Seite:Die Gartenlaube (1854) 399.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

wird wohl die eigentliche Leitung der Staatsgeschäfte in die Hände fallen.

Die Krone zu decken, ist sicherlich der aufrichtige Wunsch dieser Männer, ihr Wunsch „unter allen Umständen“ ist es aber nicht.

Wie die Dinge sich gestaltet haben, dürfte die Abdankung der Königin zu Gunsten ihrer Tochter kaum ausbleiben. Die Vermählung derselben mit dem jungen Könige Pedro von Portugal – das Lieblingsprojekt einer nicht unmächtigen Partei – und die Vereinigung beider Länder alsdann zu einem Reiche, hat seine großen Nützlichkeiten, und spricht wenigstens die Erfahrung der schon früher einmal vereinigten, und seit 1640 getrennten Länder nicht zu Gunsten dieses Planes. Auf weitaus mehr Erfolg scheint eine neue Regentschaft Espartero’s für die minderjährige Tochter Isabella’s rechnen zu können. Es würde dies der Nationalstimmung am meisten zusagen, der Herrschaft aller Camarillen, wie schon früher unter Espartero’s Regiment, ein Ende machen, die öffentliche Freiheit wieder kräftigen, und die Wohlfahrt des Landes neu befestigen, ohne mit den benachbarten Großmächten England und Frankreich Konflikte herbeizuführen, denen beiden die in Madrid gestürzte Wirthschaft doch zu arg war, um auch nur ein Wort zu ihren Gunsten zu verlieren.




Populäre Chemie für das praktische Leben.
In Briefen von Johann Fausten dem Jüngeren.
Achter Brief.
Moussirende Getränke.

Bei einer Hitze, wie wir sie vor Kurzem in einem reichlichen Masse gekostet haben, sehnt sich der Mensch nach einem erquickenden Getränk. Ein kühler Trunk Wasser aber behagt dem verwöhnten Gaumen nicht immer; er fordert zugleich noch eine angenehme Befriedigung seiner Gelüste. Ein köstliches Getränk dieser Art bietet uns die Natur in den zahlreich auftretenden Säuerlingen, – Quellen, die reich mit Kohlensäure beladen aus dem Schooße der Erde aufsteigen. Meistens gehören sie in die Klasse der Heilquellen, wie z. B. die von Teplitz, Karlsbad, Wiesbaden, Selters, Ems, Fechingen, Baden-Baden, Spaa etc., von denen besonders das Selterserwasser eben nur der Labung und Erquickung wegen in großen Mengen von Kerngesunden verbraucht wird, während das Wasser vieler anderer Quellen dieser Art wohl am Ursprungsorte sehr geschätzt wird, eine weitere Verbreitung aber nicht gefunden hat.

Namentlich in vulkanischen Gegenden, sei es, daß die Vulkane noch thätig oder bereits erloschen, oder daß vulkanische Massen, plutonische Gebilde aus der Tiefe aufgestiegen sind, treten die Säuerlinge oder auch reine Gasquellen in solcher Menge auf, daß wir den Boden als eine siebähnlich durchlöcherte Oberfläche ansehen können. So z. B. in der Eifel, der Umgebung des Laacher Sees, des Meisterwaldes, Taunus, Habichtswaldes, Meißners, Vogelgebirges, der Rhön, des Fichtelgebirges, böhmischen Mittelgebirges und des Riesengebirges. Ueberall auf den basaltischen Zügen von der Eifel bis zum Riesengebirge treffen wir sie an. Bald kommen die Gasquellen ohne Geräusch zum Vorschein, nur bemerkbar, wenn man das Gesicht ganz auf die Erde neigt; aber die unterdrückte Vegetation und die erstickten kleinen Thiere in ihrer Umgebung lassen ihr Vorhandensein deutlich erkennen. Bald entströmen sie den Spalten und Klüften des Gesteins mit zischendem Geräusch oder sie brodeln auf in kleinen Vertiefungen, die mit atmosphärischem Wasser angefüllt sind. Für sich und in größeren Mengen ein starkes Gift wird die in großen Mengen ausströmende Kohlensäure rasch zerstreut, so daß sie keinen nachtheiligen Einfluß auf die Beschaffenheit der atmosphärischen Luft ausübt, aus der sie durch die Pflanzen entfernt wird. Strömt sie jedoch in geschlossene Räume, in denen sie ihrer Schwere wegen die unteren Gegenden einnimmt, so äußert sich ihre schädliche Wirkung, z. B. in der Hundsgrotte bei Neapel und in der bekannten Dunsthöhle bei Pyrmont, ganz entschieden an Thieren, die mit ihren Athmungswerkzeugen über diese vergiftete Schicht nicht hinausreichen.

Was jetzt hier in heilbringender oder unscheinbarer Gestalt aus der Erdrinde hervordringt, sind die dämonischen Mächte, welche abgeschlossen, erhitzt und durch einen gewaltigen Druck zusammengepreßt, ihre Fesseln sprengten, die Hindernisse schmolzen, zerstörend sich weit umher über die Flächen verbreiteten, Gebirgsmassen emportrieben und umstürzten. Jetzt freilich sind sie machtlos, weil der Verbindungsweg mit der Oberfläche offen ist, aber die nächste Umgebung zeigt die Spuren ihrer Macht. Um sich von dieser ein Bild machen zu können, wollen wir anführen, daß die Kohlensäure durch Druck leicht in den flüssigen Zustand übergeht und hier bei 47° Kälte einen Druck von 18°, bei 83° Wärme aber, also noch unter dem Kochpunkt des Wassers, von fast 100° Atmosphären, d. h. von 1436 Pfunden auf den Quadratzoll, ausübt. Noch jetzt macht sie mitunter ihre Kraft, freilich in einem sehr verkleinerten Maßstabe, geltend, sobald sich ihrem Ausströmen Hindernisse entgegenstemmen. So z. B. zu Pyrmont der Gasstrom, als das Ableitungsrohr für einige Zeit verschlossen wurde, nicht nur den 8 Fuß im Durchmesser haltenden schweren Metalltrichter, unter dem das Gas aufgefangen wurde, sondern mit diesem auch das ganze übergebaute Häuschen. Auf einer sumpfigen Wiese bei Istrup auf der paderborner Hochfläche werden durch die aus 1000 Kanälen ausströmende Kohlensäure Schlammhügel von 20 Fuß Höhe und wohl 100 Fuß Umfang aufgeworfen.

Die Mengen der Kohlensäure, die auf diese Weise dem Innern der Erde entströmt, ist ungeheuer. Die zahlreichen Quellen der Eifel hauchen täglich 5 Millionen K. F. aus, eine Menge, die beiläufig gesagt bei der Verbrennung von 12,000 K. F. Holz entstehen würde. Das einzige Bohrloch zu Neusalzwerk bei Minden liefert jährlich über 24 Millionen K. F., der Fuß 28,000 Centner, Kohlensäure und der große Sprudel zu Nauheim in jeder Minute 71 K. F. oder im Jahr über 45,000 Centner, mithin eine Menge, wie sie durch Verbrennung von über 13,500 Centner Steinkohlen oder durch das Brennen von 109,000 Centner Kalksteinen entwickelt wird.

Kommt nun Wasser mit angehäufter Kohlensäure in Berührung, so vermag es etwas mehr als seinen eigenen Raumtheil davon aufzunehmen, ohne dadurch merklich an Umfang zuzunehmen. Dieses Verhältniß ändert sich nicht, wenn auch, da die Kohlensäure durch größeren Druck sich zusammenpressen läßt, das Wasser davon dem Gewichte nach um so mehr aufnimmt in je größerer Tiefe, d. h. unter je größerem Druck beide zusammenkommen. Daraus folgt nun, daß wenn sich der Druck vermindert, je näher das Wasser an die Oberfläche steigt, nach Verhältniß auch ein Theil der Kohlensäure als Gas wieder entweicht, wobei oft ein Theil des Wassers bis zu bedeutenden Höhen emporgeschleudert wird. Solche Quellen treten meistens wegen der entweichenden Kohlensäure in wallender Bewegung und mit einem polternden Geräusch zu Tage und deshalb nennt man sie auch Sprudelwasser.

Aus diesem Grunde ist es klar, daß die natürlichen Wasser gerade nicht viel von der erfrischenden Kohlensäure enthalten können, selbst wenn man auch einige Vorsichtsmaßregeln beim Füllen anwendet. Daher fertigt man jetzt Luxuswässer diese Art in beträchtlicher Menge künstlich an, bei denen man es ganz in seiner Macht hat, sie bis zu einer gewissen Grenze hin, d. h. so weit es die Haltbarkeit der Flaschen zuläßt, mit Kohlensäure zu sättigen. Gewöhnlich überschreitet man daher einen Druck von 4 bis 5 Atmosphären nicht. Während ein Pfund Wasser also unter gewöhnlichen Umständen 16 Gran Kohlensäure aufzulösen vermag, enthält ein künstlich gesättigtes 64 bis 80 Gran, d. h. ungefähr 1 bis 11/2 Quentchen. Zur Darstellung der Kohlensäure kann man Kreide oder Marmor und Salz- oder Schwefelsäure nehmen. In neuerer Zeit verwendet man meistens den in der Natur in reichlicher Menge vorkommenden Magnesit, kohlensaure Magnesia und

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 399. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_399.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2022)