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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

Vor Ueberfluthungen unserer sanften Spree sind wir sicher, vulcanisch ist unsere Gegend nicht, mein Tumulus wird bleiben, so lange die Erde steht. Die scharfen Kanten wird der Wind verwehen, nichts weiter.“

Wenn seltenere Gäste vom Auslande oder aus entfernteren Beziehungen bei ihm einkehren, so zieht er diese mit seinem Gaste aus Cottbus gern in das herrlich erleuchtete Billardzimmer mit seinen umfassenderen Dimensionen. Hier giebt er sich ganz derjenigen Unterhaltung hin, welche den Gästen angenehm zu sein scheint; aber auf den Tischen liegen dann kostbare Kupferwerke, die er selbst aus Rom oder Paris mitgebracht hat, und die immer neuen Stoff zur Unterhaltung gewähren. Oder er führt sie in ein Zimmer, wo vorzugsweise orientalische Gegenstände, in ein anderes, wo englische Kunstgegenstände mit ähnlichen aus allen Gegenden der Erde gruppirt sich finden; oder man durchwandelt mit ihm seine mit den herrlichsten Prachtwerken und Bästen ausgestattete Bibliothek. Dabei ist er immer lebhaft neu und interessant.

Wenden wir uns jetzt zu den Schöpfungen des Fürsten selbst, indem wir versuchen, in einer gedrängten Charakteristik dem Leser ein anschauliches Bild derselben vorzuführen.

Im Jahre 1817 begann der Fürst die riesenhafte Aufgabe, die Umgegend der Stadt Muskau zum Park umzuschaffen. Die Oertlichkeit bot dazu manche Vortheile wegen der durchgängig malerischen Bildung des Bodens und einer großen Abwechslung von Berg und Thal; wegen des Neißeflusses, der das zum Park bestimmte Land durchströmt; wegen des Vorhandenseins mancher schöner Bäume, namentlich Eichen und Linden. Die Nachtheile dagegen bestanden hauptsächlich in einer im Allgemeinen sandigen, größtenteils nur mit Kiefernwäldern bedeckten Gegend; in einem meistentheils schlechten Boden im Bereich des zum Park bestimmten Terrains selbst; in der zur Abrundung des Ganzen nothwendigen Erwerbung von mehr als zweitausend Morgen fremden Landes, welches zum drei- bis sechsfachen Werthe angekauft werden mußte.

Die großen Schwierigkeiten, mit welchen der Fürst bei der Anlage zu kämpfen hatte, und welche mit einer seltenen Ausdauer während seines 35jährigen Besitzes der Herrschaft, ohne Abweichung vom vorgesteckten Ziele, von ihm bewältigt wurden, werden folgende Angaben dartun: Um Erde zum Ausfüllen der bedeutenden Wallgräben zu gewinnen, und zugleich um über verschiedenartige Wasseransichten disponiren zu können, war es nothwendig, einen Arm aus der den Park durchströmenden Neiße abzuleiten und auszugraben, welcher jetzt während eines Laufes von fast dreiviertel Stunde zwei Seeen von bedeutendem Flächeninhalte bildet; die Wiesenanlagen erforderten ungeheure Meliorationsarbeiten, welche jahrelang andauerten; zum Theil mußten grüne Flächen hergestellt werden, wo früher Sandberge waren, andere niedrig gelegene Gründe waren bodenlose Sümpfe, welche durch die kostspieligsten Entwässerungsarbeiten, durch Ausfüllen der Tiefen u. s. w. tragbar gemacht werden mußten. Rechnet man zu diesen Schwierigkeiten noch das Melioriren eines großen Theils der zu Pflanzungen bestimmten Flächen, ferner die Herstellung und Instandhaltung der Blumengärten und des pleasure-ground, wo jedes Blumenbeet mehrere Fuß tief mit guter Erde versehen und auf die Rasenflächen die größte Sorgfalt verwendet werden mußte, und endlich daß zu allen Pflanzungen zwei bis drei Fuß tief reolt worden ist, daß es also im ganzen großen Park keinen Quadratfuß Land giebt, der nicht durch Menschenhände mit der Schaufel bearbeitet worden wäre, so wird man den Geist bewundern müssen, der in höchst genialer und consequenter Weise solch ein großartiges Werk zur Vollendung gebracht hat.

Wo in einer armen und reizlosen Gegend eine neue, schönere Landschaft geschaffen werden soll, ist Größe der Anlage allerdings eine Hauptbedingung; so wurde denn auch bei Muskau die Grundidee des Ganzen festgehalten und überall gleichzeitig darin vorgeschritten, während die Ausführungen in den Details nach und nach erfolgten und manchen Veränderungen unterworfen wurden, die zur Herstellung der Harmonie des Ganzen erforderlich waren. Beim Beginn der Anlagen mangelte es an kundigen Gärtnern in Deutschland, der Fürst ließ daher zu zwei verschiedenen Malen Gartenkünstler aus England kommen; sie nützten der Sache jedoch nur wenig, außer daß Beide ihn in seinen Plänen bestärkten. Einen größeren Nutzen hatte er dagegen von seinem deutschen Obergärtner, Namens Rehder, der sich durch unermüdliche Sorgfalt und durch geschickte Ausführung der vorgeschriebenen Arbeiten um den Muskauer Park sehr verdient gemacht hat. Gewiß war es nicht leicht, dem rastlos arbeitenden Genius des Fürsten einen befriedigenden Ausdruck zu geben, daher mußten denn auch die ersten Anlagen fast sämmtlich drei bis vier Mal geändert werden, ehe sie dem Schönheitssinn des über seine eigenen Werke die strengste Kritik übenden Fürsten Genüge leisteten. Später war dies nicht mehr nöthig, ja man kam bald so weit, um aus dem Schatze der eigenen Erfahrung selbst feste Regeln aufstellen zu können.

Der Muskauer Park umfaßte zur Zeit des Fürsten 4284 Morgen, wovon 1760 Morgen Pflanzungen, 860 Morgen Wiesen- und Rasenplätze sind. Gegen 10,000 laufende Ruthen Fahrwege, wie auch an 2000 laufende Ruthen Fußwege befinden sich darin. und seiner generellen Eintheilung nach zerfällt er in drei Theile, nämlich in den Schloßpark, den Park des Bades oder den Bergpark, und in den äußeren Park.

Es ist bei der Anlage darauf Bedacht genommen worden, daß die einzelnen Gegenstände der Landschaft nicht untereinander gemischt, daß vielmehr die Blumengärten, der pleasure-ground, und der Park auch für das Auge gesondert und abgegrenzt erscheinen. Der pleasure-ground, dehnt sich rund um das Schloß aus und befindet sich nicht, wie es in England fast überall Sitte ist, an der einen Seite desselben. Die Gebäude stehen mit ihren Umgebungen stets in sinniger Beziehung; in ihrer Nähe sind hauptsächlich Bäume mit dunklem Laube gepflanzt worden, wie Eichen, Linden, Ulmen, weil die Gebäude daraus immer freundlicher hervorblicken, als aus hellem Laube. Das Schloß ist der Centralpunkt der ganzen Anlage und da, wie überall, die Ansicht vom Wohnhause dem individuellen Geschmack des Besitzers möglichst angemessen eingerichtet wird, so ist von den Fenstern des Schlosses aus eine fortlaufende Bildergallerie geöffnet, immer neu und immer schön, großartig und voller Harmonie. Diese Bildergallerie setzt sich für den aufmerksamen Beschauer durch den ganzen Park fort, der, was Farbe und Form anbetrifft, den Schönheitssinn in jeder Jahreszeit befriedigen wird, selbst im Winter, wo die Laubfärbung und die Ausschmückung fehlt; denn die Schönheit der Formen tritt gerade in dieser Jahreszeit in ihrer ganzen Classicität hervor. Die Wege sind so angelegt, daß sie als unsichtbare Führer an die schönsten Partieen der Landschaft hinführen, und durch geschickte Disposition der Pflanzungen möglichst gedeckt; ihre technische Ausführung ist vortrefflich. Das Wasser, welches der Canal aus der Neiße durch den Park leitet, giebt dem Landschaftsbilde Leben und Bewegung und hebt die Eigenthümlichkeit eines jeden Theils der Anlage, den es berührt, noch mehr hervor.

Der Grundzug, welcher durch das Ganze weht, verräth ein richtiges Erkennen und ein geniales Auffassen des Charakters der Gegend, der durch geschmackvolles Arrangement der Pflanzungen, Gebäude und aller zur Landschaft gehörigen Gegenstände noch mehr hervorgehoben und verstärkt worden ist. Das hohe Verständniß der Natur und ein jahrelanges Studium der Eigentümlichkeiten der Bodenbildung ist überall sichtbar, und so wie er in großen und einfachen Linien sich darstellt, charakterisirt Ruhe und Entschiedenheit in den Formen den ganzen Park.

Nach erfolgtem Verkauf der Herrschaft Muskau führte der Fürst Pückler den Entschluß aus, seine Besitzung Branitz bei Cottbus in einen Park umzuwandeln, und das Werk wurde im Jahre 1848 in Angriff genommen. Von den vielen Vorzügen, die das Terrain um Muskau zur Unterstützung solcher Anlagen darbot, war hier nicht einer vorhanden. Eine kahle Gegend, ohne Abwechselung von Berg und Thal, ja fast ohne irgend eine Bodenerhöhung, bedeckt mit traurig öden Ackerflächen, die von Nadelholz und verkrüppelten Bäumen unterbrochen wurden, ein tiefer Sandboden, untermischt mit einzelnen sumpfigen Stellen, dies war das Feld, welches dem Fürsten sich darbot und ihm Gelegenheit geben sollte, eine Wüste in ein Paradies zu verwandeln. Die Spree, welche der Besitzung als Grenze dient, hat flache, reizlose Ufer und eine nur unbedeutende Wassermenge, die theilweise zur Benutzung von industriellen Anlagen vorher abgeleitet worden ist; sie konnte zur Hebung eines landschaftlichen Gemäldes wenig beitragen. Das Schloß war verfallen, und von einem Schloßgarten waren kaum noch Spuren bemerkbar, da bei den früheren Pachtverhältnissen seit fast hundert Jahren die landwirthschaftlichen Interessen vorgewaltet hatten. Es mußte hier das Ganze erst wahrhaft geschaffen werden, und wie diese Aufgabe gelöst, wie das

scheinbar Unmögliche möglich gemacht worden ist, dafür gebührt

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 430. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_430.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)