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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Oben im Takelwerke.

„Am 23. schon peinigte uns Alle der Durst. Ich stieg bisweilen hinunter auf das Dach des Deckhauses, um mich legen zu können. Meine Frau vermochte ich erst am sechsten Tage, auch hinunterzusteigen, kaum aber hatte sie es gethan und sich ausgestreckt, als eine ungeheuere Woge sich heranwälzte, sie nebst dem Kinde völlig durchnäßte und fast hinwegriß, wie sie die Decken wegspülte, auf die sie sich gelegt hatte. Mit Mühe stieg sie wieder in unser Versteck oben auf der Mastspitze hinauf, das sie nicht wieder verließ, bis die Erlösung kam. In der Nacht vom 24. wurde das Steuerruder hinweggerissen, so daß das Schiff nun ganz ein Spiel des Windes und der Wellen war. Der Durst wurde für uns Alle fast jeden Augenblick peinigender. Am 25. regnete es und wir hofften, den brennenden Durst wenigstens in etwas stillen zu können, aber der Sturm peitschte die Regentropfen mit solcher Gewalt umher, daß wir uns mit denen begnügen mußten, die von dem Takelwerke uns in den Mund fielen, obgleich sie stark nach Salz und Theer schmeckten. Die Lippen meiner Frau waren fast verdorrt und ich selbst war durch den Durst so geschwächt, daß ich ohnmächtig werden zu müssen fürchtete. Die wenigen Tropfen, die wir jetzt erhalten hatten, steigerten den Durst wo möglich noch

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_100.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)