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verschiedene: Die Gartenlaube (1867)

vielen Menschen steigern die Temperatur und die Ausdünstungen bald so sehr, daß sich die unzähligen unsichtbaren Unholde in den aus fremden Haaren aufgebauschten Zopfwulsten der Damen schnell massenhaft beleben, schnell wachsen und sich schnell vermehren, indem sie, wie alle diese untergeordneten Thierchen, in viele sogenannte Keimkörner zerfallen. Diese fliegen nun im Ballsaale zu Millionen umher, werden eingeathmet, fallen auf die angebotenen Erfrischungen, kurz, gelangen auf hundert Wegen in das Innere der Menschen, durchdringen und vergiften alle Körpertheile und vermehren sich dermaßen, daß sie wie Legionen böser Geister durch alle Haare wieder emporsteigen und neues Unheil nach allen Seiten verbreiten. Ein entsetzliches Gemälde! Mögen die Modedamen zunächst vor den Bündeln und Wulsten des Unheils, das sie mit fremden Haaren auf ihrem sonst reizenden Nacken aufbauschen, erschrecken und sich mit ihrem eigenen schönen Haar begnügen lernen.

Für die Aerzte und Naturforscher ergiebt sich die ernste Aufgabe[WS 1], die Entdeckungen des Herrn Lindemann genauer zu prüfen, damit, wenn sie sich als begründet erweisen, die geeigneten Mittel gegen die Verbreitung dieser Ungeheuer ergriffen werden können. Die Damen aber werden gut thun, sofort mit heroischem Entschluß aufzuhören, sich, wenn auch mit fremden Federn, wenigstens nicht mehr mit fremden Haaren zu schmücken und viel schöner ohne künstliche Buckel im Nacken zu erscheinen.




Amerikanisches Straßenpflaster. Zu den wünschenswerthesten Dingen großer und kleiner Städte gehört unstreitig ein gutes Straßenpflaster. Eine gut angelegte Pflasterung verhütet Unglücksfälle, erspart Zeit in der Fortbewegung, schützt vor Unreinlichkeit, und dies steht wieder im engsten Zusammenhange mit den gesundheitlichen Verhältnissen der Stadt. Es ist nun die Frage: welches Material eignet sich am besten für städtische Straßenpflasterung? Jedenfalls dasjenige, welches die folgenden Vorzüge besitzt und in sich vereint: 1) Haltbarkeit, 2) Reinlichkeit, 3) auf dessen Fläche man sich und alles zu Transportirende am schnellsten, sichersten und ungehindertsten fortbewegen kann, und 4) dessen Fläche das lästige und hirnzertrümmernde Geräusch von Hufschlägen und Räderwerk aller Art beseitigt oder vermindert. Wenden wir uns zu den praktischen Amerikanern, so beantworten sie die Frage thatsächlich mit Hinweisung auf ihre bereits vorhandene Pflasterung der Hauptstraßen mit Holz. Diese Vor- und Herrichtung und die Vorzüge derselben näher zu beschreiben, soll der Zweck dieser Zeilen sein.

Nach einigen Regentagen betrat ich die Market Street in St. Louis, welche bereits halb mit Holzpflaster versehen, während auf dem anderen Theil noch das alte Steinpflaster vorhanden war. Das Steinpflaster bot einen für Fußgänger unzugänglichen Morast, während die Neuerung einen sichtbaren, günstigen Eindruck der Vervollkommnung machte und die Holzpflasterung einen bequemen Uebergang selbst für Damen erlaubte. Den andern Tag sollte der Anfang zur Vollendung der übrigen Strecke gemacht werden, und da ich glaubte, den geehrten Lesern der in meiner früheren Vaterstadt erscheinenden Gartenlaube etwas „friedlich Neues“ bieten zu können, fand ich mich, wenn auch als müßiger Zuschauer, pünktlich ein, um den eigenthümlichen Vorgang dieser Arbeit anzusehen und schildern zu können.

Die Straße wurde bis auf die breiten und für Fußgänger bequemen Seitenwege, welche, beiläufig bemerkt, mit Brickstone (Ziegelstein) gepflastert sind, abgesperrt. Mehr denn dreißig schwarze und weiße Arbeiter waren in getheilter Arbeit gleichzeitig beschäftigt, um so schnell wie möglich die wichtige Verkehrsstraße zu bessern und übergeben zu können. Der ganze Vorgang glich einer großen Werkstatt, wo mit Sand, Feuer, Holz, Axt, Hammer und Ramme gearbeitet wird, und dabei herrschte eine Ordnung wie in einer Fabrik. Hier liegen viele Fässer Theer aufgestapelt, unweit stehen die Siedöfen, um die schwarze Masse in sich aufzunehmen, welche von freigewordenen Menschenhänden durch Schüren des Feuers und Rühren der Masse zum Sieden gelangt, ohne daß man zu fürchten braucht, daß die von Natur schwarze Haut der Arbeiter noch schwärzer werde. Dort liegen wieder große Steinsandhaufen, und Arbeiter sind beschäftigt, Sand und Steine durch Sieben zu sondern. Die gesonderten Steine wandern in eine große auf Eisenrädern ruhende Eisenpfanne, unter welcher ein mächtiges Feuer die Steine röstet. Es ist ein eigner Anblick, einen freien schwarzen Mann mitten in der Pfanne stehen zu sehen, bemüht, mit der Schaufel jedem Steine seinen gehörigen Schlag zukommen zu lassen, während andere schwarze Leute die hochlodernden Flammen unter seinen Füßen nähren.

Unwillkürlich dachte ich bei so heißem Standpunkt an das Fegefeuer und an die Scheiterhaufen und hätte mich gewiß des armen Schwarzen angenommen, wenn ich nicht wußte, „daß er es freiwillig gethan“. Dieses Braten dient, dem Holzpflaster mehr Festigkeit zu geben. Hier sehen wir nun Stöße von Bretern und kleinen Latten, da wieder Haufen von backsteingroßen Holzstücken, Holzwürfel oder das eigentliche Holzpflaster. Alles weiches Holz, Pint oder Fichtenholz. Ein Theil der Arbeiter ist beschäftigt, das alte Straßenpflaster aufzureißen, ein anderer, es zu entfernen. Jetzt geht es an das Planiren und an das Legen eines Breterbodens. Die ganze Straße wird erst gedielt, indem lange, breite Breter der Länge nach nebeneinander befestigt werden. Nun kommt die schwarze, heiße Masse, um diesen Breterboden zu überdecken; dann folgt die Arbeit, den klaren Sand überzustreichen, und jetzt beginnt die Zeit des „Pflasterns“. Die Holzsteine werden ähnlich wie beim Mauern nur einfach, quer mit der Straße, nebeneinander gereiht und festgefügt und mit einer zollstarken Latte am Breterboden festgenagelt. Die Reihen dieser Holzsteine bilden kleine Lücken, so weit voneinander, wie es eben die zollige festgenagelte Latte bedingt.

In diese Zwischenräume und auf die ganze sanftgewölbte Fläche der gelegten Holzwürfel wird in verschwenderischer Menge heißer Theer gegossen und mit kleinen heißen Steinen überschüttet, welche mit einer leichten Vorrichtung in die Fugen des Holzpflasters fest eingerammt werden. Zum Schlusse wird die fertige Straße mit feinem Steinsand versehen, welcher später wieder beseitigt wird, so daß die Straßenfläche einer nach der Mitte zu ein wenig gewölbten, rauhen Holzfläche gleicht. Daß ein solches, wenn auch theures Pflaster, denn das Holz kommt Hunderte von Meilen weit her, die an ein Pflaster zu stellenden Ansprüche erfüllt, lehrt hier bereits die Erfahrung. Auch braucht wohl nicht erst bemerkt zu werden, daß dieses Holzpflaster für Gehen, Reiten und Fahren gleich bequem ist.

Ohne viel Geräusch und mit Leichtigkeit rollen die schwersten Wagen dahin. Nach einem Regen giebt es sehr wenig Schmutz und dieser ist schnell zu beseitigen, wie überhaupt diese Straßen sehr leicht zu reinigen sind. Sie trocknen schnell, vermindern den Staub und werden schnell und leicht bespritzt. Allerdings könnte der Einwurf gemacht werden, daß die Holzpflasterung ein vortreffliches Feuermaterial bietet und namentlich hier, wo täglich mehrere kleine oder große Feuer vorkommen, die Feuersgefahr erhöht erscheint. Nun, dieser Besorgniß überheben uns unsere Dampfspritzen, die uns nicht im Stich lassen. Es wird hier nicht „freiwillig“ gelöscht, sondern aus bezahlter Pflicht, denn der Gemeinsinn würde hier nicht ausreichen und ist hier auch wenig bekannt. Wird Feuer signalisirt, so sind in wenigen Minuten schon mehrere Maschinen thätig, „um das Feuer zu ersäufen“, und eine hat die besondere Aufgabe, das Straßenpflaster tüchtig anzufeuchten.

G.




Für die Verwundeten und Hinterlassen der Gefallenen

gingen noch ein: R. E. in Wien 2 fl. (der dritte Beitrag aus Oesterreich). – Eine Ostfriesin 2 Thlr. – 6 Thlr., gesammelt von Franz Naumann in Serbitz bei Altenburg. – Von einer Vaterlandsfreundin in Aurich 20 Thlr. – E. K. aus W. 2 Thlr. – Von einem treuen Leser der Gartenlaube in Groitzsch 3 Thlr. – 20 Thlr., gesammelt in dem frühern Hebenstreit’schen Institut in Dresden. – 6 Thlr. 23 Ngr., Sammlung des Bürgerschullehrer Bräunlich in Weimar. – 20 Thlr. aus Plauen und zwar: 5 Thlr. von Frau L. F., 1 Thlr. von A. S., 14 Thlr., gesammelt in fröhlicher Frühstücksgesellschaft bei Rud. Bochler. – Ein Ungenannter aus Meerane 1 Thlr. – E. R. in C–ch 1 Thlr. – 4 Thlr. 4 Ngr. 6 Pfg., Sammlung beim Turnerball in Stadtilm, – Gesellschaft Concordia in Sonneberg bei Coburg 34 Thlr. 8 Ngr. (60 fl. rhein.) – F. A. Seyde und dessen Mutter in Ronneburg 4 Thlr. – Schäffer in Frössen 1 Thlr. – 3 Thlr. 6 Ngr. aus Schlettau: „Thue Recht und scheue Niemand“. – 11 Thlr., Sammlung durch C. Doerffer in Eibenstock (für Hinterlassene sächsischer Soldaten). – Der Verein praktischer Turner in Frohburg 11 Thlr. 3 Ngr. – Amalia H. in M. 6 Thlr. – Zwei Schwestern aus Holstein 3 Thlr. – Gesellschaft Frohsinn in Glauchau 5 Thlr. – Dr. G. S. in München 50 Thlr.: „An den Wahlurnen des allgemeinen gleichen Stimmrechts müssen bei uns die Schlachten in Zukunft geschlagen werden, wenn das Wort Civilisation eine Wahrheit werden soll“. – Elise 1 Thlr. – Von den Schulkindern in Bermsgrün bei Schwarzenberg 3 Thlr., und vom Lehrer derselben 1 Thlr. – Ein Ungenannter aus Eisenach 2 Thlr. – 1 Thlr. Weihnachtsgeschenk eines hannöverschen Mädchens (mit einem sehr herzigen Gedicht). – S. T. Glöckner in Purschenstein 4 Thlr. (verloren gegangene Sendung). – 10 fl., Einnahme beim Zahltag eines Arbeiters in Geißlingen bei Ulm. (Wir möchten wohl den Arbeiter etwas näher kennen, der einen so prächtigen, herzigen und durchaus klaren Brief zu schreiben vermag.) – Aus Gotha drei schöne Puppen. (Wer und was bietet die Barmherzigkeit auf diese Gabe?? D. Red.) – 31 Thlr., Ertrag einer von drei Mädchen in Wiesbaden veranstalteten Lotterie als Weihnachtsgeschenk für Waisenkinder. (Ist redlich besorgt worden und namentlich eine Mutter hat unter Thränen tausend Dank nach dem schönen Wiesbaden gesandt.) – Aus der Kränzchencasse von zwei Freundinnen in Eisenach 1 Thlr. 25 Ngr. 9 Pfg. – Bürger-Erholung in Ronneberg 25 Thlr.; statt des im Sommer 1866 ausgesetzt gebliebenen Gesellschaftsvergnügens. – Oekonom Voigt in Grumbach 5 Thlr. – 17 Thlr. 15 Ngr. durch Herrn Turnlehrer Goldner in Hersfeld unter Gymnasiasten gesammelt.

Aus dem Auslande: Kunze in Paris 3 Thlr. – Von den Kindern Baumann in Moskau 3 Thlr. 25 Ngr. (Lotterieertrag). – M. Hofmann in Paris 5 Thlr. 10 Ngr. – M. K. zu O. in B–d 2 Thlr. 20 1/2 Ngr. (3 Rubel). – Deutscher Männergesangverein Teutonia in Paris 26 Thlr. 27 Ngr. (100 Frcs.) – Eine deutsche Frau in Brookfield (Staat Wisconsin) 6 Thlr. – Marie Telosi in Milwaukee (Amerika) 10 Thlr. – Eine deutsche Gouvernante in Kleinrußland 22 Thlr. 4 Ngr. (25 Rubel). – 26 Thlr. 17 Ngr., gesammelt von elf Deutschen zum Jahrmarkt im Dorf Bekoba (Gouvernement Saratow).– 42 Thlr. 1 Ngr. (83 Mk. 8 Sch.), Ertrag einer unter den Deutschen in Abo (Finnland) gemachten Sammlung von C. F. Voß. – Th. Arends in Singapore (Insel Malakka) 33 Thlr. 26 Ngr. (5 Pfd. St.) Wir können Ihnen die angenehme Antwort auf Ihre Frage mittheilen, daß die Gartenlaube bereits seit dem 1. October wieder in Preußen erlaubt ist. – Ein Deutscher in Dewsbury 6 Thlr. 23 Ngr. (1 Pfd. St.): „Aus Dankbarkeit für einen von Gott verliehenen Segen“. (Wenn allgemein interessant, bitten darum). – R. Lamme aus Friedrichsroda, jetzt Hofgärtner in Rußland, 5 Thlr. – Von Herrn W. aus Rouen 1 Thlr. – E. Goldschmidt in London 5 Thlr. – Andreas Kreiß in Baltimore 1 Thlr. 24 Ngr. (2 Doll.) – Der deutsche Männerturnverein in Stockholm 25 Thlr. – Thaliaverein und Harmonie in San Francisco in Californien 1400 Thlr. 11 Ngr., bereits in Nr. 1 quittirt.

Die Redaction.




Inhalt: Die Brautschau. Ein Bild aus den oberbairischen Bergen. Von Herman Schmid. (Fortsetzung.) – Der Sänger des Ziska. Von L. O. Mit Portrait. – Rom am Rhein. II. – Erinnerungen aus dem letzten deutschen Kriege. Nr. 7. Hercules. – Romantik und Industrie am Kyffhäuser der Alpen. Mit Illustrationen von R. Püttner. – Blätter und Blüthen: Für alle Chignons tragenden Damen. – Amerikanisches Straßenpflaster. – Quittung.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. im Original: Aufggbe
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1867). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1867, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1867)_080.jpg&oldid=- (Version vom 28.2.2017)