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Es dient dazu, eine Verstärkung des elektrischen Stromes bei den Schreibapparaten zu bewirken. Das in der Centralstation gebräuchliche Relais besteht aus zwei Elektromagneten, von denen jeder eine Umhüllung von siebentausend sechshundert Windungen eines doppelt mit Seide übersponnenen Kupferdrahtes hat.

Vor dem arbeitenden Telegraphenbeamten sieht man kleine Gehäuse aus Holz und Glas zusammengesetzt. In denselben befinden sich auf einen Rahmen gewickelt Kupferdrähte mit Seide übersponnen. Die Enden dieser Drähte stehen mit den Leitungen in Verbindung. In dem Raume, den die Windungen der Drähte umgeben, kann nun eine in einem Messinggestelle sich bewegende, mit einem Zeiger versehene Magnetnadel aufgehängt werden. Hinter dem Zeiger befindet sich eine Kreiseintheilung. Der Zweck dieses Apparates, welcher das Galvanoskop genannt wird, ist folgender. Die elektrischen Strömungen in den Leitungen können durch atmosphärische Einflüsse ganz unterbrochen oder doch sehr geschwächt werden; es kann durch Zufall oder Vernachlässigung eine Verstellung der Apparate stattfinden, welche trotz des galvanischen Stromes ihre Thätigkeit ganz und gar hemmt. Wenn nun in einem solchen Falle die Beamten arbeiten sollten, so würden sie vollständig ohne Hülfe sein, vermöchten nicht zu erfahren, ob überhaupt elektrische Strömungen in den betreffenden Leitungen vorhanden sind oder nicht. Diese wichtige Nachricht theilt ihnen der kleine Apparat, das Galvanoskop, mit. Es zeigt an, ob Strömung vorhanden ist, denn sobald dieselbe durch die Leitungen eilt, setzt sie die Magnetnadel in Bewegung, welche, aus ihrer senkrechten Lage gebracht, Bewegungen wie ein Pendel macht, wobei der vor der Kreiseintheilung befindliche Zeiger zugleich die Stärke der Strömung angiebt.

Eine jede Station besitzt zur Erzeugung der nothwendigen Kraft zweierlei Batterien: die Linien- und die Localbatterien. Erstere dienen zum Telegraphiren, die anderen zum Bewegen der Schreibapparate. Diese Batterien enthalten die sogenannten Elemente, jene Zusammensetzungen von Säuren und Metallen, welche die wunderbare Kraft erzeugen, deren Wirkung die Menschheit näher zusammengerückt hat, als die größten Eroberungszüge es vermochten.

Die Centralstation zu Berlin enthält zwei große Linienbatterien mit einhundertzweiundneunzig Elementen, welche in einer Doppelreihe aufgestellt sind. Zwei kleine Linienbatterien zählen achtundvierzig Elemente. Die Localbatterien, ebenfalls zwei an der Zahl, enthalten jede sechsundneunzig Elemente. Außerdem hat man noch zehn Batterien von einhundertundfünfzig Zink-Kohlen-Elementen mit chromsaurem Kali eingerichtet, welche für besonders große Linien, auf denen keine Uebertragung stattfindet, arbeiten. Jede Woche wird ein Fünftel der Elemente erneuert, welche in Gläsern und Thoncylindern aufbewahrt werden. Die Aufstellung dieser Elemente nimmt einen großen Raum in Anspruch. In der Centralstation zu Berlin stehen dieselben auf starken Repositorien von Eichenholz. Von diesen Repositorien, deren im Batteriezimmer der Centralstation siebenundzwanzig aufgestellt sind, kann jeder achtundvierzig Elemente aufnehmen.

Die auf den einzelnen Stationen des Apparatsaales befindlichen Schreibapparate zerfallen in drei verschiedene Systeme: das Morse’sche, den Typenapparat von Siemens und Halske und den Hughes’schen Apparat. Der Morse’sche Apparat besteht aus dem Elektromagneten und der Schreibevorrichtung, sodann aus dem Uhrwerk zur Bewegung des Papierstreifens. Man unterscheidet den Reliefschreiber und den Blauschreiber. Für den Ersteren ist eine große galvanische Kraft erforderlich, denn die Zeichen werden bei ihm durch Metallstifte in den sich vom Uhrwerke abwickelnden Streifen gedrückt, auch erfordert sein Betrieb meist die Anwendung der oben erwähnten Relais, um die Kraft zu verstärken. Die Blauschreiber dagegen werden durch eine geringe Gewalt in Bewegung gesetzt. Der aus der Linie kommende Strom wird direct auf den Apparat gerichtet, ohne daß er nöthig hätte durch die Elektromagnete eines Relais zu laufen. Die Farbe befindet sich in einem Kästchen, aus welchem sie tropfenweis auf eine Filzwalze gelassen werden kann, hier läuft fortwährend, durch das Uhrwerk in Bewegung gesetzt, ein Pinsel auf und nieder, welcher die Farbemasse gleichmäßig auf der Walze vertheilt, während die Walze wiederum mit ihrer Farbe das Schreiberädchen speist, über dessen mit Zeichen versehenen Rand der Papierstreifen läuft, den ein Schreibhebel gegen das Rad drückt, worauf dann die Zeichen erscheinen.

Dieses Verfahren hat nach den Gutachten aller Sachverständigen bedeutende Vorzüge voraus. Die Reliefschreibung erfordert zum Lesen eine sehr bestimmte und scharfe Beleuchtung, während die Blauschrift leicht zu erkennen ist. Eine von Siemens und Halske angebrachte, höchst sinnreiche Vorrichtung hat auch die Befeuchtung der Walze mit Farbe unnütz gemacht, indem sich das Schreibrad jetzt selbst in das Farbenkästchen taucht.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1867). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1867, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1867)_061.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)