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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

Aus dem
Dorfbarbier.




Begründet von Ferd. Stolle. – Herausgegeben von Friedrich Hüttner.




Was der Calculator Stockmann in Dresden Alles erlebte.
(Fortsetzung.)


Der weißangestrichene Plauensche Grund.

Aber emal habn se mich doch geleimt, ’s war am ersten April.

Da reden se so von Kohlendampf, den de Maschienen machen im blau’schen Grunde, und de Dresdner, die am ersten Mai in de Boombluth machen, wirden sich beklagen, wenn se wieder überall schwarz werden, wo se anstrichen, wie im vorigen Jahre.

Na, mir kam de Geschichte so blausiebel vor, wie nur was, und ich fragte, wie se das aber ändern könnten.

„Herrjejens,“ sagte noch so ä kleener Bucklinski, „was will de Regierung machen, se hat’n ganzen blau’schen Grund weißen lassen von Gegenreiter bis nach Bothschappel.

Na korjos kam mer denn doch de Geschichte vor, aber sagen konnte ich nischt, denn ich war seit cärka 3 Wochen nicht naus gekommen. Aber morgen machste naus, denke ich bei mir. – Also gut! – ’s war gerade schont sehre heeß, schon bei Reiselwitzens zieh’ ich meinen Frack aus und häng mer’n unter’n Rock, und freie mich nur, bald Alles weiß zu sehen.

Ich komme an den Gegenreiter, da sehe ich noch nichts. Na, denk ich, vielleicht haben se von Bothschappel angefangen zu weißen. Ich komme ooch an Krasse’s Filla vorbei, die is ooch noch so wie gewehnlich – die Sonne brennt mir uff ’n Buckel wie verrickt, – da kommt ä Bergmann – den willste fragen, denke ich: „Hären se mal, mei Gutster,“ fange ich an, „Se kennen doch ooch Bothschappel, nich wahr, haben se dort schon geweißt.“

„Geweißt?“ fragt mich der mit einem dummen Gesichte.

„Nu ja – weiß angestrichen, weil die ganzen Felsen schwarz geworden sinn, vom vielen Kohlendampfe.“ Da lachte mir der Schaafskopp gerade in’s Gesichte und sagt: „Sie haben se wohl in den ersten April geschickt?“

Und da uff emal fällt mir ein, daß mer den ersten April hatten.

Na, wart ihr Ludersch, mich sollter nich zum zweeten Male zum Besten haben in dem Stobe und restunong kehrte ich um, und Sie känn mer’s glob’n oder nich, ich machte die Sache anhängig.

Später wurde aber die Sache verduscht, weil ä Familienvater mit 6 Kindern dabei war. Aber wahr is es, meine Herrn, es is Strafe druff, einen Ahngestellten zum Narren zu haben. Ne, ’s is mir ooch ’s erste und letztemal passirt.




Der Schubkarren zu 1500 Thlr.

Härnse, meine Herrn, sagte Stockmann eines Tages, was es jetzt für Einrichtungen gibt, s’is werklich merkwärdig.

Wir Beede, mei Freind Kahtschmann und ich – nu Sie kennen Kahtschmann, äne gute Seele, (sei Jüngster, der Robert, heirathet jetzt von Finken die Mienel, gute Partie, kriegt ämal 100 Thaler mit) – also Kahtschmann und ich, mir machen uns ä bissel Muzien, wegen der Unterleibsbeschwerden, und wie mir durch’s Braugäßchen kommen, fällt mer ä ganz neier, scheener Schubkarren uff; ich sage Sie, wie aus dem Ei geschält. Nu, ich bleibe stehn und sage zu Kahtschmann: „herrjeh, sag’ ich, säh’n Se ämal den scheenen, neien Schubkarren.“ Kahtschmann intressirt sich ooch für dergleichen, und sagt: „Ja, nich zu leignen, ä scheener Schubkarren; wissen se denn aber ooch, was der kostet?“

„Na, was kann so ä dummer Schubkarren kosten?“ sage ich.

„Na, Se reden wie Se’s verstehn, rathen Se ämal.“

„Na, ich sage, höchstens ä 9 - 10 Thaler.“

„Sie sin ä Rindvieh“ sagt Kahtschmann – „der Schubkarren kostet seine baare 1500 Thaler!“

Ich denke mich soll der Schlack treffen und brüll’n ordentlich an, wie denn das möglich wäre?

„De Braugerechtigkeet liegt je druff,“ sat Kahtschmann.

„Aber Kahtschmann,“ sate ich, „warum habt Ihr mir das nich gleich gesat,“ sate ich; „so is es was ganz Anderes.“




Wöchentlich eine Nummer. – Preis vierteljährlich 10 Ngr.


Leipzig. – Ernst Keil.


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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 841. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_841.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2019)