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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Land und Leute.
Nr. 13. Pußtenleben in Ungarn.

Ungarische Nationaltracht.
Verheirathete Frau.      Wirthschafter.      Ochsenhirt.

Es gibt wohl wenig Länder in Europa, die außerhalb ihrer Grenzen so unbekannt und so schiefen Beurtheilungen ausgesetzt sind, als mein Vaterland Ungarn.

Sprachen doch noch im Jahre 1829 zwei reisende Engländer ihre Verwunderung darüber aus, daß es in Ungarn auch Chausseen und comfortable Gasthäuser gebe; fragte doch sogar einer dieser Gentlemen im vollsten Ernste meinen Vater: Wie viel Sclaven er habe? – Fürst Pückler-Muskau erzählt in seiner Reisebeschreibung von Ungarn: „Es gibt hier eine eigene Race von Pferden, die wild herumlaufen und eingefangen werden, wenn eben Jemand ihrer bedarf; man nennt sie Vorspann-Pferde.“ – Der erlauchte Reisebeschreiber erhob die armen Ackergäule, die, von der Weide geholt, vor den fürstlichen Wagen gespannt wurden, zu einer eigenen Gattung ihres Geschlechts. – Ja, noch vor wenig Jahren fragte mich eine Vollblut-Wienerin ganz naiv: „Habt Ihr denn in Ungarn auch Schneider?“

Es ist also wohl an der Zeit, daß wir uns anderen Völkern gegenüber im richtigen Lichte zeigen. Wir müssen sie blicken lassen in das Innerste unseres Nationallebens; wir müssen unsern Stolz besiegen und unsere Schwächen nicht schonend verhüllen wollen, damit wir die Glaubwürdigkeit nicht verlieren, wenn wir von unsern Vorzügen sprechen.

Willst Du, lieber Leser, die Magyaren kennen lernen, so reiche mir Deine Hand; ich führe Dich nicht in die Paläste der Vornehmen,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_005.jpg&oldid=- (Version vom 27.4.2018)