Seite:Die Gartenlaube (1861) 477.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

bildet, während Kohlencylinder des letzten Elementes den negativen Pol derselben darstellt. Wird dagegen die Vereinigung der Elemente zu einer Batterie (wie in Fig. 12 dargestellt ist) vorgenommen,


Fig. 12.


d. h. daß alle Kohlencylinder unter sich, sowie auch alle Zinkcylinder verbunden werden, so bildet der Zinkcylinder des letzten Elementes den positiven, und der Kohlencylinder desselben den negativen Pol der Batterie. Der von Kohlencylinder des ersten Elementes ausgehende positive Strom läuft zum Kohlencylinder des zweiten, dritten, vierten und aller folgenden Elemente, bis er, bei jenem des letzten Elementes angelangt, in den Schließungsbogen übergeht, durch welchen er zum Zinkblock des letzten Elementes zurückkehrt, und da dieser mit den Zinkcylindern der Elemente wieder in Verbindung steht, so vertheilt er sich auch wieder auf die einzelnen Elemente und geht bei jedem durch die Feuchtigkeit wieder zum Kohlencylinder.

So wäre denn der Leser mit dem ersten Theile der elektromagnetischen Telegraphie, nämlich mit den elektrischen Batterien und mit der Erzeugung des galvanischen Stromes vertraut und bekannt geworden, und wenn ihm auch noch Manches unklar und räthselhaft erscheint, so möge er nur bedenken, daß ja das Wesen und Agens der Elektricität selbst noch ein ungelöstes, vielleicht nie zu lösendes Räthsel ist. Er weiß doch nun die Erzeugung des galvanischen Stromes und kennt dessen Vorhandensein, sowie dessen Benutzung und Verwendung zur Telegraphie; er kennt mit einem Worte die Seele, die bewegende, wunderbare Kraft des elektromagnetischen Telegraphen, und wir können ihn nun auch, mit dem zweiten Theile desselben bekannt machen, nämlich:

mit den eigentlichen Vorrichtungen, Apparaten und Maschinen, durch welche der galvanische Strom gezwungen wird, die ihm vorgezeichneten Wege zu durchlaufen und auf diese oder jene Art und Weise seine Wirkungen zu äußern.

Vor Allem ist es hier nothwendig, daß wir den Leser mit den Erscheinungen, Fähigkeiten und Eigenschaften des elektrischen Stromes vertraut machen, da er dann um so leichter die sich auf dieselben stützenden Apparate verstehen und begreifen wird. Eine Eigenschaft desselben hat der Leser bereits im Vorhergehenden kennen gelernt, nämlich die Fähigkeit chemische Verbindungen herzustellen und zu trennen. Die bei Weitem wichtigere ist jedoch folgende, daß er vorhandene Magneten aus ihrer Ruhelage abzulenken vermag, was zuerst von Oerstedt, Professor in Kopenhagen, im Jahre 1820 beobachtet wurde. Er bemerkte nämlich, daß eine freischwebende Magnetnadel ihre Richtung von Süden nach Norden verläßt, wenn ein galvanischer Strom an ihr vorbeigeht, und zwar ist diese Ablenkung der Nadel bald rechts, bald links, je nachdem der Strom oberhalb, unterhalb oder seitwärts an ihr vorübergeht. Doch nicht allein auf vorhandene Magnete äußert der Strom seine Wirkung, sondern er besitzt auch die Fähigkeit, im weichen, unmagnetischen Eisen, sobald er um dasselbe herumgeleitet wird, einen sehr kräftigen Magnetismus zu erzeugen.

Was ist nun Magnetismus? Diese Frage wurde von den Gelehrten bisher ebenso wenig wie jene, was Elektricität ist, beantwortet, und man bezeichnet mit dem Worte Magnetismus im Allgemeinen die Eigenschaft und Fähigkeit des Eisens, andere Eisentheile anzuziehen und festzuhalten, und erklärt sich dieses, ebenso wie bei der Elektricität, von einer fein zertheilten, unsichtbaren und gewichtslosen Materie herrührend, die in jedem Eisentheilchen vorhanden ist, aber nur dann erst zum Vorschein kommt, vielmehr sich durch ihre Wirkungen kennbar macht, wenn das Eisen dem Einflusse eines bereits vorhandenen constanten Magnets ausgesetzt wird. Bei weichem Eisen verschwindet alsdann sofort der Magnetismus wieder, wenn dieser Einfluß eines anderen aufhört, während in hartem Eisen, d. h. im Stahle, der erregte Magnetismus lange bleibt und vorhanden ist.

Denkt man sich einen gewöhnlichen Eisenstab ab, (siehe Fig. 13)


Fig. 13.


von einigen Zoll Länge und umwindet denselben mit feinem Draht, welcher selbst wieder mit Seide oder Wolle übersponnen ist, damit sich der durch denselben laufende Strom nicht seitwärts von einer Drahtwindung auf die andere fortpflanzen kann, sondern denselben seiner ganzen Länge nach durchlaufen muß, so wird dieser Eisenstab so lange magnetisch, als ein Strom diese Drahtwindungen durchläuft. Gewöhnlich giebt man solchen Eisenstäben eine hufeisenartige Form,


Fig. 14.


wie Fig. 14 zeigt, nur umwickelt denselben in schraubenförmigen Windungen mit übersponnenem feinem Kupferdraht, so daß alle Windungen nach einer Richtung laufen, wenn man das Hufeisen sich gerade gestreckt denkt. Sind nun a und b die Enden des Umwindungsdrahtes und man bringt dieselben mit den Polen einer Batterie in Verbindung, so ist letztere dadurch geschlossen und der Strom derselben läuft nun durch diese Drahtwindungen. Je nach der Stärke des Stromes wird alsdann auch dieser Eisenstab stärker oder schwächer magnetisch, so daß er im Stande ist, einen Eisenanker c anzuziehen und so lange fest zu halten, bis eine Unterbrechung des Stromes stattfindet, worauf der Magnetismus im Eisen wieder verschwindet und dieser Anker c von selbst wieder abfällt. Eine derartige Vorrichtung wird ein Elektromagnet, sowie die durch den Strom hervorgerufene Kraft Elektromagnetismus genannt, woher auch der Name der elektromagnetische Telegraph kommt, da derselbe auf diese Eigenschaft und Fähigkeit des galvanischen Stromes gegründet ist.

Es beruhen aus derselben:

a) die Signal-, Glocken- und Weckapparate, bei welchen man einestheils von dem Grundsatze ausging, daß die Mittheilung auf das Gehör die beste sei, da ja der Ton selbst das einfachste von der Natur zur Mittheilung bestimmte Mittel ist, während es andererseits wieder als nothwendig erschien, daß, bevor man mit entfernten Personen eine Correspondenz beginnen könne, man dieselben erst noch durch vernehmbare, auf das Gehör wirkende Zeichen aufmerksam mache;
b) die Zeigerapparate, welche schon vorhandene Buchstaben oder Zahlen auf den entfernten Stationen mittelst eines Zeigers momentan vorweisen;
c) die Schreibapparate, welche gewisse Zeichen als Punkte und Striche bleibend hervorbringen und dadurch ein selbst nach Jahren noch lesbares, bleibendes Document der Correspondenz liefern;
d) die eigentlichen Druckapparate, welche die Buchstaben des Alphabets hervorbringen und fixiren.

Wir werden den Leser mit vielen dieser Apparate vertraut und bekannt machen, und er wird nun, wenn er die im Vorstehenden ausgeführten Eigenschaften des elektrischen Stromes vollkommen aufgefaßt und verstanden hat, mit Leichtigkeit die Bestimmung derselben, ihre Anordnungen, sowie das Ineinandergreifen der einzelnen Theile einsehen und sich eine genaue und gründliche Kenntniß derselben verschaffen können.



Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 477. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_477.jpg&oldid=- (Version vom 10.9.2022)