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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

wenn er es denn doch nicht noch vorziehen sollte, dieses letzte Geschäft im Freien zu verrichten.“

Auch dies gaben wir zu, weil er ganz so aussah, als wollte er uns direct abschlachten, falls wir widersprachen.

„Gut,“ fuhr er fort, „ich weiß zwar nicht, ob Ihr mir im Ernste Recht gebt, ist mir auch ganz gleich, aber so denke ich, versteht Ihr! Zweimal schon habe ich mein Jagdleben aufgegeben und Ackerbau getrieben und in einem Hause geschlafen, aber dann wurde ich jedesmal krank und fühlte mich langweilig, so daß ich mich immer wieder mit frischer Luft kuriren mußte. Manchmal besuche ich Freunde in Häusern, die mir zur Nacht hübsche Betten zurecht machen, in welche ich mich auch lege, um sie nicht zu beleidigen. Aber wenn dann Alles schläft, nehme ich meine Decke, krieche aus dem Fenster und mache mein Schläfchen unterm ersten besten Baume. Der Mensch braucht weiter nichts zum Schlafen als eine Decke unter und einen Baum über sich, den Thau abzuhalten.“

Aber werdet Ihr niemals von wilden Thieren beunruhigt im Schlafe, ohne Zelt und Feuer? fragte Einer von uns.

„I nu, freilich, ich erinnere mich, daß ich mal von einer Kreatur aus dem Schlafe geweckt wurde. Das stumme Beest stand gerade über mir und schnaubte mich an und schnupperte, um ’rauszukriegen, was für eine Sorte von Mahlzeit ich wohl abgeben könnte, denn sehen konnten wir Beide nichts. Ich richtete und rührte mich ein Bischen, nicht in der besten Laune, sage ich Euch, aber das Wurm kriechte einen größern Schreck, wie ich schon hatte, denn es riß aus, daß es weg war, ehe ich rathen konnte, ob sein Fell werth sei, mich am Morgen nach ihm umzusehen. Es war so finster, daß vom Verfolgen keine Rede war. So legt’ ich mich wieder hin und schlief bis in die Sonne hinein.“ Wenn es nun ein Bär gewesen wäre? „Nu ja, ein Bär gehört nicht gerade zu dem Gewürm, mit dem man’s so ohne Weiteren aufnehmen kann, aber wenn man nur auf dem Rücken liegt und das Messer in der Hand lang und scharf genug ist, kriecht man ihn stille, ehe er nur im Reinen darüber ist, ob er wirklich zugreifen soll oder nicht. Einmal gegen Abend hatte ich so ’nen Bären auf einen Baum gejagt und setzte mich nieder auf eine Wurzel unten, zu warten, bis er wieder ’runter käme. Aber ich war so müde, daß ich nicht gut Wache hielt und einschlief, so daß mir die Kanaille entwischt war, wie ich wieder aufwachte. Ich sag’ Euch, die wilden Thiere sind gerade wie die zahmen Menschen. Wenn man ihnen ein festes Auge, Courage und keinen Rücken und kein Sohlenleder zeigt, denken sie, den wollen wir nicht fressen und ihm lieber zeigen, daß uns unser Pelz mehr werth ist, als dessen Fleisch. Wer kriecht, ist immer ein Wurm, wenn er auch damit renommirt, daß er Kopf und Beine habe.“




Gesunder Appetit. Zu dem in Nr. 9 der Gartenlaube abgedruckten Artikel: „Eine Mahlzeit der Esquimaux,“ wird uns noch ein Nachtrag mitgetheilt.

„Die Jacuten, zum tartarischen Stamme gehörend, und an den beiden Seiten der Lena bis zum Eismeere hin wohnend, nennen sich selbst Socha und mögen jetzt ungefähr 100,000 Köpfe zählen. Sie sind von mittlerer Größe und starkem Wuchse, haben ein glattes, mageres, hellkupferiges Gesicht, kleine Augen und wenig Haare. Man rühmt an ihnen die Tugenden der Ehrlichkeit, Menschenliebe und Gastfreundschaft etc.

„Die Nahrungsmittel der Jacuten bestehen in dem Ertrage der Viehzucht, Jagd und Fischerei, die als ihre Nahrungszweige zu betrachten sind. Pferdefleisch ist ihr liebstes Gericht. Mit heißer Begierde essen sie Pferde- und Rinderfett und Talg roh, und geben sogar den kleinen Kindern, um sie zu beschwichtigen, ganze Stücken rohen Fett in den Mund. Außerdem essen sie das Fleisch der Rennthiere und aller wilden Thiere, welche ihnen vorkommen, selbst Mäuse nicht ausgenommen, daher sich manche sibirische Bauern keine Katzen halten, weil ihre Jacutenknechte ohnedies die Mäuse, der geschicktesten Katze gleich, wegfangen. Ueber die Gefräßigkeit der Jacuten bemerkt ein neuerer Reisender: „Alles, was der Mensch kauen kann, es mag Fisch oder Fleisch sein, einerlei von welchem Thiere, es mag stinken oder nicht, das frißt der Jacut bis er genug hat, d. h bis sein Bauch ganz rund wird. Der Schlund dieses Menschen muß ganz anders gebildet sein als der unsrige; denn den heißesten Thee und die heißeste Suppe, die unsere Lippen nicht berühren konnten, vermochten sie hineinzugießen. Das Merkwürdigste dieser Gefräßigkeit ist, daß keine Krankheit darauf folgt.“

Der nämliche Reisende sah ein genäschiges Jacutenkind, das unbeschwert drei Talgkerzen, zwei Pfund gefrorne Butter und ein großes Stück Seife schmauste, und der Admiral Saritschef gedenkt einens Mannes von demselben Stamme, welcher im Laufe von 24 Stunden das Hinterviertel einen großen Ochsen sammt 20 Pfund Fett genoß, auch viel zerlassene Butter dazu trank, und er selbst bewirthete ihn einst, als jener schon gefrühstückt hatte, mit 28 Pfunden des steifsten Reisbreies, die dem Jacuten wohl bekamen. Im Sommer trinken sie gewöhnlich sauere Pferdemilch, und im Winter, wenn Branntwein, den sie über alles lieben, nicht zu haben ist, Undan, ein Getränk, das aus sauerer Milch, ungesalzener Butter und Wasser besteht. Ferner trinken alle gern geschmolzene Butter, die sie auch bei mehreren Krankheiten mit Erfolg als Arznei brauchen. A. F.




Wellington’s Kaltblütigkeit. Der verstorbene Poet und Banquier S. Rogers erzählt in seinen Tischgesprächen, daß Wellington auf einem Schiffe eines Abends, als er zu Bett gehen wollte, officiell die Meldung bekam, daß sich das Schiff schwerlich noch lange über Wasser halten und bald Alles vorbei sein werde. „Nun gut,“ antwortete Wellington, „dann werd’ ich auch meine Stiefeln nicht noch erst ausziehen.“ Das Schiff wurde hernach nur durch einen unvorhergesehenen Glücksfall gerettet.




Zur Nachahmung empfohlen. Man schreibt aus dem Badischen vom 18. März: Wir müssen auf einen Fortschritt in dem näheren Anschluß der Schule an das Leben aufmerksam machen. Nach dem Osterprogramm der höhern Töchterschule zu Pforzheim unter Oberlehrer Pflüger wurde in der dortigen Oberklasse häusliches Rechnungswesen, d. h. eine auf den Erfahrungen der Naturlehre gegründete Haushaltungskunde, außerdem, sich an die Naturkunde anschließend, eine sehr zweckmäßige Gesundheitslehre, in Verbindung mit der Lehre von den wichtigsten Lebensmitteln gelehrt. Wie viele Hausfrauen begehen aus Unkenntniß die gröbsten Fehler in der Gesundheitslehre!


Billigste Familienbibliothek.

Die unterzeichnete Verlagsbuchhandlung erlaubt sich hiermit, das Publikum, mit Bezugnahme auf den vorstehend abgedruckten Artikel: „Eine thüringer Edeltanne“, auf die elegante und außerordentlich billige

ausgewählte Sammlung der Romane und Erzählungen

aufmerksam zu machen, eines Romandichters. dessen Schriften den guten Ruf verdienen, den sie in der ganzen gebildeten Welt Deutschlands haben. Der Verfasser des „Freiknechts“, des „deutschen Leinewebers“, des „Vörwerts-Häns“ etc. bedarf einer buchhändlerischen Anpreisung nicht und so begnügt sich denn die unterzeichnete Verlagsbuchhandlung darauf hinzuweisen, daß die

Volks- und Familienausgabe

der Storch’schen Werke aus 16 bis 18 Bändchen bestehen und diejenigen Romane enthalten soll, welche sich besonders für Haus und Familie eignen. In dieser Ausgabe kostet der 12–15 Bogen starke Band, dessen Preis in der alten Auflage Einen und Einen halben Thaler betrug, nur 71/2 Ngr. oder 27 Xr. C.-Mze., der Bogen also nur 5 Pfennige oder 11/2 Xr. C.-Mze. und erscheint allmonatlich ein Band, in Ausstattung, Format und Typendruck genau den Stolle’schen Schriften angepaßt.

Wenn glänzende Phantasie, kräftige schwungvolle Sprache und eine durchweg edle Richtung einen Autor berechtigen, in jeder Familie ein gern gesehener Hausfreund zu werden, so dürfen wir auf eine weite Verbreitung der Schriften Storch’s rechnen, von dem Stolle sehr richtig sagt: das ist ein Mann, in dessen Adern kein falscher Blutstropfen rinnt, der nie das Gold der Dichtkunst zu schnödem Götzendienste gemißbraucht, ein treues Herz, reich begabt mit himmlischem Gold und Perlen – denn die Treue, die Redlichkeit und Gabe der Dichtkunst wohnen in ihm.

Der ganze Ertrag der Schriften kömmt allein dem wackern Verfasser zu Gute.

Als Gratisbeilage erhalten die geehrten Abnehmer das wohlgetroffene und sauber in Stahl gestochene Portrait des Verfassers. Die Subscribenten allein können auf den äußerst billigen Preis Anspruch machen. Einzelne Bände oder Romane werden nur zu dem dreifachen Preise abgegeben.

Den Familienvätern, die ihren Frauen und Kindern eine unterhaltende und interessante Lectüre bieten wollen, empfehlen wir diese Sammlung ganz besonders. Der 1. bis 9. Band ist bereits erschienen.

Leipzig, im April 1856.

Ernst Keil. 

„Aus der Fremde“ Nr. 15 enthält:

Das Leben in den Pampas. – Panther und wilde Katzen. – Ein Ungläubiger in der Stadt des Propheten. – Aus allen Reichen: Aus dem Sclavenleben – Von Ceylon.


Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

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