenlinie“ bildet; der senkrechte Abstand des tiefsten Punktes derselben von der geraden Verbindungslinie der Drahtenden betrug im Mittel sechzehn und ein halbes Meter.

Stellten sich nun zwei Personen in den beiden Stationen in geringer Entfernung von den Resonanzkästen auf, so konnten sie sich trotz der bedeutenden Entfernung (nach altem Maß über zweitausendzweihundertundvierundachtzig leipziger Fuß) bei ruhiger Luft bequem unterhalten, ohne die Stimme bedeutend mehr erheben zu müssen, als beim gewöhnlichen Sprechen. Die Stimmen verschiedener Personen, jeder Wechsel in der Tonstärke und Höhe der Stimme in der einen Station konnten auf das Genaueste in der andern unterschieden werden. Der Mund des Sprechenden befand sich hierbei in einem Abstand von dem Resonanzkästchen, der von fünf bis zu fünfzehn Centimeter variirte; aber selbst Personen, die bis ein Meter von dem Kästchen entfernt standen, konnten die am andern Ende gesprochenen Worte noch deutlich hören. Nur bei starkem Winde wurden die Versuche durch zu starkes Tönen des durch den Wind in Schwingungen versetzten Drahts gestört; indeß konnte man auch dann noch durch Klopfen mit einem Bleistift auf den Resonanzboden verständliche Zeichen geben. Gegen dies durch die Lust bewirkte Tönen des Drahts könnte man sich, wo es der Kostenpunkt erlaubt, dadurch schützen, daß der Draht in eine an oder unter der Erde liegende Röhrenleitung eingeschlossen würde, wie dies ja auch für die unterirdische Stromleitung der älteren elektrischen Telegraphen geschah.

Es liegt auf der Hand, daß man auf diese Weise eine gesprochene Depesche auch auf erheblich größere Entfernungen fortleiten kann, wobei natürlich der Draht, der in dem geschilderten Versuche nur an seinen Enden befestigt war, noch durch Aufhängen an verschiedenen Zwischenpunkten unterstützt werden müßte. Richtet man außerdem eine größere Anzahl von Stationen mit Resonanzkästen ein, so eignet sich dies Verfahren selbst für bedeutende Distanzen.

Wir sind zwar nicht der Meinung, daß das Weinhold’sche Verfahren die elektrischen Telegraphen verdrängen werde, wenn man aber die große Einfachheit und die sehr erhebliche Verminderung der Kosten im Vergleich mit anderen Telegraphen in’s Auge faßt, so dürfte ein solcher „phonischer Telegraph“[1] aus dem engen Rahmen eines physikalischen Versuches heraustreten und für nicht zu großartige Verhältnisse sich wohl zur praktischen Einführung empfehlen. Kann doch auch noch der Umstand, daß sich unterscheiden läßt, wer die Depesche giebt, in manchen Fällen von Nutzen sein.

Wir wollen schließlich noch bemerken, daß es für geringere Entfernungen, bis zu hundertfünfzig Meter, schon genügt, zwischen den in den Händen gehaltenen Resonanzböden einen Bindfaden auszuspannen, so daß man sich durch einen Versuch im Kleinen, z. B. durch Fortpflanzung eines Stimmgabeltons, der Musik einer Spieldose etc., ohne große Kosten und Umstände von der Richtigkeit der Thatsache überzeugen kann.



  1. Ehrlich deutsch: „Fernsprecher“, wenn’s erlaubt ist, so Etwas deutsch zu benennen.
    D. Red.




Kleiner Briefkasten.


K. V. in S. Es ist so, wie Sie voraussagten. Der große Scandal, welcher in wahrhaft ungeheuerlicher Weise – die Lehrerin Emilie Riedel in Reichenbach sollte mit gräßlichen Scheltworten einem Kinde einhundertsechsundzwanzig Stockstreiche gegeben haben! – in einem Theile der Presse angerührt und verbreitet wurde, löste vor dem Criminalgericht sich in eine große Lüge auf. Nur schade, daß das Verleumden viel leichter ist und rascher vor sich geht, als das Reinwaschen – und daß nicht wenige Blätter sich bei Weitem nicht so beeilen, ein Unrecht wieder gut zu machen, als nach einer „pikanten Notiz“ zu raffen. Fräulein Riedel ist von all’ diesen Anschuldigungen freigesprochen worden.

R. in Solingen. Ein sehr gelungenes Portrait ist längst fertig und ebenso eine feingearbeitete Charakteristik des Patrioten, nur warten wir auf eine Gelegenheit, wo der Betreffende wieder etwas in den Vordergrund tritt, um dann sofort das Gewünschte zu veröffentlichen.




Zum Nationaldank für Ludwig Feuerbach.


gingen ferner ein: Sammlung durch Albrecht, deutsch-katholischen Prediger in Ulm 24 Thlr.; Bauer M. in M. bei Leisnig 1 Thlr.; Wagner und Halberstädter aus Beuthen 1 Thlr. 10 Ngr.; Schmiesekamp in Bielefeld 1 Thlr.; Ludwig Bolborn in Berlin 10 Thlr.; Sammlung von J. Heuberger in Aarau 120 Frcs.; Ungenannt aus Nördlingen 6 Thlr.; B. B. in Wählitz 3 Thlr.; von einer Studentin des Diesseits in Ludwigshafen 4 Thlr.; C. A. S. in Lohmen 2 Thlr.; L. S. in Crenze 3 Thlr. 10 Ngr.; aus Franzensbad 10 fl.; L. G. in Geithain 1 Thlr.; F. in W. 1 Thlr.; von einem Juristen und einem Mediciner in Köln 5 Thlr.; Schlünker in Köln 4 Thlr.; von einer Frau 2 fl. rh.: B … in Meran 5 Thlr.; L. und A. Hugo in Karlsruhe 2 Thlr.; gesammelt in Magdeburg in Stadt Prag 12 Thlr.; M. W. in Königsberg 2 Thlr., vom Vorstand der freireligiösen Gemeinde in Heidelberg 10 Thlr.; G. Hansemann 25 Thlr.; T. R. in H. 1 Thlr.; Doctor D. in Meißen 3 Thlr.; Sammlung aus München-Gladbach 31 Thlr. 20 Ngr.; R. C. in Landsberg 2 Thlr.; Häubner in Görlitz 1 Thlr.; Einige Tischgäste zum Hôtel Adler in Weimar 6 Thlr.; C. R. in Prag 25 fl.; L. und N. G. in Augsburg 5 Thlr.; zur Erinnerung an mein liebstes Schneewittchen in Zittau 2 fl. 15 Kr. rh.; W. Schröder in Bremen 25 Thlr.; v. Kriegsheim in Greifwald 10 Thlr.; A. E. in Dresden 3 Thlr.; Spielcassenertrag einer Sonntagsgesellschaft in Neustadt a. H., durch Roerer 5 Thlr.; B. E. H. in Berlin 30 Thlr.; W. M. in Naumburg 2 Thlr.

Redaction der Gartenlaube.


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1872). Leipzig: Ernst Keil, 1872, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1872)_132.jpg&oldid=- (Version vom 17.1.2018)