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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

„Er muß im Augenblicke hier sein – er jagte mich fast zu Tode voraus, um Euch zu melden, daß er komme.“

„Brav, brav!“ jauchzte der Graf, – doch der Knappe fuhr fort: „Das heißt, um desto eher wieder zu Hause zu sein.“

„Zu Hause?“ fragte der Graf tonlos, während Konrad den Mönchen bedeutsame Winke gab, und dann den Knappen wie mit Schlangenblicken zu durchbohren schien.

„Ja,“ fuhr dieser fort, „er meinte, er sei nun in Steding zu Hause und nur weil sein Schwiegervater, der Schultheiß, durchaus es wollte, daß er herreiten und es ehrlich Euch sagen solle, wie es mit ihm stehe, auf daß Ihr ihm nicht fluchtet hinter seinem Rücken: nur deswegen kehre er zurück. Er war aber doch ganz betrübt dabei und das Mädchen weinte.“

„Blut soll sie weinen! Sollen sie Alle weinen – und er sei verdammt!“ so kochte und zischte es jetzt hervor aus des Grafen Brust.

„Das laßt nun unsere Sorge sein, Graf Burckhardt von Oldenburg, Euer Neffe gehört jetzt mir,“ sagte der Ketzermeister und wendete sich dann fragend zum Knappen. Aber so fragend, daß jede Antwort eine Anklage fürcherlicher Ketzerei sein mußte und so fragend, daß der Knappe nur antworten konnte, was der Ketzermeister wollte. „Du sollst nun dreimal baden in fließendem Wasser am St. Johannistage und hundert Vaterunser beten, auf daß Du gereinigt seiest von der verdammlichen Sünde: gegessen, getrunken, geathmet zu haben mit den Verruchten. Die Kirche begehrt nicht unnöthiges Blut. Deine Sünde war Unwissenheit.“ Mit diesen Worten entließ der Ketzermeister den Knappen, der rasch zur Türe eilte und vor sich hin brummte:

„Was war ich doch für ein Esel, daß ich all die gräuliche Ketzerei nicht gemerkt habe.“ In der Thüre stieß er auf seinen jungen Herrn, schlug bebend drei Kreuze und drückte sich weit ab von ihm vorbei.

Erstaunt blickte der Junker ihm nach, erstaunt blickte er die fremden Männer an und trat keck, mit einem kurzen „Was giebt’s denn hier?“ vor.

Der Graf zückte sein Schwert und wollte aufspringen. Ein Wink Konrad’s gebot ihm Ruhe und Konrad rief:

„Junker Georg von Oldenburg, tretet vor diesen Stuhl.“

Der Junker fuhr auf: „Wer seid Ihr, mir im Schlosse meiner Ahnen zu gebieten? Die Zeichen der Vehme seh ich nicht an Euch.“

„Wahre Deine Zunge, Jüngling! Du stehst unter schlimmer Anklage.“

„Anklage, – hier! Der freie Edelmann?!“

„Niemand ist frei vor Gott und seinem Stellvertreter dem Papst, der mich gesandt hat: Konrad von Marpurg, deutscher Großmeister der heiligen Inquisition.“

Der Junker erbebte. Er sprach leise: „Furchtbare Gewalt! was willst Du von mir?“

„Schweigend höre, wahrhaft rede. Ich schuldige Dich, Jüngling, des Bundes mit Ketzern, der Liebe zu Einer, die das Kainszeichen an der Stirne trägt.“

Nun aber flammte der Junker wieder auf, seine Hände faßten krampfhaft nach dem Schwert, seine Augen sprühten Funken und mit hellem Zorn der Stimme donnerte er: „Schwarzer Pfaffe, Du lügst! Sie ist rein, wie der Leib des Herrn im Abendmahl!“

Der Ketzermeister schlug ein Kreuz; sonst aber blieb er eisern ruhig in Ton und Mienen. Dann fragte er:

„Du liebst das Mädchen im Stedingerland?“

„Wie meinen Gott!“

„Du willst sie ehelichen?“

„Ich will’s! Bei allen Heiligen schwör ich’s!“

„Und willst leben mit den Stedingern?“

„Wie mit meinen Brüdern!“

„Es ist genug!“ Er stand auf, erhob die langen, magern, gelben Arme und rief mit Grabeston: „So künd ich über dich den Bann der Kirche, Gericht soll über dich ergehen auf Leben und Tod zu Ehren Gottes. Graf Burkhardt von Oldenburg, ich übergebe Euch diesen Mann als verhaftet der heiligen Inquisition. Ich rufe auf Eure Macht an Waffen und Schlüssel, daß Ihr ihn aufbewahrt dem Gericht und lasse für ihn haften Euer Haupt, auf Tod und Leib. Führt ihn hinweg.“

„Und dreifache Kette um seinen verrätherischen Leib!“ schrie der Graf. „Er hat gefrevelt an meinem Blute und zum Fluche der Kirche gebe ich ihm den Fluch des Vaters.“

„Zu viel! O gräßlich! Zu viel!“ Das war das Einzige was der Junker sagen konnte, während die Knappen seinen fast geknickten Körper ergriffen und ihn in sonderbarer Mischung von Ehrfucht, Mitleid und Abscheu hinausführten.

Nun aber brach auch die wild Wuth des Grafen mürbe zusammen; tief ergriffen schaute er dem Jüngling nach, – die alte Liebe regte sich in ihm, er schaute mit Entsetzen auf die bleichen todtverkündenden Züge des Ketzermeisters; eine unsägliche Angst um den doch immer noch Geliebten, durchschüttelte ihn und der wilde, starre, trotzige Mann beugte auf einmal sein Knie vor dem armen, kranken Mönche und flehte: „Gnade, Gnade für meinen unglücklichen Jüngling.“

Dem Ketzermeister zuckte ein wilder Stolz durch das glühende Auge, als er den Grafen so vor sich sah; er legte die Hand auf des Grafen Haupt und sprach: „Die Kirch verzeiht dem Büßer; – er büße, er demüthige sich, entsage seiner Liebe und sei gerettet.“

Der Graf wendete nun das flehende Haupt zum Erzbischof: er konnte nicht reden, nur mit dem gebrochenen Auge.

„Ich werde thun, was meines Amtes ist, den Sünder zu bekehren suchen,“ sprach mild der Erzbischof.

Dann faßte er den unglücklichen Mann unter den Arm und führte ihn sanft hinaus.

Der Ketzermeister stand unbeweglich da, sah unbeweglich ihnen nach, dann stieg es in seinen Zügen auf wie Wetterleuchten und die Arme verschränkend, knirschte er vor sich hin:

„Herrschen über die Herrscher, das ist Wollust. Herrschen nicht durch Geburt, durch Prunk, durch das Schwert; herrschen durch den Gedanken, durch den Geist, durch das was Niemand sieht, Niemand hört, Niemand faßt: das ist göttlich. – Arm sein, geknechtet, darben, ohne Weib, ohne Herd, ohne jegliche Freude der Erde, – und den Fuß setzen auf den Nacken Derer, deren Blicke Tausende erzittern machen: das ist die Schwindelhöhe des Lebens; – aber ich werde nicht schwindeln.“ –

Starr wie immer wendete er sich nun zu den zurückgebliebenen Mönchen:

„Nach der Zeugen Aussage ist kein Zweifel mehr an der verdammlichen Ketzerei Derer in Steding, und darum soll es brennen im Feuer des Glaubens. Gehet nur hin und prediget das Kreuz aller Orten, das Kreuz gegen Steding. Ich führe dann die Schaar in’s Feld. – Rasch, rasch, – und lasset den Schweiß nicht trocknen an Euren Stirnen.“ –

Er segnete die Mönche, die tief verbeugend sich entfernten und dann wie schwarze Raben unheilverkündend davon flohen.

Die Diener an der Thüre erwarteten des Ketzermeisters Wink, um ihn zum reichsten Ruhegemach der Burg zu führen.

Er aber verlangte zum schlechtesten Ruheort des niedrigsten Knappen geführt zu werden, dort legte er sich auf den steinernen Estrich, nur ein Pferdehaarkissen stützte seinen Kopf und bei Brot und Wasser schlief der mächtigste Mann des deutschen Reiches ein und träumte von Roms Herrlichkeit, träumte von Scheiterhaufen und Blutströmen.

(Schluß folgt.)




Gesundheits-Regeln.
Die Pflege der äußern Haut.

Die Haut bedarf ihrer vierfachen Bestimmung wegen, als Schutz-, Tast-, Absonderungs- und Aufsaugungsorgan (s. Gartenlaube Nr. 44, S. 527), sowie mit Rücksicht auf ihren großen Blut- und Nervenreichthum, der ganz besondern Pflege. Diese wird auch deshalb schon so nöthig, weil die Haut mit dem uns umgebenden Luftkreise, der

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 554. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_554.jpg&oldid=- (Version vom 26.10.2020)