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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

Wild-, Wald- und Waidmannsbilder.
Von Guido Hammer.
Nr. 19. Jagderinnerungen aus dem Gebirge.

Als ich mich vor Jahren durch das anhaltend schöne Herbstwetter hatte verlocken lassen, noch in der letzten Hälfte des Octobers das sächsische Erzgebirge zu besuchen, um dort einsame Waldnatur und Jagd zu genießen, schlug ich mein Domicil in der Nähe

Die Abfuhr des Hirsches.

der böhmischen Grenze bei einem mir befreundeten Forstmann auf. Obgleich der Wildbestand auf dessen Reviere durch mancherlei Umstände ein ziemlich zerstörter war und sich deshalb das Waidwerk meist nur auf Abschießung von Wechselwild, das zuweilen von Böhmen herübertrat, beschränkte, so lag doch gerade in dieser Art von Jagdbetrieb ein gewisser Reiz, weil doppelte Aufmerksamkeit und Mühwaltung dazu gehörte, wollte man seine Bestrebungen auf diesem Felde möglicherweise mit Erfolg gekrönt sehen. Da galt es denn unverdrossen hinaus auf den Anstand und Pirschgang zu gehen, auf ersterem aber, trat man des Abends an, bis zum Finsterwerden auszuhalten; ja, war Mondschein und man erwartete Hochwild, durfte man sich nicht scheuen, gleich die Nacht hindurch auf seinem Posten auszuharren, weil das Wild höchst unzuverlässig und nur spät Abends oder in der Nacht über die Grenze auf die daranstoßenden dürftigen Felder trat, die es aber schon in dämmernder Frühe wieder verließ, um sich die übrige Zeit fast ausschließlich in den Dickungen Böhmens zu verhalten. Deshalb blieben Versuche, am Tage dem Wilde durch Treibjagden oder mit dem Hunde Abbruch zu thun, fast immer vergebliche. Die nächtlichen Ausflüge aber boten mir gerade einen besonderen Genuß, weshalb ich sie denn auch während der mir vergönnten Zeit geflissentlich pflegte, und obgleich ich nicht ein einziges Mal dabei das Glück hatte zu Schuß zu kommen, so knüpfen sich doch nichtsdestoweniger liebe Erinnerungen an diese einsamen Gänge; denn welch herrliche Natureindrücke empfing dabei das Herz!

War ich geraume Zeit vor Sonnenuntergang, um durch späteres Kommen nichts rege zu machen, hinausgeschritten an die Grenze, um mich dort anzustellen, so blieb mir volle Muße – bei aller Vorsicht für etwa eintretende Eventualitäten – mich der Betrachtung der mich umgebenden herrlichen Natur hingeben zu können; denn so lange es nicht so dunkel wurde, daß man nur noch zur Noth soviel Büchsenlicht hatte um möglicherweise dabei schießen zu können, durfte ich doch nicht darauf rechnen. Wild zu Gesicht zu bekommen. Wie oft und mit welchem Genuß betrachtete

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 325. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_325.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)