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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)


Eine Episode der nordamerikanischen Krisis.


Die öfteren Streitigkeiten mit England haben ein System nordamerikanischer Küstenbefestigungen ins Leben treten lassen. Die Handelshäfen, diese verwundbarsten Stellen, sind geschützt und an geeigneten Punkten Zufluchtsstätten geschaffen worden, in denen die Kauffahrer vor friedlichen Kreuzern völlig sicher sind. Allein auf die Sclavenstaaten des Südens kommen zwanzig Küstenfestungen, die von Baltimore bis zur Barentaria-Bucht in Louisiana reichen. Vollständig bewaffnet würden sie dreitausend Geschütze führen und mit 16,300 Mann besetzt werden müssen. Der wichtige südcarolinische Hafen Charleston hat zu seinem Schutze drei Festungswerke, die Forts Sumpter, Moultrie und Pinkney. Alle diese Festungen der Sclavenstaaten hatte der Kriegsminister Floyd, obgleich die Bewegungen und Pläne des Südens gerade ihm, dem Vertrauten der Sclavenhalter, aufs Allergenaueste bekannt sein mußten, in einer Weise vernachlässigt, die auf einen absichtlichen Verrath schließen läßt. Diese Werke, die im Frieden nie unter 3000 Mann Besatzung haben sollen, enthielten nicht ganz 1000 Soldaten, und diese waren so vertheilt, daß auf die Staaten, welche offen mit Abfall von der Union drohten, nur 320 Mann kamen.

Die Forts der Hafenbucht von Charleston waren in der Zeit der Bewegung, die in Nummer 10 geschildert ist, der Obhut des Majors Robert Anderson übergeben. Dieser Officier gehört zu den Kentucky-Männern, deren Muth und Entschlossenheit in der Union sprüchwörtlich ist. Von ausgezeichneter wissenschaftlicher Bildung, hatte er in den Kriegen gegen die unter dem Schwarzen Falken vereinigten Stämme der Winnebagoes, Fuchs- und Sack-Indianer, gegen die Seminolen und Creeks in Florida und gegen die Mexikaner seine kriegerischen Proben abgelegt. Die Kräfte, über die er zur Vertheidigung der drei Hafenforts verfügen konnte, beschränkten sich auf 9 Officiere, 55 Artilleristen und 15 Hornisten. Mit dieser Handvoll Menschen hielt er, einem ausdrücklichen Befehl des Kriegsministers gehorchend, Fort Moultrie besetzt. Im Fort Sumpter befanden sich blos die Arbeiter, welche die letzte Hand an die Werke legen sollten, und die Besatzung von Fort Pinkney bildeten die beiden Wächter des dortigen Leuchtthurms.

Von dem Augenblicke an, also Anfang December vorigen Jahres, wo die südlichen Feueresser eine Unabhängigkeitserklärung erließen und die Uebergabe aller Festungswerke ihrer Gebiete forderten, schrieb Anderson nach Washington um Verstärkungen. Auf alle seine Depeschen erhielt er immer nur die eine Antwort: „Bleiben Sie in Fort Moultrie und beobachten Sie eine rein vertheidigende Haltung.“ Das Fort, in dem er


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verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_205.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2018)