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verschiedene: Die Gartenlaube (1866)

Leben in Deutschland in Folge der französischen und belgischen Revolution an Regsamkeit sehr zunahm.

Joseph Du-Mont benutzte die günstige Lage der Stadt Köln in jeder Hinsicht, um seinem Blatte einen größeren Aufschwung zu geben, wobei er, von einer seltenen Verbindung geistiger Fähigkeiten unterstützt, ebensowohl die ideale, als die reale Seite seines Geschäftes im Auge hatte. Der Kreis der Mitarbeiter wurde fortwährend ausgedehnt, das Format mehrmals vergrößert, und die Kölnische Zeitung erschien zuerst unter allen deutschen Blättern (1838) mit einem Feuilleton, in welches sich das „Beiblatt“ verwandelt hatte. Aber je mehr die Kölnische Zeitung an Bedeutung zunahm, desto argwöhnischer wurde sie von der Censur überwacht. besonders seitdem Ende 1841 die Leitartikel auftraten, welche, trotz jener erst im Jahre 1848 verschwundenen albernen Tortur des Geistes, den bis dahin unerhörten Versuch wagten und consequent fortsetzten, das im „Schatten kühler Denkungsart“[WS 1] befangene politische Urtheil des deutschen Volkes zu reifen, und, neben der raschen Mittheilung der Tagesneuigkeiten, dem Blatte allmählich den Rang erwarben, den es zur Zeit in der deutschen Presse einnimmt. Seit dem Tage, an welchem der letzte der Censoren die dictatorische Machtvollkommenheit seines „Non imprimatur“ (darf nicht gedruckt werden) nicht mehr geltend machen durfte, ging die Abonnentenzahl einer fabelhaften Steigung entgegen, sank wieder in der politischen Abspannung seit 1850, namentlich in Folge der 1852 eingeführten Zeitungssteuer, welche nebenbei bemerkt für die Kölnische Zeitung gegenwärtig achtunddreißigtausend Thaler pro Jahr beträgt, hob sich jedoch mit dem neu erwachten politischen Leben der Völker und braucht gegenwärtig zwanzigtausend Exemplare. Außerdem erscheint die Kölnische Zeitung seit dem 5. October d. J. auch noch in einer auf der gleich hohen Rangstufe wie die Tagesausgabe gehaltenen für das Ausland bestimmten Wochenausgabe.

Wenn es Joseph Du-Mont gelungen ist, sein Blatt, das nicht einmal in einer Hauptstadt erscheint, zum verbreitetsten der gesammten deutschen Presse (wenigstens der großen politischen) zu machen, so wirkte dazu freilich die Gunst der Umstände, die Lage Kölns, das Aufblühen der Stadt und der Rheinlande unter preußischem Scepter mit, aber diese Gelegenheit würde wenig geholfen haben, wenn er sie nicht so umsichtig und rastlos benutzt hätte. Unermüdlich verbesserte er den technischen Betrieb des Blattes und erbaute 1846 in der Breitenstraße die stattlichen Gebäude, in welchen jetzt die Zeitung und die Buchdruckerei ihren Sitz haben. Joseph Du-Mont scheute weder Mühe noch Kosten, um die erfreulich fortschreitende Zeitung zu vervollkommnen, und gönnte sich, um die kleinsten Einzelheiten besorgt, bei Tag und Nacht keine Ruhe.

In demselben Geiste wird das Unternehmen, wie ich mich reichlich zu überzeugen die Gelegenheit hatte, auch nach dem 1861 erfolgten Hinscheiden Joseph’s mit einer Consequenz fortgeführt, welche den gerechtesten Anspruch auf unser Lob hat und zu der Hoffnung auf immer größere Resultate berechtigt, zumal wenn man bedenkt, welchen enormen Einfluß die Tagespresse sich zu erringen gewußt hat, und dabei berücksichtigt, daß die Kölnische Zeitung immer nur das eine schöne Ziel im Auge hat, durch ruhige, objective Beurtheilung der Weltereignisse eine versöhnende Macht zwischen den streitenden Parteien zu bilden und durch einen ganz ungeheuren Aufwand materieller Mittel der Mit- und Nachwelt das reichhaltigste Material zu liefern. Man kann von unserm Standpunkte aus und als entschiedener Demokrat nicht immer mit der Kölnischen Zeitung gehen, aber man muß an ihr anerkennen, daß sie in den schwierigsten Perioden unseres politischen Lebens ohne Furcht auf dem Kampfplatz für die gute Sache erschienen ist und zur Förderung unserer Zustände viel beigetragen hat.




Die Bergleute der Thierwelt.
I.
Der eigentliche „Bau“. – Die Städte des Prairiehundes. -Die strahlenförmigen Kammern der canadischen Beutelratte. – Die Trichter der Uferschwalbe. – Die Verheerungen des Schiffswurmes. – Die Fallthürspinnen. – Spinnenhöhlen mit Angelthüre. – Der Wespenbau und seine verschiedenen Etagen.


Je höher die Stufe der Civilisation ist, welche ein Volk erreicht hat, je vollkommener wird natürlich auch seine Baukunst entwickelt sein. In der Thierwelt scheint indessen dieser Maßstab nicht zu gelten; gerade bei vielen der niedrigst organisirten Thiere finden wir die künstlichst gebauten Wohnstätten. Die größeren Thiere richten sich meist gar keine besonderen Behausungen her; der Löwe und andere wilde Fleischfresser suchen sich Höhlen und sonstige Verstecke auf, zeigen jedoch nicht das geringste Talent, die gewählten Schlupfwinkel zu verbessern oder zu verschönern, viel weniger sich eigene Wohnungen zu bauen und auszustatten. Ganz ebenso verhält es sich mit dem klugen Elephanten und den übrigen Dickhäutern. Die Vögel dagegen sind bekanntlich Architekten par excellence und ihre Nester oft höchst kunstvoll ausgeführte Bauten. Gewisse Insecten aber, Bienen, Wespen, Ameisen u. a., übertreffen jene noch weit in ihren architektonischen Plänen und Verrichtungen, und selbst auf den untersten Staffeln der thierischen Schöpfung begegnen wir Beispielen des ausgebildetsten Bautalents.

Die einfachste Form von Thierbau ist eine größere oder kleinere Höhlung, der sogenannte Bau, sei es in der Erde, in Stein, in Holz oder sonst worin, wie sich viele Säugethiere, Vögel, einige Reptilien, mehrere Schalthiere, Mollusken, Spinnen und andere Insecten dergleichen zur Behausung anlegen. Bei uns sind die bekanntesten dieser Art von Thierwohnungen die Fuchs-, Kaninchen-, Dachs- und Maulwurfsbaue.

Der „Bau“ kann ein simpler Tunnel sein, an dessen hinterstem Ende das eigentlich Nest hergestellt ist, wie z. B. bei dem Kaninchen; er kann aber auch aus mehreren Kammern, Gängen und anderen Räumlichkeiten bestehen, welche zusammen eine vollständige Wohnung bilden, so u. a. die Festung des Maulwurfs. Diese gehört zu den interessantesten Thierbauten, wie sich die meisten unserer Leser noch aus den meisterhaften Schilderungen Carl Vogt’s erinnern werden.

Ein höchst wunderbares Thier derselben Kategorie ist der in Nordamerika an den Ufern des Missouri und seiner Nebenflüsse heimische Prairiehund oder Wishtonwish, wie er bei den Indianern heißt. Trotz seines Namens, der von den dort umherstreifenden Jägern und Trappern herrührt, darf man sich jedoch unter dem kleinen Thiere nicht etwa eine Hundeart vorstellen, es ist vielmehr ein Nager aus der Sippe des europäischen Murmelthiers. Der Prairiehund, welcher in Rudeln gesellig zusammenlebt, baut sich unter der Erde förmliche Dörfer und Städte, die einen ziemlichen Umfang einnehmen, oft sich über mehrere englische Meilen erstrecken, ja manchmal weite Ländergebiete füllen. Diese Städte bestehen aus einer Menge kleiner Erdhügel von verschiedener Höhe; manche erheben sich wohl sechszehn Zoll über den Boden, andere kaum einen Zoll. Die Form des Hügels ist die eines abgestumpften Kegels mit einer Grundfläche von zwei bis drei Fuß im Umkreis.

Der Eingang zu dem Bau liegt entweder auf dem Gipfel oder an der Seite des Hügels. Anfangs geht die Oeffnung ein bis zwei Fuß vollkommen senkrecht hinunter, von da läuft sie in schräger Richtung abwärts. Die meisten Prairiehunde nehmen immer je einen Bau ein, um den man sie in ewiger Beweglichkeit umherspielen sieht, jetzt den Kopf aus dem Eingangsloche hervorsteckend, dann, bei jedem sich nähernden Schritte, ihn rasch wieder hineinziehend, um ihn bald abermals zum Vorschein zu bringen. Es sind überaus muntere Thierchen, haben aber viele Feinde. Namentlich werden sie von Eulen und Klapperschlangen verfolgt, die häufig den Bau des Prairiehundes zu ihren eigenen bequemen Schlupfwinkeln wählen und darin dann blutige Verwüstungen anrichten. Trotz dieser Nachstellungen ist das Thier außerordentlich fruchtbar; es vermehrt sich erstaunlich schnell, und wenn es einmal von einem Orte Besitz genommen hat, so erstrecken sich die kleinen Erdhaufen, welche den Eingang ihrer Höhlen bezeichnen, bald, so weit nur das Auge sehen kann. Den Winter bringt es in einem Halbschlafe zu; die Eingänge zu einem Baue werden dann sorgfältig verstopft und jedes einzelne Thier macht sich ein festes,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. wird Hans Adolf v. Thümmel († 1851) zugeschrieben.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1866). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1866, Seite 756. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1866)_756.jpg&oldid=- (Version vom 13.12.2020)