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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

viel man erfährt, ist dieses Vermächtniß nie zur Anerkennung gekommen und jener Sarg nur für sie und ihren Freund benutzt worden.

Das Grab dieses Dichterpaares zeigt uns von Zeit zu Zeit, daß noch einer ihrer Freunde ihrer gedenkt. Diese Erinnerung besteht in einem frischen Blumenkranze; jedoch an den Tagen ihres Todes beweisen mehrfache Blumenspenden, daß es noch Viele in Dresden giebt, die die Gräber dieser geliebten Todten treu im Gedächtniß halten und ihr Erinnern auch durch freundliche Zeichen an den Tag zu legen bemüht sind.

Zu den vergessenen Gräbern dieses Neustädter Kirchhofes kann man das des Schriftstellers Tromlitz (v. Witzleben) zählen. Ein eisernes Kreuz schmückt seine Ruhestatt; doch dem kahlen Erdhügel fehlt jegliche Zier. Herrliche Bäume der andern es umgebenden Gräber lassen es aber überaus freundlich und schön gelegen erscheinen, und so gleichen günstig zusammenwirkende Umstände hier, wie so oft im Leben, etwas zum Vortheil aus, das, vom Geschick stiefmütterlich bedacht, zu keiner Annehmlichkeit berufen schien und einem traurigen Loose verfallen sein sollte.

Eine über alle Gräber und Bäume dieses Kirchhofs hoch empor ragende Säule von Granit lenkt unwillkürlich die Aufmerksamkeit des dort Umherwandelnden auf sich. Sie ist der Denkstein jenes grossen Grabes, das die in den Maitagen 1849 gefallenen Krieger in sich aufgenommen. Der Sockel trägt die Inschrift:

„Vereint und treu bis in den Tod bei gutem Kampfe für König und Gesetz.“

Die Seitenwände der kolossalen Pyramide nennen die Namen der Officiere und Soldaten der preußischen und sächsischen Regimenter, die jenen Kampf mit ihrem Leben bezahlten!

Dresdens schönster Kirchhof ist wohl unstreitig der Trinitatiskirchhof oder sogenannte „weite Kirchhof“. Weit vor dem Thore, an der Blasewitzer Straße gelegen, ist er im reizendsten Halbrund von den Loschwitzer grünen Hügelketten und den blauen Gebirgszügen der sächsischen Schweiz umkränzt. Die herrlichsten Alleen alter Bäume durchschneiden verschiedene Abtheilungen dieses außerordentlich großen Gottesackers; die höchsten Cypressen ragen mit ihrem unvergänglichen Grün über die Gräber fort, und mächtige Trauerweiden neigen ihre langherabfallenren Zweige bis zu den mit Blumen reich geschmückten, mit Kränzen oft ganz bedeckten Hügeln nieder.

Ruhestätte der Schröder-Devrient.

Das Grab der Maikämpfer.

Den poetischsten und zugleich wildromantischsten Anblick gewährt die letzte Abtheilung dieses Kirchhofes. Die ihn zum Theil umgrenzenden Mauern sind verfallen, die Gräber meist wild und hoch von Gras und Epheu überwuchert; auf den größtentheils eingesunkenen Hügeln liegen die verwitterten und zerbrochenen Kreuze halb unter Gebüschen verborgen oder sie lehnen umgesunken gegen alte hohe Bäume, deren Zweige der Kronen an vielen Stellen so dicht in einander verschlungen sind, daß sie ein undurchdringlich grünes Laubdach bilden, welches nur hie und da einem glänzenden Sonnenstrahl Eingang gestattet. Mit hellem Licht umleuchtet er die Gräber derjenigen, die wohl schon lange im ewigen Lichte wandeln, mit glänzendem Schein umwebt er all die hohen weißen Stämme der Birken, die in dichter Waldung die eine Seite des Kirchhofs umschließen und wie ein Chor Geister aus dem tiefen Dunkel der sie umhüllenden grünen Baumnacht hervortreten.

Unter den mit Blumen überdeckten Gräbern der mittlern Kirchhofsabtheilung zeichnet sich durch geschmackvollste Anordnuug, durch reizendste Auswahl der in Farben zu einander passenden Gewächse die Ruhestätte einer erst vor Kurzem von der Erde geschiedenen Frau aus, die als Sängerin und dramatische Künstlerin gleich berühmt war und Viele erfreut hat und zum Dank von Vielen mißhandelt worden ist. Der zwischen Blumen und Cypressen hervorragende Würfel von grauem Granit trägt einfach ihren Namen:

Ein Name, zu häufig in letzterer Zeit mit Anerkennung genannt, als daß seiner wiederum erwähnt zu werden brauchte.

Ein fast eben so frisches Grab, wie das der Sängerin, ist

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verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_077.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)