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verschiedene: Die Gartenlaube (1866)

die vordere ist. Das Deck ist im Verhältniß zum Schiffsrumpfe übermäßig groß, breit und sehr stark gebaut, es ragt über denselben ringsum vier bis acht Fuß hervor und fängt alle Stöße auf, welche dem Schiffe beim Begegnen mit andern Schiffen oder beim Einlaufen in’s Dock widerfahren könnten. Dieses breite und lange Verdeck trägt alle zu befördernden Personen, Viehheerden und Gespanne und einen leichten Oberbau, welcher theils die Passagiere und Wagen überdacht zum Schutze gegen das Wetter, theils ein Thürmchen hoch emporhält, in welchem der Capitän oder Steuermann, um von hier aus das ganze Fahrwasser zu überblicken, den Steuerapparat mittels eines senkrechten Rades in Bewegung setzt. Die Maschine und der Feuerraum sind ganz unterhalb des Deckes im Schiffskörper eingelassen, den sie eben ausfüllen; nur der Ingenieur, welcher die Maschine in Bewegung oder Ruhe setzt, und die ihm dazu dienenden Theile der Maschine sind ebenfalls über dem Deck, und zwar in einem schmalen Gehäuse längs der Achsenrichtung desselben eingeschlossen. Der mächtige Balancier endlich spielt in der Luft, über dem Dache der Deckräume und neben dem Steuerhäuschen. Der Dampfer ist ein Raddampfer; die Maschine eine Niederdruckmaschine. Das Dock, in welches er auf beiden Ufern einläuft, ist ganz elastisch; eine Anzahl mächtiger Balken ist eben nur so tief eingerammt, daß sie dem Stoße des Schiffes nach- und denselben sanft zurückgeben, um das etwa schief eingelaufene Boot wieder in die gerade Richtung zu bringen. An diese elastischen Balken ist ein ganzes Netzwerk anderer Balken nach innen befestigt, an welche das einlaufende Boot anstreift, ohne einen empfindlichen Stoß zu erleiden, da kurz vorher der Dampf abgesperrt und erforderlichen Falls die Steuerung rückwärts gestellt worden ist. Die Steuerleute bekommen aber bald eine bedeutende Uebung darin, den rechten Bedarf an Dampfkraft sowohl als an Geschwindigkeit zu bemessen, mit welchem sie möglichst ohne Stoß in’s Dock und an die Landungsbrücke gelangen können. Die letztere ist in der Regel eine schwimmende, aus starkgebautem Schiffskörper errichtet und hinterwärts mit eisernen Gewinden an den feststehenden Theil der Brücke befestigt. So hebt sie sich mit Fluth und Hochwasser, oder senkt sich mit Ebbe und Tiefwasser genau um ebensoviel, wie das anlandende Dampfboot, dessen Deck also mit der Brücke immer in gleicher Ebene bleibt. Das Deck ist im Halbkreise convex, der bewegliche Theil der Brücke, daran passend, concav ausgeschnitten, so daß das Boot, wenn es an die Brücke festgehakt ist, mit derselben einen zusammenhängenden Flur bildet. Vorn und hinten hat das Deck keine Brustwehr noch Geländer, sondern wird nur während der Fahrt mit einer Kette gesperrt. Es können also in der Mitte des hier offenen, breiten Weges Wagen und auf beiden Seiten Menschen unmittelbar nach erfolgter Landung in breitem Strome rasch ausgesetzt und gleich darauf eine neue Ladung eingenommen werden. Eines oder zwei Glockensignale sind die nie mißverständliche Sprache, durch welche der Steuermann mit dem Ingenieur und dieser mit den Heizern verkehrt.

Ein solches Fährboot von zwei- bis dreihundert Pferdekraft wird also durch vier, höchstens fünf Angestellte bedient: den Capitän, welcher zugleich steuert, den Ingenieur, einen oder zwei Heizer und eine Deckhand, welche Ordnung unter den Passagieren und Gespannen hält, die Aus- und Einladung, das Fest- und Losmachen des Fährbootes an der Landungsbrücke, das Aus- und Einhängen des Steuers und der Sperrketten, das Einnehmen von Kohlen und Wasser und die Reinlichkeit des Decks besorgt. Der Heizer erspart durch seine große Uebung im Bemessen des Hitzegrades eine Menge Kohlen. Kurz, die Dampffähre ist billig bedient, und deshalb kann das Fahrgeld für die Person auf ein, zwei, höchstens drei Cents, für den Wagen auf zwölf ein halb bis fünfzig Cents erniedrigt werden. Die Dampffähren sind zugleich die sicherste Personenbeförderung, die es geben kann. Auf zehn Millionen beförderte Passagiere geht noch nicht ein Menschenleben verloren. Mitunter verunglückt ein solches Boot durch Zusammenstoß mit anderen Schiffen, durch deren Gewühl sie sich höchst geschickt hindurchwinden; aber sie sind in der Regel so eingerichtet, daß sie nicht rasch ganz versinken können, sondern Zeit behalten, die Passagiere zu retten. Auf solchen Dampffähren strömen z. B. der Stadt New-York täglich eine halbe Million Menschen zu, welche in den Nachbarstädten Brooklyn, Williamsburg, Jersey-City, Hoboken und zahlreichen anderen wohnen, um gesündere Luft, billigere Lebensweise oder den Besitz eines eigenen Grundstücks zu genießen, während sie in New-York ihren Lebensunterhalt finden. Die Fahrt auf diesen Dampffähren ist, außer zu Zeiten des Eisganges oder dichter Nebel, höchst regelmäßig und sehr angenehm. Es ist eine Vergnügungsfahrt, bei welcher man seinen Geschäften nachgeht. Während derselben verschlingt der Geschäftsmann, wie der einfache Arbeiter, den Hauptinhalt seiner täglichen Zeitung. Auf dieser Fahrt treffen sich Hunderte von Bekannten, die sich sonst bei den großen Ortsentfernungen das ganze Jahr nicht sehen würden. Hier werden die neuesten Neuigkeiten wie Lauffeuer verbreitet, Geschäfte aller Art verabredet und geschlossen, Liebeshändel und Bekanntschaften von weniger Bedeutung für das Leben angeknüpft, und alles Dieses angesichts einer prächtigen Scenerie, wie sie die Wasserseite aller amerikanischen Großstädte einschließt.

A. Douai.




Speisung eines preußischen Landwehrbataillons. Der Krieg bietet der traurigen und grausigen Scenen auf allen seinen Schritten so viele und, treue Chronisten der trüben und leidensvollen Zeit, mußten wir unsern Lesern aus dem gegenwärtigen deutschen Kampfe schon so viele schmerzliche Bilder vorführen – Bilder, die doch immer nur einzelne Tropfen aus dem Meere des Jammers darstellen – daß es uns selbst eine Genugthuung ist und sicher auch unsere Leser wohlthuend berühren wird, wenn wir auch einmal auf eine freundlichere Episode aus dem großen Trauerspiele aufmerksam machen können. Ein solches freundlicheres Intermezzo ist die Scene, welche der erste Bogen unserer heutigen Nummer illustrirt, jene Speisung des zwanzigsten preußischen Landwehrbataillons, das, vom blutigen Schlachtfelde Langensalza’s kommend, hier kurze Zeit rastete, und von der Stadt Leipzig vor einer Menge von Zuschauern aus allen Gesellschaftsschichten auf dem Magdeburger Bahnhofe mit Speise und Trank erquickt wurde. Der einfache Vorgang bedarf eines weitern Commentars nicht.




Kleiner Briefkasten.


B. Th. in C…tz. Das Reiterbild eines sechsten preußischen Heerführers, des Prinzen Friedrich Carl von Preußen, werden Sie schon in einer der nächsten Nummern unserer Zeitschrift finden. Das von Ihnen bezeichnete neulich erschienene Zerrbild ist allerdings der Höhepunkt, den eine schlechte Xylographie erreichen kann.

F. in E–ch. Auch hier und anderwärts, überall namentlich, wo man das schöne, grüne Thüringen kennt, haben, wie wir hören, die Ansichten von Thal und Umgebung sehr angesprochen. Beide sind vom Maler Friedrich Schmidt in Lübeck nach der Natur aufgenommen worden.

E. St.e in Dr…n. Nach Mittheilungen aus dem österreichisch-sächsischen Feldlager haben wir uns mehrfach, doch immer vergeblich, bemüht. Entweder sind unsere Briefe den Adressaten in Folge der Verkehrsstockung, die uns ja von Böhmen und Mähren, wenigstens von der österreichischen Armee, fast ganz abschnitt, gar nicht oder doch zu spät gekommen, als daß eine Erfüllung unserer Wünsche möglich gewesen wäre. Hoffentlich können wir in „Erinnerungen“ an den Krieg das Versäumte nachholen.

G. S…t in M.h.n. Der Verfasser der in Nr. 29 und in heutiger Nummer veröffentlichten Schilderungen vom Langensalzaer Schlachtfelde ist ein in nächster Nähe Langensalzas lebender und dort allgemein bekannter Prediger,[WS 1] aus dessen seit vielen Jahren schriftstellerisch bewährter Feder in Kurzem im Verlag einer Langensalzaer Buchhandlung eine ausführliche Darstellung der erwähnten Schlacht erscheinen wird.




Für die Verwundeten und Hinterlassenen der Gefallenen


gingen wieder ein: Jv. (Postz. Schmölln) 1 Thlr. – E. E. R. (Postz. Brome) 2 Thlr. und ein Sack Binden etc. – J. Höhndorf 1 Thlr. – Aus Kötzschenbroda 5 Thlr. – A. Usbeck in Obersteinbach 2 Thlr. – Einige junge Kaufleute in Rudolstadt 5 Thlr. Besten Dank für den herzlichen Glückwunsch. – Aug. G. in Leipzig 1 Thlr. – Von einem Freunde der Gartenlaube in Weimar 3 Thlr. – Aus Königstein 2 Thlr. – Be–Wr. und D. in Altenburg 3 Thlr. – Aus einer Sammlung für verwundete Soldaten durch Ger.-Amtm. Beyer in Crimmitzschau 15 Thlr. – Rosalie und Sophie in Altenburg 10 Thlr. – G. K. C. in Steinbach 5 Thlr. – B. Haraß in Böhlen in Thüringen 3 Thlr. – Pauline Meißner 2 Thlr. – C. Müller in Sitzendorf 2 Thlr. – A. M. in Leipzig 5 Thlr. – Frl. Schachtschneider in Schwerin 2 Thlr. – H. Franz in Meißen 2 Thlr. – H. S. in Leipzig 2 Thlr. – F. Möhler in Altmittweida mit dem Wunsche: „Möge es nie wieder vorkommen, daß mit Wunden bedeckte Invaliden es nöthig haben den Leierkasten zu drehen“ 5 Thlr. – Frau Keßler in Zwönitz 1 Thlr. – C. und B. in Chemnitz 5 Thlr. – Sammlung bei einer Geburtstagsfeier in Haynichen 15 Thlr. 12½ Ngr. – A. S. in Neustadt bei Stolpen 1 Thlr. – Franz Mauer in Leipzig 5 Thlr. – A. M. in Meißen 1 Thlr. – Eine Gärtnerfrau vom Lande: eine goldene Brosche. – W. F. Israel in Eybau 5 Thlr. – Ferd. Krauße in Hundshübel 5 Thlr. – W. B. und Th. E. in Nieder-Rennersdorf 2 Thlr. – Frauen- und Jungfrauen-Verein in Apolda 30 Thlr., nebst einer Kiste Verbandzeug, Wein etc. – Bruno und Ottilie (Postz. Annaberg) 10 Thlr. – Elly in Dresden 1 Thlr. – Durch W. Petzold in Markneukirchen von vierundzwanzig Betheiligten 28 Thlr. 5 Ngr. – W. S. 3 Thlr. und eine Sendung Charpie.– Otto Meves 5 Thlr. – E. Thieme in Frohburg 3 Thlr. – C. Müller in Sitzendorf 1 Thlr., nebst Verbandutensilien. – Alma M. in L. 1 Thlr. – Barth. Sff. 5 Thlr. – Dr. K. 3 Thlr. – Gemeinde Röttelmisch bei Kahla 5 Thlr. 17½ Ngr. – Von einer preußischen Familie in Frankfurt am Main 2 Thlr. – Aus Eisenach: Sendung von Charpie und Verbandzeug. – Eine deutsche Frau und Mutter in E.: eine goldene Halskette. – Arthur und Richard 10 Ngr. – „Erinnerung aus glücklichen Zeiten“: ein Paar goldene Haarnadeln.




Wenn auch durch die Liebesgaben des deutschen Volkes für die Bedürfnisse der Verwundeten schon erfreulich gesorgt ist, so stehen wir in der That doch erst am Anfang unserer Pflichterfüllung, denn die größte, eine noch gar nicht übersehbare Summe des Elends liegt in den Familien der Gefallenen und Derer, die aus dem Krieg als arbeitsunfähige Krüppel an den Heimathheerd zurückkehren. Wir dürfen nicht dulden, daß das Bettelbild des Leierkastens sich auch nach diesem Krieg erneuere, daß die Kinder der für uns verbluteten Helden dafür einem Leben voll Jammer und vielleicht der Schande verfallen und „das Hirtenhaus“ oder „der Armenspittel“ ihre letzte Aussicht werde! Das Weib, das den Gatten, der Vater, der seine Söhne, die Braut, die den Geliebten gesund neben sich sieht, müssen es ebenso, wie alle die tausend Städte und Ortschaften, an deren Mauern und Fluren der furchtbare Kriegssturm vorübertobt, ohne sie zu berühren, als heilige Pflicht erkennen, nicht blos Thränen des augenblicklichen Schmerzes zu trocknen und der Noth des Tags abzuhelfen, sondern, so weit als nur möglich, für das Lebensglück Derer zu sorgen, die selbst oder deren Ernährer für uns Alle dahingeopfert worden sind. Ja, das Geben muß jetzt, wo die erste Noth überwunden ist, erst recht beginnen, um der größeren, an tausend Heerden verborgenen Herr zu werden! Für diese Gaben steht nun der Opferstock offen: möge der Genius des Vaterlands, der bei ihm wacht, viele Hände segnen können!

Die Redaction.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Heinrich Schwerdt (1810–1888)
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1866). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1866, Seite 504. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1866)_504.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)