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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

So hatte Heidelberger, der Betrüger, über 1800 Franken gewonnen, und Arbenz, der um diese Summe Betrogene, mußte als Betrüger in’s Zuchthaus wandern.

Am 14. Mai, wenige Stunden nach der Verurtheilung, saß er schon im Zuchthause. Wie war das Alles möglich? fragen mit Entrüstung und Erschrecken die Leser.

In diesen Tagen ist im „Magazin für Literatur“ zu Leipzig das vierte Bändchen der „Deutschen Criminalgeschichten“ von J. Temme erschienen. Dasselbe enthält den Proceß Arbenz in ausführlicher, actengetreuer Darstellung. In demselben finden die Leser die Antwort aus ihre Frage.

Es wird darin gezeigt, wie der verübte Justizmord so nur unter den Grundsätzen und Formen des französischen Strafverfahrens, das auch in Deutschland Aufnahme gefunden, so daß der Verfasser es das „moderne französisch-deutsche Strafverfahren“ nennt, und das auch, vielfach verbessert, im Canton Zürich gilt, habe ausgeübt werden können. Es wird insbesondere nachgewiesen, wie die in diesem Strafverfahren dem Staatsanwalt eingeräumte bevorzugte, mit obrigkeitlicher Gewalt ausgestattete Stellung gegenüber einem, zumal in einer geheimen inquisitorischen Voruntersuchung und in enger, einsamer Haft, fast bis zur Willkür unterworfenen Angeklagten, das herbeigeführte traurige Resultat möglich machte. An Thatsachen mögen folgende Punkte (nur wenige aus großen Reihen ähnlicher) hier angedeutet werden:

Am 13. Mai (1857) war Arbenz vor die Geschwornen gestellt. Am 5. Mai hatte er zum ersten Male in seiner Haft Jemanden von seinen Angehörigen und seinen Vertheidiger sprechen dürfen. Es wurde jetzt Aussetzung der Schwurgerichtssitzung nachgesucht; der Staatsanwalt widersetzte sich, das Gericht wies sie zurück. Acht Tage blieben nur, um in einer äußerst verzweigten und verwickelten Betrugssache die Vertheidigungsmomente zu ermitteln und herbeizuschaffen, nach denen in der Voruntersuchung der Angeklagte nicht einmal gefragt war.

In der Schwurgerichtssitzung wollte der Vertheidiger die Untersuchungsacten einsehen. Der Staatsanwalt legte den Ellnbogen auf sie, und sie blieben dem Vertheidiger verschlossen.

In den Acten (die der Staatsanwalt hatte) hatte sich ein günstiges Leumundszeugniß für den Angeklagten befunden; in der Schwurgerichtssitzung war es fort. Der Angeklagte und der Vertheidiger hatten es nicht gekannt; der Staatsanwalt erwähnte seiner nicht.

Der Angeklagte hatte acht Entlastungszeugen zu der Schwurgerichtssitzung vorladen lassen. Als sie vernommen werden sollten, erklärte der Staatsanwalt sie für seine Belastungszeugen. Nach dem Züricher Strafproceßgesetze werden (wie im englischen Proceß) die Zeugen von dem vernommen, der sie vorgeschlagen hat. So vernahm der Staatsanwalt sie „in seiner Weise.“

Nach geschlossenem Verfahren verlangte der Staatsanwalt von den Geschwornen die Verurtheilung des Angeklagten, indem er ihnen zurief: „Der Fall Arbenz sei der Prüfstein für den Werth der Jury, jetzt müsse es sich zeigen, ob die Geschwornen im Stande seien, einen Mann von Einfluß und Vermögen schuldig zu sprechen.“

Dabei gab er ihnen eine von ihm selbst gefertigte und von ihm als richtig versicherte Berechnung der Schuldverhältnisse zwischen Arbenz und Heidelberger mit, nach welcher – in Uebereinstimmung mit seiner Anklage – Arbenz dem Heidelberger noch 108 Franken verschulde. Diese Berechnung, einseitig von ihm ausgestellt und den Geschwornen mit in das Berathungszimmer gegeben, war objectiv falsch.

In solcher Weise war die Verurtheilung des Angeklagten möglich geworden, auf Grund einer Anklage, die auf nichts weiter begründet war, und die auch im Laufe der Verhandlungen durch nichts weiter gestützt wurde, als blos auf die Behauptung des beteiligten, in schlechtem Rufe stehenden Heidelberger und auf jene (nicht unterschriebene) Privatnotiz des Arbenz, welche Heidelberger dem Arbenz heimlich entwendet hatte.

Nur unter kaum glaublichen Mühen und Schwierigkeiten, die wiederum nur jene bevorzugte Stellung des Staatsanwaltes bereiten konnte, gelang es endlich nach länger als einem Jahre, die Unschuld des Angeklagten zu ermitteln. Das Nähere auch hierüber – eine der rührendsten und erhebendsten Geschichten kindlicher Liebe und Aufopferung – enthält gleichfalls jene Darstellung des Processes Arbenz, der überhaupt reich an dem interessantesten Material nach so vielen Seiten hin ist.

„Möge,“ schließt die Darstellung des Processes, „die Geschichte des Processes Arbenz eine Lehre für Juristen, Geschworne und Richter sein, am meisten für Gesetzgeber!“




Schach.

Aufgabe Nr. 3.
Von Herrn Jean Dufresne in Berlin.

Schwarz.

Weiß.
Weiß zieht und setzt mit dem fünften Zuge matt.




Briefwechsel.

Herr Dr C. in Posen. Sie fragen nach unserm Urtheil über Herrn Morphy’s Spiel. Wir halten ihn für einen der stärksten lebenden Schachspieler. Vielleicht ist er auch im Augenblick bei der großen und ernsthaften Uebung, die er seit längerer Zeit hat, allen andern hervorragenden Schachgrößen überlegen. Aber diese Ueberlegenheit ist keine so bedeutende, daß er berechtigt und im Stande wäre, Herrn Harrwitz oder Loewenthal, geschweige denn unserm Anderssen auch nur einen Bauer vorzugeben. Daß Herr Harrwitz, der doch mehrere Partieen glänzend gegen Morphy gewonnen, über einen derartigen Vorschlag sehr unwillig ist, finden wir ganz in der Ordnung. – Die Kunst des Herrn Morphy, aus dem Gedächtniß gleichzeitig 8 Partieen, und zwar mit vieler Schärfe zu spielen, ist ohne Zweifel bewundernswerther, als sein praktisches Spiel, das bei aller Vortrefflichkeit doch über das von dem großen De la Bourdonnaie erreichte Maß gewiß nicht hinaus geht.

Herr W. Fuhr in Mühlhausen. Lösung richtig. Daß Anderssen und Morphy Figuren nicht nehmen, wenn es ihnen nützlich ist, bitten wir zu beweisen.

Herr A. B. in C. Richtig, Walker übersetzt von Schiereck.

Herr G. Seeberger in Graz. Dankend erhalten. Theilweise bereits zur Aufnahme bestimmt.




Ein Buch für Arm und Reich.
In unterzeichneter Verlagshandlung erscheint und ist durch alle Buchhandlungen zu haben:
Das Buch vom gesunden und kranken Menschen.
Von Dr. Carl Ernst Bock, Professor der pathologischen Anatomie in Leipzig.
Mit 25 feinen Abbildungen.
Dritte vermehrte Auflage in Heften.


An das Publicum.

Jeder Mensch hat von Natur die Macht und deshalb auch die Verpflichtung, sich, und soweit es in seinen Kräften steht, auch seine Mitmenschen, gesund und bei langem Leben zu erhalten. Denn Krankwerden, frühzeitiges Altern und vorzeitiges Sterben sind ebensowenig wie Gesundbleiben und ein langes Leben weder Zufälligkeiten noch Vorausbestimmung, sondern die nothwendigen Folgen unseres Verhaltens; sie hängen von ganz bestimmten Ursachen ab und gehen nach feststehenden Naturgesetzen vor sich. Es ist deshalb die Aufgabe jedes wirklich Gebildeten, überhaupt Jedes, der den Namen „Mensch“ verdienen will, sich mit jenen Bedingungen und Gesetzen nicht nur vertraut zu machen, sondern denselben auch nach Kräften nachzukommen, um Krankheit und frühen Tod zu verhüten.

Das vorliegende Werkchen soll den Leser mit den Bedingungen zur Gesundheit und zum langen Leben, soweit es zur Zeit die Wissenschaft vermag, bekamt machen. Es lehrt deshalb, gestützt auf den Bau und die Verrichtungen unseres Körpers und seiner einzelnen Organe, ebenso die Pflege des gesunden, wie des kranken Körpers. Müttern und Lehrern ist es aber vorzugsweise deshalb gewidmet, weil diese die Macht haben, durch richtige Erziehung der Kinder ein in körperlicher, wie geistiger und moralischer Hinsicht gesünderes und besseres Menschengeschlecht, als das jetzige ist, zu erziehen.

Bock.




Zur Empfehlung dieses Werkes bedarf es keiner buchhändlerischen Anpreisungen. Es hat in zwei Auflagen für sich selbst gesprochen und wird das in der dritten um so mehr können, als sein Werth durch die umfänglichen, dem Standpunkte der heutigen Wissenschaft entsprechenden Verbesserungen und Vermehrungen noch erhöht wird.

Die unterzeichnete Verlagshandlung hat daher den obigen Mittheilungen des Herrn Verfassers nur noch Folgendes hinzuzufügen.

Die dritte Auflage des „Buches vom gesunden und kranken Menschen“ ist in einer neuen übersichtlicheren Form bearbeitet, nach welcher das Werk in drei Abtheilungen:

1) vom Baue und den Tätigkeiten des menschlichen Körpers und seiner Organe;

2) Pflege des gesunden Körpern, Schutz gegen Krankheiten;

3) Pflege des kranken Körpers, Behandlung der Krankheiten;

zerfällt, die in sieben, in monatlichen Zwischenräumen aufeinander folgenden Lieferungen erscheinen. Der Subscriptionspreis für jede Lieferung ist 71/2 Ngr. Nach dem Erscheinen der letzten Lieferung tritt ein etwas höherer Ladenpreis ein.

Von der durchaus würdigen typographischen und künstlerischen Ausstattnng gibt die vorliegende erste Lieferung Zeugniß.

Leipzig, im Februar 1859. Die Verlagshandlung. Ernst Keil.


Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig,
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_148.jpg&oldid=- (Version vom 9.8.2023)