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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

eine fast unbegrenzte Aussicht über Städte und Dörfer, Flüsse und Wälder, über London hin bis zur Nordsee gewähren.

Von dem Weltreichthum im Innern können wir hier nur ein annäherndes Sachverzeichniß geben. In den Transepten und an den Seiten des Hauptschiffes treten die über die Erde verbreiteten Vögel, Pflanzen und Bäume zu lebendigen Vegetations- und Landschaftsbildern zusammen, an der nordöstlichen Seite historisch geordnete Sammlungen von Sculpturen und Bauwerken aller Zeiten und Nationen. In einem pompejanischen Zimmer und einer „Alhambra“ findet man Erfrischungen. Der nördliche und südwestliche Theil nehmen die Fabrikate aller Art (verkäuflich) in einer architektonisch künstlerisch erbauten immerwährenden Weltmesse auf. Die Lehr-Abtheilung enthält 1) eine ethnologische Sammlung, wie niemals in der Welt nur etwas Annäherndes versucht ward, nämlich alle Menschenracen mit ihrer Nationaltracht, ihren Waffen, Wohnungen, Fuhrwerken und sonstiger charakteristischer Umgebung, 2) die lebenden Pflanzen nach Klima und Boden geordnet, dazu 3) die entsprechenden Thiere noch mit Mollusken und Wasserthieren aller Art in gläsernen durchsichtigen Behältern, und 4) Geologie und physikalische Geographie in körperlichen Bildern, die Alterskrusten der Erde, die Millionen von Jahren repräsentiren, Modelle von Bergwerken, Erläuterungen von Erdbeben und Formationen zur Erläuterung von Brunnen, Wasserleitungen, Schachten etc. Als 5. und praktischster Theil wird sich die Ausstellung, Arbeit und Erklärung aller Arten von Maschinen, physikalischen und chemischen Processen geltend machen. Der Markt, wo verkauft wird, darf nur Waaren und Fabrikate enthalten, die sich durch Neuheit, Originalität und Vorzüglichkeit als Muster der jetzigen Industrie und Kunst auszeichnen. Jedem in jeder Nation steht es frei, sich um Vertretung zu bewerben und werden betreffende Anerbietungen unter der Adresse: „Krystal-Palace-Company, 3 Adelaide-Place, London Bridge, London“ entgegengenommen.[1] Endlich wird die „Halle für Erfindungen und Modelle“ in praktischer Beziehung für die Industriellen, Techniker und Künstler aller Nationen von dem höchsten Interesse sein. Man übersieht hier mit einem Blick alle bisher gemachten Erfindungen und was demnach für weitere Fortschritte noch übrig bleibt. Erfinder und alle Solche, denen es um Patente zu thun ist, werden hier nicht nur wissenschaftliche, sondern auch ganz speciell praktische Anweisung erhalten, wie sie ihren Zweck am Schnellsten und Billigsten erreichen können.

So viel für jetzt über die Weltmesse, den Völker-Bazar und den ersten universellen Friedenstempel aller Nationen.


  1. In sprachlicher Beziehung ist H. Beta, 18 Alfred Street, Tottenham Court Road, London, dem von Digley Wyatt die Uebersetzungen der Correspondenzen zwischen den deutschen Künstlern und der Krystall-Palast-Compagnie übertragen worden sind, bereit, Vermittelungen zu übernehmen, die ihm wegen persönlicher Bekanntschaft mit den beiden Direktoren der Kunst-Abtheilung sehr erleichtert werden.




Die Erschaffung unserer Erde.

So wunderschön wie jetzt, war es nicht immer auf unserer Erde. Es gab Zeiten, wo sie weder von Menschen, noch von Thieren und Pflanzen belebt war, auch wuchsen höchst wahrscheinlich einstens schon Pflanzen auf derselben, bevor noch Thiere hier ihren Wohnsitz aufschlugen, und Thier und Pflanze existirten ganz gewiß schon lange, und zwar in ganz anderer Gestalt als jetzt, ehe der Mensch zwischen ihnen erschien. Ja, man hat guten Grund zu vermuthen, daß die Erde bei ihrem ersten Entstehen vor Millionen Jahrtausenden nichts als ein Gasball aus dunstförmiger Nebelmasse war, der sich allmälig verdichtete, dadurch in Glut gerieth, so eine glühende Kugel darstellend, und, indem er an seiner Oberfläche langsam abkühlte, eine feste Rinde erhielt. Diese Rinde, welche dadurch, daß sich an derselben fortwährend neue Erdschichten an den alten anlagerten, immer dicker wurde und auf welcher nach und nach die verschiedenartigsten Mineralstoffe, Pflanzen, Thiere und Menschen zum Vorschein kamen, umgibt auch jetzt noch einen, das Innere unseres Erdballes bildenden, feurig-flüssigen Kern (das sogen. Centralfeuer) und hat zur Zeit eine Dicke von durchschnittlich etwa 15–20 Meilen erlangt. Dieses Centralfeuer theilt natürlich den untersten oder innersten Schichten der Erdrinde eine nicht unbedeutende Wärme mit, die aber nach der Oberfläche der Erde hin immer geringer werden muß, so daß sie von uns gar nicht mehr gespürt wird, denn die jetzige Erdoberfläche erhält ihre Wärme nur von der Sonne. Daher kommt es nun, daß je tiefer man in die Erde eindringt, die Schichten derselben und die zwischen diesen fließenden Wässer um so wärmer werden, und daß man endlich bei fortgesetztem Eindringen an einem Punkte ankommen muß, wo Alles schmilzt. Die 163 zur Zeit noch bestehenden Vulcane (s. Gartenlaube 1. Jahrg. No. 3 und 4) sind nichts anderes, als Abzugskanäle für den Erdkern, durch welche ein Theil des feurig-flüssigen Inhaltes desselben (als Lava) ausgebrochen wird, sobald im Innern der Erde solche Revolutionen zu Stande kommen, durch welche beim Mangel an Oeffnungen in der Erdrinde ausgebreitete, zerstörende Erdbeben hervorgerufen werden müßten. Insofern sind also Vulcane die Sicherheitsventile für unsern Erdball und verhindern das Zerplatzen desselben.

Ist die Erde wirklich aus einem Gasballe hervorgegangen, so mußte die erste Bildung auf derselben die einer festen Schale um den glühenden Kern sein; eine solche findet sich denn auch und zwar aus den härtesten Gesteinen (Granit und Syenit, Basalt, Porphyr, Grünstein etc.) und den schwersten Metallen gebildet. Wegen ihres Reichthums an Kieselgestein (Silicaten) wurde diese Schale der Silicatmantel genannt und die denselben zusammensetzenden, aus verschiedenen Gesteinsarten gemengten Gesteine, erhielten die Namen „Urgesteine, Massen- oder Gemenggesteine, plutonische Bildungen.“ Nach der Mantelbildung ging als Folge der Abkühlung ohne Zweifel eine Scheidung der Luft vom Wasser unter wolkenbruchähnlichen Regengüssen vor sich, so daß demnach die Erde in ihrer allerfrühesten Kindheit nur aus einem feurigen Kerne und einer festen glühend heißen Rinde um denselben, sowie aus siedend heißem, salzigem Wasser (Urweltmeer) und einer Atmosphäre aus glühend heißer Luft voll Kohlensäure und andern schädlichen Gasen bestand. Während der Luft- und Wasserbildung verdickte sich die Rinde allmälig immer mehr; sie berstete ferner in Folge ihrer Abkühlung an vielen Stellen, erhielt dadurch eine unebene Oberfläche mit bedeutenden Vertiefungen und Erhöhungen, und ein Theil des feurig-flüssigen Inhaltes des Erdkerns ergoß sich durch die Risse in der Rinde auf die Oberfläche derselben, mischte sich hier mit siedendem Wasser und bildete so eine Schicht von Gesteinen über dem Silicatmantel, welche sich durch ihr wellenförmiges, schieferiges Gefüge auszeichnen und deshalb auch Schiefergesteine (aus Gneiß, Glimmerschiefer und Talkschiefer) benannt wurden, auch vulkanisch-neptunische Bildungen genannt werden könnten. – Daß bei einem solchen Zustande auf der Erde noch keine Pflanzen, Thiere und Menschen existiren konnten, ist leicht einzusehen; auch finden sich nirgends Spuren dieser Organismen in den Ur- und Schiefergesteinen. Um die Erdoberfläche für lebende Wesen vorzubereiten, mußte vorher noch die Temperatur sinken und ein erdiger Boden geschaffen werden, auf welchem vor allen Dingen Pflanzen wachsen und Thiere alsdann durch diese Pflanzen ernährt werden konnten. Denn die Pflanze lebt von unorganischen Stoffen, von Wasser, Kohlensäure, Ammoniak und Salzen, das Thier braucht dagegen Pflanzen oder andere Thiere zu seiner Nahrung. Ein solcher Boden bildete sich nun allmälig aus den Ur- und Schiefergesteinen mit Hülfe des Verwitterungsprocesses (d. i. ein Zerstörungsproceß der Gesteine durch die Luft und das Wasser) und wurde von Wasserfluthen (großen Ueberschwemmungen) über die Erdoberfläche, hin verbreitet. Diese Verbreitung geschah theils so, daß das Wasser gewisse Mineralstoffe auflöste, die sich dann entweder als solche oder mit andern zu neuen Stoffen verbunden hier oder da wieder ausschieden, theils dadurch, daß es dergleichen nur mit sich fortriß und später an dieser und jener Stelle wieder fallen ließ. Weil man die Stoffe, welche sich aus dem Wasser und zwar gewöhnlich in Schichten über einander absetzen, Sedimente nennt,


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