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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

Punkt herabgesunken, daß er sich selbst nicht mehr ähnlich war, die körperliche und geistige Thatkraft ganz verlor und endlich im 50. Jahre nach einer langwierigen Krankheit einer allgemeinen Entkräftung unterlag.“ Wintersteller war ein stattlicher Mann, groß und breitschulterig, das Antlitz festknochig, das Auge feurig, die Stimme laut und tönend. Sein Scharfsinn war eben so groß als sein Muth; daß er mehr zum Feldherrn geboren war, als mancher hochgeborene Herr der österreichischen Armee, hat er sattsam bewiesen.

Machen wir noch einen Besuch bei Oppacher in Jochberg. Auch ihm hatte man für seine Verdienste eine goldene Medaille gegeben, denn die Orden gehörten damals fast nur der haute volée, welche sie gar nicht zu verdienen brauchte. Mehr als dieses erfreute ihn jedoch der Besuch des Kaisers Franz, der auf der Durchreise bei ihm einsprach und ihn sehr herablassend behandelte. Als Denkzeichen an dieses Ereigniß prangt noch ob der Hausthüre eine rothe Marmortafel mit goldenen Lettern. Oppacher genoß unter den Bauern eines großen Ansehens und wurde von ihnen zum Vertreter auf dem Landtage erwählt. Seine kurze, gedrungene Statur ließ auf große Stärke schließen, die Stirne, von der langes graues Haar zu beiden Seiten niederhing, war hoch, der Blick frei, die Nase stark gewölbt. Die Züge des bescheidenen Mannes, der wenig Aufhebens von sich machte, waren mild und sanft. Wie alle diese Männer von 1809 war er sehr fromm und der Kirche treu ergeben. Er verschied 1845 in einem Alter von 75 Jahren.

Vielleicht fragt nun der Leser, welcher sich die Mühe nahm, diese Episoden aus einer großen Zeit zu lesen: „Warum alte Wunden aufdecken und die Kriege, welche blutsverwandte Stämme mit einander in grimmiger Erbitterung führten, neuerdings vor die Erinnerung führen?“ Man kann es den Deutschen, welche einig die Welt bezwingen würden, nicht oft genug in’s Gedächtniß rufen, daß sie sich selbst die schrecklichsten Uebel zufügten, wenn sie den Fremden dienten. Zwischen den Tyrolern und Baiern ist jetzt Friede und Freundschaft, über die Leichen der Gemordeten wächst Gras, und die alten viel umstrittenen Schanzen in den Engpässen sind zu bemoosten Erdhaufen zerfallen. Vor zwei Jahren sagte mir ein alter Schütz: „Ich weiß nicht, ob es nicht etwa besser wäre, wenn wir bairisch geblieben wären; das thät mich aber freuen, wenn ich mich noch einmal an der Seite der Baiern gegen die verfluchten Franzosen schlagen dürfte, denn die Baiern sind wackere und feste Leute.“ Möge nie dynastisches Sonderinteresse die deutschen Brüder trennen; wenn sie Seite an Seite unter dem deutschen Banner gegen den Feind kämpfen, so werden gewiß die Helden von 1809 sie versöhnt aus ihren Gräbern segnen, und wie die Schatten der griechischen Heroen bei Salamis zum Siege vor ihnen herziehen!




Illustrirte Skizzen aus Rom.


Erholungsstunden der Franziskaner auf dem Aventin.
Nach der Natur gezeichnet von Zwahlen und Zielcke

Unser heutiges Bild bedarf keiner großen Erklärung. Wir sind in einem Kloster der Regel des heiligen Franz und schauen aus dem Garten desselben hinab auf das weite herrliche Rom und die goldene Tiber. – Diese Ordensbrüder wußten sich stets die schönsten Lagen für ihre Häuser zu wählen, so denn auch hier auf einem der sieben Hügel, dem Aventin. – In der Ferne bietet sich unserm Blick der Sanct Peter mit dem vatikanischen Palast, näher aber der Fluß mit dem Ponte Sisto in der bezaubernden Färbung eines Sommerabends. – Unsere Brüder haben ihre kirchlichen Exercitien eben beendet und suchen in der köstlich kühlen Laubveranda ihres Gartens für den Abend ein Plätzchen der Erholung. – Der Bettelmönch dieses Landes ist fast immer ein Mann aus dem Volk, er bleibt stets mit demselben in Verbindung und hat Freud’ und Leid mit demselben gemein. So also

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verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_349.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)