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verschiedene: Die Gartenlaube (1865)


Nevada, jetzt Capitain der spanischen Compagnie in der Garibaldi-Garde.

An einem kleinen Extratischlein, wie Regiments-Aschenbrödel, vor vielen schon leeren Flaschen, saßen in tiefe Gespräche versunken, wahrscheinlich über ein sublimes Dogma – ein Mysterium – der Kirche ihre Gedanken austauschend, Ehrwürden Bürgele, den wir zum Caplan des Achten gemacht und der ehrwürdige, sprachkundige Pater Gela aus Siebenbürgen, gleichfalls trinkender Regimentspfaff.

Geschäftig zwischen den Zechern, nimmer sitzend, nimmer ruhend, nimmer schweigend, bewegte sich „Gustav mit dem Barte“, Lieutenant, Adjutant, Quartiermeister und Marketender zugleich, der vielverleumdete Mann mit dem guten Herzen und der bösen Zunge, den die Berliner ,,Tienenmüller“, die Geschichte Lindenmüller nennt. Der andere Gustav, der aus dem badischen „Ländle“, welches er so sehr liebt, der Verfasser der radicalen Weltgeschichte, der treue Patriot, welcher im Lager, wie jetzt in Coburg, seinem Hinduglauben treu geblieben und nur Vegetabilien ißt, fehlte, denn

„er haßte die Gelage und das wüste Treiben der Kumpane“.

Ebenso mein Leidensgefährte aus Komorn und Josephstadt, der gelehrte, mäßige, opferfähige Kinzel aus Wien.

Die Festung Peschiera am Gardasee. 0 Nach einer Originalzeichnung.


Kaum hatten wir Platz genommen, als Wutschel, den wir den „Herzog von Sonora“ titulirten, nicht so sehr wegen seiner sonoren Stimme als wegen seiner „Conquistadores“-Ideen und -Tendenzen, in folgender Weise eine Rede anhub:

„Ihr wißt wohl nicht, meine Freunde, was mich bewogen, Euch gerade heute zu mir freundschaftlichst zu entbieten. Es ist der 7. October, der Tag, an welchem vor dreizehn Jahren das überströmende Freiheitsgefühl der Wiener die anfangs glorreiche, dann so unglückliche Octoberrevolution zum Ausbruch brachte. Das Andenken Aller zu feiern, welche dort mitgestritten und mitgelitten, besonders aber das Andenken jener Männer zu ehren, die mit ihrem Blute ihr Leben und Streben besiegelt, hielt ich eines deutschen Festes und Gelages würdig. Ist es nicht wunderbar, erhebend und rührend zugleich, hier auf Virginiens reichen Gefilden, unter dem sternbesäeten Banner der großen Republik so viel deutsche Männer versammelt zu sehen, denen das deutsche Herz noch stets warm für deutsche Einheit und Freiheit schlägt? Das erste Glas den theuern Todten! Robert Blum, Messenhauser, Jellinek und Becher! Mögen ihre Geister sich aus den Gräbern der Brigittenau glorreich erheben und mit Wohlgefallen auf uns, mit Befriedigung auf unsere alte Heimath herabschauen!“

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verschiedene: Die Gartenlaube (1865). Ernst Keil, Leipzig 1865, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1865)_236.jpg&oldid=- (Version vom 30.4.2023)