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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

Jagdbilder aus Ceylon.
1. Die Büffeljagd.

Außer Südafrika gibt es auf der ganzen Erde kein so reiches Jagdgebiet, als die Insel Ceylon; es ist aber auch zugleich das angenehmste, weil das Terrain eine ungleich größere Abwechselung und einen bessern Schutz vor der tropischen Sonnengluth darbietet, als Afrika.

Die Mitte der Insel nehmen Gebirge ein, von welchen aus sich das Land bis zu den Küsten abflacht. Der größte Theil desselben ist noch mit Urwald erfüllt, und an diesen schließen sich weite mit Dorngebüsch bewachsene Moorgründe oder Ebenen, welche mit ähnlichem Gesträuch bedeckt sind; ein anderer Theil des Landes ist dagegen vollkommen wie ein Park gestaltet, und in ihm zu jagen bietet den größten Genuß dar, den Jäger und Jagdliebhaber nur haben können. Das Land strahlt in ewigem Frühlingsglanz, die Bäume verlieren nie ihr grünes Laub und nur im Herbst wechseln die Blätter, indem die alten in die köstlichsten Schattirungen von orangegelb und roth übergehen, während die jungen Blätter nach und nach ihre Stellen einnehmen. Ceylon bildet daher das Paradies aller englischen Sportsmen, und die englische Literatur ist reich an Schilderungen ihrer Fahrten und Abenteuer. Wir wollen versuchen, aus diesen einige Darstellungen in kleinere Rahmen einzufassen, um unsere Leser auf dieses Jagdgebiet zu führen, in dem die Thierwelt noch in der vollen Ursprünglichkeit ihrer Kraft anzutreffen ist. Die Insel ist voll von Rothwild, Damwild, Elenn, Leoparden, Bären, Hasen, Rebhühnern, Truthühnern, Pfauen und Wasservögeln aller Art. Die Hauptjagd besteht jedoch in der Elephanten-, Büffel- und Elennjagd, und in der Treibjagd auf Rothwild und Damwild.

Die Elephantenjagd ist die gefährlichste und deshalb von den Sportsmen natürlich am meisten gesucht. Mit ihr kann sich die Löwenjagd nicht im mindesten messen. Der wilde Elephant ist das stärkste, verschlagenste und muthigste Thier beim Angriff, und nur gleich muthige und ganz sichere Schützen dürfen es wagen, sich auf einen Kampf mit ihm einzulassen.

Nicht minder gefahrvoll ist die Büffeljagd, wenn der Schütze nicht zugleich beritten ist, und es bedarf großen Glückes für ihn, wenn er sein Leben aus einer solchen Begegnung rettet.

Der Büffel von Ceylon hat den Umfang eines großen Ochsen, ist eben so stark, als lebendig und gewandt in seinen Bewegungen, und sein fast ganz von Haar entblößtes Fell gibt ihm ein gummiartiges, widerwärtiges Aussehen. Er trägt den Kopf auf eigenthümliche Weise, die Hörner zurückgezogen und die Nase in gleicher Linie mit der Stirn vorgebeugt, so daß er sich dadurch vor einem Frontschuß sichert. Dies macht ihn zu einem gefährlichen Feinde, denn wenn man ihm auch ein paar Kugeln in die Brust und die Kehle sendet, so empfindet er dies kaum. Zum Blattschuß läßt er es selten kommen, weil er seinen Gegner fest im Auge behält. Kann er diesen fassen, so kennt seine Wuth keine Grenzen, dann stampft er ihn nieder und kniet auf ihn, bis er sicher ist, daß kein Leben mehr in ihm ist.

Könnte man ihn im Walde angreifen, so wäre es leicht, sich zu decken, aber man kann nur zum Schuß auf ihn kommen, wenn man ihn in der Ebene von einem einzelnen Baume aus angreift. Dann zieht er sich scheinbar feige zurück, aber er thut es nur, um den Feind zur Verfolgung zu locken, und glückt ihm dies, so wird er der Angreifende.

„Einmal jagte ich,“ so erzählt einer der Ceylonjäger, „mit meinem Bruder am Mianeria-See. Wir hatten einen mühevollen Tag verlebt, weil wir uns durch das dichte Moorgebüsch erst von einem Dutzend Eingebornen einen Weg für unsere Ponys hatten hauen lassen. Dafür lohnte uns der köstliche Anblick des zwanzig Meilen langen Sees, der in der Abendsonne glänzte. Die Uferebenen bestanden aus dem schönsten Wiesengrün, und prachtvolle Bäume begrenzten wie Riesenwächter die Landschaft. Hier und da erstreckten sich dicht bewaldete Vorgebirge in den See, und ihre Buchten dienten zahllosem Geflügel zur Wohnung. Das Wild lag heerdenweise in der Ebene oder unter den Bäumen. Wir sahen mit Entzücken die Landschaft, während unsere Ponys grasten.

Unser Gepäck war mit den Kulies und Dienern noch zurück, und wir hatten Jeder nur eine Büchse mit ein paar Schüssen bei uns. Eine halbe Stunde warteten wir, dann beschlossen wir, einen Streifzug durch das Land zu unternehmen, um die schöne Zeit nicht ungenützt vorübergehen zu lassen.

Wir schritten durch das üppige Gras am Uferrand, aus dem alle zwanzig Schritt Schnepfen emporschwirrten, über eine große Wiese, in der Schwärme von Enten lagerten, und kamen dann nach einer weiten Ebene, die von Wald begrenzt war. Auf dieser lag, etwa eine Viertelmeile vor uns, eine Heerde von hundert Büffeln in einer sumpfigen Niederung. Hier und da sah man einzelne Stiere auf der grünen Ebene grasen. Alles war still, kein Lüftchen regte sich – nur ab und zu tönten die Schreie der Wasservögel, welche unser Erscheinen gestört hatte. Die Sonne war im Sinken begriffen und es begann eine angenehme Kühle. Die Menge der Büffel entzückte uns, und wir schritten muthig auf sie zu. Die Heerde stand von ihrem Lager auf und starrte uns an. Je näher wir kamen, desto mehr schaarten sie sich zusammen, und boten uns eine vollkommene Frontlinie dar. Aus dieser Linie traten sieben starke Stiere und ihr trotziges Aussehen verrieth Kampflust. Unterdessen waren wir näher gerannt, so daß wir nur dreißig Schritt von ihnen entfernt waren. Bei diesem Vorgehen setzte sich plötzlich die Heerde in Bewegung, und lief über die Ebene zurück. Einer der Stiere lief dagegen auf uns zu, und als er sich zwanzig Schritt von uns zur Seite wandte, bekam er zwei Schüsse in’s Blatt. Er sank in die Kniee, raffte sich aber gleich wieder auf und zog sich in’s Wasser zurück. Da stürzte sich plötzlich einer der andern starken Stiere auf ihn, stieß ihn in die Seite und stürzte ihn in das schlammige Seeufer. Dort blieb der verwundete Stier liegen, während der Sieger sich langsam nach der Ebene zurückzog.

Meinem Bruder den verwundeten Büffel überlassend, wandte ich mich der Verfolgung des fliehenden zu. Nach je hundert Schritt wandte er sich um, als wollte er mir entgegentreten, warf seine Schnautze in die Höhe und bewegte den Kopf mit kurzem Gebrüll seitwärts, dann ging er aber wieder in kurzem Trabe weiter und zog sich zurück, wie ich vorrückte. So verfolgte ich ihn etwa eine halbe Meile um den See, worauf ich ihm endlich zur Strafe für seine Frechheit aus der Ferne einen Schuß zusandte und ihm wieder ladend folgte. Der See bildete an einer Stelle eine Bucht, dort dachte ich den Büffel in einen Winkel zu drängen; als ich ihm jedoch auf dreißig Schritte nahe war, sprang er in’s Wasser und schwamm durch dasselbe nach der gegenüberliegenden Landzunge. Rasch lief ich dahin, und als seine schwarze Gestalt aus dem Wasser auftauchte, trat ich ihm, bis an die Kniee im Wasser watend, entgegen. Jetzt hatte ich das Vergnügen, ihn auf fünfzehn Schritt mich verdrossen anstarren zu sehen. „Armer Kerl, jetzt ist dein Tod gewiß,“ dachte ich, in meiner damaligen Unerfahrenheit, und hätte jede Summe darauf gewettet, daß er sogleich meine Beute sein werde.

Ich zielte fest auf seine Brust und Kehle. Der Schuß ging los, er stand aber fest, zuckte nicht und bewegte keine Muskel. Nur in seinem Auge nahm ich eine Veränderung wahr; es war nicht mehr blos zornig, sondern glühte vor Wuth. Ein Blutstrom schoß aus der Stelle, nach der ich gezielt; hätte ich dies nicht gesehen, so hätte ich gezweifelt, daß ich getroffen. Rasch schoß ich darauf den linken Lauf nach derselben Stelle ab; der Schuß donnerte über den See hin, aber der Büffel stand so fest, als wäre sein Leben verzaubert; ein neuer Blutstrom sagte mir, daß auch der zweite Schuß getroffen hatte, und noch unheimlicher leuchtete sein Auge.

Meine Läufe waren abgeschossen und ich hatte keine einzige Kugel mehr. Ich durfte nicht weichen, sonst hätte er mich sogleich angegriffen, und so standen wir nun uns einander Trotz bietend gegenüber.

Mit kurzem Gebrüll sprang er vorwärts, blieb aber glücklicher Weise stehen, als ich mich nicht bewegte. Wir waren einander auf zehn Schritt nahe. Nachgerade kam mir die Büffeljagd etwas gefährlich vor und ich hätte etwas darum gegeben, wäre ich eine Meile davon gewesen oder hätte nur meine Büchse mit den vier Unzen-Kugeln gehabt. Dem Angriffe des wüthenden Thieres mit Sicherheit entgegensehend, faßte ich unwillkürlich den Griff meines Jagdmessers, aber wie ohnmächtig ist diese Waffe gegen einen solchen Feind!

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 482. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_482.jpg&oldid=- (Version vom 7.9.2022)